Stimmt. Die gute Frau Brückner ist mir noch gar nicht eingefallen! Aber ja... durchaus...!
Indes: ein Hauptmotiv in PHENOMENA ist Somnambulismus (und zumindest ich fragte mich beim ersten Anschauen: wieso muss denn Jennifer nun unbedingt eine Schlafwandlerin sein?) Über den Hegel sinngemäß schreibt, dass in ihm die Schranken zwischen Zeit und Raum aufgehoben werden, dass er allerdings nicht als Handwerkszeug der Erkenntnisphilosophie genutzt werden könne, da der schlafwandelnde Mensch was seine Sinne, seinen Verstand betrifft noch unter das Niveau eines Tieres herabsinke, in ihm sozusagen nur die allernötigsten Mechanismen funktionieren, und alles Bewusstsein ausgeschaltet sei. Unter dem Gesichtspunkt finde ich die Odyssee, die Jennifer bei ihrem ersten Schlafwandelanfall durchmacht ziemlich witzig: erst wird sie Zeugin eines Mordes (oder eben nicht, da ihre Sinneswahrnehmungen ja verschlossen sind), dann lesen sie zwei junge Männer auf, die sie schließlich im Wald liegen lassen, nachdem sie sich aus deren Auto stürzte, wo sie dann das Äffchen trifft und Prof. McGregor kennen lernt - witzig deshalb, da ihre Odyssee damit beginnt, dass sie als Somnambulistin auf eine Stufe mit den Insekten rutscht, mit denen sie kommuniziert, quasi ihr Mensch-Sein abstreift, und am Ende quasi im Schoß der Wissenschaft ankommt, für die Prof. McGregor stellvertretend steht, also das höchste Mensch-Sein, das es gibt, erreicht (im Sinne von: dass der Mensch sich mittels Wissenschaft die Natur Untertan macht, und seine Wahrnehmung über sie stülpt), nachdem sie zwischenzeitlich den Mord streifte. Das alles ist ja reichlich absurd und Argento hätte sie den Professor ja auch auf völlg konventionellem Wege kennen lernen lassen können: bspw. bei einem Spaziergang, bei dem ihr der Schimpanse über den Weg läuft usw. Da ich Argento mal unterstelle, dass zumindest in den durchkomponierten Meisterwerken seiner Hochphase kein Detail nicht zuvor durchdacht wurde und er nicht einfach wahllos drauflos drehte und wirre Szenen aneinanderreihte wie z.B. Fulci, komme ich nicht umhin, dieser Szene einen beträchtlichen Symbolcharakter zu unterstellen.
Was den Affen betrifft: natürlich ist das Tierchen bei Poe ein Orang-Utan und nicht ansatzweise so positiv konnotiert wie hier, allerdings wird es Argento gehen wie mir: bei einem Affe mit einem Rasiermesser in der Pfote denkt man sogleich an Poe...
Unterm Strich kann ich mir PHENOMENA bestens als literarischen Text vorstellen, sagen wir: von einem italienischen E.T.A. Hoffmann, verfasst um 1817 herum... allein dieses ständige Verwischen von Traum und Realität, die Nachtseiten der Psyche, die Kind-Mutter-Thematik bzw. die Untertöne, die um Jennifers sexuelles Erwachen kreisen: reichlich Futter für Freud.