jogiwan hat geschrieben:Kennt den jemand? Taugt der was?
Yep, taugt was. Uneingeschränkte Empfehlung der Film Maniax. Hier ein Auszug aus unserer
Review:
Mit dem in den letzten Jahren gern benutzten Genre-Titel "Fake-Trash" kann ich ehrlich gesagt nicht viel anfangen, handelt es sich doch bei den meisten Streifen um ebenso mit niedrigen Budget erstellte Hommagen an vergangene B- und Exploitation-Genres. Ob bei den französischen OSS 117-Streifen, der Tarantino-Rodriguez-Grindhouse-Combo oder dem schon Kultstatus erlangten Blaxploiter "Black Dynamite" - da wollten Filmschaffende nicht irgendetwas faken und verulken, da stecken 'ne Menge Herzblut und cineastischer Einfluss bei den Beteiligten dahinter.
So scheint das auch bei "Norwegian Ninja" zu sein; hier hat ein Grüppchen norwegischer Debütanten und Jungspunte ihrem Faible für die asiatische Geheimphilosophie und deren populären Actionfilm-Ablegern der späten '70er/frühen '80er offensichtlich freien Lauf gelassen.
Die Story strickt sich um die realen Arne Treholt, der 1984 wegen Spionage für die Russen zu einer hohen Haftstrafe verurteilt wurde, und Otto Meyer, einen norwegischen Industriellen, der ab Ende der 70er in "Stay-Behind"-Aktivitäten verstrickt war. Treholts Wirken und Auffliegen gilt bis heute als einer der größten norwegischen Skandale und ist von Mythen umrankt. Auch die "Stay Behind"-Armeen, aka "Operation Gladio", haben einen existierenden Hintergrund: Die Geheimdienstler operierten in ganz West-Europa und in den 70ern vor allem in Italien, wo sie Gladio-Anschläge angeblichen "Roten Zellen" in die Schuhe schoben, um antikommunistische Stimmung zu schüren.
Thomas Cappelen Malling, bastelte dem Renegaten Treholm eine neue Vita, und schwupps wurde aus dem Verräter augenzwinkernd ein geheimaktiver Ninja-Kommandeur mit Sondermission. In etwa so, wie wenn man heute in Deutschland einen Agententhriller drehen würde und der Hautprotagonist wäre Uwe Barschel als bester Mann des BND - das hat schon was Pythoneskes.
Und so zieht sich das auch schön die ganzen 77 knallepropp gefüllten Minuten durch. König Olav ist als Privatmann ein sympathischer StiNo, der sich auch mal eine intellektuelle Auszeit nimmt; die Waffenkämmerin der Ninjas, Ragnhild Umbraco (Linn Stokke), lebt einsam in den Lofoten und vernascht alles, was sich in ihre Hütte verirrt; der "Auserwählte" der Truppe ist der trottlig-naive und pazifistische Hummel (Amund Maarud) und für einen prolligen Superbösewicht wie Otto Meyer gibt's IMO keine Blaupause in der Filmgeschichte.
Hervorstechend sind Look und Atmo des Streifens. Der totale Bombast - für dreimarkfuffzich in bar. Scherzi aparte, die Produktionskosten beliefen sich zwar auf umgerechnet grob 2,5 Mio.€, aber das reicht ja nicht mal für das Intro des nächsten Bond. Aus der Not wurde Tugend, und mithilfe einer kleinen, aber feinen Technik- und CGI-Crew wurde in dem Film auch wirklich alles möglich, sieht halt nur nicht so aus wie üblich
Trotzdem: Hier wird der visuelle Overkill zelebriert, von 70er Jahre Farbfiltern, Bluescreen-Szenen, Slitscreens, gefakten und echten TV-Einsprengseln, Explosionen in H0-Landschaften bis zu - und hier wird's schon ein bissle fake-trashig, ok - den an Fäden hängenden Flugvehikeln. Und, ach ja, es wird geraucht.
International bekannte Schauspieler sucht man hier vergebens, was jedoch der Qualität überhaupt keinen Abbruch tut. Die Hauptptrotagonisten sind Profis aus heimischen Gefilden und hatten offensichtlich viel Spass am Job; der Nebencast zwar größtenteils debütierend bzw. von der Laienspielschar, aber eh kaum mit Dialog ausgestattet.
Musikalisch untermalt wird das Ganze mit einem exquisit spacigen 80er-Jahre Synthi-Score à la "Captain Future" meets the "Eye of the Tiger".
Ich könnte hier noch viel mehr sezieren - das Ding ist ein wahres Füllhorn an Details, jede Szene ist sehr liebevoll umgesetzt, trotz der kurzen Spielzeit kommt's einem wie ein Neunzigminüter vor. Insgesamt versprüht der Streifen bei mir den Charme der frühen Peter-Jackson-Filme, auch wenn man sie nicht direkt vergleichen kann - dafür gibts heute einfach noch mehr technische Möglichkeiten als vor 25 Jahren. Wieder mal Daumen hoch für Skandinavien!