Ein Mann sieht rot - Michael Winner (1974)
Moderator: jogiwan
Ein Mann sieht rot - Michael Winner (1974)
Ein Mann sieht rot
Originaltitel: Death Wish
Herstellungsland: USA / 1974
Regie: Michael Winner
Darsteller: Charles Bronson, Hope Lange, Vincent Gardenia, Steven Keats
Story:
Der New Yorker Architekt Paul Kersey ist eigentlich ein ganz friedlicher Mann. Das ändert sich jedoch, als seine Frau ermordet und seine Tochter vergewaltigt wird. Nachdem er die Stadt zunächst verlassen hat, kehrt er eine Weile danach zurück, um sich an den Schuldigen zu rächen. Er besorgt sich eine Waffe und zieht durch die nächtlichen Straßen... (quelle: ofdb.de)
Originaltitel: Death Wish
Herstellungsland: USA / 1974
Regie: Michael Winner
Darsteller: Charles Bronson, Hope Lange, Vincent Gardenia, Steven Keats
Story:
Der New Yorker Architekt Paul Kersey ist eigentlich ein ganz friedlicher Mann. Das ändert sich jedoch, als seine Frau ermordet und seine Tochter vergewaltigt wird. Nachdem er die Stadt zunächst verlassen hat, kehrt er eine Weile danach zurück, um sich an den Schuldigen zu rächen. Er besorgt sich eine Waffe und zieht durch die nächtlichen Straßen... (quelle: ofdb.de)
it´s fun to stay at the YMCA!!!
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Re: Ein Mann sieht rot - Michael Winner (1974)
Zu meiner Verwunderung gabs zu "Ein Mann sieht rot" ja noch keinen Fred. Ich hab mir den seinerzeit für kleines Geld gekauft, eher wenig erwartet und war recht überrascht, wie düster und dramatischer der eigentlich ausgefallen ist. Hab den jedenfalls sehr gut in Erinnerung. Wie sind eigentlich die nachfolgenden Teile?
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- horror1966
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Re: Ein Mann sieht rot - Michael Winner (1974)
Ein herrlicher Klassiker und wohl nicht umsonst der Inbegriff des Rache-Thrillers.
10/10
10/10
Big Brother is watching you
Re: Ein Mann sieht rot - Michael Winner (1974)
Teil 1 gefällt mir auch gut, Teil 2 kurbelt mehr oder weniger das ganze nochmals runter und Teil 3 ist Cannon Action Trash in Höchstform .jogiwan hat geschrieben:Hab den jedenfalls sehr gut in Erinnerung. Wie sind eigentlich die nachfolgenden Teile?
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
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- Registriert: Sa 19. Dez 2009, 19:55
Re: Ein Mann sieht rot - Michael Winner (1974)
Den hab ich auch hier, wirklich ein starker Film. Braucht man eigentlich nicht viel Worte zu verlieren, eines der besten Rachethriller, die ich kenne.
9/10
9/10
Re: Ein Mann sieht rot - Michael Winner (1974)
EIN MANN SIEHT ROT(DEATH WISH)
Samstag 2.2.2013 - 20 Uhr
Filmclub 813 / Kino in der Brücke - Köln
Adresse:Hahnenstraße 50667 Köln
Boulevard der Erinnerung: Michael Winner (gest. 21.1.2013)
EIN MANN SIEHT ROT(DEATH WISH)
USA 1974 - 93 Min. - DF - 35mm
Regie: Michael Winner
Buch: Wendell Mayes nach einer Vorlage von Brian Garfield
Kamera: Arthur J. Ornitz - Musik: Herbie Hancock
Mit Charles Bronson, Hope Lange, Vincent Gardenia u.a.
"DEATH WISH überfordert mit seiner enormen Dichte, verlangt
dem Zuschauer volle Konzentration und Standhaftigkeit ab,
weil er ihm keine vorgekaute Botschaft vorsetzt, ihm keine
`Moral von der Geschicht´ an die Hand gibt. Dass ihm eine
Glorifizierung von Zero Tolerance und Selbsthustiz zuge-
schrieben wird, liegt vor allem daran, dass wir uns mit Kersey
identifizieren können und allein das schon einen Tabubruch
darstellt. Tatsächlich ist das Bedürfnis nach Rache von einem
emotionalen Standpunkt aus vollkommen nachvollziehbar. Es
sind die gesellschaftlichen Zwänge, die uns davon abhalten,
diesem Bedürfnis nachzugeben. Doch wehe, wenn der Druck
einmal zu groß wird…"
(Oliver Nöding / Remember it for later)
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
Re: Ein Mann sieht rot - Michael Winner (1974)
Teil 2 gleicht dem Erstling sehr, legt lediglich im Bereich Gewalt und Fiesheit zu. "Death Wish 3" kommt als völlig übertriebene Abrissbirne daher, Zustände wie im Bürgerkrieg, ich liebe den Streifen! Im vierten Aufguss geht es weniger irre zu, Charlie räumt dennoch mit gnadenloser Härte auf. Teil 5 kocht aus etwas kleinerer Flamme, vermutlich auch dem Alter des Herrn Bronson geschuldet, Stoff für Fans.jogiwan hat geschrieben: Hab den jedenfalls sehr gut in Erinnerung. Wie sind eigentlich die nachfolgenden Teile?
Das Blap™ behandelt Filme wie Frauen
Re: Ein Mann sieht rot - Michael Winner (1974)
Sehr Geil el Blapo und genau so schauts aus.Blap hat geschrieben: "Death Wish 3" kommt als völlig übertriebene Abrissbirne daher, Zustände wie im Bürgerkrieg, ich liebe den Streifen!
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- buxtebrawler
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Re: Ein Mann sieht rot - Michael Winner (1974)
„Wovor haben Sie Angst, Paul?“
Der britische Regisseur Michael Winner („Hexensabbat“) verfilmte im Jahre 1974 Brian Garfields Roman „Der Vigilant oder ein Mann sieht rot“ und trat damit eine Kontroverse zum Thema Selbstjustiz los.
Das angenehme Leben des friedliebenden New Yorker Architekten Paul Kersey (Charles Bronson, „Spiel mir das Lied vom Tod“) ändert sich schlagartig, als in seiner Abwesenheit eine Bande Soziopathen seine Frau (Hope Lange, „Blue Velvet“) und seine Tochter (Kathleen Tolan, „The Rosary Murders“) in ihrer Wohnung überfällt, misshandelt und vergewaltigt. Seine Frau überlebt ihre Verletzungen nicht, die Tochter bleibt tief traumatisiert. Die Polizei zeigt sich rat- und machtlos und sieht sich nicht in der Lage, die Täter dingfest zu machen und der Justiz zuzuführen. Nach einem beruflichen Aufenthalt in Texas wird er mit den Vorzügen des Schusswaffenbesitzes vertraut gemacht und kehrt mit geladener Waffe ins New Yorker Moloch zurück, wo er sich fortan nichts mehr gefallen lässt. Aus dem ehemals pazifistischen Kriegsdienstverweigerer wird ein schießwütiger Rächer, der das Gesetz selbst in die Hand nimmt.
„Na, du schmieriger Arschlappen? Komm runter, ich will dich schlitzen!“
Michael Winner habe ich in erster Linie durch seine Arbeiten im Horror-Genre kennen- und schätzen gelernt. Um seinen berüchtigten „Ein Mann sieht rot“ hatte ich bisher einen Bogen gemacht, da ich die Glorifizierung kleinbürgerlicher „Law and Order“-Fantastereien fürchtete, denen gerade in einem bis in den privaten Bereich derart hochgerüsteten Land wie den USA immer wieder ganz real Menschen zum Opfer fallen, die schlichtweg nicht in das Weltbild schießwütiger Möchtegern-Wildwest-Cowboys passen. Doch „Ein Mann sieht rot“ zeigt sich glücklicherweise differenzierter.
Die Kriminalität nahm in den 1970ern in New York anscheinend tatsächlich überhand, 1975 musste die Stadt gar ihren Bankrott erklären. Ein gewisser realer Hintergrund dürfte also gegeben gewesen sein, als Winner New York als erschreckende Kriminalitätshochburg zeichnete. Eine Analyse der gesellschaftlichen Hintergründe indes ist nicht Bestandteil des Films, und darum geht es ihm auch gar nicht. „Ein Mann sieht rot“ entführt den Zuschauer zunächst nach Hawaii, wo Kersey gerade mit seiner Frau Urlaub macht – kurz bevor sie zurück in der Großstadt den Tod findet. Die Sonne auf Hawaii symbolisiert dabei die heile, idyllische Welt, der Schneefall während der Beerdigung von Kerseys Frau das exakte Gegenteil. Kersey, der sich wieder in die Arbeit stürzt, wird in Texas mit reaktionären Pro-Waffen-Lobby-Sprüchen konfrontiert und bekommt eine Handfeuerwaffe ausgehändigt, wobei Winner die dabei deutlich mitschwingende Mentalität meines Erachtens nicht positiv konnotiert, sondern durchaus zweifelhaft erscheinen lässt. Kerseys Entwicklung wird fortan nachvollziehbar nachgezeichnet, leisere, psychologisch tiefgründige Töne beherrschen das Geschehen. Kersey hadert mit sich und der Welt, ist nur noch schwer in der Lage, nach außen das Bild des souveränen weltgewandten Mannes, den so schnell nichts umhaut, aufrechtzuerhalten und findet kein rechtes Ventil für seine Trauer- und Wutarbeit. Dies ändert sich, als er in Notwehr einen Dieb auf offener Straße erschießt. Trotz anfänglicher innerer Konflikte freundet er sich mit seiner neuen Rolle an, die ihm als Ausgleich zum Alltag dient und ihm hilft, ein wenig Genugtuung zu erlangen. Schon bei der zweiten Konfrontation mit Straßenräubern erschießt er einen Flüchtenden und überschreitet damit die Grenzen der Notwehr. Später richtet er in einer U-Bahn ein paar Verbrecher regelrecht hin. Winner inszeniert diese Momente nicht wertend, weder glorifiziert er sie, noch verurteilt er sie. In Vertrauen auf eine gewisse Ethik auf Seiten der Zuschauer sollte jedoch deutlich werden, dass dies bestimmt kein moralisch integerer, heldenhafter Weg ist, sich solcher Übeltäter zu erwehren. Hinweise auf Kerseys angeschlagene Psyche gibt dann auch die psychedelische Wahnsinnsmusik, die die U-Bahn-Szene untermalt.
Angeblich ging durch den in den Medien nur noch „Der Rächer“ genannten Vigilanten die Kriminalität deutlich zurück, hier suggeriert die Handlung also tatsächlich einen Erfolg durch Härte und Abschreckung, genauer: durch Angst. Doch so wenig die Rolle der Medien auch vertieft wird, wird diese Entwicklung doch nicht unreflektiert als unzweifelhafter Erfolg verkauft. Stattdessen wird der Polizeiführung die Rolle zuteil, das aus in der öffentlichen Meinung positiv bewerteter Selbstjustiz resultierende Gefährdungspotential nicht nur für Straftäter zu erkennen. Doch steht diese vor dem Konflikt, aus einem kurzsichtig hochgejubelten „Rächer“ tunlichst keinen Märtyrer machen zu wollen, indem man ihn konsequent verfolgen und bestrafen würde, denn innerhalb der aufgeheizten Stimmung wären die gesellschaftlichen Folgen unabsehbar. Die Polizei, die erst völlig versagte und anscheinend gar nichts unternahm, agiert nun durchaus intelligent und findet eine scheinbar adäquate Lösung, die bei genauerer Überlegung letztlich jedoch ebenfalls das Versagen des Rechtsstaats bescheinigt. Die Schlusseinstellung ist dann ein böser, sich im Gedächtnis festsetzender Moment, der einmal mehr die angeknackste Psyche des zur wandelnden Zeitbombe gewordenen Kerseys dokumentiert. Die größte Überraschung allerdings: Die eigentlichen Täter hat Kersey gar nicht bekommen, darum scheint es ihm auch gar nicht mehr zu gehen, sie sind überhaupt kein Thema mehr.
Daraus entwickelt sich ein differenziertes Bild auf den Gegenstand des Films und seine Hauptrolle, was ein Mitdenken seitens des Zuschauers erfordert. Als reiner Selbstjustiz-Action-Kracher für simple Gemüter dürfte er nur leidlich zu gebrauchen sein, denn dafür ist insbesondere die erste Hälfte zu actionarm inszeniert worden. Sogar seine komödiantischen Momente hat „Ein Mann sieht rot“, beispielsweise als unversehens eine Karnevalstruppe auftaucht und der Polizei die Sicht versperrt. Schöne Bilder des 1970er-Jahrzehnts und seine urbane Atmosphäre machen in Kombination mit der gekonnten Kameraarbeit „Ein Mann sieht rot“ auch zu einem ästhetischen Genuss, in den sich Bronson gut einfügt. Seine Gegenspieler indes wurden meist arg überzeichnet, ihre Persönlichkeiten bleiben völlig unbeleuchtet. Doch sieht man den Film eben aus Sicht Kerseys und wie sich ihm seine Umwelt darstellt, und natürlich neigt man immer wieder zur Identifikation mit ihm, in entscheidenden Momenten jedoch (hoffentlich) wiederum nicht – sollte dies bewusst von Winner so konzipiert worden sein, hat er einen Film erschaffen, der den Zuschauer immer wieder vor Kersey und damit vor sich selbst erschrecken lässt und Anlass zu Zwiegesprächen mit sich selbst gegeben, zum Überprüfen eigener Grenzen und moralischer Standpunkte, zum Spekulieren über das eigene Verhalten in Extremsituationen. Dann wäre „Ein Mann sieht rot“ weitaus intelligenter, als er gemeinhin von der Kritik eingeschätzt wird, auch wenn er zugegebenermaßen auf den ersten Blick schon arg tendenziös wirken kann.
Ein bisschen Western-Hommage hat es ebenso in den Film geschafft wie der fieseste Bullenschnauzbart ever. Weshalb Kersey schon nach seinen ersten Liquidationen laut Polizei „ein genialer Schütze“ sein muss, obwohl er augenscheinlich erst später mit Italo-Western-Präzision auch aus weiter Entfernung punktgenau trifft, erschließt sich mir nicht so ganz, ansonsten habe ich aber wenig zu meckern, wenngleich mir im Genre diejenigen Filme, die stärker das große Ganze betrachten, lieber sind. In einer Debatte zum Thema Waffenbesitz und Selbstjustiz jedenfalls taugt „Ein Mann sieht rot“ nun nicht unbedingt als Pro-Argument, und das war mir wichtig. Wie es um die zahlreichen Fortsetzungen bestellt ist, mag dabei auf einem anderen Blatt stehen.
Der britische Regisseur Michael Winner („Hexensabbat“) verfilmte im Jahre 1974 Brian Garfields Roman „Der Vigilant oder ein Mann sieht rot“ und trat damit eine Kontroverse zum Thema Selbstjustiz los.
Das angenehme Leben des friedliebenden New Yorker Architekten Paul Kersey (Charles Bronson, „Spiel mir das Lied vom Tod“) ändert sich schlagartig, als in seiner Abwesenheit eine Bande Soziopathen seine Frau (Hope Lange, „Blue Velvet“) und seine Tochter (Kathleen Tolan, „The Rosary Murders“) in ihrer Wohnung überfällt, misshandelt und vergewaltigt. Seine Frau überlebt ihre Verletzungen nicht, die Tochter bleibt tief traumatisiert. Die Polizei zeigt sich rat- und machtlos und sieht sich nicht in der Lage, die Täter dingfest zu machen und der Justiz zuzuführen. Nach einem beruflichen Aufenthalt in Texas wird er mit den Vorzügen des Schusswaffenbesitzes vertraut gemacht und kehrt mit geladener Waffe ins New Yorker Moloch zurück, wo er sich fortan nichts mehr gefallen lässt. Aus dem ehemals pazifistischen Kriegsdienstverweigerer wird ein schießwütiger Rächer, der das Gesetz selbst in die Hand nimmt.
„Na, du schmieriger Arschlappen? Komm runter, ich will dich schlitzen!“
Michael Winner habe ich in erster Linie durch seine Arbeiten im Horror-Genre kennen- und schätzen gelernt. Um seinen berüchtigten „Ein Mann sieht rot“ hatte ich bisher einen Bogen gemacht, da ich die Glorifizierung kleinbürgerlicher „Law and Order“-Fantastereien fürchtete, denen gerade in einem bis in den privaten Bereich derart hochgerüsteten Land wie den USA immer wieder ganz real Menschen zum Opfer fallen, die schlichtweg nicht in das Weltbild schießwütiger Möchtegern-Wildwest-Cowboys passen. Doch „Ein Mann sieht rot“ zeigt sich glücklicherweise differenzierter.
Die Kriminalität nahm in den 1970ern in New York anscheinend tatsächlich überhand, 1975 musste die Stadt gar ihren Bankrott erklären. Ein gewisser realer Hintergrund dürfte also gegeben gewesen sein, als Winner New York als erschreckende Kriminalitätshochburg zeichnete. Eine Analyse der gesellschaftlichen Hintergründe indes ist nicht Bestandteil des Films, und darum geht es ihm auch gar nicht. „Ein Mann sieht rot“ entführt den Zuschauer zunächst nach Hawaii, wo Kersey gerade mit seiner Frau Urlaub macht – kurz bevor sie zurück in der Großstadt den Tod findet. Die Sonne auf Hawaii symbolisiert dabei die heile, idyllische Welt, der Schneefall während der Beerdigung von Kerseys Frau das exakte Gegenteil. Kersey, der sich wieder in die Arbeit stürzt, wird in Texas mit reaktionären Pro-Waffen-Lobby-Sprüchen konfrontiert und bekommt eine Handfeuerwaffe ausgehändigt, wobei Winner die dabei deutlich mitschwingende Mentalität meines Erachtens nicht positiv konnotiert, sondern durchaus zweifelhaft erscheinen lässt. Kerseys Entwicklung wird fortan nachvollziehbar nachgezeichnet, leisere, psychologisch tiefgründige Töne beherrschen das Geschehen. Kersey hadert mit sich und der Welt, ist nur noch schwer in der Lage, nach außen das Bild des souveränen weltgewandten Mannes, den so schnell nichts umhaut, aufrechtzuerhalten und findet kein rechtes Ventil für seine Trauer- und Wutarbeit. Dies ändert sich, als er in Notwehr einen Dieb auf offener Straße erschießt. Trotz anfänglicher innerer Konflikte freundet er sich mit seiner neuen Rolle an, die ihm als Ausgleich zum Alltag dient und ihm hilft, ein wenig Genugtuung zu erlangen. Schon bei der zweiten Konfrontation mit Straßenräubern erschießt er einen Flüchtenden und überschreitet damit die Grenzen der Notwehr. Später richtet er in einer U-Bahn ein paar Verbrecher regelrecht hin. Winner inszeniert diese Momente nicht wertend, weder glorifiziert er sie, noch verurteilt er sie. In Vertrauen auf eine gewisse Ethik auf Seiten der Zuschauer sollte jedoch deutlich werden, dass dies bestimmt kein moralisch integerer, heldenhafter Weg ist, sich solcher Übeltäter zu erwehren. Hinweise auf Kerseys angeschlagene Psyche gibt dann auch die psychedelische Wahnsinnsmusik, die die U-Bahn-Szene untermalt.
Angeblich ging durch den in den Medien nur noch „Der Rächer“ genannten Vigilanten die Kriminalität deutlich zurück, hier suggeriert die Handlung also tatsächlich einen Erfolg durch Härte und Abschreckung, genauer: durch Angst. Doch so wenig die Rolle der Medien auch vertieft wird, wird diese Entwicklung doch nicht unreflektiert als unzweifelhafter Erfolg verkauft. Stattdessen wird der Polizeiführung die Rolle zuteil, das aus in der öffentlichen Meinung positiv bewerteter Selbstjustiz resultierende Gefährdungspotential nicht nur für Straftäter zu erkennen. Doch steht diese vor dem Konflikt, aus einem kurzsichtig hochgejubelten „Rächer“ tunlichst keinen Märtyrer machen zu wollen, indem man ihn konsequent verfolgen und bestrafen würde, denn innerhalb der aufgeheizten Stimmung wären die gesellschaftlichen Folgen unabsehbar. Die Polizei, die erst völlig versagte und anscheinend gar nichts unternahm, agiert nun durchaus intelligent und findet eine scheinbar adäquate Lösung, die bei genauerer Überlegung letztlich jedoch ebenfalls das Versagen des Rechtsstaats bescheinigt. Die Schlusseinstellung ist dann ein böser, sich im Gedächtnis festsetzender Moment, der einmal mehr die angeknackste Psyche des zur wandelnden Zeitbombe gewordenen Kerseys dokumentiert. Die größte Überraschung allerdings: Die eigentlichen Täter hat Kersey gar nicht bekommen, darum scheint es ihm auch gar nicht mehr zu gehen, sie sind überhaupt kein Thema mehr.
Daraus entwickelt sich ein differenziertes Bild auf den Gegenstand des Films und seine Hauptrolle, was ein Mitdenken seitens des Zuschauers erfordert. Als reiner Selbstjustiz-Action-Kracher für simple Gemüter dürfte er nur leidlich zu gebrauchen sein, denn dafür ist insbesondere die erste Hälfte zu actionarm inszeniert worden. Sogar seine komödiantischen Momente hat „Ein Mann sieht rot“, beispielsweise als unversehens eine Karnevalstruppe auftaucht und der Polizei die Sicht versperrt. Schöne Bilder des 1970er-Jahrzehnts und seine urbane Atmosphäre machen in Kombination mit der gekonnten Kameraarbeit „Ein Mann sieht rot“ auch zu einem ästhetischen Genuss, in den sich Bronson gut einfügt. Seine Gegenspieler indes wurden meist arg überzeichnet, ihre Persönlichkeiten bleiben völlig unbeleuchtet. Doch sieht man den Film eben aus Sicht Kerseys und wie sich ihm seine Umwelt darstellt, und natürlich neigt man immer wieder zur Identifikation mit ihm, in entscheidenden Momenten jedoch (hoffentlich) wiederum nicht – sollte dies bewusst von Winner so konzipiert worden sein, hat er einen Film erschaffen, der den Zuschauer immer wieder vor Kersey und damit vor sich selbst erschrecken lässt und Anlass zu Zwiegesprächen mit sich selbst gegeben, zum Überprüfen eigener Grenzen und moralischer Standpunkte, zum Spekulieren über das eigene Verhalten in Extremsituationen. Dann wäre „Ein Mann sieht rot“ weitaus intelligenter, als er gemeinhin von der Kritik eingeschätzt wird, auch wenn er zugegebenermaßen auf den ersten Blick schon arg tendenziös wirken kann.
Ein bisschen Western-Hommage hat es ebenso in den Film geschafft wie der fieseste Bullenschnauzbart ever. Weshalb Kersey schon nach seinen ersten Liquidationen laut Polizei „ein genialer Schütze“ sein muss, obwohl er augenscheinlich erst später mit Italo-Western-Präzision auch aus weiter Entfernung punktgenau trifft, erschließt sich mir nicht so ganz, ansonsten habe ich aber wenig zu meckern, wenngleich mir im Genre diejenigen Filme, die stärker das große Ganze betrachten, lieber sind. In einer Debatte zum Thema Waffenbesitz und Selbstjustiz jedenfalls taugt „Ein Mann sieht rot“ nun nicht unbedingt als Pro-Argument, und das war mir wichtig. Wie es um die zahlreichen Fortsetzungen bestellt ist, mag dabei auf einem anderen Blatt stehen.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
Re: Ein Mann sieht rot - Michael Winner (1974)
Sehr guter Stoff mit einem starken Bronson in Aktion, ich hätte mir aber gewünscht das es am Schluss auch die Mörder seiner Frau getroffen hätte, war für mich etwas unbefriedigend.
Trotzdem ein starker Film, aber weils ein paar Streifen mit Charly gibt die ich noch lieber mag gibt's...
8/10
Trotzdem ein starker Film, aber weils ein paar Streifen mit Charly gibt die ich noch lieber mag gibt's...
8/10