Der Untergang Japans - Shirô Moritani

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Der Untergang Japans - Shirô Moritani

Beitrag von buxtebrawler »

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Originaltitel: Nippon chinbotsu

Herstellungsland: Japan / 1973

Regie: Shirô Moritani

Darsteller: Hiroshi Fujioka, Lorne Greene, Yûzô Hayakawa, Rhonda Leigh Hopkins, Andrew Hughes, Ayumi Ishida, Keiju Kobayashi, Eisaburo Komatsu, Takuzô Kumagai, Andrew Meyer, Kunio Murai, Haruo Nakajima u. A.
Vor der Küste Japans sackt eine Insel um 200 Meter ab und versinkt im Meer. Der Geophysiker Dr. Tadokoro vermutet, dass Aktivitäten am Japangraben die Ursache für das Unglück sind. Mit dem Team des U-Boot-Kapitäns Toshio Onodera taucht er in den Tiefseegraben ab, der den Zusammenstoß der philippinischen mit der pazifischen Erdplatte markiert. Dort an Meeresgrund sehen die Forscher tatsächlich ungeheure Aktivitäten. Für Tadokoro gibt es nur eine Erklärung: Der Erdkern hat sich ausgeweitet, weshalb die Strömungen unter der Erdkruste schneller geworden sind. Die Erdplatten bewegen sich nun schnell und Japan droht innerhalb von nur zwei Jahren regelrecht in einer Erdspalte zu versinken. Bis es soweit ist, würden Erdbeben und Vulkane das Land verwüsten. Premierminister Yamamoto muss einen Krisenplan erarbeiten und im schlimmsten Fall die ganze Nation umsiedeln. (Quelle: Science-Fiction-Classic-Box-DVD-Cover)
Quelle: www.ofdb.de
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Der Untergang Japans - Shirô Moritani

Beitrag von buxtebrawler »

1973 veröffentlichte die japanische Filmschmiede „Toho“ mit „Panik über Tokio“ alias „Der Untergang Japans“ einen Katastrophenfilm, in dem aufgrund tektonischer Erdplattenverschiebungen infolge einer Erdkernausweitung diesmal gleich ganz Japan im Meer versinkt. Vorbote war das Absacken einer japanischen Insel. Geophysiker Dr. Tadokoro geht der Sache im wahrsten Sinne des Wortes auf den Grund und entdeckt die schreckliche Wahrheit.

Unter der Regie von Shirô Moritani wird nach einer Romanvorlage Sakyo Komatsus einmal mehr die japanische Lust am eigenen Untergang bzw., und das trifft es wohl besser, die Auseinandersetzung des von Natur- und anderen Katastrophen gebeutelten Landes mit seiner eigenen Verletzlichkeit zelebriert. Mit „Der Untergang Japans“ ging man dabei weiter als in vorherigen Produktionen und thematisiert in diesem pessimistischen Film die Probleme der Evakuierung eines ganzen Landes. Da wird es selbst für einen Katastrophenfilmmuffel wie mich interessant. Leider liegt mir nur eine radikal gekürzte Fassung vor: Von ursprünglich einmal 144 Minuten blieben lediglich 97 übrig und ich habe keine Informationen, was genau alles herausgeschnitten wurde. Es müssen jedenfalls ganze Handlungsstränge gewesen sein, was den etwas holprigen Verlauf des Films erklären könnte. Ich kann mich im Folgenden also nur auf die fragmentarische Fassung berufen.

Sonderlich herausstechende, auffällige schauspielerische Leistungen konnte ich keine ausmachen, doch das wäre vermutlich auch gar nicht die Intention des Films: Statt seinen Fokus auf Einzelschicksale zu richten und damit eine rührselige Geschichte für ein Popcorn-Publikum zu erzählen, setzt man auf einen betont realistischen, beinahe dokumentarischen statt cineastischen Stil, was sich stark in einigen recht trockenen wissenschaftlichen Dialogen bemerkbar macht, die die Seriosität und Fundiertheit der aufgestellten Theorien untermauern sollen. Inwieweit sie dieses tatsächlich tun, vermag ich als Laie nicht zu beurteilen, wohl aber, dass für den Zuschauer die aus Japan gewohnten Zerstörungsorgien vermutlich einen wesentlich höheren Unterhaltungsfaktor aufweisen. Die häufig wie gewohnt auf Miniaturbauten basierenden Spezialeffekte, die Erdbeben und daraus resultierende Gebäudeeinstürze, Überflutungen, Feuerbrünste etc. darstellen, sind gut gelungen, Stuntmen jagen mit lichterloh brennend durch apokalyptische Kulissen und Bilder von Vulkanausbrüchen faszinieren ob ihrer Schönheit und verdeutlichen gleichzeitig imposant die zerstörerische Kraft der Natur.

Moritanis Film verfügt aber eben auch über die globalpolitische Ebene, in der es darum geht, möglichst viele Japaner in Sicherheit zu bringen. Da wird große Weltpolitik gemacht, Kraft der Diplomatie mit anderen Nationen verhandelt und dennoch immer wieder an Kapazitätsgrenzen gestoßen. Dieser Einblick in die japanische Weltsicht des Entstehungszeitraum des Films ist hochinteressant und führt das genretypische „Was wäre, wenn...?“-Gedankenspiel eine Stufe weiter als sonst üblich. Welche politische Brisanz die Komplettfassung möglicherweise aufweist, ist leider nur zu erahnen. Ein stärkeres Gewicht auf diesen Aspekt des Films wäre jedenfalls wünschenswert gewesen, wenngleich er auch in der mir bekannten Form nicht eben stiefmütterlich behandelt wird.

Und dann wäre da ja noch die stolze japanische Seele, der unbändige Patriotismus der Nation, den uns zumindest die Drehbuchautoren verkaufen wollen. In pathetischen Dialogen wird es durchaus als Alternative angesehen, lieber erhobenen Hauptes mit Japan im Meer zu versinken, statt heimatlos auf die Gastfreundschaft anderer angewiesen zu sein. Dieses fast märtyrerhafte Ehrgefühl, das hier in starken Worten aufflammt, wirkt bisweilen doch arg irritierend und zentimeterdick aufgetragen, zumal diese noch die emotionalsten Momente – von den Massenpaniken einmal abgesehen – dieses ansonsten so sehr um Sachlichkeit bemühten Films sein dürften. Insofern entsteht trotz seines Fatalismus – zumindest in diesen Szenen – der Eindruck eines um Konformität bemühten, das eigene Selbstbild heroisch verklärenden Films.

Nichtsdestotrotz ist „Der Untergang Japans“ ein spannender, fesselnder, auf seine spezielle Weise typisch japanischer Film, den ich gern komplett gesehen hätte. Großes dystopisches Katastrophenkino, konsequent apokalyptisch, gespickt mit reichlich Zeitkolorit, interessante Fragen aufwerfend, weitestgehend kitschfrei und trotz gerade aus heutiger Sicht natürlich einigen durchschaubaren Effekten sehr dem Realismus verpflichtet.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Adalmar
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Re: Der Untergang Japans - Shirô Moritani

Beitrag von Adalmar »

Danke für die Vorstellung. Habe letztens noch "Virus" von Fukasaku gesehen, was ja auch ein großangelegter Katastrophenfilm aus der Zeit ist (allerdings wenig erfolgreich).

Ja, der Film würde mich auch interessieren. Leider ist die Erstauflage dieser Science-Fiction-Box von MIG offenbar nur noch schwer zu bekommen, und auf der Folgeauflage wurde der Sinkfilm durch einen anderen ersetzt :|

Hat jemand eine Ahnung, wo man die Erstauflage noch kriegen könnte?
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buxtebrawler
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Re: Der Untergang Japans - Shirô Moritani

Beitrag von buxtebrawler »

Adalmar hat geschrieben:Danke für die Vorstellung. Habe letztens noch "Virus" von Fukasaku gesehen, was ja auch ein großangelegter Katastrophenfilm aus der Zeit ist (allerdings wenig erfolgreich).

Ja, der Film würde mich auch interessieren. Leider ist die Erstauflage dieser Science-Fiction-Box von MIG offenbar nur noch schwer zu bekommen, und auf der Folgeauflage wurde der Sinkfilm durch einen anderen ersetzt :|

Hat jemand eine Ahnung, wo man die Erstauflage noch kriegen könnte?
Woher kommt eigentlich deine besondere Japan-Affinität?

Das mit der Zweitauflage ist natürlich ärgerlich. Ist der Grund dafür bekannt? Durch welchen Film wurde er denn ersetzt? Wenn du nicht fündig werden solltest, kann man sicherlich auch anderweitig aushelfen -> PN
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Adalmar
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Re: Der Untergang Japans - Shirô Moritani

Beitrag von Adalmar »

Meine Japan-Affinität hat möglicherweise mit "Lady Snowblood" respektive Meiko Kaji angefangen, oder "Battle Royale". Das waren so unter anderem die Filme, die mich in da reingezogen haben. Ganz rekonstruieren kann ich das aber nicht. Da gibt es in den 70ern ähnlich viele schöne Genres wie in Japan: Chanbara (also Samuraifilme), Yakuza-Filme, jidai-geki (Historienfilme), pinku eiga (teils recht ambitionierte Erotik), Sukeban (Mädchenbanden) ... alles hochprofessionell gemacht (wenn auch inhaltlich oft stereotyp) und von den Studios meist sehr gewissenhaft aufbereitet für DVD. Die Regisseure Kinji Fukasaku, Norifumi Suzuki und Teruo Ishii gehören da unter anderem zu meinen Helden. Ich habe auch einen halbjapanischen Cousin, das hat aber nicht viel mit meinen Filmvorlieben zu tun.

Warum der Film nicht in der Zweitauflage ist, weiß ich nicht genau. Vielleicht gab es da irgendwelche Probleme mit den Toho-Studios. Ersetzt wurde der Film durch den schweizerischen Film Night Cast.
http://www.ofdb.de/film/129370,NightCast
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