Allein gegen das Gesetz
(Il Vero e il falso)
mit
Terence Hill, Martin Balsam, Paola Pitagora, Adalberto Maria Merli, Shirley Corrigan, Maria Teresa Albani, Rita Calderoni, Calisto Calisti, Ettore Geri, Piero Gerlini, Luigi Montini, Alessandro Sperli, Pietro Tordi
Regie:
Eriprando Visconti
Drehbuch:
Lorenzo Gicca Palli / Luigi Malerba / Eriprando Visconti
Kamera:
Marcello Gatti
Musik:
Giorgio Gaslini
FSK 12
Italien / 1971
Luisa Santini wird beschuldigt, die Geliebte ihres Mannes ermordet zu haben, und im Schnellverfahren zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Nach ihrer Entlassung muss sie feststellen, dass sie Opfer eines Komplotts war und ihr Mann mittlerweile mit der angeblich toten Frau zusammenlebt. Kurzerhand ermordet sie die Frau. Sie kommt erneut vor Gericht, wo ihr Anwalt Manin dafür kämpft, dass sie nicht noch einmal ins Gefängnis muss.
Über vier Jahrzehnte hat dieser brillante Justiz-Thriller von Eriprando Visconti nun schon auf dem Buckel, doch bei jeder neuen Sichtung versteht es das Werk, den Zuschauer aufs Neue in seinen Bann zu ziehen. Die erzählte Geschichte zählt sicherlich zu den am spannendsten mit dieser Thematik und präsentiert sich dabei als ein Szenario, das den Betrachter in einen innerlichen Zwiespalt versetzt. Man wird dabei durchgehend an seine persönlichen Grenzen zwischen Gesetz und Moral geführt, wobei insbesondere der menschliche Aspekt des Geschehens einem äußerst schwer zu schaffen macht. Im MIttelpunkt des Ganzen steht die junge-und hübsche Luisa Santini, die durch einen fatalen Justizirrtum unschuldig eine mehrjährige Haftstrafe absitzen muss. Das Tragische an den Ereignissen ist dabei gar nicht einmal der Irrtum an sich, sondern vielmehr die Art und Weise, wie dieser zustande kommt. Schlampige Ermittlungen und ein in erster Linie bornierter Staatsanwalt sind in der Hauptsache Schuld daran, das die junge Frau sieben Jahre ihres Lebens verliert. Martin Balsam liefert dabei in der Rolle des Anklägers eine glänzende Performance ab und mimt den eitlen und arroganten Ankläger absolut hervorragend. Nur an seiner eigenen Karriere interessiert scheut er nicht davor zurück, sämtliche Widersprüche während des Prozesses zu ignorieren.
Selbst im zweiten Verfahren, in dem Luisa dann wegen des wirklich begangenen Mordes vor Gericht steht, steht immer noch die Überzeugung im Raum, das im ersten Prozess keine Fehler gemacht wurden, was jedoch von Rechtsanwalt Manin (Terence Hill) glaubwürdig wiederlegt werden kann. Eriprando Visconti ist es hier geradezu perfekt gelungen, ein fehlerhaftes Rechts-System an den Pranger zu stellen und dabei die offensichtliche Willkür der Staatsorgane mehr als nur energisch zu kritisieren. Dadurch baut sich auch beim Zuschauer teils unbändige Wut auf, denn die teils hanebüchene Ermittlungsarbeit der Behörden lässt einem die Haare zu Berge stehen. Wenn man sieht, wie hier aus persönlichem Ehrgeiz mit dem Leben einer jungen Frau gespielt wird, kann man das Gesehene phasenweise nur recht schwer verarbeiten, da es einem extrem schwer im Magen liegt und einen äußerst schalen Nachgeschmack hinterlässt. Ganz nebenbei ist das gesamte Szenario ungeheuer spannend in Szene gesetzt worden, bis zur letzten Einstellung fiebert man dem Ergebnis des zweiten Prozesses entgegen und wird dann auch noch mit einem sehr tragischen Ende konfrontiert, das man zwar irgendwie erahnen konnte, das einen aber dennoch mit der Wucht eines Keulenschlags mitten in die Eingeweide trifft.
Mit diesem Schlusspunkt aus diesem Film entlassen zu werden stimmt einen äußerst nachdenklich und so ist es nicht sonderlich verwunderlich, das die Ereignisse einen selbst noch eine ganze Zeit beschäftigen, bis man das Ganze dann letztendlich wirklich verdaut hat. "Allein gegen das Gesetz" ist dabei ein Titel, der den Kern der Geschichte nahezu perfekt in den Vordergrund rückt, steht die gute Luisa doch so ziemlich allein gegen den gesamten Justiz-Apparat, der sich scheinbar gegen sie verschworen hat. Hinzu kommt auch noch erschwerend der Aspekt, das sich im Laufe der Geschehnisse ein wahrhaft perfides Komplott eröffnet, auf das ich aus Gründen der Spannung nicht weiter eingehen möchte. Auf jeden Fall aber zeigt sich ganz eindeutig, das bei genauerer Betrachtung sämtlicher Fakten und genauerer Untersuchungen schon im ersten Prozess ein Justizirrtum hätte vermieden werden können, was letztendlich nur an der Blasiertheit des Staatsanwaltes gescheitert ist, der die Karriere-Leiter einfach schneller erklimmen wollte. Ganz generell ist es die agierende Darsteller-Riege, die hier zu dem unglaublich guten Gesamteindruck beiträgt, den dieser Film hinterlässt. Sind schon die Hauptrollen absolut grandios besetzt, so bekommt man auch in den kleinsten Nebenrollen herausragendes Schauspiel zu sehen.
Letztendlich handelt es sich bei "Allein gegen das Gesetz" meiner persönlichen Meinung nach um einen der besten Justiz-Thriller überhaupt. Selten ist eine filmische Produktion so schonungslos mit einem Rechtssystem umgegangen und hat dieses auf eine so eindringlich Weise an den Pranger gestellt, wie es in vorliegendem Werk der Fall ist. Vermeidbare Fehler, offensichtliche Blindheit gegenüber von Tatsachen und die persönliche Eitelkeit eines Staatsanwaltes sind hier die Zutaten für einen hervorstechenden Gerichts-Film, den man unbedingt gesehen haben sollte. Und auch wenn man diese italienische Produktion schon unzählige Male gesehen hat zieht sie einen immer wieder in ihren unglaublichen Bann, da man die geschilderten Ereignisse kaum für möglich halten möchte, aber dennoch eines Besseren belehrt wird. Der eigene Zwiespalt zwischen Gesetz und Moral führt einen dabei an die eigenen Grenzen, wobei man im Prinzip durchgehend auf der Seite der Angeklagten steht, da man ihre Beweggründe vom menschlichen Standpunkt aus bestens nachvollziehen kann.
Fazit:
Auch nach mittlerweile über vier Jahrzehnten entfacht "Allein gegen das Gesetz" immer wieder seinen ganz eigenen reiz und führt einem eindrucksvoll vor Augen, wie schnell man unschuldig verurteilt werden kann. Gleichzeitig wirft der Film dabei etliche moralische Fragen auf, die auch nach mehrmaliger Sichtung nie eindeutig beantwortet werden können. Im Endeffekt bleibt es einem jeden selbst überlassen, das Gesehene auf sich wirken zu lassen und dementsprechend zu bewerten, doch der eigentliche Angeklagte hätte in vorliegendem Fall definitiv der italienische Justiz-Apparat sein müssen.
9/10