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Darsteller: Clint Eastwood, Verna Bloom, Marianna Hill, Mitch Ryan, Jack Ging, Stefan Gierasch, Ted Hartley, Billy Curtis, Geoffrey Lewis, Scott Walker, Walter Barnes, Paul Brinegar u. A.
Ein geheimnisvoller Fremder reitet aus der Wüste kommend in eine kleine Westernstadt und tötet drei Revolvermänner, die die Stadt terrorisiert haben. Trotzdem hat fast jeder in der Stadt Angst vor dem Fremden, der sich entscheidet auf unbestimmte Zeit zu bleiben. Die Bewohner fordern ihn auf zu gehen, da sie die Rückkehr und die Rache der gesamten Bande fürchten, doch der Fremde hat sowohl mit der Stadt als auch mit der Bande noch eine Rechnung offen...
„Sie sind Abfall und das wissen Sie auch! Ein besoffener Landstreicher, der die Manieren eines Ziegenbocks hat!“
Clint Eastwoods nach einem Thriller zweite veröffentlichte Regiearbeit „Ein Fremder ohne Namen“ aus dem Jahre 1973 ist eine Rachewestern à la Italiano, in dem er persönlich die Hauptrolle verkörpert, die ihm Jahre zuvor Sergio Leone auf den Leib geschneidert hatte: Den namenlosen fremden Revolverhelden.
Dieser sucht eines Tages das Örtchen Lago auf, verteidigt sich schussgewandt gegen drei großkotzige Minenbeschützer, vergewaltigt eine Frau und macht den Einwohnern klar, dass er nicht die Absicht hat, allzu bald wieder zu gehen und dem verängstigten und nun schutzlosen Völkchen stattdessen gegen die Rückkehr drei auf Rache sinnender Pistoleros zu helfen bereit ist – wenn er in Lago schalten und walten kann, wie er will...
„Wozu eine Anklage? Vergeben und vergessen, das ist unser Motto!“
Mit Eastwood als Anti-Held mit verkniffenem Gesichtsausdruck und Zigarillo im Mundwinkel ist „Ein Fremder ohne Namen“ durch und durch italienisch, ebenso die Charakterzeichnungen, denn kaum jemand hat hier keinen Dreck am Stecken oder ist wirklich charakterlich integer. Eastwood hingegen ist supercool und kommentiert das groteske Geschehen mit lässigen Sprüchen, wenn er Amts- und Würdenträger entmachtet, ein Hotel für sich allein räumen lässt, sich einfach nimmt, was er braucht und die Bewohner Lagos gar Picknicktische aufbauen und die Gebäude rot anstreichen lässt. Dabei kommt es zu einer Menge zitierwürdiger Dialoge und Einzeiler, ohne ins Alberne abzudriften. Für etwas Komik sorgen ein, zwei Nebenrollen, vornehmlich Billy Curtis als ehemals verspotteter Kleinwüchsiger, den der geheimnisvolle Fremde zum Marshall machte sowie die Situation an sich, die das feige, heuchlerische, opportunistische Lagoer Völkchen erniedrigt und demütigt.
Nach und nach erfährt der Zuschauer, durch Rückblenden und Gespräche der Ortsbewohner, was sich vor des Fremden Ankunft wirklich in Lago abgespielt hat, das genaue Motiv offenbart sich ihm allerdings erst als Schlusspointe, die in der Originalsynchro übrigens weniger eindeutig ist als im deutschen Ton. Bis dahin wird man Zeuge eines überwiegend auch grafisch harten Westerns auf technisch und schauspielerisch hohem Niveau, der mit derbstem Sexismus schockiert und es schwierig macht, den Fremden als Sympathieträger anzunehmen, was in anderer Genrekost trotz der Unerbittlichkeit der Rollen in der Regel gelingt. Inwieweit dies genau so beabsichtigt war oder aber auch eine Vergewaltigung als „hart, aber gerecht“ angesehen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Authentizität leidet etwas, wenn der Fremde einige bedrohliche Situationen allzu leicht mit seinen Schießkünsten löst. Der großartige Showdown jedoch verwandelt Lago in eine infernale Hölle und zeichnet die Rache des Fremden als reinigende, aber verbrannte Erde zurücklassende Feuersbrunst. Die Kameraarbeit Bruce Surtees’ ist durchweg schön anzusehen, nimmt aber nicht die epischen Ausmaße eines Leones an, wie auch der Soundtrack Dee Bartons den Film zwar unterstützt, aber kein Vergleich zu den Werken großer italienischer Filmkomponisten ist.
Fazit: Clint Eastwoods Neuinterpretation von „Für eine Handvoll Dollar“, wenn man so will. Spannender, harter, technisch gänzlich überzeugender Western; eine gelungene Variation des bekannten Rachemotivs mit einigen frag- und diskussionswürdigen Szenen. Für Italo-Western-Freunde und Eastwood-Fans ein Muss und mir 7,5 von 10 Punkten wert.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
buxtebrawler hat geschrieben:Fazit: Clint Eastwoods Neuinterpretation von „Für eine Handvoll Dollar“, wenn man so will. Spannender, harter, technisch gänzlich überzeugender Western; eine gelungene Variation des bekannten Rachemotivs mit einigen frag- und diskussionswürdigen Szenen. Für Italo-Western-Freunde und Eastwood-Fans ein Muss und mir 7,5 von 10 Punkten wert.
Sehe ich genauso! Ich habe ihn vielleicht nicht ganz so lieb wie einige Genrevertreter aus dem Stiefelland, aber er ist von seinem Stil dem guten alten Italien so ähnlich, dass ich ihn einfach gern haben muss. Es herrscht ständig eine wunderbar brutale und düstere Grundstimmung, durch das Bemahlen der Häuser kann sich ein Filmwissenschaftler in Sachen Farbpsychologie so richtig austoben, Eastwood hat von seiner Coolness aus der Dollar-Trilogie überhaupt nichts verloren...ja, der Film ist klasse! Damals hat's mich gestört, dass der Clint nur so eine kleine Schar von Gegenspielern bekommt, die er ins Jenseits befördern kann, aber ich war halb von Leone, Corbucci und Co. verwöhnt worden 8/10
buxtebrawler hat geschrieben:Clint Eastwoods nach einem Thriller zweite Regiearbeit „Ein Fremder ohne Namen“ aus dem Jahre 1973
Lieber Bux ich weiß beide Filme sind aus dem Jahre 1973 aber Breezy aka Begegnung am Vormittag ist vor Ein Fremder ohne Namen gedreht worden und somit ist der Fremde ohne...sein 3. Film.Ein sehr dreckiger Film würde ich mal so sagen, hab den jetzt schon länger nicht gesehen aber soweit ich mich entsinnen kann kommt er locker auf 7/10.
Onkel Joe hat geschrieben:Lieber Bux ich weiß beide Filme sind aus dem Jahre 1973 aber Breezy aka Begegnung am Vormittag ist vor Ein Fremder ohne Namen gedreht worden und somit ist der Fremde ohne...sein 3. Film.
"Ein Fremder ohne Namen" wurde aber vorher veröffentlicht, zumindest laut IMDb und Wikipedia.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Onkel Joe hat geschrieben:Lieber Bux ich weiß beide Filme sind aus dem Jahre 1973 aber Breezy aka Begegnung am Vormittag ist vor Ein Fremder ohne Namen gedreht worden und somit ist der Fremde ohne...sein 3. Film.
"Ein Fremder ohne Namen" wurde aber vorher veröffentlicht, zumindest laut IMDb und Wikipedia.
Das mag sein, nichtsdestotrotz ( schreibt man das so ) ist Breezy seine zweite Regiearbeit.
Ich liebe diesen Flick! Leider zerstört die deutsche Synchronisation mit ihrer (bewussten?) Verfälschung das Ende, daher auf jeden Fall dem O-Ton lauschen. Ein Blick auf den Originaltitel sollte ebenfalls aufschlussreich sein.
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Horror im Gewand des Western, das weckt Erinnerungen an "Django il bastardo" mit Frau De Teffè.
Zuletzt geändert von Blap am Mi 14. Mär 2012, 12:22, insgesamt 1-mal geändert.
Blap hat geschrieben:Leider zerstört die deutsche Synchronisation mit ihrer (bewussten?) Verfälschung das Ende, daher auf jeden Fall dem O-Ton lauschen.
Laut Eastwood war übrigens genau dieses Ende in früheren Drehbuchentwürfen geplant, wurde dann aber zugunsten einer weniger expliziten, eine möglicherweise übernatürliche Note ins Spiel bringenden Pointe umgeschrieben.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Wie dem auch sei, mir gefällt das "Geist-Ende" deutlich besser. Der rächende Bruder ist im Gegensatz dazu recht einfallslos (passt auch nicht zu den vorherigen Ereignissen. "Hell" als Ortsname, das Kaff lodert im Flammenschein der Hölle etc.).