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The Guard - Ein Ire sieht schwarz - J.M McDonagh (2011)

Verfasst: Mo 26. Mär 2012, 16:23
von horror1966
Bild




The Guard - Ein Ire sieht schwarz
(The Guard)
mit Brendan Gleeson, Don Cheadle, Ronan Collins, Paraic Nialand, John Patrick Beime, Christopher Kilmartin, Rory Keenan, Declan Mannlen, Laurence Kinlan, Michael Og Lane, Liam Cunningham, Owen Sharpe, Whale Ojo
Regie: John Michael McDonagh
Drehbuch: John Michael McDonagh
Kamera: Larry Smith
Musik: Calexico
FSK 16
Irland / 2011

Ein irischer Kleinstadtpolizist interessiert sich für alles Mögliche - nur nicht für den Drogenring, der sogar einen FBI-Agenten in die Stadt führt. Ein irischer Dorfbulle am Arsch der Welt: Sergeant Gerry Boyle ist zynisch, eigensinnig und nur ein bisschen korrupt, ein Einzelgänger, der seinen jungen Kollegen McBride nicht für voll nimmt. Als auf der Jagd nach Kokainschmugglern FBI-Agent Everett in seinem Revier auftaucht, fühlt Boyle sich eher gestört. Erst als McBride über Nacht verschwindet, wird der Dorfbulle aktiv. Ihm wird klar, dass die Drogenschmuggler den Cop verschwinden ließen und seine Vorgesetzten von den Gangstern bestochen wurden. Wie einst John Wayne zieht er zusammen mit dem FBI-Mann los, um den Koksschmugglern das Handwerk zu legen.


Das die Briten die Meister des schwarzen Humors sind weiß man nicht erst seit heute und in der vorliegenden irischen Produktion kommt dies einmal mehr äußerst eindrucksvoll zum Vorschein. John Michael McDonagh het eine herausragende Mischung aus Krimi-und Komödie kreiert, die in erster Linie von ihren beiden erstklassigen Hauptdarstellern und deren Beziehung zueinander getragen wird. Unterschiedlicher können zwei Charakter eigentlich gar nicht sein, ist hier einerseits der griesgrämige irische Polizist Gerry Boyle und auf der anderen Seite der farbige FBI-Agent Everett, wobei Letzterer in der irischen Provinz irgendwie absolut deplaciert erscheint. Gerade dieser Aspekt eröffnet sich dem Zuschauer vor allem im Umgang der beiden ungleichen Männer untereinander, der sich durch erstklassige Dialoge-und absolut brillantem Wortwitz auszeichnet.

Ganz generell ist der gesamte Film mit einer Art von tiefgründigem schwarzen Humor ausgestattet der sich sicherlich nicht jedem erschließen wird, offenbart sich die herausragende Komik doch nicht immer auf den ersten Blick. Man muss schon etwas hinter die Fassade schauen, um etwas mit der teils skurrilen Situationskomik anfangen zu können. Wer nämlich eine Geschichte mit vollkommen übertriebenen Schenkelklopfern erwartet ist hier an der falschen Adresse, vielmehr setzt John Michael McDonagh auf die traditionelle Portion des teils sehr trockenen britischen Humors, der streckenweise sehr sarkastische-und fast schon zynische Züge trägt. Gleichzeitig wird jedoch auch eine durchaus ernstzunehmende Geschichte erzählt, in der es sich um Drogen, Korruption und Gegensätze der verschiedendsten Art dreht. Alle Fäden laufen dabei immer wieder bei den Hauptdarstellern Don Cheadle und Brendan Gleeson zusammen, die dem Film ganz eindeutig ihren persönlichen Stempel aufdrücken. Gleeson agiert dabei wirklich brillant und liefert eine in allen Belangen überzeugende Performance als irischer Dickkopf ab, der sich in etlichen Situationen selbst dümmer darstellt, als er in Wirklichkeit ist. Selbst der toll aufspielende Don Cheadle verblasst durch die Omnipräsenz des mürrischen Dorfpolizisten, der ganz eindeutig der absolute Höhepunkt des ganzen Geschehens ist.

Es macht einfach einen Riesen-Spaß, den beiden Männern bei den verschiedenen Verhaltensweisen zuzuschauen und ihren teils aberwitzigen Dialogen zu lauschen, die von Sarkasmus und Rassismus getränkt sind. Dabei entfacht jede einzelne Einstellung des Filmes einen unglaublichen Charme, so das man beide Haupt-Charaktere fast unweigerlich in sein Herz schließt. Nun sollte man jedoch auch anmerken, das "The Guard" nicht nur die beiden Hauptfiguren als Highlights zu bieten hat, ist die Story doch bis in die kleinsten Nebenrollen absolut perfekt besetzt. So kann man sich ganz generell auf wirklich erstklassiges Schauspiel und spielfreudige Darsteller freuen, denen man die Lust am Spielen in jeder einzelnen Passage anmerken kann. Außerdem verfügt die Story trotz des Humors auch über einen soliden Spannungsbogen, so das in diversen Sequenzen sogar ein wenig Thrill aufkommt, was den gewonnenen Gesamteindruck noch einmal zusätzlich aufwertet.

Insgesamt gesehen ist "The Guard - Ein Ire sieht schwarz" ein gänzlich überzeugender Film und stellt gleichzeitig ein Paradebeispiel für tiefgründigen-und schwarzen Humor dar. Wer diese Art von Komik zu schätzen weiß, kommt hier voll auf seine Kosten und wird auch so manche Träne nur schwerlich unterdrücken können. Manche Situationen sind einfach so aberwitzig dargestellt, das sie mit der Kraft eines Hammers auf die Lachmuskeln schlagen und der bitter-böse Wortwitz tut sein Übriges, um für gut 90 Minuten erstklassige Unterhaltung zu sorgen.


Fazit:


Der britische Humor trifft bestimmt nicht jeden Geschmack, doch Freunde der trockenen Komik werden hier hellauf begeistert sein. "The Guard" wartet mit jeder Menge schwarzhumorigen Dialogen auf und bietet tiefgründige Komik der allerbesten Art. Ein hervorragender Cast und zwei hervorstechende Hauptfiguren machen diesen Film zu einem echten Erlebnis, bei dem kein Auge trocken bleibt. Und so kann man für diesen niveauvollen Mix aus Krimi-und Komödie nur eine unbedingte Empfehlung aussprechen, denn dieses Werk schaut man sich nicht nur einmal an.


Die DVD:

Vertrieb: Ascot elite
Sprache / Ton: Deutsch DTS 5.1, DD 5.1 / Englisch DD 5.1
Untertitel: Deutsch
Bild: 1:2,35 (16:9)
Laufzeit: 92 Minuten
Extras: Making Of, Deleted & Extended Scenes, Outtakes, Behind the Scenes, Interviews, Audiokommentar, Originaltrailer, Trailershow, Kurzfilm


9/10

Re: The Guard - Ein Ire sieht schwarz - J.M McDonagh

Verfasst: Mo 26. Mär 2012, 21:32
von CamperVan.Helsing
Jo, ich mochte den auch

(wir Norddeutschen sind ja wie die Iren sehr maulfaul)

Re: The Guard - Ein Ire sieht schwarz - J.M McDonagh

Verfasst: Mo 26. Mär 2012, 21:37
von horror1966
ugo-piazza hat geschrieben:Jo, ich mochte den auch

(wir Norddeutschen sind ja wie die Iren sehr maulfaul)

Ach, das kannst du so auch nicht sagen, ich rede eigentlich sehr gern. :mrgreen:

Re: The Guard - Ein Ire sieht schwarz - J.M McDonagh

Verfasst: Mo 26. Mär 2012, 21:57
von CamperVan.Helsing
horror1966 hat geschrieben:
ugo-piazza hat geschrieben:Jo, ich mochte den auch

(wir Norddeutschen sind ja wie die Iren sehr maulfaul)

Ach, das kannst du so auch nicht sagen, ich rede eigentlich sehr gern. :mrgreen:
Hildesheim ist ja auch fast schon Bayern. :D

Re: The Guard - Ein Ire sieht schwarz - J.M McDonagh

Verfasst: Mo 26. Mär 2012, 22:17
von horror1966
ugo-piazza hat geschrieben:
Hildesheim ist ja auch fast schon Bayern. :D
Mit dieser extremen Beleidigung hast du gerade sehr viel Kredit verspielt, ich fühle mich zutiefst gedemütigt. :mrgreen: :rambo:

Re: The Guard - Ein Ire sieht schwarz - J.M McDonagh

Verfasst: Mi 28. Mär 2012, 11:55
von jogiwan
Hmm... ich fand den nicht so prickelnd, was wohl daran liegt, dass mir als Österreicher bitterböser Humor ja quasi schon in die Wiege gelegt ist. Die Idee, den Hauptdarsteller als zynisches Arschloch einzuführen und nach und nach seine Menschlichkeit aufzudecken fand ich jedenfalls nur mäßig gelungen und auch die "spritzigen Wortduelle" sind zumindest in der deutschen Synchro ebenfalls nur mau ausgefallen. Wer auf groteskes Laberkino mit Action-Einschlag, rassistische Witzen und seltsamen Figuren aus dem Kuriositätenkabinett a la Tarantino steht, wird in "The Guard" aber bestens bedient, aber noch ein Film mit einem amtsmüden Verbrecher und Hang zur Philosophie ich laufe freiwillig Amok - aber echt! 6/10

Re: The Guard - Ein Ire sieht schwarz - J.M McDonagh

Verfasst: So 1. Apr 2012, 21:23
von horror1966
Ach jogi, du gehst doch zum lachen eh in den Keller. :mrgreen:

Re: The Guard - Ein Ire sieht schwarz - J.M McDonagh

Verfasst: So 1. Apr 2012, 21:24
von jogiwan
horror1966 hat geschrieben:Ach jogi, du gehst doch zum lachen eh in den Keller. :mrgreen:
Lass mal den Freudschi aus dem Spiel! ;)

Re: The Guard - Ein Ire sieht schwarz - J.M McDonagh

Verfasst: So 1. Apr 2012, 21:27
von horror1966
jogiwan hat geschrieben:
horror1966 hat geschrieben:Ach jogi, du gehst doch zum lachen eh in den Keller. :mrgreen:
Lass mal den Freudschi aus dem Spiel! ;)

Stimmt ja, er ist ja unsere liebenswerte Forums-Kellerassel.:kicher:

Re: The Guard - Ein Ire sieht schwarz - J.M McDonagh

Verfasst: So 8. Apr 2012, 22:30
von Arkadin
Gerry Boyle ist ein ungewöhnlicher Streifenpolizist in Irland. Seine Methoden und sein schroffen Auftreten stoßen seine Kollegen und Mitmenschen immer wieder vor den Kopf. Durch Zufall wird er in einen großen Schmuggel-Fall verwickelt, bei dem er plötzlich gezwungen ist, mit einem farbigen FBI-Agenten zusammenzuarbeiten. Dieser ist zunächst gar nicht von Boyle und seiner Art begeistert, merkt aber bald, dass der exzentrisch wirkende Ire weit mehr auf dem Kasten hat, als ursprünglich gedacht.

Die deutsche Bewerbung des Filmes als typische Culture-Clash-Komödie mit dem schrillen Untertitel „Ein Ire sieht schwarz“ ist ziemlicher Quatsch und führt den Zuschauer auf eine völlig falsche Fährte. Denn wenn „The Guard“ eine Komödie ist, dann kann man auch z.B. „Colombo“ oder Dr. House” als Comedy-Serie bezeichnen. Nein, der titelgebende „Guard“ (Garda ist die Abkürzung für Garda Síochána na hÉireann – „Hüter des Friedens“, so heißt in Irland die Nationalpolizei) ist mitnichten eine Witzfigur. Er ist auch kein – wie die Werbung vermuten lässt – unsympathischer Rassist. Zwar stößt er die Leute mit Vorliebe vor den Kopf und provoziert auch gerne den farbigen, amerikanischen FBI-Agenten Wendell Everett mit scheinbar diskriminierenden Äußerungen, damit verfolgt er allerdings ein bestimmtes Ziel. Anhand der Reaktionen seines Gegenübers schätzt er diesen ein, klopft dessen Schwachstellen und Charakter ab. Natürlich wirkt seine schroffe Art zunächst belustigend, insbesondere wenn seine Mitmenschen darauf konfus reagieren. Aber sie hat durchaus ihren tieferen Sinn. Boyle ist auch kein dummer Starrkopf, sondern sehr belesen und gebildet, was er ab und an durchblicken lässt, wodurch sein Gegenüber noch mehr irritiert wird.

Eigentlich ist Gerry Boyle die perfekte Hauptperson für eine gute Krimiserie. Somit ist der Spielfilm „The Guard“ eigentlich das falsche Umfeld für diesen Charakter. Zwar gibt sich Regie-Debütant John Michael McDonagh alle Mühe, seine Hauptfigur mit allen möglichen Hintergrundgeschichten auszustatten, aber auf gerade mal 92 Minuten komprimiert, wirkt dies fast schon ein wenig überladen. Trotzdem ist Gerry Boyle eine Figur, die Spaß macht und von der man gerne noch mehr sehen möchte.

Dementsprechend werden aber alle anderen Figuren von Gerry Boyle, dem der großartige Brendan Gleeson seine massige Gestalt leiht, regelrecht in den Hintergrund gequetscht. Der wie immer sehr zuverlässige Don Cheadle als FBI-Agent Wendell Everett hat eigentlich keine Chance, um seiner Figur Tiefe zu verleihen. Auch das Geplänkel zwischen ihm und Boyle wirkt recht oberflächlich. Falls Regisseur McDonagh beabsichtigt hat, eine typische Fisch-aus-dem-Wasser oder Buddy-Komödie zu drehen, so ist ihm dies so leider nicht gelungen. Dazu räumt er der Beziehung zwischen Boyle und Everett viel zu wenig Platz ein.

Noch schlimmer geht er mit den drei Schurken seines Filmes um. Zwar sind diese mit den drei Charakterköpfen Mark Strong, Liam Cunningham und David Wilmot ausgezeichnet besetzt, aber ihre philosophierenden Gangster riecht doch zu sehr nach Quentin Tarantino. Das wirkt dann leider eher angestrengt als amüsant. Auch wenn man zugeben muss, dass die drei Schauspieler hier einen guten Job abliefern und sichtlich Spaß an ihren Rollen haben.

Bei der Gestaltung seines Debütfilms hat McDonagh noch ein anderes, fast schon übermächtiges Vorbild: Den finnischen Meisterregisseur Aki Kaurismäki. Nicht nur die Farbgebung, auch der lakonische, immer auch immer leicht melancholisch wirkende Boyle und seine, wortkargen, dem Alkohol und Kneipengang nicht abgeneigten irischen Mitmenschen scheint direkt aus einem Kaurismäki-Film zu stammen. Allerdings redet Boyle weitaus mehr als seine finnischen Gegenstücke. Überhaupt scheint McDonagh etwas zu sehr an bekannten Vorbildern zu kleben und dabei nicht recht zu wissen, was er genau will. Doch einen Buddy-Film? Eine Art irischen Tarantino-Film, einen Studie der coolen Melancholie ala Kaurismäki oder am Ende doch – wie das schön inszenierte Finale erahnen lässt- einen irischen Western?

Nichtsdestotrotz ist „The Guard“ ein grundsympathischer und irgendwie gemütlicher Film, der ganz von seinem im höchsten Masse überzeugenden Hauptdarsteller Brendon Gleeson getragen wird. Nicht unerwähnt soll hier auch nicht der eingängige Soundtrack der bekannten Indie-Folk Gruppe Calexico bleiben. Dieser mischt irische Folk-Elemente mit denen eines klassischen Western-Scores, was dem Film gut zu Gesicht steht. Wie gesagt, als TV-Serie könnte ich mir das Ganze sehr gut vorstellen, als Kinofilm bietet er aber zumindest gediegene Unterhaltung.

Die DVD aus dem Hause Ascot Elite kommt mit einigen Extras daher, von denen der Debüt-Kurzfilm des Regisseurs aus dem Jahre 2000 das interessanteste ist. In dem 11-minütigen Film mit dem Titel „The Second Death“ spielt Liam Cunningham (der Hauptschurke aus „The Guard“) einen Mann in einem irischen Pub, dem scheinbar ein schlechtes Gewissen aufs das Herz drückt. Stimmung und die Figurenzeichnung der Gäste des Pubs nehmen schon etwas von McDonaghs Spielfilm-Debüt vorweg und somit kann „The Second Death“ durchaus als Fingerübung für „The Guard“ gelten.

Des Weiteren befinden sich in den Extras 24 Minuten Deleted/Extended Scenes, welche recht interessant sind, aber nicht zwangsläufig für die Handlung notwendig. Abgerundet wird das Ganze mit 3 Minuten Outtakes (die allerdings nicht besonders lustig sind), einem kurze 10minütigen Werbe-Making-Of von 11 Minuten, 18 Minuten Behind the Scenes und Interviews mit den Beteiligten, die recht nichtssagend sind und sich z.T. auch aus dem Making-Of und Behind the Scenes wiederholen. Ebenfalls vorhanden: Ein Audio Kommentar mit Brendan Gleeson, John Michael McDonagh und Don Cheadle (der den Film übrigens auch mitproduzierte).

Das Bild der DVD kann man nur als brillant bezeichnen. Gestochen scharf mit tiefen und sehr kräftigen Farben. Einen besonderen Reiz bezieht der Film durch die englische Tonspur, die allerdings durch den irischen Zungenschlag sehr schwer zu verstehen ist. Aber dafür hat die DVD ja deutsche Untertitel an Bord. Die deutsche Synchronisation ist zwar gut, aber gerade bei diesem Film ist der Originalton mit seinem starken Lokalkolorit doch auf jeden Fall vorzuziehen.

Der ganze Krams plus Screenshots gibt es noch einmal hier: http://www.filmforum-bremen.de/2012/04/ ... t-schwarz/