Eindrücke aus 2010:
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Im Jahre 2012 terrorisiert eine Gruppe von militanten Freaks die Menschheit. Unter dem Namen „Aktion Mutante“ hat sich die Vereinigung von körperlich und geistig behinderten Menschen zum Ziel gesetzt, sich an der Gesellschaft zu rächen. Ziel ihrer Anschläge sind daher die schönen und fitten Menschen, die als Feindbild der siamesischen Zwillinge Alex (Alex Angulo) und Juan (Juan Viadas), der mehrfach vorbestraften und körperlich behinderten Mechanikers Jose (Karra Elejalde) und des taubstummen Amancia (Alfonso Martinez), dem buckligen und homosexuellen Juden Montero und dem Freak Cesar (Saturnio Garcia) dienen. Als wieder einmal eine Entführung misslingt und das Opfer dabei verstirbt ist der gerade aus dem Gefängnis entlassene Ramon (Antonio Resines) alles andere als von seiner maroden Truppe begeistert.
Doch Ramon hat während seiner Inhaftierung einen Plan gefasst. Er möchte die milliardenschwere Backwaren-Erbin Patricia (Frederique Feder) während ihrer Hochzeit zu entführen und von deren Vater ein entsprechend-hohes Lösegeld zu fordern. Gesagt, getan endet die Hochzeitsfeier der Reichen und Schönen in einem Blutbad und Patricia wird von der Bande gewaltbereiter Freaks entführt. Doch auch die Aktion Mutante überlebt die desaströs-geplante und noch stümperhafter durchgeführte Entführung nicht unbeschadet und der dezimierte Trupp macht sich mit seinem desolaten Raumschiff auf den Weg nach einem entfernten Bergbau-Planeten, der nur von Sexualstraftätern bevölkert ist um dort das Lösegeld in Empfang zu nehmen.
Auf dem Weg dorthin gibt es jedoch ordentlich Stunk, da sich der sensible Alex in die entführte Patricia verliebt und Ramon nicht mit offenen Karten spielt. Denn er ist nicht bereit, das Lösegeld mit den anderen Freaks zu teilen und so entledigt er sich seiner Kollegen, in dem er einen nach dem anderen heimtückisch ermordet. Nur Alex kann den tödlichen Attacken von Ramon entkommen und als das Raumschiff abstürzt schwört er bittere Rache. Ramon macht sich zur gleichen Zeit mit Patricia auf den Weg in die abgehalfterte „Lost Mine“-Bar, wo die vereinbarte Übergabe des Lösegeldes stattfinden soll. Doch als er auf dem Weg in die Hände einer hoffnungslos degenerierten Familie fällt und am Ende auch noch neben Alex auch noch Vater und Möchtegern-Ehemann von Patricia samt Fernsehteam in der Bar auftaucht, eskaliert die Situation vollends und ein unbeschreibliches Blutbad nimmt seinen Lauf…
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„Aktion Mutante“, der erste abendfüllende Film des spanischen Regisseurs Alex de la Iglesia ist eigentlich ein unbeschreibliches Potpourri an grotesken Einfällen gespickt mit tonnenweise Geschmacklosigkeiten, Abartigkeiten und jeder Menge schwarzen Humors inklusive eines fiktiven Werbespots, der ja auch in keinem frühen Almodovar fehlen durfte. Das der hoffnungslos übertriebene Film mit seinen Plündereien durch hundert Jahre Filmgeschichte jedenfalls nicht nur in Spanien gehörig Staub aufgewirbelt hat, ist jedenfalls wenig verwunderlich. Der von den Almodovar-Brüdern produzierte und knapp 2 Millionen Euro teure Sci-Fi-Horror-Spass hat dem Regisseur nicht nur 3 Goyas beschert, sondern auch noch eine Nominierung als bester Nachwuchsregisseur.
Im Gegensatz zu Spanien, in dem – wie ich mittlerweile am eigenen Leib erfahren durfte - Übertreibung an der Tagesordnung steht, konnten aber der Rest der Welt und vor allem die unterkühlten Deutschen mit dem überspitzten Machwerk wohl zuerst nicht so wirklich etwas anfangen und auch ich muss ehrlich gestehen, dass mir der Film bei der ersten Sichtung eigentlich viel zu wild und auch viel zu geschmacklos war. Heute, ein paar Jahre später und mir zahlreichen Filmerfahrungen reicher muss ich aber ehrlich gestehen, dass Herrn de la Iglesia ein eigentlich grandioses und zutiefst spanisches Werk gelungen ist, der nicht zu Unrecht schon längst Kultstatus erreicht hat. „Aktion Mutante“ ist einer dieser Filme, die man einfach gesehen haben muss, um tatsächlich zu glauben, was da auf der Leinwand für ein Feuerwerk der Absurditäten abgefeiert wird. Würde man ein provokantes und abgründiges Frühwerk von Pedro Almodovar wie z.B. „Labyrinth der Leidenschaften“ mit „Tanz der Teufel“ von Sam Raimi kombinieren, es würde wohl „Aktion Mutante“ herauskommen.
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Das der am 4. Dezember 1965 in Bilbao geborene Alexandre de la Iglesia ein riesiger Comic- und Filmfan ist, sieht man seinem ersten Spielfilm auch zweifelsfrei an. Nach Arbeiten als Szenenbildner und Ausstatter fertigte er 1991 seinen ersten Kurzfilm mit Alex Angulo in der Hauptrolle, der große Aufmerksamkeit erregte. Durch diesen Film wurde auch Pedro Almodovar auf das Nachwuchstalent aufmerksam und ermöglichte gemeinsam mit seinem Bruder bzw. der Produktionsfirma „Deseo“ die Produktion seines ersten Spielfilmes, in dem de la Iglesia seine Erfahrung als Ausstatter wohl zur Gänze ausspielen konnte. Der Film war in Spanien auch kommerziell sehr erfolgreich und lief international auf vielen Festivals. Der Erfolg von „Aktion Mutante“ ermöglichte auch die Produktion des Filmes „El Dia del la Bestia“, der mit seiner wilden Mischung aus Antichrist, Antihelden und Okkultismus ebenfalls wieder sehr gut aufgenommen wurden.
Danach folgten Werke wie „Perdita Durango“ und die hierzulande bislang unveröffentlichte Dramödie „Muertos de Risa“. Im Jahre 2000 folgte dann mit „Allein unter Nachbarn“ bzw. „La Communidad“ mit einer grandiosen Carmen Maura in der Hauptrolle sein wohl größter Erfolg. Die Geschichte aus nachbarschaftlichem Terror und Habgier und seinem grandiosen Finale über den Dächern von Madrid ist auch wirklich ein schwer unterhaltsamer Film, der vollkommen zu Recht einen Goya nach dem anderen einheimste. Später folgten noch die ebenfalls sehr empfehlenswerten Werke wie der schwer unterhaltsame „Ein ferpektes Verbrechen“, der Western „800 Bullets“ sein toller Beitrag „The Baby´s Room“ zur spanischen Horror-Anthology, sowie sein „Oxford Murders“ mit Elijah Wood in der Hauptrolle, den ich aber bisher noch nicht gesehen habe.
Das „Aktion Mutante“ aber so gut funktioniert ist neben seiner Geschichte über eine Handvoll Freaks in einem totalitären Regime im Kampf gegen Schönheit, Fitness und Samenbanken aber vor allem der grandiosen und liebevollen Ausstattung zu verdanken, der man auch überhaupt nicht ansieht, dass der Film im Vergleich zu Hollywood-Werken nur ein Bruchteil dessen gekostet hat. Die Art und Weise wie Frauen in dem Streifen wegkommen, darf man zwar geteilter Meinung sein, doch wer „Aktion Mutante“ zu ernst nimmt, hat ja ohnehin schon verloren. Auch die Darsteller, die allesamt bei den Dreharbeiten wohl großen Spaß gehabt haben dürften, sind mit vollem Einsatz dabei. Und so gibt es in dem Streifen von 1993 auch allerlei bekannte Gesichter zu entdecken. Alex Angula kenn der Fan ja auch aus dem Nachfolgewerk „El Dia de la Bestia“, wo er als zwielichtiger Geistlicher gemeinsam mit einem Fernseh-Scharlatan die Welt vor der Geburt des Leibhaftigen beschützen muss. Juan Viadas kennt der geneigte Fan aus „das ferpekte Verbrechen“, Karra Eljade aus „The Nameless“, Rossy de Palma und Bibi Fernandez aus diversen Almodovar-Filmen und die Liste liese sich nach Belieben fortsetzen.
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Die DVD aus dem Hause Almode Film, die sich ja sonst eher auf Arthouse-Filme spezialisiert haben, bringen diesen Klassiker des spanischen Underground-Kinos nach der eigentlich etwas desaströsen DVD von Cine Plus/VCL aus den Anfangstagen des DVD-Zeitalters, jetzt endlich in einem würdigen Format, das auch eigentlich bild- und tontechnisch keine Wünsche offen lässt. So gibt es den Streifen natürlich ungekürzt und neben der deutschen Tonspur mit allerlei bekannten Synchronsprechern auch die spanische Originalfassung, die mit optionalen Untertiteln begutachtet werden kann. Neben der Geldbörsen-freundlichen Single-Edition gibt es auch noch eine Special-Edition mit einem ausführlichen Making-Of, Interviews, Bildgalerien und allerlei weiteres Bonusmaterial.
Unterm Strich ist „Aktion Mutante“ ein hoffnungslos geschmackloses Werk, dass hartgesottenen Filmfans mit Hang zu tiefschwarzem Humor wohl uneingeschränkt zu empfehlen ist. Das ich ein Faible für spanische Filme habe, dürfte sich ja vielleicht auch schon herumgesprochen haben und in „Aktion Mutante“ kommt auch einfach alles zusammen, was ich an diesen Filmen so mag. Anarchistisches Krawall-Kino mit Punk-Attitüde in Reinkultur, das auch wenig bis gar keine Rücksicht auf irgendwelche Geschmacksgrenzen oder sonstige Konventionen nimmt. Das Einzige was man dem tollen Film eventuell ankreiden könnte, ist sein etwas ruppiger Beginn und die Tatsache, dass jegliche Möglichkeit zur Kritik des immer stärker werdenden Schönheitswahn komplett verschenkt, aber spätestens nach ein paar Minuten gibt es ohnehin kein Halten mehr. Wenn Alex de la Iglesia seine Mutanten und Freaks auf die Menschheit und Publikum loslässt, bleibt ohnehin kein Stein auf dem anderen. Ein herrlich trashiges, kurzweiliges und hoffnungslos abgeschmacktes Vergnügen, dem ich auch gerne kleinere Mängel verzeihe. Laut, bunt, blutig!
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