The Town - Stadt ohne Gnade - Ben Affleck (2010)

Moderator: jogiwan

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horror1966
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The Town - Stadt ohne Gnade - Ben Affleck (2010)

Beitrag von horror1966 »

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The Town - Stadt ohne Gnade
(The Town)
mit Ben Affleck, Rebecca Hall, Jon Hamm, Jeremy Renner, Blake Lively, Slaine, Owen Burke, Titus Welliver, Pete Postlethwaite, Chris Cooper, Dennis McLaughlin, Corena Chase, Brian Scannell, Kerri Dunbar, Tony V.
Regie: Ben Affleck
Drehbuch: Peter Craig / Ben Affleck
Kamera: Robert Elswit
Musik: David Buckley / Harry Gregson-Williams
FSK 16
USA / 2010

Doug MacRay ist Bankräuber, aber aus anderem Holz geschnitzt als seine Kollegen. Im Gegensatz zu ihnen hatte Doug die Chance auf ein normales Leben. Stattdessen wurde er der Anführer einer Bande skrupelloser Bankräuber, die sich nehmen, was sie wollen. Doch dann verändert ein Überfall alles, bei dem Dougs Kumpel die Filialleiterin Claire Keesey als Geisel nimmt, alles. Schnell wird klar, dass die Frau mehr gesehen haben könnte, als dem Trupp lieb ist. Doug beschließt, ihr unauffällig auf den Zahn zu fühlen. Er macht sich an Claire heran, die nicht ahnt, wer sich hinter der charmanten neuen Bekanntschaft in Wahrheit verbirgt. Als sich die beiden verlieben, muss Doug sich entscheiden: Welches Leben bedeutet ihm mehr, und hat er überhaupt eine Chance, neu anzufangen?


Als Schauspieler weiß Ben Affleck nun wirklich nicht immer zu überzeugen, doch als Regisseur und Drehbuchautor kann man ihm eigentlich überhaupt nichts vorwerfen. So ist dann auch das neueste Werk "The Town - Stadt ohne Gnade" als herausragender Thriller anzusehen, der sich im oberen Drittel des Genres ansiedelt. Ähnlich aufgezogen wie Michael Mann's Meisterwerk "Heat" dreht sich die Geschichte auch hier um eine Gangster-Bande die etliche Überfälle begeht und damit unweigerlich in das Visier des FBI gerät. Nun kann hier nicht ganz die Intensität eines "Heat" erreicht werden, der rein inhaltlich gesehen noch tiefer in die Materie eindringt und insbesondere in Sachen Schauspiel noch etwas mehr zu bieten hat. Dennoch ist "The Town" ein bestechender Thriller, der sein Hauptaugenmerk keinesfalls auf unnötig übertriebene Action-Passagen legt, denn auch hier nimmt man sich die nötige Zeit für eine ausführliche Beleuchtung der Haupt-Charaktere. Auch der Aufbau der Geschichte ist als sehr gelungen anzusehen, wobei vor allem die erste Filmhälfte durch eine eher ruhige Erzählweise auffällt, und erst danach etwas mehr Action Einzug in das Geschehen hält.

Das Ganze wird dabei äußerst authentisch-und sehr glaubwürdig präsentiert, ganz besonders die Beziehung der charakterlich unterschiedlichen Freunde Doug (Ben Affleck) und James (Jeremy Renner) offenbart eine tief verwurzelte Loyalität, die schon aus Kindertagen herrührt. Hinzu kommt die junge Claire (Rebecca Hall), durch die die Männerfreundschaft auf eine harte Bewährungsprobe gestellt wird, da Doug sich in sie verliebt. Der dabei entstehende Nebenerzählstrang einer Liebesgeschichte erscheint zu keiner Zeit auch nur ansatzweise störend, sondern passt sogar sehr gut in das Gesamtgefüge hinein. Zudem verleiht die Romanze der Story auch noch eine ganz besondere Brisanz, ist Claire doch in ihrer Funktion als Fillialleiterin einer Bank ein Opfer von Doug's Gang und wurde nach einem Überfall als Geisel genommen. So entsteht hier eine wirklich exzellente Mischung, in der die Thriller-Elemente zwar immer im Vordergrund stehen, aber auch viel Platz für menschliche Emotionen entsteht. Außerdem kann man den Film auch durchaus als gelungene Millieu-Studie ansehen, denn auch das Vorleben der Bankräuber wird eindringlich beleuchtet.

Die authentische Umsetzung des Geschehens ist die große Stärke eines Filmes, der einerseits knallhart-und kompromisslos daherkommt, andererseits aber auch immer wieder zwischenmenschliche Töne anschlägt. Sämtliche Darsteller können dabei durch ausgezeichnetes Schauspiel überzeugen und drücken der Geschichte ihren persönlichen Stempel auf. Dennoch ist es genau dieser Aspekt, bei dem "The Town" nicht ganz an "Heat" heranreichen kann, in dem vor allem das Verhältnis zwischen Jäger (Al Pacino) und Gejagtem (Robert De Niro) ein absolutes Highlight darstellte. Haben sich doch die beiden Superstars einen darstellerischen Schlagabtausch der Superlative geboten, der immer noch seinesgleichen sucht. In dieser Beziehung fehlt hier einfach die nötige Intensität, die Rolle des zuständigen FBI-Agenten wird zwar solide gespielt, wird aber leider etwas zu sehr im Hintergrund gehalten, so das die Figur nie richtig zur Entfaltung kommt. Man sollte jedoch erwähnen, das es sich wirklich um Kritik auf einem sehr hohen Niveau handelt, denn ansonsten bekommt man richtig tolle Unterhaltung geboten, die man sich auch gern öfter anschauen kann.

Insgesamt gesehen ist "The Town" ein in allen Belangen überzeugender Film, der lediglich in einigen Details noch etwas besser hätte ausfallen können. Ein gelungener Spannungsaufbau, sehr gut agierende Darsteller und eine äußerst raue Grundstimmung sind die wichtigsten Zutaten für rund 2 Stunden gelungene Thriller-Kost. Wenn hier überhaupt etwas richtig negativ beanstandet werden kann, dann ist es wohl das gewählte Ende, das doch ein wenig zu sehr aucf Happy End getrimmt ist und den typischen Eindruck eines Hollywood-Filmes hinterlässt. An dieser Stelle wäre es sinnvoller gewesen, nicht diesen doch äußerst glatten Abgang zu wählen, verliert ds Gesamtbild dadurch doch ein wenig an Kraft und erscheint gar etwas kitschig.


Fazit:


Unter der Regie von Ben Affleck ist hier ein wirklich erstklassiger Thriller mit dezenten Defiziten entstanden, die das Werk jedoch nicht sonderlich abwerten. Hart, realistisch, zum Ende hin aber leider leicht kitschig angehaucht ergibt sich ein Gesamteindruck, den man nur als sehr gut bezeichnen kann. Hätte man die kleinen Mankos vermieden, könnte man sogar die Höchstwertung vergeben, so muss man jedoch leider kleiner Abstriche machen.


8/10
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Maulwurf
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Re: The Town - Stadt ohne Gnade - Ben Affleck (2010)

Beitrag von Maulwurf »

 
The Town - Stadt ohne Gnade
The town
USA 2010
Regie: Ben Affleck
Ben Affleck, Rebecca Hall, Jon Hamm, Jeremy Renner, Blake Lively, Slaine, Owen Burke, Titus Welliver, Pete Postlethwaite, Chris Cooper, Dennis McLaughlin, Corena Chase


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The Town, das ist Charlestown, ein Viertel von Boston, in dem das Verbrechen Tradition hat. In dem, das erzählt uns eine Schrifttafel zu Beginn, so viele Banküberfälle wie sonst nirgendwo geplant werden. Doug MacRay kommt aus Charlestown, und er ist der Chef einer kleinen und sehr effektiven Crew. Gemeinsam überfällt man im Auftrag Banken und Geldtransporter, und versucht sich ansonsten irgendwie durchs Leben zu schlagen. Die Probleme beginnen, als Doug sich in die Geisel des letzten Überfalls verliebt, das FBI ihnen dicht auf den Fersen ist, Doug aussteigen will (was weder seine Partner noch der Auftraggeber zulassen), und ein letzter und viel zu großer Job durchgeführt werden soll.

Abgesehen davon, dass die Handlung sowieso einer Blaupause für ideenlose Drehbuchautoren entnommen wurde, abgesehen davon kenne ich die Grundzüge der Geschichte irgendwie aus dem Gangsterfilm THE CREW von 2008, in dem eine Gang gegen innere Zerwürfnisse, äußere Anforderungen und immer gefährlicher werdende Jobs zu kämpfen hat. Ist THE TOWN am Ende ein Remake des völlig unterschätzten britischen Gangsterflicks?

Gut möglich, aber vor allem handelt es sich hier um die Hollywood(!)-Variante des knallharten THE CREW. Wo dieser ordentlich auf die Kacke haut, blutige Zweikämpfe und kurze und knackige Shootouts zu einem hohen Unterhaltungsfaktor mit jeder Menge Blut führen, wo die serbische Mafia für eher unschöne Momente sorgt und Szenen wie das Abschlachten einer Junkie-WG oder das detailierte Zusammenschlagen eines Stricherpärchens für nachhaltige Erinnerungen sorgen, da passiert in THE TOWN – Nicht ganz so viel. Es wird über die gute alte Zeit gesprochen um dem Trend Rechnung zu tragen, dass Filmfiguren tiefenanalytisch durchcharakterisiert werden müssen, es gibt einiges an Liebesirrungen und –wirrungen, und selbst eine Szene wie der Überfall auf den dicken Hooligan in dessen Wohnung kommt eher unspektakulär rüber. Die Action ist relativ blutarm, die Beziehungen zwischen den Figuren sind wichtiger als ihre Handlungen, und die Liebesgeschichte zwischen Doug und der Geisel Claire nimmt sehr viel Raum ein. Mehr, als man einem Gangsterfilm zugestehen möchte.

Dabei unterhält THE TOWN durchaus über weite Strecken, was aber den erstklassigen Schauspielern anzulasten ist. Ben Affleck als Anführer der Crew, Jeremy Renner als sein Buddy mit Hang zur Gewalt, Blake Lively als White Trash-Queen, deren Lebensinhalt aus Ficken, Saufen und Doug MacRay hinterherschmachten besteht – Alles starke Mimen, die den Film deutlich über denjenigen Durchschnitt heben, den er erzählt. Denn die Geschichte wurde in Michael Manns HEAT spannender erzählt und im erwähnten THE CREW intensiver. Ben Affleck leistet sich als Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion sogar einen schwachen und einfallslosen Showdown, welcher in erster Linie aus einer groß angelegten Schießerei Cops versus Thugs besteht. Raffinierte Einstellungen, smarte Schachzüge oder einfach nur kluge Ideen hat es hier keine. Man ballert einfach aufeinander bis einer umfällt – Selbst der Schlusskampf von Doug gegen den Auftraggeber wird kurz und dumm abgehandelt, ohne Dinge wie Spannung oder Raffinesse einzubringen. Realistisch mag das sicher sein, aber filmisch überzeugt so etwas nicht wirklich …

Insgesamt ist THE TOWN hübsch anzuschauen. Die Actionszenen sind bis auf das Finale gut inszeniert, die Schauspieler sind erstklassig und die Musik funktionell. Aber mal ehrlich: Wenn das alles ist, was man zu einem Film sagen kann, dann ist mir persönlich das einfach zu wenig. THE TOWN ist langwierig erzählte Dutzendware ohne besonderen Wiedererkennungswert. Filme wie es sie zuhauf gibt, mit stereotypen Figurenzeichnungen und bekannten Handlungsabläufen – Der sympathische Gangster der aussteigen will und den man nicht aussteigen lässt blablabla …. Nichts, wofür man Werbung machen müsste, und erst Pete Postlethwaite als Florist zeigt deutlich, dass britische Gangster die härteren Gangster sind. Und britische Gangsterfilme, das möchte ich hinzufügen, die deutlich härteren und unterhaltsameren ...

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