Marquis de Sade: Justine - Jess Franco (1969)
Moderator: jogiwan
Marquis de Sade: Justine - Jess Franco (1969)
Marquis de Sade: Justine
Originaltitel: Marquis de Sade: Justine
Alternativtitel: Justine / Deadly Sanctuary
Herstellungsland: Italien, Deutschland, GB, Spanien / 1969
Regie: Jess Franco
Darsteller: Klaus Kinski, Romina Power, Maria Rohm, Rosemary Dexter
Story:
Der Film erzählt die Geschichte zweier Schwestern. Die Eine vertdingt sich gierig und im Streben nach Macht als Prostuierte und die Andere - Justine - ist tugendhaft. Sie soll durch ihre Gutmütigkeit nur ausgenutzt werden und ein leidvolles Leben führen, in dem sie sich mit Dieben, Vergewaltigern und anderen Unholden konfrontiert sieht... (quelle: ofdb.de)
Originaltitel: Marquis de Sade: Justine
Alternativtitel: Justine / Deadly Sanctuary
Herstellungsland: Italien, Deutschland, GB, Spanien / 1969
Regie: Jess Franco
Darsteller: Klaus Kinski, Romina Power, Maria Rohm, Rosemary Dexter
Story:
Der Film erzählt die Geschichte zweier Schwestern. Die Eine vertdingt sich gierig und im Streben nach Macht als Prostuierte und die Andere - Justine - ist tugendhaft. Sie soll durch ihre Gutmütigkeit nur ausgenutzt werden und ein leidvolles Leben führen, in dem sie sich mit Dieben, Vergewaltigern und anderen Unholden konfrontiert sieht... (quelle: ofdb.de)
it´s fun to stay at the YMCA!!!
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Re: Marquis de Sade: Justine - Jess Franco (1969)
Der ist zwar sehr, sehr zäh aber ich mag diesen Film sehr gerne, der hat irgendwie etwas.
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
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Re: Marquis de Sade: Justine - Jess Franco (1969)
„Nur wer andere quält, erlebt den höchsten Genuss!“
Der spanische Filmbesessene Jesus „Jess“ Franco, oftmals als Schmuddel- und Trash-Filmer verschrien, gehörte zu den europäischen Pionieren des betont freizügigen Erotikfilms und half, die sexuelle Revolution auf der Leinwand einzuläuten. Eine von mehreren Verfilmungen nach Motiven des Marquis de Sade ist „Justine“ aus dem Jahre 1969, die auf de Sades „Justine ou les malheurs de la vertu“ beruht und in britisch-deutscher-spanisch-italienischer Koproduktion entstand.
„Wo bleibt die Gerechtigkeit?“
Die ungleichen Geschwister Justine (Romina Power, „Exzess“, später Gesangsduettpartnerin von Al Bano) und Juliette (Maria Rohm, „Der Hexentöter von Blackmoor“) wachsen in einem Kloster auf und erben eines Tages einen kleinen Geldbetrag, mit dem sie sich auf in die große weite Welt machen. Während Juliette keine größeren Probleme damit zu haben scheint, fortan ein lasterhaftes Leben zu führen, sich zu prostituieren und gegen das Gesetz zu verstoßen, übt sich Justine in einem tugendhaften und keuschen Dasein. Dies dankt ihr jedoch niemand und während Juliette sich nach oben schläft, stiehlt und mordet, wird Justine immer und immer wieder selbst Opfer ähnlich skrupelloser Menschen…
„Du bist eine dumme Gans!“
Aus der (von mir bisher nicht gelesenen) literarischen Vorlage, die offenbar eine Art pessimistisches Sittengemälde der Lebzeiten de Sades zeichnete und die desillusorische Aussage traf, dass ein Leben in Unschuld, Anstand und Moral ein verschwendetes sei, macht Franco unter Produzent Harry Alan Towers einen üppig budgetierten, erotischen Kostümfilm, in dem Aussichts- und Hoffnungslosigkeiten zugunsten parodistischer bzw. satirischer Elemente weichen. Er beginnt „Justine“ mit Gefängnisszenen zu epochaler Klassikmusik, denn der Marquis de Sade (Klaus Kinski, „Nosferatu in Venedig“) sitzt einer Zelle, berichtet aus dem Off und erspäht eine blutende, barbusige Frau. Er kritisiert die Mächtigen und Herrschenden, womit der Film bereits seinen autoritätskritischen Ansatz bekommt. De Sade beschließt, seine Phantasien zu Papier zu bringen und beginnt mit der Arbeit an „Justine ou les malheurs de la vertu“, die in die eigentliche Handlung übergeht. Kinski selbst hat schauspielerisch nicht sonderlich viel zu tun und agiert weitestgehend isoliert von sämtlichen anderen Charakteren.
Nach diesem Prolog schickt Franco die Geschwister vom Kloster direkt ins Bordell, wo sie Unterkunft suchen. Dort trennen sich auch die Wege der beiden, denn während Juliette sich schnell mit Milieu und Verbrechen arrangiert, zieht Justine weiter und trifft auf einen vermeintlichen Pater, der ihr Unterkunft vermittelt und das Geld abnimmt. Ihr Hauptaugenmerk richtet die Handlung fortan vornehmlich auf Justine, die sehr zerbrechlich, beschützenswert und süß, aber eben auch naiv und wie für die Opferrolle gemacht von einer jungen Romina Power gespielt wird. Die Ärmste muss sich nun vor den Augen ihres Vermieters und Arbeitsgebers umziehen, der Sleazefaktor des Films gewinnt an Fahrt. Für Franco-Verhältnisse hält sich dieser jedoch den gesamten Film über in durchaus angenehmen Grenzen und wird nicht allzu exploitativ; selbiges gilt für den Grad an visueller physischer Gewalt. Dies ist sicherlich zum einen dem damaligen Zeitgeist geschuldet, zum anderen aber bestimmt auch dem Versuch, mit einer Art Vorzeigeprojekt ein breites Publikum zu erreichen, das sich nicht gleich hocherschrocken abwenden sollte. Ohnehin schien Franco im damaligen Zeitraum noch wesentlich geschmackssicherer zu drehen als zu späteren Zeiten.
Zur Ästhetik des Films zählen auch die kunterbunten Ausleuchtungen, wenn auch etwas plumper als beispielsweise von einem Mario Bava eingesetzt. Justines Leidensweg führt über ein Frauengefängnis (inkl. Tanzszenen) über einen Ausbruch zusammen mit einer Mörderin zu deren Bande, um einer Vergewaltigung durch dieselbe zu entgehen. Während im Puff ihrer Schwester gemordet wird, kann Justine eine Prügelei der Bande der Ausbrecherin nutzen, um dieser zu entkommen. Dies dürfte der Punkt sein, an dem Franco und Autor Towers von der Vorlage am stärksten abweichen, denn Justine findet in die Arme eines tatsächlich zu ehrlicher Liebe fähigen Malers, vor dem sie sich erstmals freiwillig entkleidet – der erste positiv konnotierte Charakter neben Justine. Bald muss sie jedoch erneut fliehen, wird von zwei Aristokraten als Spionin gefangen und bekommt von einem der beiden Zuflucht in seinem Zuhause angeboten. Dort wird sie jedoch der Beihilfe zum Mord angestiftet und bekommt ein Brandzeichen aufgebrannt. Ihre Odyssee nimmt kein Ende und jeder Anflug von Hoffnung wird jäh zerstört, vermeintlich besorgte Mitmenschen entpuppen sich als Wölfe im Schafspelz und haben nichts Gutes mit ihr im Sinn. Und Während Juliette sich ihrer Komplizin entledigt, erhält Justine Asyl bei Mönchen. Statt dort zur Ruhe zu kommen, wird sie gefoltert und soll umgebracht werden. Längst zog also auch der Härtegrad des Films kräftig an, ohne es jedoch mit expliziten Folterszenen zu übertreiben. Der die Mordabsichten unterbrechende Einsturz des Châteaus wäre im Prinzip ein durchaus stimmiger Abschluss des Films gewesen, doch reizt Franco die Überlänge voll aus und lässt die bemitleidenswerte und mittlerweile auch körperlich arg gebeutelte Justine weiter umherirren, zwingt sie in ein erotisches Varieté usw.
Spätestens hier nutzt sich das irgendwie immer gleiche Konzept der Inszenierung ab und wird etwas zäh. Der zunächst interessante Ansatz, die Charaktere karikierend zu überzeichnen, gerät ob diverser Albernheiten zur nervlichen Geduldsprobe und wird dem düsteren Inhalt auf Dauer kaum gerecht. Auch dürfte das Ende nicht wirklich in de Sades Sinne gewesen sein. Über weite Strecken fühlte ich mich vom Kontrastprogramm zwischen Desillusion, Pessimismus und – natürlich – Sadismus einer- und einer entrückten Interpretation á la „Justine im Wunderland“ andererseits jedoch gut unterhalten, ließ mich wohlig vom Beschützerinstinkt für Justine kitzeln und von ihrer sinnlichen Unschuld inmitten einer Welt des Chaos umschmeicheln, ohne de Sades Thesen wirklich bis auf ihren Grund zu folgen. Erwartet man gar nicht mehr als das von mir Beschriebene, hat Francos Umsetzung definitiv etwas, was auch über die namhafte Darstellerriege, zu der sich auch Jack Palance („Lasst uns töten, Companeros“), Rosalba Neri („Sklaven ihrer Triebe“) und selbstverständlich Franco-Stammmime Howard Vernon („Necronomicon - Geträumte Sünden“) gesellen, hinausgeht.
Der spanische Filmbesessene Jesus „Jess“ Franco, oftmals als Schmuddel- und Trash-Filmer verschrien, gehörte zu den europäischen Pionieren des betont freizügigen Erotikfilms und half, die sexuelle Revolution auf der Leinwand einzuläuten. Eine von mehreren Verfilmungen nach Motiven des Marquis de Sade ist „Justine“ aus dem Jahre 1969, die auf de Sades „Justine ou les malheurs de la vertu“ beruht und in britisch-deutscher-spanisch-italienischer Koproduktion entstand.
„Wo bleibt die Gerechtigkeit?“
Die ungleichen Geschwister Justine (Romina Power, „Exzess“, später Gesangsduettpartnerin von Al Bano) und Juliette (Maria Rohm, „Der Hexentöter von Blackmoor“) wachsen in einem Kloster auf und erben eines Tages einen kleinen Geldbetrag, mit dem sie sich auf in die große weite Welt machen. Während Juliette keine größeren Probleme damit zu haben scheint, fortan ein lasterhaftes Leben zu führen, sich zu prostituieren und gegen das Gesetz zu verstoßen, übt sich Justine in einem tugendhaften und keuschen Dasein. Dies dankt ihr jedoch niemand und während Juliette sich nach oben schläft, stiehlt und mordet, wird Justine immer und immer wieder selbst Opfer ähnlich skrupelloser Menschen…
„Du bist eine dumme Gans!“
Aus der (von mir bisher nicht gelesenen) literarischen Vorlage, die offenbar eine Art pessimistisches Sittengemälde der Lebzeiten de Sades zeichnete und die desillusorische Aussage traf, dass ein Leben in Unschuld, Anstand und Moral ein verschwendetes sei, macht Franco unter Produzent Harry Alan Towers einen üppig budgetierten, erotischen Kostümfilm, in dem Aussichts- und Hoffnungslosigkeiten zugunsten parodistischer bzw. satirischer Elemente weichen. Er beginnt „Justine“ mit Gefängnisszenen zu epochaler Klassikmusik, denn der Marquis de Sade (Klaus Kinski, „Nosferatu in Venedig“) sitzt einer Zelle, berichtet aus dem Off und erspäht eine blutende, barbusige Frau. Er kritisiert die Mächtigen und Herrschenden, womit der Film bereits seinen autoritätskritischen Ansatz bekommt. De Sade beschließt, seine Phantasien zu Papier zu bringen und beginnt mit der Arbeit an „Justine ou les malheurs de la vertu“, die in die eigentliche Handlung übergeht. Kinski selbst hat schauspielerisch nicht sonderlich viel zu tun und agiert weitestgehend isoliert von sämtlichen anderen Charakteren.
Nach diesem Prolog schickt Franco die Geschwister vom Kloster direkt ins Bordell, wo sie Unterkunft suchen. Dort trennen sich auch die Wege der beiden, denn während Juliette sich schnell mit Milieu und Verbrechen arrangiert, zieht Justine weiter und trifft auf einen vermeintlichen Pater, der ihr Unterkunft vermittelt und das Geld abnimmt. Ihr Hauptaugenmerk richtet die Handlung fortan vornehmlich auf Justine, die sehr zerbrechlich, beschützenswert und süß, aber eben auch naiv und wie für die Opferrolle gemacht von einer jungen Romina Power gespielt wird. Die Ärmste muss sich nun vor den Augen ihres Vermieters und Arbeitsgebers umziehen, der Sleazefaktor des Films gewinnt an Fahrt. Für Franco-Verhältnisse hält sich dieser jedoch den gesamten Film über in durchaus angenehmen Grenzen und wird nicht allzu exploitativ; selbiges gilt für den Grad an visueller physischer Gewalt. Dies ist sicherlich zum einen dem damaligen Zeitgeist geschuldet, zum anderen aber bestimmt auch dem Versuch, mit einer Art Vorzeigeprojekt ein breites Publikum zu erreichen, das sich nicht gleich hocherschrocken abwenden sollte. Ohnehin schien Franco im damaligen Zeitraum noch wesentlich geschmackssicherer zu drehen als zu späteren Zeiten.
Zur Ästhetik des Films zählen auch die kunterbunten Ausleuchtungen, wenn auch etwas plumper als beispielsweise von einem Mario Bava eingesetzt. Justines Leidensweg führt über ein Frauengefängnis (inkl. Tanzszenen) über einen Ausbruch zusammen mit einer Mörderin zu deren Bande, um einer Vergewaltigung durch dieselbe zu entgehen. Während im Puff ihrer Schwester gemordet wird, kann Justine eine Prügelei der Bande der Ausbrecherin nutzen, um dieser zu entkommen. Dies dürfte der Punkt sein, an dem Franco und Autor Towers von der Vorlage am stärksten abweichen, denn Justine findet in die Arme eines tatsächlich zu ehrlicher Liebe fähigen Malers, vor dem sie sich erstmals freiwillig entkleidet – der erste positiv konnotierte Charakter neben Justine. Bald muss sie jedoch erneut fliehen, wird von zwei Aristokraten als Spionin gefangen und bekommt von einem der beiden Zuflucht in seinem Zuhause angeboten. Dort wird sie jedoch der Beihilfe zum Mord angestiftet und bekommt ein Brandzeichen aufgebrannt. Ihre Odyssee nimmt kein Ende und jeder Anflug von Hoffnung wird jäh zerstört, vermeintlich besorgte Mitmenschen entpuppen sich als Wölfe im Schafspelz und haben nichts Gutes mit ihr im Sinn. Und Während Juliette sich ihrer Komplizin entledigt, erhält Justine Asyl bei Mönchen. Statt dort zur Ruhe zu kommen, wird sie gefoltert und soll umgebracht werden. Längst zog also auch der Härtegrad des Films kräftig an, ohne es jedoch mit expliziten Folterszenen zu übertreiben. Der die Mordabsichten unterbrechende Einsturz des Châteaus wäre im Prinzip ein durchaus stimmiger Abschluss des Films gewesen, doch reizt Franco die Überlänge voll aus und lässt die bemitleidenswerte und mittlerweile auch körperlich arg gebeutelte Justine weiter umherirren, zwingt sie in ein erotisches Varieté usw.
Spätestens hier nutzt sich das irgendwie immer gleiche Konzept der Inszenierung ab und wird etwas zäh. Der zunächst interessante Ansatz, die Charaktere karikierend zu überzeichnen, gerät ob diverser Albernheiten zur nervlichen Geduldsprobe und wird dem düsteren Inhalt auf Dauer kaum gerecht. Auch dürfte das Ende nicht wirklich in de Sades Sinne gewesen sein. Über weite Strecken fühlte ich mich vom Kontrastprogramm zwischen Desillusion, Pessimismus und – natürlich – Sadismus einer- und einer entrückten Interpretation á la „Justine im Wunderland“ andererseits jedoch gut unterhalten, ließ mich wohlig vom Beschützerinstinkt für Justine kitzeln und von ihrer sinnlichen Unschuld inmitten einer Welt des Chaos umschmeicheln, ohne de Sades Thesen wirklich bis auf ihren Grund zu folgen. Erwartet man gar nicht mehr als das von mir Beschriebene, hat Francos Umsetzung definitiv etwas, was auch über die namhafte Darstellerriege, zu der sich auch Jack Palance („Lasst uns töten, Companeros“), Rosalba Neri („Sklaven ihrer Triebe“) und selbstverständlich Franco-Stammmime Howard Vernon („Necronomicon - Geträumte Sünden“) gesellen, hinausgeht.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Marquis de Sade: Justine - Jess Franco (1969)
Da fehlte dem Bux wohl ein wenig Power.buxtebrawler hat geschrieben:
Die ungleichen Geschwister Justine („Exzess“, später Gesangsduettpartnerin von Al Bano)
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Re: Marquis de Sade: Justine - Jess Franco (1969)
Tatsächlich, schon ausgebessertugo-piazza hat geschrieben:Da fehlte dem Bux wohl ein wenig Power.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Marquis de Sade: Justine - Jess Franco (1969)
Danke wie immer für deine wunderbare Rezension, Bux
Einige Monate nachdem ich den Film gesehen hatte, erlebte ich einen der niederschmettersten Tage meines Lebens. Ein Tag an dem so gar nichts gelang: Ich eilte zu weit entfernten Terminen, die kurzfristig abgesagt wurden, bekam Liebeskummer, meine Mitmenschen waren nicht sonderlich sensitiv und überhaupt und obendrein hat es geregnet. Kurz: Als ich am Abend in meine Wohnung kam, war ich Innerlich tot und ich musste irgendetwas aufnehmen, das einfach schön ist. Da erinnerte ich mich daran, wie gut mir das Ende von Francos "Justine" gefiel, also suchte ich nach einer Ausgabe von De Sades Werk, um mir das Ende durchzulesen und...
Dazu habe ich eine Anekdote! Ich sah den Franco-Film nämlich auch vor dieser Lektüre, aber mir gefiel das Ende so gut,buxtebrawler hat geschrieben:Aus der (von mir bisher nicht gelesenen) literarischen Vorlage,
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Re: Marquis de Sade: Justine - Jess Franco (1969)
Danke für das Lob!DrDjangoMD hat geschrieben:Danke wie immer für deine wunderbare Rezension, Bux
DrDjangoMD hat geschrieben:Einige Monate nachdem ich den Film gesehen hatte, erlebte ich einen der niederschmettersten Tage meines Lebens. Ein Tag an dem so gar nichts gelang: Ich eilte zu weit entfernten Terminen, die kurzfristig abgesagt wurden, bekam Liebeskummer, meine Mitmenschen waren nicht sonderlich sensitiv und überhaupt und obendrein hat es geregnet. Kurz: Als ich am Abend in meine Wohnung kam, war ich Innerlich tot und ich musste irgendetwas aufnehmen, das einfach schön ist. Da erinnerte ich mich daran, wie gut mir das Ende von Francos "Justine" gefiel, also suchte ich nach einer Ausgabe von De Sades Werk, um mir das Ende durchzulesen und...► Text zeigen
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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- Salvatore Baccaro
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Re: Marquis de Sade: Justine - Jess Franco (1969)
Sehr fundierte und vor allem auch filmhistorisch, zutreffende Bux-Kritik eines Filmes, den ich im Zuge meiner exzessiven de-Sade-Rezeption von vor Jahren ganz gut kenne...
Wie wir schon bei LOLITA bzw. EUGENIE AM SCHEIDEWEG gesehen haben, der, wie Herr Arkadin trefflich angemerkt hat, ja ebenfalls auf einer Vorlage des berüchtigten Marquis beruht, nämlich LA PHILOSOPHIE DANS LE BOUDOIR, scheint Franco zwar durchaus (sexuell) angetan zu sein von den Werken des Franzosen, in seinen Verfilmungen raubt er ihnen indes weitgehend die Stacheln, was Selbstzensur sein könnte oder die von Produzenten, die genau wissen, dass, würde man beispielweise einen Roman wie JUSTINE werkgetreu auf die Leinwand bringen wollen, diesen Film mit Sicherheit nicht mal die hartgesottensten Gorehounds bis zum Ende würde durchstehen können: selbst Pasolinis SALÓ bleibt, rein an der graphischen Gewalt und den sexuellen Abarten gemessen, sehr weit hinter dem zurück, was der Marquis in stillen Stunden geduldigem Papier anvertraut hat, und steht, meine ich, trotzdem schon dicht am Rande des Erträglichen.
Interessant ist, dass JUSTINE selbst in insgesamt drei Versionen vorliegt (1787, 1791, 1797), zwischen denen die stets gleichbleibende Grundhandlung eine kontinuierliche Steigerung erfährt: nicht nur werden die Texte immer länger, d.h. bereichert um immere abstrusere Episoden, die in der bekanntesten letzten Fassung, die die sein dürfte, deren Ende, was mir leidtut, Dr. Django so sehr zugesetzt hat, oftmals spielerisch jene Grenze überschreiten, hinter der sie nicht mehr schockieren, sondern aufgrund ihrer Wahnwitzigkeit zumindest mich vor allem kopfschüttelnd amüsieren. Der frühe deutsche Sexualforscher Iwan Bloch alias Eugen Dühren hat im Jahre 1900 unter dem Titel DER MARQUIS DE SADE UND SEINE ZEIT den Versuch gewagt hat, die Person des Dichters bzw. seine Libido psychoanalytisch auseinanderzunehmen. Er sieht in diesen drei Fassungen, von denen die ersten beiden noch aus der Ich-Perspektive Justines geschildert werden und erst die dritte zu einem auktorialen Erzähler wechselt, der alle Freiheiten genießt, sich genüsslich in den möglichsten und unmöglichsten Perversionen zu suhlen, eine Art Wegfallen der Selbstzensur de Sades selbst: Version 1 kann man zum Beispiel problemlos noch als moralische Schrift interpretieren, die den Zustand der Welt anprangert, von der Justine für ihre Tugend- und Schamhaftigkeit regelrecht gezüchtigt wird, während Version 3 derart offenkundig Gefallen daran findet, völlig fern von Moral und Anstand ein schlicht unglaubliches Szenario an das nächste zu reihen, dass man kaum davon sprechen kann, de Sade halte irgendeine Distanz zu seinem Werk, er ist vielmehr in einem wütenden Orgasmus darin aufgegangen.
Ich empfehle die Lektüre von JUSTINE (dritte Fassung) daher uneingeschränkt. Für einen Text von 1797 ist das - trotz der zuweilen recht langen, jedoch gerade im Kontext der europäischen Aufklärung hochinteressanten philosophischen Einsprengsel, die sich mit Grundfragen beschäftigen wie: Welchen Wert hat das Leben?, Gibt es so etwas wie eine Seele oder ist wirklich alles, selbst unsere Gefühle, pure Materie?, Verfügen wir über Willensfreiheit oder Freiheit generell? - kurzweilig und unterhaltsam zu lesen, es könnte nur sein, dass einem bei der einen oder anderen Passage ordentlich übel wird...
Wie wir schon bei LOLITA bzw. EUGENIE AM SCHEIDEWEG gesehen haben, der, wie Herr Arkadin trefflich angemerkt hat, ja ebenfalls auf einer Vorlage des berüchtigten Marquis beruht, nämlich LA PHILOSOPHIE DANS LE BOUDOIR, scheint Franco zwar durchaus (sexuell) angetan zu sein von den Werken des Franzosen, in seinen Verfilmungen raubt er ihnen indes weitgehend die Stacheln, was Selbstzensur sein könnte oder die von Produzenten, die genau wissen, dass, würde man beispielweise einen Roman wie JUSTINE werkgetreu auf die Leinwand bringen wollen, diesen Film mit Sicherheit nicht mal die hartgesottensten Gorehounds bis zum Ende würde durchstehen können: selbst Pasolinis SALÓ bleibt, rein an der graphischen Gewalt und den sexuellen Abarten gemessen, sehr weit hinter dem zurück, was der Marquis in stillen Stunden geduldigem Papier anvertraut hat, und steht, meine ich, trotzdem schon dicht am Rande des Erträglichen.
Interessant ist, dass JUSTINE selbst in insgesamt drei Versionen vorliegt (1787, 1791, 1797), zwischen denen die stets gleichbleibende Grundhandlung eine kontinuierliche Steigerung erfährt: nicht nur werden die Texte immer länger, d.h. bereichert um immere abstrusere Episoden, die in der bekanntesten letzten Fassung, die die sein dürfte, deren Ende, was mir leidtut, Dr. Django so sehr zugesetzt hat, oftmals spielerisch jene Grenze überschreiten, hinter der sie nicht mehr schockieren, sondern aufgrund ihrer Wahnwitzigkeit zumindest mich vor allem kopfschüttelnd amüsieren. Der frühe deutsche Sexualforscher Iwan Bloch alias Eugen Dühren hat im Jahre 1900 unter dem Titel DER MARQUIS DE SADE UND SEINE ZEIT den Versuch gewagt hat, die Person des Dichters bzw. seine Libido psychoanalytisch auseinanderzunehmen. Er sieht in diesen drei Fassungen, von denen die ersten beiden noch aus der Ich-Perspektive Justines geschildert werden und erst die dritte zu einem auktorialen Erzähler wechselt, der alle Freiheiten genießt, sich genüsslich in den möglichsten und unmöglichsten Perversionen zu suhlen, eine Art Wegfallen der Selbstzensur de Sades selbst: Version 1 kann man zum Beispiel problemlos noch als moralische Schrift interpretieren, die den Zustand der Welt anprangert, von der Justine für ihre Tugend- und Schamhaftigkeit regelrecht gezüchtigt wird, während Version 3 derart offenkundig Gefallen daran findet, völlig fern von Moral und Anstand ein schlicht unglaubliches Szenario an das nächste zu reihen, dass man kaum davon sprechen kann, de Sade halte irgendeine Distanz zu seinem Werk, er ist vielmehr in einem wütenden Orgasmus darin aufgegangen.
Ich empfehle die Lektüre von JUSTINE (dritte Fassung) daher uneingeschränkt. Für einen Text von 1797 ist das - trotz der zuweilen recht langen, jedoch gerade im Kontext der europäischen Aufklärung hochinteressanten philosophischen Einsprengsel, die sich mit Grundfragen beschäftigen wie: Welchen Wert hat das Leben?, Gibt es so etwas wie eine Seele oder ist wirklich alles, selbst unsere Gefühle, pure Materie?, Verfügen wir über Willensfreiheit oder Freiheit generell? - kurzweilig und unterhaltsam zu lesen, es könnte nur sein, dass einem bei der einen oder anderen Passage ordentlich übel wird...
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Re: Marquis de Sade: Justine - Jess Franco (1969)
Was mich zu der Frage bringt, weshalb ich mir einen Text durchlesen sollte, bei dem mir übel wird.Salvatore Baccaro hat geschrieben:
Ich empfehle die Lektüre von JUSTINE (dritte Fassung) daher uneingeschränkt. Für einen Text von 1797 ist das - trotz der zuweilen recht langen, jedoch gerade im Kontext der europäischen Aufklärung hochinteressanten philosophischen Einsprengsel, die sich mit Grundfragen beschäftigen wie: Welchen Wert hat das Leben?, Gibt es so etwas wie eine Seele oder ist wirklich alles, selbst unsere Gefühle, pure Materie?, Verfügen wir über Willensfreiheit oder Freiheit generell? - kurzweilig und unterhaltsam zu lesen, es könnte nur sein, dass einem bei der einen oder anderen Passage ordentlich übel wird...[/align]
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Re: Marquis de Sade: Justine - Jess Franco (1969)
Danke für die Anerkennung und die weiterführenden Informationen, Salvatore!
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!