Der Untergang - Oliver Hirschbiegel (2004)
Verfasst: Mi 4. Apr 2012, 02:45
Der Untergang
(Der Untergang)
mit Bruno Ganz, Alexandra Maria Lara, Corinna Harfouch, Ulrich Matthes, Juliane Köhler, Heino Ferch, Christian Berkel, Matthias Habich, Thomas Kretschmann, Michael Mendl, André Hennicke, Ulrich Noethen
Regie: Oliver Hirschgiebel
Drehbuch: Bernd Eichinger / Joachim Fest
Kamera: Rainer Klausmann
Musik: Stephan Zacharias
FSK 12
Deutschland / Italien / Österreich / 2004
Berlin, April 1945. Ein Volk wartet auf seinen Untergang.
In den Straßen der Hauptstadt tobt der Häuserkampf. Hitler (BRUNO GANZ) hat sich mit einigen Generälen und engsten Vertrauten im Führerbunker der Reichskanzlei verschanzt. Zu ihnen gehört auch Traudl Junge (ALEXANDRA MARIA LARA), seine Privatsekretärin, die ihn nicht im Stich lassen will.
Während draußen die Lage immer mehr eskaliert, die Rote Armee weiter vorrückt und sich in den von Explosionen erschütterten Vierteln verzweifelte Szenen abspielen, erlebt Hitler den Untergang des Dritten Reiches hinter Bunkermauern. Obwohl Berlin nicht mehr zu halten ist, weigert sich der Führer, die Stadt zu verlassen. Er will, wie Architekt Speer (HEINO FERCH) es ausdrückt, "auf der Bühne stehen, wenn der Vorhang fällt". Doch Hitler steht nicht auf der Bühne. Während sich die Wucht des verloren gegangenen Krieges mit aller Härte über seinem Volk entlädt, inszeniert der Führer im Bunker seinen Abgang. Noch Stunden vor dem gemeinsamen Selbstmord heiratet er Eva Braun (JULIANE KÖHLER).
Statt des Endsiegs kommt das Ende, aber auch das ist vorbereitet bis ins letzte Detail. Nachdem er und Eva Braun sich das Leben genommen haben, werden ihre Leichen im Hof der Reichskanzlei verbrannt, damit sie nicht dem Feind in die Hände fallen. Viele seiner Getreuen wählen ebenfalls den Freitod. Goebbels und die verbleibenden Generäle weigern sich auch weiterhin, die von den Russen geforderte bedingungslose Kapitulation anzunehmen. Als die Lage immer aussichtsloser wird, tötet Magda Goebbels ihre sechs Kinder im Bunker mit Gift, bevor auch das Ehepaar Goebbels Selbstmord begeht.
Für mich persönlich ist "Der Untergang" wohl einer der mit Abstand besten deutschen Filme, die es überhaupt gibt. Hier werden sehr realistisch die letzten Tage von Adolf Hitler im Führerbunker in Berlin skizziert. Obwohl der Krieg verloren ist, weicht Adolf Hitler nicht von seinem Weg ab und glaubt weiter an den "Endsieg". Dabei kommt der gesamte Fanatismus eines Mannes durch, der ganz offensichtlich jeglichen Bezug zur Realität verloren hat, denn die Verteidigung seiner eigenen Idee und der immer noch fatale Glaube an den Endsieg ist viel stärker als auch nur eine leichte Annäherung an die realistische Situation, in der man sich befindet. Besonders in den Vordergrund gestellt wird der Irrglaube Hitlers durch das brillante Schauspiel von Bruno Ganz, der in der Rolle des Führers eine wahre Meisterleistung abliefert. Dabei bringt er sämtliche Fawcetten des offensichtlich zu erkennenden Wahnsinns eines Mannes glaubhaft und authentisch rüber, die Spielfreude und Inbrunst seiner Performance kann man dabei nur schwer in Worte fassen. Der Zuschauer bleibt dabei immer in einem sehr zwiespältigen Zustand, denn einerseits bekommt man immer wieder Passagen zu sehen in denen Hitler sehr angsteinflößend erscheint, da seine unkontrollierbaren Wutausbrüche auch mimisch den puren Wahnsinn wiedergeben, andererseits wird man phasenweise mit einem sichtlich gebrochenem Mann konfrontiert, der fast schon Mitleid erwecken kann.
Insbesondere diese Kontraste werden in der Geschichte ganz exzellent herausgearbeitet und durch Bruno Ganz hervorragend und glaubhaft zum Zuschauer transportiert. Jedoch muss man an dieser Stelle der gesamten Darsteller-Riege ein riesengroßes Lob aussprechen, denn nur durch das intensive Schauspiel kann der Film seine volle Wirkung erzielen. So merkt man im Prinzip in jeder einzelnen Einstellung, das sich alle Akteure sehr intensiv mit der Thematik beschäftigt haben müssen, denn anders sind die überzeugenden Leistungen nicht zu erklären. Ein weiterer und äußerst erwähnenswerter Aspekt sind die konträren Meinungen zur Gesamtlage, die innerhalb von Hitlers Generalstab geäußert werden und die sich in zwei Gruppierungen teilen. Stehen auf der einen Seite die blinden Fanatiker, die aus falsch verstandener Loyalität bereitwillig ihrem "Guru" in den Tod folgen würden und Hitlers kranke Ideologie vollkommen verinnerlicht haben, so gibt es andererseits auch genügend hochrangige Offiziere, die durchaus zu einer realistischen Einschätzung in der Lage sind, aber dennoch nicht den Mut aufbringen, eine entscheidende Wendung vorzunehmen. Neben dem starken Schauspiel lebt dieser Film ganz eindeutig von den zum Vorschein kommenden Kontrasten, für die man sich jede Menge Zeit genommen hat, um sie auch intensiv ins Licht zu rücken.
Obwohl "Der Untergang" an sich schon ein absolut herausragender Film ist, gibt es einige Passagen, die einem ganz besonders unter die Haut fahren. Dazu zählt ganz sicher die Phase in der Hitler seine wahre Meinung über das deutsche Volk zum Ausdruck bringt, wird dieses doch verbal von ihm zum Schuldigen für die ausweglose Situation gemacht. Es werden sogar Befehle ausgegeben, durch die sämtliche Infrastruktur in Deutschland zerstört werden soll, zudem ist Rücksicht auf die Zivilbevölkerung ein Begriff, den er zutiefst verurteilt. An dieser Stelle merkt man sehr stark, das Selbstkritik und Wahrnehmung der eigenen Person Dinge waren, die im Leben des Adolf Hitlers ganz augenscheinlich keinen Platz hatten. Die Darstellung eines Bruno Ganz bringt einem insbesondere diese extremen Schattenseiten eines kranken Charakters so nahe, das sich ganz zwangsläufig eine Gänsehaut bildet und ein extremes Unwohlsein entsteht, das man bis zum bitteren Ende des Filmes nicht mehr los wird. Es entsteht eine Art der Beklemmung die man am liebsten wie einen lästigen Mantel abstreifen würde, da es etliche Momente gibt, in denen man nicht einmal befreit atmen kann. Zu diesen zählt auch auf jeden Fall die Passage, als Corinna Harfouch in der Rolle der Magda Goebbels zur sechsfachen Mörderin an ihren eigenen Kindern wird und danach nichts besseres zu tun hat, als karten zu legen. Die Darstellung ihrer Rolle ist absolut brillant, aber die von ihr ausgehende Eiseskälte fährt einem so dermaßen in die Knochen, das man kaum Luft zum atmen bekommt. Eine solche Passage absolut glaubwürdig rüber zu bringen, zeugt meiner Meinung nach schon von ganz großer Schauspielkunst und in dieser steht ihr auch Ulrich Matthes als ihr Film-Ehemann Joseph Goebbels in absolut nichts nach, denn sein Schauspiel als exzentrischer und glühender Verehrer Adolf Hitlers ist absolut großartig.
Man könnte an dieser Stelle noch viele eindrucksvolle Dinge erwähnen und noch intensiver auf das Schauspiel der einzelnen Akteure eingehen, denn alle liefern herausragende Leistungen ab, so das dieses Werk seine ganze Kraft und Intensität entfalten kann, von der man sich nicht so schnell erholt. Oliver Hirschbiegel (Das Experiment) hat hier ganze Arbeit geleistet und einen herausragenden Film kreiert, der wirklich zum Besten gehört was aus deutschen landen kommt. Sollte es Leute geben denen die Geschichte bekannt vorkommt, dann werden sie sicherlich an den 1973 erschienenen Film "Hitler - Die letzten zehn Tage" mit Alec Guinness erinnert. Dieses Werk ist praktisch "Der Untergang" in verkürzter Form, jedoch mit einer Laufzeit von knapp 100 Minuten nicht annähernd so ausführlich gestaltet wie vorliegendes Werk. Wer sich für die Thematik interessiert kommt an diesem Film einfach nicht vorbei, handelt es sich doch um knapp 3 Stunden deutsche Zeitgeschichte, die ganz hervorragend und imposant in Szene gesetzt wurde.
Fazit:
Trotz seiner Überlänge beinhaltet "Der Untergang" meiner Meinung nach keinerlei Längen, jede einzelne Einstellung erzählt hier eine eigene kleine Geschichte und offenbart dabei manigfaltige Fawcetten über ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte. Für mich selbst handelt es sich sogar um lebendigen Geschichtsunterricht, der einem durch brillantes Schauspiel und sehr viel Glaubwürdigkeit näher gebracht wird. Authentische Kulissen, etliche äußerst gut herausgearbeitete Kontraste und stellenweise Beklemmung sorgen für ein Filmerlebnis, das nicht so schnell wieder in Vergessenheit gerät, sondern sich nachhaltig in das Gedächtnis des Zuschauers einbrennt.
10/10