Die Geschichte, wie ich meine Liebe für das italienische Genrekino entdeckte ist aufgrund meines Alters zwar nicht so lange, doch ziemlich verschlungen und entwicklungsreich. In meiner Jugend ging ich mit meinen Eltern nie in Programmkinos, lernte also nur die neusten Hollywood-Blockbuster kennen und auch das Fernsehen bot in meiner Erinnerung neben amerikanischen Klassikern allerhöchstens mal einen Spencer/Hill-Film (wir hatten sehr lange nur 2 Sender). Hinzu kam, dass ich von mir ausgehend auch gar nicht so was wie Horrorfilme oder harte Western sehen wollte, das war mir damals zu grausig. Eine gewisse Faszination zeigte sich jedoch trotzdem schon für diese Genres. Ich liebte es einen Horrorfilm aufzudrehen und nicht hinzusehen, aber trotzdem den Ton zu erleben, wir sprechen hier zirka von meinem 8. Lebensjahr.
Am Schulhof waren die Klassiker von Fulci oder Kannibalenfilme auch kein Thema mehr, wenn über besonders harte Filme gesprochen wurde, dann waren das Teile aus der Freitag 13.- oder Texas-Chainsaw-Massacre-Reihe.
Wirklich gerne hatte ich jedoch die Indiana Jones Filme, die mich zu diversen Hobby-Projekten mit einer Videokamera und meinen Playmobil-Figuren animierten.
Die erste Filmreihe, neben dieser Trilogie, für die ich mich wirklich begeistern konnte, waren die Edgar-Wallace-Krimis, die setzten bei mir zirka mit 10 Jahren ein, wenn nicht noch etwas früher. Mit zirka 12 begann ich mich dann für Fabelwesen zu interessieren, kaufte mir ein Buch darüber, welches auch eingehend über die alten Universal-Monsterfilme berichtete. Internet hatten wir noch keines, aber ich wollte unbedingt mehr über diese Filme erfahren und hielt immer im Fernsehprogramm Ausschau danach. Außer „Dracula“ wurde aber nie was aus der Kategorie gebracht. Zu meinem 14 Geburtstag glaube ich, schenkten mir meine Eltern dann diese eine Universal-Horror-Box, ihr wisst, die mit den Büsten und an die 20 Filme.
Diese hab ich wirklich geliebt und mir immer wieder angesehen, da es DVDs waren, hatten sie schon Bonusmaterial, welches ich fasziniert verfolgte. Besonders angetan hat es mir ein Schauspieler, den ich in „Der Wolfsmensch“, „Der Unsichtbare“ und „Das Phantom der Oper“ bewundern konnte, Claude Rains. Er war, neben den ganzen Edgar Wallace Darstellern, die ich ganz gerne hatte, mein erster wirklicher Lieblingsdarsteller. Ich wollte unbedingt alle seine Filme sehen und so kam ich an Teile wie „Casablanca“ oder „Lawrence von Arabien“.
Die Liebe zu solch epochalen Film bescherte mir mein erstes filmisches Schock-Erlebnis. Ich entdeckte in der Sammlung meines Vaters einen Film namens „Caligula“. Er sah nach antikem Riesenspektakel a la „Cleopatra“ oder „Ben Hur“ aus. Voll Vorfreude legte ich ihn ein…ich kam bis zu dem unschönen Hochzeits-Nachspiel, in welchem McDowell dem Bräutigam ihr wisst schon was ihr wisst schon wohin steckt, da war es mir dann zuviel und ich drehte ihn ab. Obwohl mir alles viel zu brutal und pervers war, sah ich ein, dass „Caligula“ ein toller Film ist. Ich hatte keinen Groll gegen ihn, aber ich wollte ihn auch nicht mehr sehen.
Dieses Ereignis war aber nur ein Einschub und beeinflusste mich anfangs noch nicht. Mit Klassikern wie den vorher genannten begann ich jedoch mich mehr für Filme allgemein zu interessieren und kaufte mir auch Bücher darüber. Unter anderem eines der „1001 Filme - Die besten Filme aller Zeiten“ (P.S. Der Titel ist eine Lüge, „Django“ ist nicht drinnen
). In diesem Buch waren unter anderem zwei Filme beschrieben, die für mich ausschlaggebend sein sollten. Der erste war „Fargo“. Ich mochte irgendwie keine Filme, die jünger als die 70er waren (ausgenommen natürlich Indiana Jones), mein Lieblings-Genre war jedoch der Film-Noir und „Fargo“ war in diesem Buch als „moderner Film-Noir beschrieben“. Also sah ich ihn mir an und war schwer begeistert. Alle Coen-Filme folgten, sowie einige Filme Tarantinos, die ich vom Stil her ein wenig ähnlich fand.
Der andere Film aus dem Buch, der es mir besonders angetan hatte war „Zwei glorreiche Halunken“ von Sergio Leone! Ich mochte nämlich keine Western, wenn sie nicht aus Italien kommen mag ich sie noch immer nicht. Der amerikanische Western gehört sicherlich zu meinen letzt-liebsten Genres. Von „Zwei glorreiche Halunken“ wurde in dem Buch aber so geschwärmt, dass ich ihn mir ansehen wollte und siehe da, er war göttlich! Das war der erste Film, der mich visuell beeindruckt hat. Die Wallace-Filme und die der Coen-Brüder mochte ich wegen ihrem eigenen Humor und die Universal-Monster liebte ich, weil sie mir Horror, der nicht allzu brutal war ermöglichten. Bei „Zwei glorreiche Halunken“ merkte ich das erste mal, was richtig gesetzte Perspektiven bewirken können.
Schnell folgten die anderen Leone-Western, die sich in der großen DVD-Sammlung meines Vaters befanden, doch das reichte mir nicht. Ich war so begeistert, dass ich ein Subgenre eines so gehassten Genres wie des Westerns so sehr lieben konnte. Ich habe bis dahin noch nie DVDs selbst gekauft und mir immer nur welche schenken lassen, Italowestern waren die ersten, die ich mir aus eigener Tasche bezahlte. Ich suchte diverse Läden auf und kaufte alle Italowestern, die sie dort hatten. Besonders angetan hat es mir natürlich Corbuccis „Django“. Hier zeigt sich meine Liebe für das Phantastische: Ich wollte keine möglichst realen Western, ich wollte übertriebene, obercoole Helden und übermächtige Schurken.
Ich habe eine buchhalterische Ader und mache verdammt gerne Listen. So legte ich auch welche an mit den Italowestern, die ich gesehen hatte und vor allem mit den Darstellern, welche ich schon in wie vielen Italowestern erblickt hatte. Ich mochte die Schauspieler und die Regisseure dieses Genres sehr gerne und hab schnell begonnen auch die kleinsten Nebendarsteller zu vergöttern. Nachdem ich alle Italowestern gekauft hatte, die ich finden konnte, wollte ich trotzdem noch mehr Filme mit diesen geliebten Darstellern und Regisseuren sehen. Vorraussetzungen für eine Liebe für das gesamte Italienische Genrekino waren also gegeben, doch da gab es ein Problem: Ich sah mir ja keine brutaleren Horrorfilme an!!!
Ich hatte Skrupel mir einen Horrorfilm anzusehen, der nicht die Harmlosigkeit eines schwarzweißen Frankenstein-Streifens besaß. Irgendwann entdeckte ich jedoch auf Youtube, dass ein vollständiger Film dort war namens „Armee der Finsternis“…den Titel kannte ich, in einem Buch stand, dass er mehr auf Komik als auf Horror setzen würde. Ich traute mich also und war begeistert. Bruce Campbells Ash war so ein genialer Charakter. Gleich nachdem der Film aus war, drehte ich meinen Computer ab, ließ alles liegen und stehen und fuhr unverzüglich zu einem DVD-Geschäft, wo ich mir die gesamte Tanz-der-Teufel-Trilogie besorgte. Nach dem Genuss von Teil 1 und 2 waren meine Hemmungen verschwunden. Ich kaufte wie wild Horrorfilme ein, besonders Italienische, beginnend mit den Fulci-Klassikern. Als ich mir noch nervös mit „Die Rache der Kannibalen“ meinen ersten Kannibalenfilm ansah waren die letzten Tabus gebrochen und ich wusste nun, dass ich mir jeden Horror-Film ansehen kann, der mich interessiert. Bald gab’s auch ein Wiedersehen mit „Caligula“.
Bei meinen Italowestern (die ersten die ich fand waren aus der Koch-Regenbogen-Kollektion) fiel mir übrigens ein mehr oder weniger talentierter Darsteller namens Anthony Steffen auf. Was daraus resultierte muss ich ja nicht näher erläutern.
Und jetzt sind wir da, wo ich jetzt bin. Ich liebe alle italienischen Genre-Filme, weil ich die Regisseure und Darsteller, die immer und immer wieder vorkommen vergöttere und ich steh auf den Schwerpunkt den Größen wie Argento oder Bava auf das Visuelle legen. Diese Filme haben Mut zu Übertreiben, auch das liebe ich an ihnen. Ich bin mir sicher, dass ich nach dieser langen Reise nun wirklich das Richtige für mich gefunden habe.