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Themroc - Claude Faraldo
Verfasst: Mo 26. Mär 2012, 16:26
von dr. freudstein
Originaltitel: Themroc
Herstellungsland: Frankreich / 1973
Regie: Claude Faraldo
Darsteller: Michel Piccoli, Béatrice Romand, Marilù Tolo, Francesca Romana Coluzzi,
Jeanne Herviale, Jean Aron, Paul Barrault, Romain Bouteille, Stéphane Bouy u.a.
Story:
Dem Fabrikarbeiter Themroc (Michel Piccoli) wird die Monotonie des Alltags zu viel und er dreht durch. Von nun an lebt er sein Leben so, wie er es möchte - durchgedreht und primitiv.
Mit seinem neuen Lebensstil steckt er jedoch noch andere Leute an, und die Polizei findet das nicht grade gut...
http://www.ofdb.de/film/19360,Themroc
Re: Themroc - Claude Faraldo
Verfasst: Mo 26. Mär 2012, 16:34
von buxtebrawler
Französischer Film aus dem Jahre 1973, in dem kein einziges verständliches Wort gesprochen wird. Die Protagonisten verständigen sich per lautmalerischem Kauderwelsch und primitiver Grunzlaute, bauen sich aus ihren Wohnungen Höhlen und werden in ihrem neuen Lebensstil plötzlich immun gegen Angriffe der Staatsmacht.
Bewusst naiv-grotesk und plakativ gezeichnete, sich gegen die Monotonie und die Zwänge des Alltags richtende, abgefahrene Komödie, die neben viel Spaß die Erkenntnis vermittelt, dass wer sich aus der "normalen" Gesellschaft verabschiedet und fortan ein selbstbestimmtes, alternatives, zurück auf die Grundbedürfnisse des Menschen besonnenes Leben lebt, über den Dingen zu stehen vermag und sich somit dem Alltagstrott und mit ihm einhergehender Probleme ebenso entziehen kann wie Angriffen und Repression. Muss man mal gesehen haben, denn das Gezeigte spottet eigentlich jeder Beschreibung!
Re: Themroc - Claude Faraldo
Verfasst: Mo 26. Mär 2012, 16:42
von DrDjangoMD
Das klingt echt gut
Aufgrund der ganzen Easy-Rider/Hippie-Filme, die ich mir den lieben langen Tag lang ansehe steh ich sowieso auf Filme mit einer zurück zur Natur Botschaft und wenn diese dann noch in so einem individuellen und schrägen Stil vermittelt ist, wird's besonders grandios. Schaun wir mal, ob wir die DVD erspähen können
Re: Themroc - Claude Faraldo
Verfasst: Mi 1. Mai 2013, 21:35
von CamperVan.Helsing
F 1973
D: Michel Piccoli, Marilu Tolo, Francesca Romana Coluzzi, Patrick Dewaere, Coluche, Miou-Miou
Schluss, aus: Anstreicher Themroc (Michel Piccoli) hat die Schnauze gestrichen voll vom alltäglichen Malocherdasein. Also macht er sich daran, seinem Leben eine etwas andere Wendung zu geben: Der Wohnungseingang wird zugemauert, dafür ein fettes Loch in die Außenwand zum Hinterhof geschlagen, die Schwester gefickt und ernähren wird man sich fortan mit gegrilltem Polizisten vom Drehspieß..., ein Lebenskonzept, das im Wohnblock schnell Nachahmer findet...
Passend zum 1. Mai habe ich es nun endlich mal geschafft, mir Claude Faraldos Anarcho-Klassiker anzuschauen, der ja schon allein deshalb (fast) einzigartig ist, weil er auf (verständliche) Sprache verzichtet, weshalb EPIX die Tonspur ja auch mit "themrocianisch" angab. Dialoge gibt es hier (sind eh nur sehr wenige) in jener fiktionalen Sprache, während Themroc selbst ohnehin nur Grunz- und Schreilaute von sich gibt. Mit der Evolution backwards zum Großstadthöhlenbewohner scheint Themroc allerdings vom weiblichen Teil der Bevölkerung ganz neu wahrgenommen zu werden, das Tier im Menschen scheint auf die Ladies eine große Anziehungskraft zu besitzen. Auch die Staatsmacht findet zu einer ganz neuen Wahrnehmung, wenn auch anders als gedacht...
Ob man Faraldos Gesellschaftskritik in allen Punkten folgen sollte, sei mal dahingestellt, doch dürfte unstrittig sein, dass ohne widerborstige Bürger auch dieses Land mit noch mehr Atomkraftwerken, sinnlosen Stadtautobahnen und seelenlosen Betonbauten zugepflastert worden wäre. Stattdessen blieben die Altbauten erhalten und wurden saniert, so dass dort jetzt der große Gentrifikationshammer zuschlagen kann...
Für ein Meisterwerk wie diese IMDB-User
http://www.imdb.com/title/tt0069369/reviews?start=0 halte ich "Themroc" nun nicht unbedingt, gesehen haben sollte man ihn allerdings auf alle Fälle.
Re: Themroc - Claude Faraldo
Verfasst: Mo 19. Aug 2013, 23:15
von dr. freudstein
Ein einzigartiges anarchistisches Großstadtmärchen, wo einem die Worte wegbleiben. Apropo Worte, hier verstand ich nicht ein einziges. Man bediente sich hier einer früh-steinzeitlichen Sprache,welches oft nur husten, grunzen und schreien von sich gibt, allem voran Themroc. Wollte man hier die Ausdruckslosigkeit und Inhaltsleere der Menschen in einer Grossstadt veranschaulichen? Als Themroc sich zur Arbeit begibt, ist er auch umgeben von einer stillen Anonymität. Zwar zwängt man sich wie Ölsardinen durch die Straßen und U-Bahnen, doch niemand nimmt den anderen wirklich wahr. Eine graue Einheitsmasse ohne Licht inmitten derer, wo niemand auffällt und nur der Zeit hinterhechelt.
Schon Zuhause sitzt man da, schlürft seinen Kaffee, während die anderen Mitbewohner wie Mutter und Schwester wie mechanisch auf das Klo rennen und den Arbeiter nicht einmal begrüßen, sondern nur auf die Uhr verweisen (Übersetzung: Beeil dich bitte, du kommst zu spät), kein freundliches Guten Morgen, einfach nur tristes Verkümmern. Während der Fahrt mit einem Arbeitskollegen, mit dem man sich aber auch nichts zu erzählen weiß, passiert Themroc seinen Morgen noch einmal Revue, der sich wohl von keinem anderen Morgen unterscheidet. Steckt hier der Sinn des Lebens?
Bei der Arbeit erwartet ihn die gleiche Monotonie. Zwar wird hier eifrig gebrabbelt, doch ebenso inhaltslos und unverständlich. Beim Anstreichen dann die gleiche Monotonie, den Pinsel rauf und runter schwingen. Scheint mir allerdings ein sehr hoher Arbeitskräfteeinsatz zu sein, wenn Unzählige ein Gittertor streichen, jeder eine Strebe. Nun gut, besser noch als eine hohe Arbeitslosenquote. Arbeitslose (damit meine ich die, die arbeiten wollen, aber keine finden) und andere sozial gescheiterte Existenzen sieht man hier nicht. Es geht hier erstrangig um die arbeitende Masse, deren Tagesablauf wie ein Uhrwerk abläuft, straight in eine Richtung, ohne mal abzubiegen oder mal heraus zu brechen aus der oeden Monotonie. Ein Uhrwerk hat zu funktionieren, ebenso der Arbeiter. Optisch mag da noch ein geringer Unterschied zu bestehen, funktionell eher weniger.
Als Themroc seine Arbeit verliert, da er sich nicht an die streng auferlegten Betriebszwänge hält und aus diesen herausbricht, indem er seinen menschlichen oder soll man sagen tierischen Urinstinkten nachgibt und die Sekretärin des Chefs angeifert. Sichtlich befreit begibt er sich das letzte Mal von seinem Arbeitsweg nach Hause, nicht ohne inmitten der grauen Einheitsmasse ein paar Urschreie von sich gibt.
Zu Hause fasst er einen neuen Plan und fickt zunächst mal seine Schwester, die sich ihm auch voll und ganz hingibt und schon fast sprichwörtlich wie eine Klette am Körper klebt, während er sich große Steine von einem Bauplatz stiehlt. Selbstverständlich versucht man ihn daran zu hindern, aber Themroc weiß schon, wie man sich solch lästigen Mitmenschen vom Halse hält. Zu Hause angekommen, wird dann die offizielle Eingangsseite zugemauert, dafür dann die zum Innenhof liegende Seite offen gelegt. Er schafft sich mit seiner neuen Geliebten quasi eine Höhle, wie die Vorfahren auch gelebt haben. Steckt hier wirklich der Freiheitsdrang drinnen, den man von unseren Vorfahren zu glauben wusste, das diese wirklich frei waren? Sicher, sie kannten keine Uhr, aber gleichwohl schon Arbeitsteilung, diese diente allerdings lediglich dem Zwecke, zu überleben. Und zwar nicht wie andere Säugetiere, nur der heutige Tag zählt, sondern man konnte vorausschauend denken und handeln wie Vorräte anlegen.
Themroc ist sich seiner Sache jedenfalls sicher, ungläubig beobachtet von den ganzen Nachbarn, die diese anarchistischen Eigenmächtigkeiten nicht dulden wollen und die Ordnungsmächte aufrufen. Diese jedoch haben es nicht einfach mit Themroc und erhalten ordentlich Gegenwehr.
In seiner neuen von Gesellschaftszwängen befreiten Behausung stören die staatsgesteuerten Marionetten nur und so gibt es Konter, nicht grad zimperlich. Anrückende Maurer wollen die offen gelegte Häuserwand wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzen, werden jedoch von unserem Titelhelden und seiner neuen Geliebten halb ausgezogen und beschmust. Dieser verrichtet vorschriftsmässig zunächst noch seinen Dienst, aber der Aussteiger sabotiert seine Arbeit auf homo-erotische Art und Weise, derer der Maurer dann schließlich nachgibt und seine verrichtete Arbeit selbst wieder zerstört. Auch immer mehr Stadtbewohner sind wie angefixt und wollen ebenfalls zurück in die Steinzeit.
Wie die APPD dereinst zu Recht forderte: Zurück zur ultimativen und totalen Rückverdummung der Menschheit. Weniger Wissen ist Macht, lebt nach euren Trieben und Gelüsten gemäss dem Unbekanntem Affen, befreit euch von Zwängen, anstatt euch immer mehr zwangssteuern zu lassen ohne Rücksicht auf Körper und Seele. Reibt euch nicht für Fremde auf, die nach Belieben über euern Körper und Geist sprich Arbeitskraft verfügen, wo am Ende ausser verlorener Lebenszeit und geschundenem Körper sowie der Aufgabe von menschlichen Bedürfnissen unterm Strich nichts übrig bleibt. Essen und eine geschützte Behausung ist Menschenrecht, die man sich nicht verdienen muss, sondern die einem zusteht, um am Leben zu bleiben.
Trotz der unverständlichen Sprache spricht dieser Film doch eine sehr deutliche, wenn man sich richtig auf den Film einlässt und die vermittelten Botschaften erkennt. Ein stiller Film? Mitnichten, lauter konnte der Aufschrei von der Botschaft her nicht hallen. Sicher bleiben noch einige Fragezeichen übrig, aber das macht einen guten Film aus, der dadurch quasi zur Zweitsichtung aufruft, um noch mehr Eindrücke aufzunehmen.
Es sollten mehr Themrocs auf der Welt geben hust grunz uuuuaaaahh
7,5/10
Re: Themroc - Claude Faraldo
Verfasst: Di 20. Aug 2013, 12:24
von Vinz Clortho
Den durfte ich Anfang der 90er tatsächlich im "Kino" erleben - genauer gesagt im Musik-Circus Oberhausen. Ungewöhnliche Location, bizarrer Film. Schätze, die meisten der Anwesenden waren nur unzureichend auf das vorbereitet, was sie da erwartete. Mir hat's gefallen, allerdings war das zu einer Zeit, als ich alles goutierte, was irgendwie seltsam, surreal und abgedreht war. Perfekte Wahl also! Seitdem habe ich den Streifen nicht mehr gesehen, auch wenn ich ihn immer noch als äußerst befremdlich in Erinnerung habe. Darüber hinaus bin ich mit Michel Piccoli nie so ganz warm geworden. Das hat jedoch mehr mit Sympathiewerten zu tun - schauspielerisch gehört er zweifelsohne zur ersten Garnitur des europäischen Kinos ...
Re: Themroc - Claude Faraldo
Verfasst: Di 20. Aug 2013, 12:41
von buxtebrawler
Vinz Clortho hat geschrieben:Darüber hinaus bin ich mit Michel Piccoli nie so ganz warm geworden. Das hat jedoch mehr mit Sympathiewerten zu tun - schauspielerisch gehört er zweifelsohne zur ersten Garnitur des europäischen Kinos ...
Weshalb ist er dir unsympathisch?
Re: Themroc - Claude Faraldo
Verfasst: Di 20. Aug 2013, 13:38
von Vinz Clortho
buxtebrawler hat geschrieben:Weshalb ist er dir unsympathisch?
Gute Frage. Könnte ich Dir gar nicht mal so genau beantworten. Das rührt wahrscheinlich daher, dass ich ihn bislang fast ausschließlich in Rollen gesehen habe, in denen er nicht sonderlich sympathisch rüberkam. Irgendwie hat der immer so was Arglistiges, Verschlagenes, Arrogantes an sich. Spricht vermutlich für seine schauspielerischen Qualitäten, dass man irgendwann dazu neigt, ihn generell als Unsympathen zu betrachten, was natürlich Quatsch ist. Privat ist der Mann bestimmt 'n Seele von Mensch. Bei Michael Douglas empfinde ich das übrigens ähnlich ... Jetzt sag bloß, Du kennst so was nicht?
Re: Themroc - Claude Faraldo
Verfasst: Di 20. Aug 2013, 13:40
von buxtebrawler
Vinz Clortho hat geschrieben:Gute Frage. Könnte ich Dir gar nicht mal so genau beantworten. Das rührt wahrscheinlich daher, dass ich ihn bislang fast ausschließlich in Rollen gesehen habe, in denen er nicht sonderlich sympathisch rüberkam. Irgendwie hat der immer so was Arglistiges, Verschlagenes, Arrogantes an sich. Spricht vermutlich für seine schauspielerischen Qualitäten, dass man irgendwann dazu neigt, ihn generell als Unsympathen zu betrachten, was natürlich Quatsch ist. Privat ist der Mann bestimmt 'n Seele von Mensch. Bei Michael Douglas empfinde ich das übrigens ähnlich ... Jetzt sag bloß, Du kennst so was nicht?
Hmm... doch, schon, aber nicht unbedingt bei Schauspielern, die gut Unsympathen spielen können. Er bei denen, die permanent um Sympathie buhlen.
Re: Themroc - Claude Faraldo
Verfasst: Di 20. Aug 2013, 14:10
von Vinz Clortho
buxtebrawler hat geschrieben:Hmm... doch, schon, aber nicht unbedingt bei Schauspielern, die gut Unsympathen spielen können. Er bei denen, die permanent um Sympathie buhlen.
Hey Mann, lass' Sandra Bullock aus dem Spiel!