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Babylon - Im Bett mit dem Teufel - Ralf Huettner

Verfasst: Di 14. Feb 2012, 21:08
von buxtebrawler
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Originaltitel: Babylon - Im Bett mit dem Teufel

Herstellungsland: Deutschland / 1992

Regie: Ralf Huettner

Darsteller: Natja Brunckhorst, Veronica Ferres, Michael Greiling, Dominic Raacke, Rolf Schimpf, Ina Siefert
Krankenschwester Maria (Natja Brunckhorst) will der Familie einer eben verstorbenen Patientien gerade die Todesnachricht überbringen, als sie in deren Haus den schmierigen Vertreter Lothar (Dominic Raacke) trifft. Noch am selben Tag landet sie mit dem Vorzeige-Macho im Bett und wird dabei auch noch schwanger. Als sie unter häufigen Blutungen aus der Bauchdecke und unerträglichen Schmerzen leidet, entschließt sie sich zu einer Abtreibung. Unterdessen schwängert Lothar, der sich nun Gustav nennt, eine Kollegin Marias, die bald darauf stirbt. Maria hegt einen schrecklichen Verdacht und versucht gemeinsam mit ihrem Chef, dem dunklen Geheimnis von Lothar auf die Spur zu kommen.
Quelle: www.ofdb.de

Re: Babylon - Im Bett mit dem Teufel - Ralf Huettner

Verfasst: Di 14. Feb 2012, 22:28
von Adalmar
Genialer Film, deutsche Cronenberg-Argento-Kombi mit irrer Schlusswendung, einem exploitativ schmierigen Raacke, einer frivolen Ferres sowie einer sehr attraktiven Natja Brunckhorst in der Hauptrolle. Wagemutig und abgedreht. Unbedingt angucken!

Re: Babylon - Im Bett mit dem Teufel - Ralf Huettner

Verfasst: Di 14. Feb 2012, 22:46
von Arkadin
Der Ralf Huettner kann wirklich was. Der hat zwar auch viel Comdey gemacht (Tom Gerhardts "Voll noooormal"), aber auch die sehr gelungenen "Musterknaben", mit Helge Schneider "Doc Sneyder" und letztes Jahr den wirklich netten deutschen Indie-Film "Vincent will Meer". Nicht zu vergessen, war er auch für die wenigen deutschen Gentre-Beiträge Ende der 80er/Anfang der 90er verantwortlich: "Der Fluch", "Der kalte Finger" und eben diesen hier. Welchen ich aber leider noch gar nicht kenne, weshalb der demnächst auf meine 2Der folgende Film wird gesucht"-Liste wandern wird.

Re: Babylon - Im Bett mit dem Teufel - Ralf Huettner

Verfasst: Di 14. Feb 2012, 23:37
von Adalmar
Arkadin hat geschrieben:Welchen ich aber leider noch gar nicht kenne, weshalb der demnächst auf meine "Der folgende Film wird gesucht"-Liste wandern wird.
Falls das nicht bekannt sein sollte: Den Film gibt es auf DVD, und zwar in guter Qualität.

Re: Babylon - Im Bett mit dem Teufel - Ralf Huettner

Verfasst: Mi 15. Feb 2012, 09:11
von Arkadin
Adalmar hat geschrieben:
Arkadin hat geschrieben:Welchen ich aber leider noch gar nicht kenne, weshalb der demnächst auf meine "Der folgende Film wird gesucht"-Liste wandern wird.
Falls das nicht bekannt sein sollte: Den Film gibt es auf DVD, und zwar in guter Qualität.
War mir in der Tat nicht bekannt. Danke für den Tipp.

Re: Babylon - Im Bett mit dem Teufel - Ralf Huettner

Verfasst: Di 29. Mai 2012, 21:18
von buxtebrawler
Bevor der deutsche Regisseur Ralf Huettner mit Helge Schneider für „Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem“ und Tom Gerhardt für „Voll Normaaal“ zusammenarbeitete und sich damit als Komödienmacher empfahl, drehte er 1992 mit „Babylon – Im Bett mit dem Teufel“ einen der wenigen deutschen (S)Exploitation-Filme des Jahrzehnts, genauer: einen verstörenden, intelligenten Horrorfilm.

Krankenschwester Maria (Natja Brunckhorst, „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“) lernt den schmierigen Vertreter und Betrüger Lothar (Dominic Raacke, „Der Papagei“) kennen und lässt sich auf ein Schäferstündchen mit ihm ein. Da das Kondom reißt, wird sie schwanger. Lothar indes vögelt sich weiter durch die Stadt und macht auch vor Marias Bekanntenkreis nicht halt. Als Maria starke Unterleibsschmerzen bekommt und das Kind schließlich abtreibt, verdichten sich die Anzeichen, dass Lothars Samen nicht ganz normal ist...

„Babylon – Im Bett mit dem Teufel“ geizt nicht mit nackter Haut attraktiver Damen, ist dabei jedoch ein richtiggehender Anti-Sex-Film. Erotische Stimmung kommt kaum auf, wenn man zusieht, wie naive Frauen dem hochgradig unsympathischen Lothar gleich reihenweise verfallen und damit am Beginn eines bitteren Leidensweges stehen. Huettners Film visualisiert auf bisweilen fast surreale Weise tief sitzende feminine Ängste vor sexuell übertragbaren Krankheiten und vor allem ungewollten, schmerzhaften Schwangerschaften, davor, dass es etwas ganz und gar Unerwünschtes parasitär in ihnen heranwächst. Für diese Metaphern bedient man sich der exploitativen Zurschaustellung zwischenmenschlicher Balzrituale, schneller Sexnummern und blutiger Splatter/Gore-Einlagen, eingebettet in eine alp- und fiebertraumhafte Atmosphäre, eine unwirtliche Stimmung von Benutzen und Benutztwerden, die Sexualität als perverse Entartung bzw. Ventil gestörter Egos darstellt und stattfinden lässt zwischen unheilbar kranken Tumorpatienten, menschlichen Tragödien, der Ausweglosigkeit des von unerfüllter Hoffnung und Begierde, Krankheit, Verlust und Tod gezeichneten Daseins.

Verlassen kann sich Huettner dafür auf seinen männlichen Hauptdarsteller Dominic Raacke, der seinen Lothar voller Inbrunst und in aller Konsequenz spielt. Zwar erfüllt dieser locker sämtliche Klischees eines in Chamäleonmanier wandlungsfähigen, aalglatten Arschlochs, was ihm jedoch zu einer starken, bösartigen Aura verhilft, die einen das Publikum emotional ansprechenden Kontrastpunkt innerhalb der Handlung setzt. Ihm gegenüber steht die gutmütige, aber etwas vereinsamte Maria, grazil und fragil gespielt von Natja Brunckhorst, die einen wesentlich ambivalenteren Charakter glaubwürdig darstellt und mit ihren Fehlern und ihrem Leichtsinn glücklicherweise nicht zur ebenfalls aalglatten Heldin taugt, sondern mit ihrer natürlichen Ausstrahlung und eigenwilligen Schönheit zur Identifikationsfigur des Zuschauers wird, der gern seine schützende Hand über sie halten würde. Wie es sich für einen zünftigen Film der eingangs beschriebenen Gattung gehört, ist das vermittelte Frauenbild wenig politisch korrekt aus feministischer Sicht, jedoch sicherlich nicht allzu weit entfernt von der Realität zumindest der gezeigten Charaktertypen innerhalb ihres Umfelds, dabei natürlich zu Veranschaulichungs- und Aufmerksamkeitserhaschungszwecken kräftig überzeichnet worden. Letztlich ist es Anklage des männlichen Chauvinismus in seiner ekelerregenden Form und der weiblichen Herausforderung desselben zugleich und überraschend sensibel in der Auseinandersetzung mit Marias Seelenleben, die stellvertretend für zumindest zu einem gewissen Teil selbstverschuldete Opfer steht, die nach einem unüberlegten Fehltritt anatomisch bedingt lange Zeit mit den Folgen zu kämpfen haben.

Obgleich sich „Babylon – Im Bett mit dem Teufel“ als deftiger Genrefilm präsentiert, ist er doch eigenständig und originell genug, um keinesfalls als Versuch eines Abklatsches ausländischer Vorbilder durchzugehen oder nur aufgrund seiner Schauwerte wie die einer freizügigen Veronica Ferres, bevor sie zur TV-Film-Spießerin wurde, in Erinnerung zu bleiben. Huettner erzählt seine Geschichte spannend, aufwühlend, überraschend und erschreckend, nicht immer ganz pointiert, aber stets handwerklich sauber, zeitweise künstlerisch bestrebt und immer neugierig auf die nächste Szene machend. Das halboffene Ende macht es leicht, die Intention des Autors zu erahnen und bringt den Film zu einem soliden, den Zuschauer kurz aufatmen lassenden Abschluss, jedoch nicht, ohne ihm Gedankenspiele mit auf den Weg zu geben. Dieses schöne Beispiel einer ambitionierten, mutigen deutschen Genreproduktion, in der Larry Cohen auf David Cronenberg auf Lars von Trier zu treffen scheint, wiederzuentdecken, lohnt sich in jedem Falle. Nur Lust auf Sex wird man danach vermutlich erst einmal nicht mehr haben. Oder etwa doch, und sei es nur zum Trotz?

Re: Babylon - Im Bett mit dem Teufel - Ralf Huettner

Verfasst: Di 29. Mai 2012, 22:42
von Adalmar
Klasse Rezension, das schon mal vorweg. Mich wundert aber, dass dir im Kontext des Endes, das ich persönlich als ziemlich durchgedreht empfunden habe ...
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... das Wort "solide" einfällt. Ansonsten ein sehr schön geschriebener Text, der hoffentlich seine Leser findet.

Re: Babylon - Im Bett mit dem Teufel - Ralf Huettner

Verfasst: Di 29. Mai 2012, 23:23
von buxtebrawler
Adalmar hat geschrieben:Klasse Rezension, das schon mal vorweg. Mich wundert aber, dass dir im Kontext des Endes, das ich persönlich als ziemlich durchgedreht empfunden habe ...
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... das Wort "solide" einfällt. Ansonsten ein sehr schön geschriebener Text, der hoffentlich seine Leser findet.
Vielen Dank, Adalmar!
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Re: Babylon - Im Bett mit dem Teufel - Ralf Huettner

Verfasst: Do 6. Feb 2014, 07:59
von jogiwan
Ralf Hüttners "Babylon" ist wohl ein eigentlich ziemlich gutes und zugleich auch trauriges Beispiel dafür, was in deutschen Landen möglich gewesen wäre, wenn man begabten Filmemachern bei der Realisierung von respektablen Genre-Werken nicht noch zusätzlich Steine in den Weg legen würde. Die gelungene Interpretation weiblicher Ängste in Form eines Horrorfilms ist ja sehr gelungen und bietet 85 Minuten abgründig-anspruchsvolle Unterhaltung, die nicht nur optisch italienische Filmemacher zitiert, sondern auch von den tollen Darstellern getragen wird. "Babylon" ist für einen Genre-Film dabei durchaus etwas sperrig und surreal ausgefallen und erinnert tatsächlich an David Cronenberg, auch wenn sich Hüttner bei den blutigen Effekten durchaus zurückhält. Dass es laut Interview mit dem Regisseur gerade an Veronica Ferres und ihrer Beziehung zu Regie-Kollegen Helmut Dietl lag, dass der Film in allen Belangen torpediert wurde, ist dann auch nur irgendwie bezeichnend für die deutsche Filmlandschaft, in der außer leichte Komödien auch nichts gefragt zu sein scheint!

Re: Babylon - Im Bett mit dem Teufel - Ralf Huettner

Verfasst: Do 5. Okt 2017, 15:52
von Arkadin
Frühes Werk von Ralf Huettner, der später mit interessanter oder aus dem Rahm kippender Komödie aufgefallen ist ("Texas - Doc Sneyder hält die Welt in Atmen", "Voll Normaal", "Die Musterknaben") und heute noch solide Filme macht (wie z.B. den wirklich netten "Vincent will Meer"). Hauptrolle Natja "Christiane F." Brunckhorst, ein wunderbar schmieriger und verabscheuungswürdiger Dominic Raake und eine ständig blöd kichernde Veronika Ferres, die ihre nackten Brüste in die Kamera hält. Laut Interview mit Huettner hat sie während der Dreharbeiten den Dietl kennengelernt und sich dann ganz, ganz schnell von diesem Film distanziert. "Babylon" selber ist ein schön schmutzig, raues Stück Film, welches natürlich NICHT an Argento und Bava erinnert (wie der Klappentext weiß machen will - allein der Beginn erinnert stark an den fünf Jahre vorher entstanden "Opera", aber auch an "Possession"), aber seine ganz eigenen, seltsamen Qualitäten hat. Hier und da etwas sehr unbehauen. Halt so ein Film, wo die Macher mal auf die Kacke hauen und sich um nichts scheren wollten. Hätte meiner Meinung nach gerne deftiger ausfallen können, so ist es aber auch ganz gelungen.