DVD: Code Red (USA)
Terminal Island (USA 1973, Originaltitel: Terminal Island)
Vom Foltercamp zur Post-Hippiekommune?
In den USA werden zum Tode verurteilte Straftäter nicht mehr hingerichtet. Stattdessen verbannt man die Damen und Herren auf eine Insel vor der kalifornischen Küste, weitestgehend unkontrolliert und von der restlichen Welt abgeschnitten. Psychopath Bobby (Sean Kenney) hat die Macht auf dem Eiland an sich gerissen, führt mit Hilfe brutaler Schergen ein gnadenloses Regime. Neuankömmling Carmen (Ena Hartman) lernt schnell den harten Alltag kennen, die wenigen Frauen werden ständig erniedrigt und geschändet. Dennoch hält Bobby nicht alle Inselbewohner unter seiner sadistischen Fuchtel, eine kleine Gruppe úm A.J. (Don Marshall) schlägt sich auf eigene Faust durch. Eines Tages befreit A.J. die geknechteten Frauen aus den Klauen des Gewaltherrschers, Carmen und ihre Begleiterinnen schließen sich den Rebellen an ...
Stephanie Rothman inszenierte u. a. den
"tragisch-schönen" Vampirstreifen
"The Velvet Vampire" (1971), für zarte Zwischentöne bleibt in
"Terminal Island" deutlich weniger Raum. Trotz Gewalt, Sex und überwiegend grober Dialoge, beschränkt sich Rothman nicht auf stupides Geschlachte, bedient sich clever aus unterschiedlichen Genretöpfen. So würde der staatliche Umgang mit unliebsamen Subjekten in dystopische Werke passen, während die Besetzung der
"Heldenrollen" in Richtung Blaxploitation weist. Kalt und konsequent entledigt sich die Staatsgewalt lästiger Bürger, wer auf die Insel kommt gilt als tot, selbstverständlich behördlich beurkundet. Tatsächlich geht es auf der Insel übel zur Sache, gewissermaßen ein übergroßer Schlachthof mit begrenztem Auslauf für Vieh und Metzgergesellen. Als zynischer Metzgermeister hält sich Vater Staat im Hintergrund, möge sich der Pöbel bitte gegenseitig fressen. Schauwerte hin oder her,
"Terminal Island" transportiert vor allem jede Menge Zeitgeist der späten sechziger/frühen siebziger Jahre, Rebellion gegen unmenschliche Zustände ist Plicht, bei Bedarf mit Gewalt, mit freundlichen Grüßen in Richtung Richard Nixon.
Don Marshall gefällt als mutiger Rebellenführer, sein Gegenpol Sean Kenney hinterlässt freilich den bleibenderen Eindruck, darf er doch den völlig haltlosen und austickenden Irren vom Stapel lassen. Ena Hartman gibt die unbeugsame Schwarze, kommt mir wie Pam Grier im Schmalspurformat vor. Phyllis Davis fällt als
-gar nicht dummes- Blondchen positiv auf, Tom Selleck sehen wir als Arzt auf Dope. Ich will nicht alle Namen abspulen, freut auf treffsicher besetzte Haupt- und Nebenrollen, fiese Fratzen, hartes Muskelfleisch und nackte Haut.
"Terminal Island" gefällt als
"wüster Reißer mit Message", sammelt Punkte mit seiner wilden Mixtur aus Dystopie, Blaxploitation, Foltercamp, Action, Gewalt, Erotik und einer Prise Humor. In Deutschland wurde das Werk unter dem Titel
"Männer wie Tiger" ausgewertet. Leider habe ich diese Fassung noch nicht gesehen, jedoch lassen kurze Einblicke auf deutliche Veränderungen der Marschrichtung schließen. Darauf weist nicht nur die stark gekürzte Spieldauer hin, offenbar hat man massiv an den Dialogen geschraubt, den Streifen zu einer Nummernrevue platter Sprüche umfunktionert. Sicher keine sorgfältige Behandlung der Vorlage, aber vermutlich ein herrlich unterhaltsames Beispiel für eigenwillige
"Synchronkultur" vergangener Jahrzehnte.
Mir liegt
"Terminal Island" als DVD aus dem Hause Code Red vor. Geboten wird ansprechende Qualität, interessante Interviews mit Sean Kenney und Don Marshall, auf Wunsch gibt es einen Audiokommentar aufs Ohr, Trailer zum Film und weiteren Titeln aus dem Labelprogramm, ferner Phyllis Davis per Telefoninterview. Klarer Kauftipp, beide Daumen hoch!
Dicke 7,5/10 (gut bis sehr gut)
Lieblingszitat:
"I'm gonna cut your liver out, man!"