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Die Herausforderung des Herkules - Maurizio Lucidi

Verfasst: Fr 17. Aug 2012, 22:45
von DrDjangoMD
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Originaltitel: La sfida dei giganti

Land: Italien

Jahr: 1965

Regie: Maurizio Lucidi

Darsteller: Reg Park, Gia Sandri, Giovanni Gianfriglia, Gianni Solaro, Franco Ressel...

Re: Die Herausforderung des Herkules - Maurizio Lucidi

Verfasst: Fr 17. Aug 2012, 22:53
von DrDjangoMD
Handlung:
Königin Leda (Gia Sandri) von ich-glaube-Syrakus ist Witwe geworden, worauf sich diverse ledige Herrscher in ihrem Palast einfinden um sie zur Frau zu nehmen. Das will sie aber nicht wirklich und befragt ein Orakel, welches ihr prophezeit, dass der sagenumwobene Herkules (Reg Park) den ganzen Konflikt schon lösen wird. Also macht sie sich auf um diesen zu suchen, er ist aber andernorts beschäftigt und Leda trifft nur auf Herkules’ Rivalen Anteo (Giovanni Cianfriglia), der sich als Herkules ausgibt, Ledas Freier verjagt, sie heiratet und fortan als Tyrann über ich-glaube-Syrakus herrscht, doch damit ist Herkules ganz und gar nicht einverstanden…

Kritik:
Der Film überfordert den Zuseher anfangs mit zwei völlig unterschiedlichen Plots, die deswegen so verwirrend rüberkommen, da wir keine Ahnung haben, ob sie irgendwas miteinander zu tun haben. Es beginnt mit einem Odysseus Rip-Off von Leda und ihren Freiern, welches über keine sonderlichen Actionszenen verfügt, aber einen interessanten Charakter, nämlich Leda, beinhaltet. Diesem Plot folgen wir eine Weile bis plötzlich Herkules’ Sohn auf der Jagd nach Archivmaterial von einem Typen mit Löwenperücke attackiert wird und seinen Verstand verliert, woraufhin sein Vater sich in irgendein magisches Land begibt um den Verstand seines Sprösslings zu finden, ein Plot welcher einige nette Actionszenen hat aber einen Protagonisten der so interessant ist wie ein leeres Wasserglas. Zwar bedingt schlussendlich eine der beiden Handlungen in gewisser Weise die andere, vollkommen verbunden werden sie jedoch nur lose, beispielsweise treten Herkules und Leda nie in der selben Szene auf.
Noch schlimmer als die Persönlichkeit des Herkules ist der Schauspieler, der ihn verkörpert, was übrigens mein Hauptproblem mit diesem Film ist: Ich weiß nicht, wie der gute Reg Park so in anderen Filmen ist, ich habe ihn bis jetzt nur in diesem gesehen, aber hier hat er das Charisma einer Streichholzschachtel. Ahnungs- und Ausdruckslos stolpert er den ganzen Film durchs Bild, manchmal kämpft er, oft wirft er Steine irgendwohin und häufig ist er mit der Lage überfordert und bittet Papa Zeus um Hilfe, die ihm auch prompt gewährt wird. Diese Umstände machen ihn als Charakter uninteressant und als Helden lahm.
Gia Sandri als Leda ist da eine wesentlich gelungenere Figur. Sie zeigt es nicht offen, dass sie von den lästigen Freiern überfordert ist, sondern begegnet ihnen mit Stolz und Witz und sie scheut keine gefährlichen Reisen um an ihr Ziel zu gelangen. Dann begegnet ihr jedoch, Anteo, dem sie eindeutig unterlegen ist, weswegen sie eine Hassliebe zu ihm entwickelt. Einerseits ekelt sie sein erschreckendes Verhalten an, andererseits scheint sie ihm doch verfallen, was eine wesentlich interessantere Figurenzeichnung ist als das wandelnde Stück Holz, welches sich Protagonist schimpft.
Giovanni Cianfriglia hat als Anteo die erinnerungswürdigste Rolle, dies nicht weil er so ein guter Schauspieler ist, er hat zwar mehr Ausstrahlung als Reg Park aber was heißt das schon, sondern weil er als Oberschurke so richtig fiese Dinge machen darf. Und damit meine ich richtig fiese Dinge, wie mit Speeren auf fliehende Frauen zielen, ein Mädchen an ihren Haaren aufhängen und so. Der Film ist vielleicht kein „Cannibal Holocaust“ oder „New York Ripper“ aber bedenkt man seine Zeit und besonders sein Genre ist der Härtegrad, der hier an den Tag gelegt wird, schon beachtlich.
Der gelungensten Aspekte des Filmes gehen sicherlich auf das Konto seines Regisseurs, Maurizio Lucidi, welchem wir Jahre später den superben „Der Todesengel“ zu verdanken haben werden. Besonders gefallen hat mir die Art, wie er die mythische Unwelt in Szene setzt, in welcher Herkules den Verstand seines Sohnes sucht: Er überzeugt uns davon, dass es eine Welt voller Gefahren ist, in welcher jederzeit alles geschehen kann. Das Set hierfür ist sehr nett ausgeleuchtet mit viel Dunkelheit und einigen Streifen buntem Licht hier und da.
Zwei Szenen fand ich von der Inszenierung besonders gelungen: Zum einen einige Einstellungen, in welchem Zombies aus ihren Särgen steigen, die sich nicht mal hinter einem Fulci zu verstecken haben; und zum anderen der finale Kampf des Herkules gegen Anteo. Dem ganzen Kampf liegt die nette Prämisse zugrunde, dass Anteo an Stärke gewinnt, sobald er Erde (seine Mutter ist die Göttin derselben) berührt. Herkules muss ihn also während des Ringens ständig in der Luft halten. Diesen Gimmick lässt Lucidi äußerst gekonnt einfließen, sodass der Kampf zwar lange aber nicht langweilig wird.
Trotz Lucidis Engagement ist „Die Herausforderung des Herkules“ weit davon entfernt ein „guter“ Film zu sein, dafür gibt es zu viele alberne Stellen, wie der erwähnte Kampf von Herkules Sohn gegen Archivmaterial/Mann in Kostüm oder die Tatsache, dass ich-glaube-Syrakus gleich wie Sodom und Gomorrah geahndet wird, nur weil mal ein Tyrann an der Macht ist.
Die Dialoge sind auch der Wahnsinn, als Beispiel sei hier eine kleine Konversation zwischen Leda und Anteo über rebellierende Bauern in ungefährem Wortlaut wiedergegeben: A: „Ich werde sie alle töten lassen.“ L: „Und über wen sollen wir dann herrschen.“ A: „Ach ja, das hatte ich ganz vergessen“ :thup: – sowas ist für Trashfans natürlich ein gefundenes Fressen, ebenso wie solch mehr als genialen Floskeln wie "Du bist Schatzmeister und kein Schwatzmeister." - hahaha :|
Für weitere unfreiwillige Komik sorgt die Dummheit einiger Charaktere, wie die von Herkules bestem Freund Teseo (gespielt von Gianni Solaro). Während Herkules auf der Suche nach dem Verstand seines Sohnes ist, erfährt Teseo von Reisenden, dass in ich-glaube-Syrakus ein grausamer Mann namens Herkules an die Macht gekommen ist. Was schließt Sherlock Teseo daraus? Kombiniert er, dass sich irgendein Typ fälschlicherweise „Herkules“ genannt hat? Nein! Kombiniert er, dass ein anderer Typ mit zufällig demselben Namen gemeint ist? Nein! Kombiniert er, dass Herkules, als er den Verstand seines Sohnes suchte, sein eigener Verstand geraubt wurde, weswegen ihn der Wahnsinn gepackt hat und er zu einem tyrannischen Herrscher wurde? Ja, das tut er! :palm: Und dann kommt’s noch besser: Als plötzlich Herkules, ahnungslos wie immer, in der Türe steht, fordert ihn sein jahrelanger Freund Sherlock Teseo sofort zum Kampf auf, nur weil ihm irgendein Typ gesagt hat, dass irgendwo, irgendwer herrscht, der sich aus irgendeinem Grund Herkules nennt. Teseo, du bist der Beste! :thup:
Oh verdammt, die Kritik ist zuende und ich habe noch nicht erwähnt, dass einer von Ledas Freiern von Franco Ressel gespielt wird. Hoffentlich geht sich das noch aus: Einer von Ledas Freiern wird von Fran…Fazit: Obwohl der Film streckenweise wirklich gekonnt in Szene gesetzt wurde und eine beachtliche Härte an den Tag legt, wird er wegen seinem uncharismatischen Hauptdarsteller grade mal durchschnittlich. Für Trashfans hält er allerdings einige Nettigkeiten parat. 6/10

Re: Die Herausforderung des Herkules - Maurizio Lucidi

Verfasst: Fr 24. Apr 2020, 19:15
von sid.vicious
Gestern geschaut. Anfänglich hatte ich meine Probleme, da der Film auf seltsame Weise mit mir kommunizierte und Angefangenes einfach nicht zu Ende bringen wollte. Mit wachsender Laufzeit (Startschuss: Schiff, Kette) entwickelte sich das Vehikel allerdings, was ich nicht erwartet habe, zu einem kleinen gute Laune Spender.