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Die Nacht des Jägers - Charles Laughton (1955)

Verfasst: Do 19. Apr 2012, 22:27
von Onkel Joe
Bild

Originaltitel: The Night of the Hunter
Herstellungsland: USA/1955
Regie: Charles Laughton
Darsteller: Robert Mitchum, Shelley Winters, Billy Chapin, Sally Jane Bruce, Lillian Gish, James Gleason, Evelyn Varden, Peter Graves und Don Beddoe.

Story: "HATE" wie "Hass" und "LOVE" für "Liebe" - Über die Bedeutung dieser Worte, über den Kampf von Gut gegen Böse, könnte Wanderprediger Powell stundenlang philosophieren. Kein Wunder: Der nach außen charmante und strenggläubige Mensch ist ein Psychopath. Um an die versteckte Beute seines ehemaligen Zellengenossen zu kommen, schleicht er sich in dessen Familie ein und schreckt auch vor Mord nicht zurück...

Re: Die Nacht des Jägers - Charles Laughton

Verfasst: Do 19. Apr 2012, 22:41
von DrDjangoMD
Yeah! Eine Zeitlang hätte ich den Streifen wohl als meinen Lieblingsfilm bezeichnet, dabei konnte ich nie sagen, ob ich ihn trashig oder ästhetisch schätze. Mit betrunkenen Freunden konnte ich schon mehrmals über einige übertriebene Performances von Seiten der Nebendarsteller lachen und über einige etwas in die Hose gegangene Szenen (wie die wo die Kinder in einem elendiglich langsamen Boot vor Mitchum flüchten, oder wo die Kindertante von all ihren Schützlingen zu Weihnachten einen Topflappen bekommt). Aber als Trashfilm will ich dieses cinematographische Meisterwerk dennoch nicht beschreiben.
Mich fasziniert die Symbolhaftigkeit, mit der hier ans Werk gegangen wird, die visuellen Mittel, mit denen der Kampf Gut gegen Böse aufs Höchste stilisiert wurde, das einfache Landleben, welches auf so einen komplexen Schurken wie Harry Powell trifft und in erster Linie natürlich Reverend Harry Powell selbst! Eine unsagbar faszinierende Figur. Mitchum spielt ihn meist elegant und zurückhatend, aber aufbrausend und animalisch, wenn er in Rage gerät; mit Leichtigkeit zieht er Leute in seinen Bann, selbst rationale Menschen können durch seinen Einfluss zu seinen willenlosen Sklaven werden; ob mit dem Auto, Zug oder Pferd, er ist immer mobil, seine riesenhafte Gestalt füllt die höchsten Räume aus und die beschriebenen Hände sind auch eine echt coole Idee. Mich fasziniert sein ganzes Auftreten, seine Figur einfach und ich finde sein Glaubensgrundsatz "Ich glaube an das, worauf sich ich und mein Gott geeinigt haben." ist eigentlich ziemlich modern und hört sich vernünftiger an als einfach der nächstbesten Weltreligion zu folgen (auch wenn Mitchums Charakter mit all seinen Morden nicht grade die beste Werbung für seine Religionsauffassung liefert). Ja, Reverend Harry Powell ist eine unsagbar geniale Figur, die dutzende Sichtungen des Filmes rechtfertigt. 9/10 :thup:

Re: Die Nacht des Jägers - Charles Laughton

Verfasst: Do 19. Apr 2012, 23:00
von Onkel Joe
Trash ist das beileibe nicht aber du hast dann ja noch den richtigen Weg eingeschlagen, sonst hätte dich auch wohl der Reverend geholt :kicher: .Richtig, richtig gute 7/10 vergebe ich hier mal und ich kann jedem nur Empfehlen diesen Film auch wenn es nur einmal ist, gesehen zu haben, Amen.
:prost:

Re: Die Nacht des Jägers - Charles Laughton

Verfasst: Do 26. Apr 2012, 20:58
von Onkel Joe
"Die einzige Regie-Arbeit des Schauspielers Charles
Laughton ist ein eigenwilliger, manchmal monströser, aber
immer faszinierender Film. Laughton bedient sich mancher
Stilmittel der Stummfilmzeit, setzt weniger auf
vordergründige Aktion, sondern kostet Gefühle und Stimmungen
aus. Dabei gelingen ihm Bilder von naiver Schönheit und
düsterer Kraft. Der Wahnsinn des Wanderpredigers wird zur
dämonischen Besessenheit, die die Handlung wie Gift
durchdringt. Die heile Welt Rachels – mit einer
Bilderbuch-Weihnacht und rieselndem Schnee – steht als
Zeichen für ein verlorenes Paradies der Unschuld.“"

Reclams Filmführer

Re: Die Nacht des Jägers - Charles Laughton

Verfasst: Di 23. Apr 2013, 07:48
von jogiwan
Packende Mischung aus Thriller und Drama, das den Zuschauer neben seiner spannenden Geschichte und tollen Darstellern, vor allem durch seine faszinierende Optik erfreut. Diese erinnert mit ihren künstlichen Settings und Symbolik auch eher an einen Bibelfilm oder Märchenfilm, obwohl der Inhalt düsterer nicht sein könnte. Der ewige Kampf Gut gegen Böse könnte Kontrast-reicher nicht inszeniert sein und die Art und Weise, wie hier ländliches Idyll auf das abgrundtief Böse in Form eines falschen Wanderpredigers trifft, ist schon sehr gelungen. Charles Laughton hat mit seinem "Die Nacht des Jägers" jedenfalls einen außergewöhnlichen Film geschaffen, der auch knapp 60 Jahre nach seinem Erscheinen wenig von seinem Anziehungskraft verloren hat und dem man auch gerne verzeiht, dass er in manchen Momenten bewusst etwas zu moralinsauer daherkommt.

Re: Die Nacht des Jägers - Charles Laughton

Verfasst: Di 23. Apr 2013, 09:41
von Arkadin
Meisterwerk!

Das wissen auch diese Leute mit gutem Geschmack ;)


Re: Die Nacht des Jägers - Charles Laughton

Verfasst: Di 23. Apr 2013, 09:49
von jogiwan
Arkadin hat geschrieben:Meisterwerk!
das unterschreib ich! :nick:
Arkadin hat geschrieben:Das wissen auch diese Leute mit gutem Geschmack ;)

das auch! :opa:

Re: Die Nacht des Jägers - Charles Laughton

Verfasst: Di 23. Apr 2013, 14:02
von karlAbundzu
"Schläft er denn niemals wie andere Leute auch?"
Der einzige Film in meiner ewigen Topliste mit Kindern in der Hauptrolle! Großes Meisterwerk, so groß, dass Laughton danach keinen Film mehr (als Regisseur) drehte.

Lustig, war ja gerade Thema der Bremer Gruppe auf der Rückfahrt aus HH.

Re: Die Nacht des Jägers - Charles Laughton

Verfasst: So 4. Mai 2014, 12:53
von Il Grande Silenzio
Leider hat sich Laughton aufgrund der fehlenden Akzeptanz und des ausgebliebenen Erfolges abschrecken lassen und keinen weiteren Film gedreht.

Inszenatorisch grandios, mit expressionistischem Einschlag, übt "Die Nacht des Jägers" bildgewaltig Kritik am heuchlerischen, religiösen Fanatismus der amerikanischen Mittel- und Unterschicht.

Vermutlich Robert Mitchums beste Leistung.

Wahrlich ein Meisterwerk, das seiner Zeit voraus war, und m. E. in die Top 10 der besten Filme der 50er Jahre gehört.

9,5/10

Re: Die Nacht des Jägers - Charles Laughton

Verfasst: Mi 27. Dez 2017, 17:30
von Canisius
Gestern gesichtet und ich bin ziemlich sprachlos. Hatte nen Thriller erwartet, und bekommen habe ich ein antiquiertes aber sehr stilvolles und bildgewaltiges Märchen/Kunstfilm/Film Noir Gemisch, dessen Atmosphäre schwer zu greifen ist. Teils entrückt und abstrakt, dann wieder malerisch und verspielt. Mitchums Schauspiel ist grandios, obwohl er doch teilweise slapstickartig agiert (gewollt?).

Verdikt: Wirkt auf vielen Ebenen und hat mich fasziniert zurückgelassen. Ein Film, den ich nochmals anschauen werde.

Großes Kino!