Seite 1 von 2

Panic Room - David Fincher (2002)

Verfasst: Mi 4. Jul 2012, 13:33
von purgatorio
Panic Room

Bild

Deutscher Titel: Panic Room
Originaltitel: Panic Room

Regie: David Fincher
Produktionsland: USA (2002)

Darsteller: Jodie Foster, Kristen Stewart, Forest Whitaker, Dwight Yoakam, Jared Leto, Patrick Bauchau, Ann Magnuson, Ian Buchanan, Andrew Kevin Walker, Paul Schulze, Mel Rodriguez, Richard Conant

Story:
Die frisch geschiedene Meg Altman bezieht mit ihrer Tochter das städtische Domizil eines verstorbenen Millionärs. Highlight der neuen Bleibe: ein sogenannter PANIC ROOM, ein abgeriegelter Sicherheitsraum, der Schutz vor nahezu jeder denkbaren Katastrophe bietet. Das Meg bereits in der ersten Nacht in diesen Raum fliehen muss ist allerdings noch das geringste Problem. Weit unangenehmer ist die Tatsache, dass das, was die aggressiven Einbrecher suchen, sich in dem Panikraum befindet...

Re: Panic Room - David Fincher (2002)

Verfasst: Di 10. Dez 2013, 11:41
von buxtebrawler
„Es ist eine emotionale Immobilie!“

Der US-Thriller „Panic Room“ aus dem Jahre 2002 war US-Regisseur David Finchers Film Nr. 1 nach dem überragenden „Fight Club“ sowie sein Film Nr. 1 im neuen Jahrtausend. Die reich geschiedene Meg Altman (Jodie Foster, „Das Mädchen am Ende der Straße“) bezieht mit ihrer Diabetes-kranken Tochter (Kristen Stewart, „Twilight - Biss zum Morgengrauen“) die Luxuswohnung eines verstorbenen Millionärs. Diese verfügt über einen sog. Panikraum, der als einbruchssicher gilt, im Falle eines Falles nur von innen zu öffnen ist und ausreichend Nahrung für einen längeren Zeitraum bietet. Meg ahnt nicht, dass sie diesen Raum bereits in der ersten Nacht wird aufsuchen müssen, denn drei Einbrecher verschaffen sich Zugang zur Wohnung – und suchen ausgerechnet etwas, das sich direkt im Panikraum befinden soll…

Verglichen mit seinem extravaganten „Fight Club“ ist Finchers „Panic Room“ beinahe konventionelle Genrekost, die für manch Enttäuschung bei den Fans, aber auch für Aufatmen beim Mainstream gesorgt haben dürfte. Doch wäre Fincher nicht Fincher, wenn er nicht selbst aus einem Drehbuch von David Koepp („Jurassic Park“, „Mission: Impossible“, „Krieg der Welten“-Remake etc.) noch das gewisse Etwas herauskitzeln würde. „Panic Room“ greift den US-amerikanischen Trend auf, insbesondere nach den Ereignissen vom 11. September 2001 das subjektive Sicherheitsgefühl gerade auch der besser Betuchten zu erhöhen, indem man sich sündhaft teure Komfort-Bunker in die Behausungen bauen lässt. Die Frage nach Sinn und Unsinn derartiger Maßnahmen und der sozialen gesellschaftlichen und/oder politischen Hintergründe, die diese Schritte evtl. notwendig machen, umschiffen Koepp und Fincher dabei nahezu komplett; Meg Altman hat diesen Raum nicht gefordert, aber er ist nun einmal vorhanden, also nutzt sie ihn. Nach einem einmal mehr sehr eleganten, wenn auch (passend zum Film) unspektakuläreren Vorspann, der seine Schrift auf verschiedene Weise und in unterschiedlichen Perspektiven auf Hauswände projiziert, macht Fincher angesichts des Drehbuchs das einzig Richtige und setzt verstärkt auf Atmosphäre: Er erzeugt eine ungemütliche, verregnete, kühle Stimmung, die zum Einmümmeln in den hoffentlich sicheren eigenen vier Wänden einlädt und damit nicht nur mit der verbreiteten, instinktiven Angst des Publikums vor dem Einbruch Fremder in die eigene Intimsphäre spielt, sondern auch Empathie für die Opfer entwickelt, welche sich zurückgezogen in den Schutzraum heruntergebrochen auf die klassische Mutter-Tochter-Beschützerrollenverteilung wiederfinden und sich in einer trügerischen Sicherheit wähnen, die zwar zeitweise eine gewisse Nestwärme suggeriert, die jedoch von zweifelhaftem Bestand ist, da die installierten Monitore unablässig die Realität des Hauses und der sich in ihm befindenden Einbrecher zeigen und schließlich die massiven Eindringungsversuche der zu allem entschlossenen Kriminellen dokumentieren – bis der akute Ausbruch von Tochter Sarahs Medikamentenabhängigkeit den Schutzraum zur gefährlichen Todesfalle umdefiniert. Zudem wirft „Panic Room“ die Frage auf, wie sicher man letztlich überhaupt ist, wenn man sich ausschließlich verstecken kann, während die Bedrohung möglicherweise alle Zeit der Welt hat. Soweit gehen, zu interpretieren, „Panic Room“ würde Schutzmaßnahmen wie diesen per se ihre Wirksamkeit absprechen und zum Unglücksbringer umdeuten, würde ich aber nicht.

Fincher arbeitet mit einigen visuellen Schmankerln; so bereiten tolle, schnittlose Kamerafahrten den Einbruch vor, bekommt man 90°-Schwenks zu sehen und erweckt das Objektiv gar den Anschein, ins Schlüsselloch der Haustür einzudringen oder durch Zimmerdecken zu gleiten – kleine, feine Spezialeffekte, die das klaustrophobische Kammerspiel optisch ordentlich aufpeppen. Das Einbrecher-Trio wird individuell charakterisiert: Burnham (Forest Whitaker, „Body Snatchers“) mit seinem müden, traurigen Blick ist der Sympathieträger unter ihnen; er wurde engagiert, weil er in der Firma arbeitet, die diese Panikräume herstellt und deshalb bestens mit der Materie vertraut ist – eigentlich ein feiner Kerl, den die Aussicht auf eine gewisse finanzielle Sorglosigkeit zu diesem Schritt getrieben hat. Sein Partner Junior (Jared Leto, „Requiem for a Dream“) ist ein bisschen blöd im Kopf, clownesk und bauernschlau-verschlagen, eine Nervensäge, wie sie im Buche steht. Raoul (Dwight Yoakam, „Die Newton Boys“), der ohne Absprache mit Burnham von Junior hinzugezogen wurde, ist der Finsterste der Bande: eiskalt und böse, entpuppt sich zu allem Überfluss auch noch als beunruhigender, unberechenbarer Psychopath, der die Situation immer weiter verschlimmert. Ihre Dialoge untereinander sind nicht frei von Komik; glücklicherweise ließ Fincher es nicht zu, Koepps Hang fürs Alberne zu viel Platz einzuräumen und wahrt einen gewissen Abstand zur Grenze des Unerträglichen. Allen drei gemein ist, dass sie nicht wussten, dass das Haus bereits wieder bewohnt ist und eigentlich davon ausgingen, eine leerstehende Immobilie vorzufinden, was natürlich nicht einer gewissen Tragik entbehrt.

Einer der größten Trümpfe Finchers ist es indes, seinen leicht nachvollziehbaren, niemanden überfordernden Thriller meisterhaft hochgradig spannend zu inszenieren, sich eine ausreichende Unvorhersehbarkeit zu bewahren und Schlüsselszenen auf den Punkt zu gestalten, wie beispielsweise die nervenzerreißende Zeitlupensequenz, als Meg Altman kurz ihren Schutzraum verlässt. Eine kurz vorm Koma stehende Tochter, die dringend ihr Medikament braucht und ein übel zugerichteter Ex-Mann (Patrick Bauchau, „Phenomena“), der zur Hilfe eilte, betonen den Ernst der Lage und lassen keinen Zweifel an der Gefährlichkeit der Situation. Über Meg Altman erfährt man leider nicht allzu viel und muss hinnehmen, dass sie über sich hinauswächst und über manch technisches Geschick und physikalische Kenntnis verfügt, die ich nicht unbedingt zur Allgemeinbildung zählen würde. Nach einem dramatischen, actionreichen Finale fällt das Ende dann auch etwas unbefriedigend aus, tritt dabei jedoch niemandem zu Nahe und besiegelt damit das Schicksal von „Panic Room“ als bis zum Zeitpunkt seiner Premiere Finchers bisher konventionellstem, irgendwie gefälligstem Film, der dank souveräner, hochklassiger Regie und verdienter Schauspieler dennoch deutlich aus jeglichem Einheitsbrei hervorsticht und vor allem eines wurde: verdammt unterhaltsam für fast die ganze Familie, kleine Kinder besser ausgenommen. Da gebe ich 7,5 von 10 Sid-Vicious-T-Shirts.

Re: Panic Room - David Fincher (2002)

Verfasst: Di 10. Dez 2013, 16:00
von Arkadin
Mastrubation mit der Kamera. Aber ich fand's okay.

Re: Panic Room - David Fincher (2002)

Verfasst: Di 10. Dez 2013, 18:05
von sergio petroni
Arkadin hat geschrieben:Mastrubation mit der Kamera. Aber ich fand's okay.
Die Mast-Rubation macht ja sogar Sinn :kicher: :wix:

Re: Panic Room - David Fincher (2002)

Verfasst: Di 10. Dez 2013, 19:31
von purgatorio
geht absolut klar der Film. Kann man gut gucken, wenn mal nichts besseres im TV kommt :nick: 8-)

Re: Panic Room - David Fincher (2002)

Verfasst: Di 10. Dez 2013, 19:42
von Il Grande Silenzio
Ich fand den wenig mitreißend und zu konventionell und vorhersehbar. Die sehr guten Darsteller reißen es etwas raus. Kann man gucken, muss man aber nicht.

5/10

Re: Panic Room - David Fincher (2002)

Verfasst: Do 27. Feb 2014, 09:17
von Adalmar
Das sehe ich ähnlich. Gute Darsteller, aber die Geschichte gibt für mich einfach zu wenig her. Die Kameraspielchen wirken völlig selbstzweckhaft. Als Argento-Fan musste ich natürlich z. B. an "Opera" denken, wo ebenfalls zwei Frauen in einer Wohnung eingesperrt und von Eindringlingen bedroht sind. Bei Argentos Kamera-Experimenten wie dort mit dem Türspion hat man das Gefühl, was Besonderes zu sehen, da es ja auch an einer einschneidenden Stelle eingesetzt wird. Bei "Panic Room" kamen mir die "Kamera"fahrten z. B. in ein Schlüsselloch oder in das Innere einer Glühbirne ziemlich belanglos vor.

Re: Panic Room - David Fincher (2002)

Verfasst: Sa 1. Mär 2014, 17:25
von untot
Ich mochten den auch nur wenig, mir viel zu überspannt und dick aufgetragen, null Atmosphäre!

4/10

Re: Panic Room - David Fincher (2002)

Verfasst: Fr 20. Okt 2017, 14:45
von supervillain
Panic Room - 5,5/10

Für den dünnen Plot sind 2 Stunden viel zu lang. Das Geschehen beschränkt sich auf den titelgebenden Panic Room (in dem sich Mutter und Tochter verschanzen) und dem übrigen Haus, wo 3 Eindringlinge auf eine Möglichkeit des Zugriffs warten. Für sich ist das natürlich kein Problem, leider passiert aber (bis auf die Diabetes-Krankheit der Tochter) nichts was dem eigeschränktem Szenario zur Spannung verhilft. Auch außerhalb des Panic Rooms müssten mehr Kniffe angewandt werden, um Spannungen unter den drei Invasoren zu forcieren. Es wird dem Zuseher beispielsweise nur durch den Nebensatz ("im Gegensatz zu uns brauchst du diesen Coup") signalisiert, dass die von Forest Whitaker verkörperte Rolle nicht rein aus materiellem Eigennutz handelt. Hätte man an dieser Stelle etwas mehr in die Charakterzeichnung investiert, wäre auch das Finale tragischer ausgefallen. Richtig schlimm sind die technischen Spielereien, die bis auf eine optisch ansprechende Fahrt durch das Haus, nicht nur komplett sinnfrei sind, sondern durch ihre aufgesetzte Art äußerst unästhetisch auf mich wirken. Der krönende Tiefpunkt dürfte wohl die Taschenlampe sein (wtf!). Ansonsten kann man sich den Film als mittelmäßiges Spannungskino schon mal ansehen (ich empfehle nebenbei aber ein Kreuzworträtseln oder einfach mal aus dem Fenster träumen). Bei mir war es eine Premiere, nochmal schau ich den nicht. Die 5,5 Punkte sind sehr nett.

PS: Ständig hört man Argento liefert nur Eyecandy, doch sowas wie die Kamerafahrt (um und in das Haus) bei "Tenebrae" oder der Schuss durch das Türschloss bei "Opera" bewegen sich künstlerisch auf einem ganz anderen Level.

PPS: Ich hab jetzt Finchers Filmografie nicht ganz genau im Kopf, aber hat der nach "Fight Club" überhaupt noch etwas zustande gebracht was seinen Ruf als Ausnahmeregisseur bestätigt. Mir fällt jetzt nichts ein, daher halte ich den Mann mittlerweile für überbewertet ("Gone Girl" kenne ich allerdings noch nicht).

Re: Panic Room - David Fincher (2002)

Verfasst: Fr 20. Okt 2017, 15:32
von Arkadin
supervillain hat geschrieben: PPS: Ich hab jetzt Finchers Filmografie nicht ganz genau im Kopf, aber hat der nach "Fight Club" überhaupt noch etwas zustande gebracht was seinen Ruf als Ausnahmeregisseur bestätigt. Mir fällt jetzt nichts ein, daher halte ich den Mann mittlerweile für überbewertet ("Gone Girl" kenne ich allerdings noch nicht).
Ich fand ja tatsächlich "The Social Network" ziemlich klasse. "Zodiac" mochte ich auch. "Benjamin Button" ging mir allerdings am Allerwertesten vorbei. Sene letzten beiden Filme habe ich noch nicht gesehen.