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Originaltitel: Alice, Sweet Alice
aka Communion - Messe des Grauens
Herstellungsland: USA / 1976
Regie: Alfred Sole
Darsteller: Linda Miller, Mildred Clinton, Paula E. Sheppard, Niles McMaster, Jane Lowry, Brooke Shields u. A.
Story:
Alice und Karen sind zwei Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein können. Während die gehorsame und hübschere Karen stets von ihren Eltern bevorzugt wird, sieht sich die zwölfjährige Alice als das schwarze Schaf der Familie. Die Differenzen eskalieren, als Karen kurz vor ihrer Erstkommunion noch mehr Aufmerksamkeit zuteil wird als sonst. Dann geschieht das Unfassbare: während der feierlichen Zeremonie wird Karen hinter der Kirche ermordet. Doch dies soll nur der erste einer Reihe von Morden in der streng katholischen Gemeinde sein. Und alles deutet darauf hin, dass Alice die Schuldige ist...
Re: Alice, Sweet Alice - Alfred Sole
Verfasst: Mo 15. Feb 2010, 20:13
von jogiwan
Die kleine Karen (Brooke Shields) ist der Liebling und ganze Stolz ihrer geschiedenen und allein-erziehenden Mutter Catherine (Linda Miller). Das junge Mädchen ist hübsch und mit ihrer zuvorkommenden und gewinnenden Art auch der Liebling ihres Bruders Vater Tom (Rudolph Willrich), der als Pfarrer in der örtlichen Kirche beschäftigt ist. Auch bei der Verwandt- und Nachbarschaft hat Karen im Gegensatz zu ihrer etwas bösartigen Schwester Alice (Paula E. Sheppard) durchwegs hohe Beliebtheitswerte. Doch am Tage ihrer Erstkommunion, die Karen schon sehnlichtst erwartet, wird der kleine Sonnenschein bestialisch während der Messe ermordet und zusammen mit einer brennenden Kerze in eine Holzkiste gesteckt noch bevor ihr Pfarrer Tom eine Hostie in den Rachen werfen kann.
Der Verdacht fällt auf Alice, die sich mit ihren seltsamen Verhalten auch zunehmend verdächtig macht und auch mit den Schleier ihrer toten Schwester in der Tasche ihres Regenmantels aufgefunden wird. Ein psychologisches Gutachten der Schule ergibt, das Alice über ein erhöhtes Gewaltpotential verfügt. Der herbeigeeilte Vater (Niles McMaster) und auch Catherine sind jedoch von der Unschuld ihrer Tochter überzeugt und der verzweifelte Vater stellt selbst Ermittlungen an. Wenig später wird Catherines Schwester Annie (Jane Lowry) nach einem kurzen Disput mit Alice im Stiegenhaus von einer maskierten Gestalt angegriffen und schwer verletzt. Obwohl weder Annie noch der Nachbar Mr. Alphonso (Alphonso DeNoble) den Angreifer genau erkennen konnten, sind beide von der Schuld der kleinen Alice überzeugt.
Alice wird auf die Polizeistation gebracht und einem Lügendetektor-Test unterzogen. Das Mädchen ist felsenfest überzeugt, dass es sich bei dem Angreifer auf ihre Tante um ihre tote Schwester Alice handelt. Eine Vermutung, die auch aufgrund des Testergebnisses unterstützt wird. Und das sich sowieso niemand mehr so sicher ist, wird das kleine Gör in ein Heim für verhaltensgestörte Jugendliche gesteckt und von einer Kinderpsychologin eingehend untersucht. Diese diagnostiziert eine beginnende Schizophrenie und schlägt den Eltern vor, das Kind zu seinem eigenen Schutz eine Weile unter Obhut zu belassen. Der Vater, der noch immer von der Unschuld seiner Tochter überzeugt ist, stößt bei seinen Ermittlungen auf weitere Unstimmigkeiten und erhält einen ominösen Anruf. Als der sich mit dem Anrufer treffen möchte, schlägt der Mörder neuerlich zu...
Manchmal wird es dem Filmfreund echt nicht leicht gemacht. Wer ahnt denn schon, dass hinter einem (sorry!) derart geschmacklosen Cover und einem Film, der mit der jungen Brooke Shields beworben wird, so ein grundsolider und spannender Slasher steckt. „Communion – Messe des Grauens“ ist vielleicht besser unter seinem weniger reißerischem Alternativ-Titel „Alice, sweet Alice“ bekannt und überzeugt durch eine interessante Geschichte voller Wendungen, einer coolen Optik und einer atmosphärisch dichten Inszenierung. Warum der Film weitgehend eigentlich so unbekannt ist, lässt sich nach Sichtung desselben auch nicht ganz nachvollziehen. Der Film bedient sich und zitiert auch ausgiebig große Klassiker des Suspense-Kinos, ohne jedoch auch nur annähernd wie ein Plagiat zu wirken. In einer Szene wird zum Beispiel ausgiebig Hitchcocks „Psycho“, an den auch die Musik sehr stark erinnert, die bunten Regenjacken wiederum erinnern an den Euro-Klassiker „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ von Nicolas Roeg. Trotz dem munteren Zitate-Kino bietet die Geschichte und Inszenierung genug Eigenständigkeit um zu überzeugen.
Der Film erinnert mit seiner eher ruhigen Erzählweise zu Beginn an einen klassischen Thriller. Für den Zuseher gibt es im Gegensatz zu den handelsüblichen Giallos kein offensichtliches Motiv und auch keine Verdächtigen. Alles deutet zwar auf die eifersüchtige Alice als Täterin hin, jedoch vermag man als Genre-geeichter Filmkonsument dem Mädchen doch kein derartiges Verbrechen zutrauen. Im Verlauf des Filmes nimmt dieser mit einer Prise Mystery und Drama jedoch noch einige Wendungen, sodass es dem Zuschauer beinahe unmöglich gemacht wird, den Verlauf oder Ende in irgendeiner Form voraus zu sehen. Die Auflösung sorgt dann für einen zusätzlichen Aha-Effekt, obwohl der Film zu diesem Zeitpunkt auch noch lange nicht zu Ende ist... Klingt spannend? Ist es auch!
Genre-Puristen werden ja vielleicht wieder einmal bemängeln, dass Regisseur Alfed Sole und Autorin Rosemarie Ritvo für das gemeinsam verfasste Drehbuch in zu vielen Gewässern fischen. Ich hingegen mag es, wenn man einen Film bis zum Schluss irgendwie nicht einordnen kann. Thriller, Drama, Mystery, Psychostudie und einen Hauch Dornenvögel und latente Kritik an der katholischen Kirche und ihren absurden und veralteten Moralvorstellungen, alles vermixt in einem handwerklich mehr als gelungenen Film, der leider – wie bereits erwähnt - zu Unrecht nahezu unbekannt ist. „Communion“ ist wohl nicht nur einer der ersten Vertreter bzw. Vorläufer des amerikanischen Slasher-Films, sondern zählt auch definitiv zu den besseren Thrillern aus den Siebzigern.
Auch wenn der Film als Brooke Shields erster Film beworben wird. Ihre Rolle als Karen ist doch eher klein und das sympathische Gör geht auch schneller Hops, als dass man sich ein zweites Bier vom Kühli holen kann. Die wahren Stars des Films sind ohnehin andere. Vor allem Paula überzeugt als durchtriebenes Mädchen mit seltsamen Verhalten. Laut IMDB und weiterer Internet-Recherche ist die gute Miss Sheppard ja bereits 19 Jahre alt gewesen, als sie für die Rolle der (schätzungsweise) zwölfjährigen Alice gecastet wurde. Seltsamerweise sieht die vor allem in der finalen Szene auch keinen Tag älter aus. Leider hat die gute Paula nur noch in zwei weiteren Filmen mitgespielt, bevor sie ihre Schauspielkarriere an den Nagel gehängt hat und mit ihren Freund nach Seattle verzogen ist. Regisseur Sole soll sich ja danach gewundert haben, dass die werte Dame keine Schauspiel-Karriere gemacht hat – dem schließe ich mich der Verwunderung an dieser Stelle an.
Auch Linda Miller als Mutter Catherine am Rande des Nervenzusammenbruchs ist nicht nur sehr überzeugend und talentiert, sondern auch noch sehr stylisch ins Szene gesetzt. Und auch in den Nebenrollen wimmelt es nur so von solide Leistungen und tollen Schauspielern. Allen voran Jane Lowry (bzw. deren deutsche Synchronstimme) als herrische und bestimmende Tante Annie, deren Mordversuch wohl als die beste Szene des Films zu sehen ist. Und auch den fettleibigen Nachbar Alphonso DeNoble wird man wohl nicht so schnell vergessen. Der gute Herr bekommt mindestens 9 Punkte auf der Freak-Skala und war auch in „Bloodsucking Freaks“ aus dem selben Jahr als Mädchen-Sklavenhändler zu sehen. Und Mildred Clinton als durchgeknallte Pfarrersköchin ist mit ihrer grandiosen Leistung sowieso jenseits von Gut und Böse.
Regisseur Alfred Sole ist 1943 in New Jersey geboren und studierte Architektur an der Universität von Florenz in Italien. Sein erster Film war einen Porno-Parody namens „Deep Sleep“, der bei den Erotik-Film-Festival in New York den ersten Preis erreichte. Mit dem Preisgeld und der Unterstützung seiner Heimatgemeinde realisierte er seinen zweiten Film „communion“ der auch bei Erscheinen sehr gute Kritiken erhielt, jedoch im Kino nur mäßig mit wenigen Kopien lief. Danach folgten noch zwei weitere Filme u.a. auch eine Horror-Parodie, bevor er sich auf das Produzieren von TV-Filmen und das Schreiben von Drehbüchern verlegte. Sole ist übrigens der Cousin von dem ebenfalls aufstrebenden Horror-Jungregisseur und Indie-Liebkind Dante Tomaselli
Der 1976 entstandene „Communion“ ist bereits im Jahre 2005 bereits unter dem Namen „Alice, sweet Alice“ auf den deutschen Markt gekommen und wird 2008 von CMV unter dem Original-Titel „Communion“ und dem etwas unpassenden Untertitel „Messe des Grauens“ wieder auf den Markt gebracht. Leider muss auch gesagt werden, dass die Covergestaltung leider ein ziemlicher Ausfall unter den ansonsten eher geschmackssicheren Veröffentlichungen meines erklärten Lieblings-Labels darstellt. Cover und Rückseite entsprechen dem Film leider nicht in geringster Weise und normalerweise würde ich so was auch nur mit der Kneifzange am Wühltisch anfassen. Dass sich dahinter eine wahre Perle des Thriller-Genres verbirgt, dass würden aufgrund des Covers wohl nur die Wenigsten vermuten.
Die Silberscheibe selber bietet wie üblich hingegen wenig Anlass zur Kritik. Die Bildqualität ist gut und auch der Ton gibt in der deutschen Synchronisation und der Originalversion keine Grund für Beschwerden. Leider gibt es jedoch außer einer Bildergalerie und dem Trailer zum Film, sowie zu zwei weiteren aus dem Hause CMV-Laservision kein weiteres Bonusmaterial. Ein Making-Of oder Interviews mit Cast und Crew wäre neuerlich interessant gewesen. Anscheinend soll es auch einen Audiokommentar von Regisseur Alfred Sole existieren, der es jedoch nicht auf die Scheibe geschafft hat. Egal, immerhin hat der Film auch schon einige Jähren am Buckel.
„Communion“ ist ein gelungener, zu Unrecht weitgehend unbekannter Vorläufer des Slasher-Films, der mit einer gelungenen Optik, einer spannenden Geschichte, einem absolut-tollen Cast und Soundtrack aufwarten kann. Ein bisschen Giallo-Flair, eine Prise „Carrie“, etwas „Dornenvögel“ und Serienkiller-Psychogramm machen den Film zu einem sehr unterhaltsamen und unvorhersehbaren Genre-Cocktail, der sich nicht hinter seinen zitierten Vorbildern wie „Psycho“ oder „wenn die Gondeln Trauer tragen“ verstecken muss. Und auch wenn der Film für heutige Verhältnisse doch etwas blutarm und auch eher langsam daherkommt, gibt es an dieser Stelle eine ausdrückliche Empfehlung für das tolle Teil. Lasst euch nicht vom scheußlichen Cover beirren und holt euch diesen kurzweiligen und vor allem unvorhersehbaren Slasher. Giallo-Freunde sollten sowieso zugreifen und alle Freunde des gepflegten Siebziger-Jahre-Films auch: defintiv 8,5 von 10 blutigen Küchenmessern! Amen!
Re: Alice, Sweet Alice - Alfred Sole
Verfasst: Sa 12. Jun 2010, 02:27
von Blap
Eigentlich ist hier bereits alles gesagt, ich packe meinen Kurzkommentar trotzdem dazu:
Communion - Messe des Grauens(USA 1976, Originaltitel: Alice, Sweet Alice)
Catherine Spages (Linda Miller) ist gestresst. Bei der geschiedenen Frau leben ihren beiden Töchter Alice (Paula E. Sheppard) und Karen (Brooke Shields), die sich ständig und ausufernd in die Haare geraten. Während Karen ein recht braves Kind ist, drangsaliert Alice ihre Schwester mit geradezu sadistischer Wonne, doch ihr Zorn macht auch nicht vor dem fetten Nachbarn oder der nervigen Tante halt. Als für Karen der Tag der Erstkommunion gekommen ist, wird das Mädchen auf brutale Art und Weise in der Kirche ermordet, der Leichnam zu allem Überfluss auch noch angezündet. Die Kriminalpolizei verdächtigt von Anfang an ihre Schwester Alice, jedoch mangelt es an Beweisen, ein Lügendetektortest liefert kein eindeutiges Ergebnis. Annie (Jane Lowry), die Tante von Alice und Karen, die nach dem grausigen Ereignis bei ihrer Schwester Catherine verweilt, wird im Flur des Wohnhauses der Spages mit einem Messer attackiert. Die ohnehin zur Hysterie neigende Dame überlebt den Anschlag mit schweren Verletzungen, sie schwört Stein und Bein drauf, dass sie von Alice angegriffen wurde. Das Mädchen wird zunächst in einer Spezialklinik untergebracht. Dominick (Niles McMaster), der ebenfalls anwesende Vater, ist ratlos, selbst der zu Familie gehörende Priester Tom (Rudolph Willrich) hat nur hohle Phrasen anzubieten. Sollte die kleine Alice tatsächlich eine wahnsinnige Killerin sein? Dominick ist mit der voreingenommenen Sichtweise der Polizei wenig glücklich, ergo ermittelt er auf eigene Faust. Als er einen rätselhaften Anruf von seiner Nichte erhält, begibt sich der Hobbydetektiv in allergrösste Lebensgefahr. Wird der Wahnsinn ein Ende nehmen? Wer steckt hinter den bizarren Grausamkeiten...???
"Communion" von Regisseur Alfred Sole ist ein angenehm gegen den Strom schwimmender Film. Besonders interessant ist diese Tatsache deshalb, weil sie vermutlich nicht unbedingt so gewollt war, der Film durch seine zahlreichen Unzulänglichkeiten einen herrlich spröden Charme entwickelt. Werfen wir einen Blick auf die Besetzung. Eine gewisse Linda Miller (auf den zweiten Blick sehr augenfreundlich) spielt die Rolle der verzweifelten Mutter. Ihre Darbietung zeichnet sich immer wieder durch maßloses Overacting aus, was dem an sich tragischen Treiben einen reichlich grotesken Anstrich verleiht. Noch arger ist es um die schauspielerischen Qualitäten von Jane Lowry bestellt, die mit dem Wort "hysterisch" schon fast nicht mehr erfassbar scheinen. Der unglaublich abstossende, fette und versiffte Nachbar (Alphonso DeNoble) passt ebenfalls in diese Schublade, sofern es eine solche in seiner Kleidergrösse gäbe. Abgerundet wird der "Chor der Irren" durch die Haushälterin des Pfaffen, einer Dame namens Mildred Clinton. Am Rande des Wahns der stiefelleckende Schleimbeutel Jim, dem seine Filmgattin "Tante Annie" beständig über das verschüchterte Mundwerk fährt. Eine Ehe wie ein (mit Anlauf ausgeführter) Tritt in die Weichteile. Dagegen mutet Niles McMaster als Vater von Alice und Karen recht bodenständig, regelrecht solide an. Pfaffe Tom gehört auch zu den gemäßigteren Vertretern, gleiches gilt für die Ermittler im Auftrag der Staatsgewalt. Brooke Shields hält in dieser frühen Rolle ihrer Karriere als Opferlamm her, während Paula E. Sheppard als böse Schwester richtig vom Leder ziehen darf. Alice soll zwölf sein, doch Paula war zum Zeitpunkt des Drehs bereits neunzehn Jahre alt. Dies hat man sehr geschickt getarnt, mir fiel diese Mogelpackung nicht auf. Paula E. Sheppard ist die einzige der "überdrehten" Figuren, die ihre Rolle wirklich mit schauspielerischem Können ausfüllt, ohne dabei in Dilettantismus zu verfallen. Umso trauriger, dass man von der jungen Dame später fast nichts mehr zu sehen bekam.
Viel zu schnell hat man in der heutigen Zeit das Wort "Trash" in die Tastatur geprügelt. Doch die denkwürdigen Auftritte eines erheblichen Teils der hier Mitwirkenden, drängt "Communion" eindeutig in diese Richtung. Unterstrichen wird dies durch die nahezu vollständige Abwesenheit von Humor und Selbstironie. Nur ganz selten wird die aufgesetzte Ernsthaftigkeit zart aufgebrochen. Selbst in diesen Momenten ist man sich nicht wirklich darüber klar, ob nun tatsächlich der Schalk regieren möchte... ...oder vielleicht doch die Verbindung von Unfähigkeit und Irrsinn zuschlägt. Dem Gepolter der Darsteller steht ein durchaus spannender Plot gegenüber. Allerdings wird leider ein wenig zu freizügig mit dem vorhandenen Potential umgegangen. Der Killer wird zu früh enttarnt, was aufgrund der ansprechenden Auflösung ein wenig schade ist. Wechselhaft auch die Qualität der Kamera und des Schnitts. Ansprechend inszenierte und fotographierte Momente, ringen mit dem oft holprigen, ungelenken Schnitt, dann wirkt die Kamera plötzlich fast desinteressiert usw.. Dieses Wanken und Schwanken sorgt für eine besondere Note, wie ich weiter oben schrieb, verleiht es dem Film einen ganz besonderen Charme. Alfred Sole und seine Mitarbeiter (vor und hinter der Kamera) muten wie ein angetrunkener Seiltänzer an. Immer ein wenig unsicher, oft am Rande des Absturzes, doch letztlich kommt man irgendwie auf der gegenüberliegenden Plattform an.
Wer nun eine wüste Trash-Orgie erwartet, der ist bei diesem Film dann doch nicht an der richtigen Adresse. "Communion" ist ein ganz spezielles Filmchen, ein kleiner Leckerbissen für neugierige Filmfreunde. Erwähnt werden sollte die gialloeske Optik des Mörders, stilvoll ausgestattet mit Maske und Mantel. Die Morde und Mordversuche würden sich in diesem schönsten aller Italo-Genres sicher zuhause fühlen. Thriller, Slasher, Trasher und leichte "Giallo-Schlagseite", mein Herz lodert wohlig auf mittlerer Flamme.
Es gibt für den deutschen Markt mehrere Auflagen des Films. Mir liegt das Werk unter dem Titel "Communion - Messe des Grauens" vor, erschienen bei CMV-Laservision. Die DVD kommt in einer kleinen Hartbox, es stehen zwei unterschiedliche Covermotive zur Auswahl bereit. Die gebotene Bildqualität mag Zeilenzählern nicht unbedingt zum Lustgewinn gereichen, sie ist aber zweckmäßig und auf angenehme Art passend. Der Ton liegt in englischer und deutscher Sprache vor. Wer die deutsche Synchronisation für übertrieben hält, wird darüber erstaunt sein, wie gut diese den Ton trifft, denn sie kommt dem Zungenschlag des Originals recht nah. Als Boni bietet man ein paar Trailer, eine Bildergalerie und alternative Titelsequenz an. Eine "runde" Veröffentlichung eines interessanten Films, daher eine klare Empfelung für Freunde der Verschrobenheit!
Gut = 7/10
Lieblingszitat:
"Halt den Mund und hol den Besen!"
Re: Alice, Sweet Alice - Alfred Sole
Verfasst: So 16. Jun 2013, 19:19
von horror1966
Communion - Messe des Grauens
(Alice Sweet Alice)
mit Linda Miller, Mildred Clinton, Paula E. Sheppard, Niles McMaster, Jane Lowry, Rudolph Willrich, Michael Hardstark, Alphonso DeNoble, Gary Allen, Brooke Shields, Louisa Horton, Tom Signorelli
Regie: Alfred Sole
Drehbuch: Rosemary Ritvo / Alfred Sole
Kamera: M. Edward Salier
Musik: Stephen Lawrence
FSK 18 USA / 1976
Hat die 12-jährige Alice wirklich ihre jüngste Schwester Karen am Tag ihrer Kommunion umgebracht? Niemand kann und will das glauben, was an diesem Tag passiert sein soll. Doch die Beweislage ist erdrückend. Alles deutet darauf hin, dass Alice schuldig ist...
Zwei vollkommen unterschiedliche Schwestern, zwischen denen eine offenkundige Ablehnung steht die letztendlich eventuell zum Mord führt? Eine Thematik, die sicherlich nicht sonderlich neu daher kommt, aber in Alfred Sole's Werk aus dem Jahr 1976 sehr gut bearbeitet wird und zudem auch noch diverse Wendungen bietet, auf die man zu Beginn der Geschichte nicht unbedingt wetten würde. Zugegebenermaßen braucht die Geschichte ein wenig Zeit um so richtig in die Gänge zu kommen und so wird der Zuschauer bis dahin mit einigen offensichtlichen Seitenhieben gegen die katholische Kirche konfrontiert. Desweiteren kann man sich einen recht guten Einblick in das doch ziemlich angespannte Verhältnis der beiden Schwestern verschaffen, von denen das spätere Opfer eines Mordes von der damals noch blutjungen Brooke Shields dargestellt wird. Sämtliche Hinweise und Indizien lassen in Sole's Geschichte im Prinzip gar keinen Zweifel daran, das es sich bei der Mörderin von Karen um deren ältere Schwester Alice handelt und so ist man eine geraume Zeit wirklich hin-und her gerissen zwischen dem allzu Offensichtlichen, oder der Möglichkeit einer Wendung, die das Geschehen doch noch in einem vollkommen anderen Licht erscheinen lässt.
Genau aus diesem Aspekt bezieht der Film dann auch seinen ganz besonderen Reiz, denn das Geschehen baut zwar recht gemächlich dafür aber doch recht intensiv eine konstante Spannung auf, unter deren Einfluss sich auch nach und nach der subtil aufkommende Horror bemerkbar macht, der dem Ganzen eine wunderbar mysteriöse Note verleiht. Sole gelingt es dabei ganz hervorragend, mit der Ungewissheit des Zuschauers zu spielen, der sich seiner aufkommenden Ahnungen eigentlich nie sicher sein kann und mit diversen falschen Fährten immer wieder auf eine falsche Spur gelockt wird. Hinzu kommt der Aspekt, das sehr geschickt alltägliche Probleme wie beispielsweise das Verhältnis des geschiedenen Eltern-Paares in den Fokus gerückt werden, um den Betrachter von der eigentlichen Suche nach dem Mörder abzulenken. So bekommt dann auch die katholische Kirche ordentlich ihr Fett weg, werden doch diverse Abläufe ziemlich offensichtlich angeprangert, was dem Szenario auch eine bedingt kritische Komponente verleiht. Dennoch verliert man zu keiner Zeit vollkommen das Wesentliche aus den Augen und ist umso überraschter, als das Szenario nach gut 70 Minuten auf einmal mit einem Aspekt aufwartet, der den wunderbar aufgebauten Spannungsbogen erst einmal für einen Moment vollkommen in sich zusammenbrechen lässt.
Wie aus dem Nichts und vollkommen ohne jegliche Vorwarnung wird im Prinzip absolut unnötig die Identität des Killers preisgegeben, der mittlerweile nicht lediglich nur die kleine Karen getötet, sondern auch ihre Tante Annie mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt hat. Als Zuschauer weiß man erst gar nicht wie man reagieren soll, denn hat der Film immerhin noch eine Restlaufzeit von knapp über 30 Minuten. Nachdem man jedoch den ersten Schock überwunden hat muss man erfreut feststellen, das es Alfred Sole erstklassig gelungen ist, auch mit der vorgezogenen Preisgabe der Identität des Mörders dem Ganzen nicht jegliche Spannung zu nehmen, denn die Geschichte entpuppt sich doch bis zur letzten Minute als absolut sehenswert und hält noch die ein-oder andere kleine Überraschung parat. Für einen Film der 70er Jahre beinhaltet die Geschichte einige doch recht blutige-und harte Passagen, so wird beispielsweise die Messer-Attacke auf Tante Annie sehr detailliert gezeigt, wobei insbesondere die blutigen Einstiche gut zur Geltung kommen. Nicht umsonst kann man "Alice Sweet Alice" wie der Film im Original heißt, durchaus gewisse Anlehnungen an einen waschechten Slasher attestieren, wobei sich die Geschichte aber doch zum Großteil durch ihre gruselige Grundstimmung definiert und in einigen kleinen Passagen sogar Ähnlichkeiten mit Nicolas Roeg's Meisterwerk "Wenn die Gondeln Trauer tragen" erkennen lässt, wobei allerdings ein wirklicher Vergleich der beiden Werke nicht ganz zulässig wäre.
Letztendlich präsentiert sich hier ein wirklich stimmiger Film, dessen ganz große Qualitäten sicherlich in der hervorragenden Atmosphäre zu suchen sind. Die zu Beginn kaum merkliche, aber mit der Zeit immer stärker werdende Entfachung des subtilen Horrors im Zusammenspiel mit dem extrem gelungenen Score sorgt hier in etlichen Passagen für eine wohlige Gänsehaut und hinterlässt eine äußerst nachhaltige Wirkung beim Zuschauer. Die etwas zu frühe Bekanntgabe der Identität des Mörders stellt sich im Endeffekt gar nicht mal unbedingt als negativer Kritikpunkt heraus, auch wenn man im ersten Moment unter einer Art Schockzustand steht, den man kurzzeitig überwinden muss. Alfred Sole hat mit "Communion - Messe des Grauens" sicher kein filmisches Meisterwerk, aber einen absolut sehenswerten Thriller kreiert, der teilweise auch Anlehnungen an den Slasher erkennen lässt. Sehenswert ist dieser Film allemal, auch wenn er auf manch einen im ersten Moment eventuell einen etwas eingestaubten Eindruck hinterlässt.
Fazit:
"Alice Sweet Alice" ist ein insgesamt gesehen sehr stimmiger Film, der durch seine hauptsächlich ruhige-und bedächtige Erzählweise eine hohe Intensität erzeugt und überraschenderweise mit diversen blutigen Passagen aufwartet. Im Mittelpunkt steht jedoch ganz eindeutig der Aspekt des subtilen Grauens, das hier phasenweise mit einer erschreckenden Vehemenz durchschlägt, die sich im Kopf des Betrachters festsetzt.
8/10
Re: Alice, Sweet Alice - Alfred Sole
Verfasst: Mo 10. Feb 2014, 17:27
von buxtebrawler
„Sie ist ein unheimliches Mädchen!“
US-Regisseur Alfred Sole drehte in seiner Karriere nur vier Filme. Er begann 1973 mit dem Porno „Deep Sleep“. 1976 folgte mit „Communion – Messe des Grauens“ in seiner Mischung aus Horror, Thriller und Mystery ein waschechter Prä-Slasher, bevor es 1980 mit „Tanya’s Island“ und 1982 mit der Horror-Parodie „Freitag, der 713.“ schon wieder zu Ende ging. Das ist schade, denn im Falle des vorliegenden Films lohnt sich das Hingucken zweimal.
Die kleine Karen (Brooke Shields, „Freaks“) wird kurz vor ihrer Kommunion, einem katholischen Ritus, in der Kirche ermordet. Der Verdacht fällt auf Karens Schwester, die zwölfjährige Alice (Paula E. Sheppard). Alice lebt bei ihrer geschiedenen Mutter und gilt als verhaltensauffällig bis bösartig. Zunächst kann ihr nichts nachgewiesen werden, doch nachdem auch ihre Tante einen Angriff fast mit ihrem Leben bezahlen musste, wird sie in eine psychiatrische Heilanstalt gebracht. Aber es geschehen weitere Morde. Wer steckt wirklich im gelben Regenmantel und schwingt das Messer?
„Irgendwann bring ich dich um, du Biest!“
„Communion – Messe des Grauens“ lässt sich nicht lange bitten und mordet die kleine Brooke Shields in ihrer zweiten Filmrolle bereits nach ca. zehn Minuten aus der Handlung. Der Mörder trägt einen gelben Regenmantel, wie auch Alice einen hat, und außerdem exakt die Maske auf dem Anlitz, die Alice zuvor trug. Nun ist Alice sicherlich kein kleiner Engel, sondern mit ihren Verhaltensstörungen eher das exakte Gegenteil ihrer allseits beliebten Schwester Karen – doch ist sie wirklich zu solchen Taten fähig? Diese Frage beschäftigt den Zuschauer eine ganze Weile, denn das Whodunit? des Films lockt möglicherweise auf eine falsche Fährte – möglicherweise aber auch nicht, gerade angesichts weiterer Spielfilme jenes Jahrzehnts um mörderische Kinder. Dabei setzen Sole und Drehbuchautorin Rosemarie Ritvo auf ein vordergründig spießbürgerliches, von der rückständischen Kirche und ihren Ansichten durchsetztes Umfeld, unter dessen Fassade es schon länger kräftig brodelt und gegen das Alice nach der Scheidung ihrer Eltern verständlicherweise rebelliert. Einiges wirkt dabei immer ein gutes Stück weit der Reali- und Normalität entrückt; mal offensiv in Form des fetten Nachbarn Mr. Alphonso (Alphonso DeNoble, „Bloodsucking Freaks“), einem Katzenliebhaber, der Alice zu nahe kommt, mal subtiler in Form von im Polizeibüro hängender Nacktbilder. Irgendwie passt dazu, dass die auch nach lediglich zwölf Jahren aussehende Sheppard kurioserweise bei den Dreharbeiten schon 19 Jahre alt gewesen soll. Viele Zooms auf Gesichter verringern die Distanz des Zuschauers zum Geschehen, der Zeuge eines Lügendetektortests wird, in dessen Rahmen Alice behauptet, Karen wäre mit dem Messer auf ihre Tante losgegangen, und damit verstärkt den Mystery-Anteil des Films prägt. Die Attacken des Mörders fallen durchaus unangenehm und brutal aus und fanden wohldosiert ihren Weg in „Communion – Messe des Grauens“. Der gruselige Soundtrack mit seinem Kindergesang erinnert bisweilen gar etwas an Dario Argentos „Suspiria“, der wohlgemerkt erst ein Jahr später erschien. Die Vergleiche mit „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ kommt nicht nur angesichts der Regenmäntel nicht von ungefähr, doch ist Soles Werk der bessere Film mit stimmigerer Geschichte.
Überraschend gibt Sole das Whodunit? bereits nach 70 Minuten auf und demaskiert den Mörder – was der Film unverhofft gut übersteht und ein starkes, fast schon hypnotisches Finale einläutet, das dann endgültig keinen Zweifel mehr daran lässt, dass es Sole und Ritvo auf religiösen Wahn abgesehen hatten. Das ist in beeindruckender Weise gelungen. „Communion – Messe des Grauens“ ist gut geschauspielert (Sheppard gibt souverän das undurchsichtige, garstige Gör, obwohl es sich anscheinend um ihr Debüt handelte und sie außer in „Liquid Sky“ anschließend nicht mehr vor die Kamera trat!), ungemütlich inszeniert, inspiriert von manch Genreklassiker und doch eigenständig und letztlich sicherlich einer der stärksten Vertreter des Prä-Slashers, bevor John Carpenter die Genreformel mittels „Halloween“ in Zelluloid goss. Das eine oder andere etwas bemüht wirkende Verwirrspiel und die technische Ungeschliffenheit, die ein Quasi-Debüt mit sich bringt, kosten einen halben Punkt, so dass faire 7,5 von 10 gelben Regenmänteln für Alice und ihre Familie bleiben.
Re: Alice, Sweet Alice - Alfred Sole
Verfasst: Mo 10. Feb 2014, 17:29
von horror1966
Mensch buxtschi, manchmal liegen unsere Geschmäcker gar nicht weit auseinander, ich bin positiv geschockt.
Re: Alice, Sweet Alice - Alfred Sole
Verfasst: Mo 10. Feb 2014, 17:38
von buxtebrawler
horror1966 hat geschrieben:Mensch buxtschi, manchmal liegen unsere Geschmäcker gar nicht weit auseunander, ich bin positiv geschockt.
Re: Alice, Sweet Alice - Alfred Sole
Verfasst: So 22. Jun 2014, 23:13
von Adalmar
Ein faszinierender Psychothriller, der durch die authentische Wirkung der heruntergekommenen Schauplätze enorm an Stimmung gewinnt. Unzweifelhafter Mittelpunkt zwischen allerhand schrägen Gestalten: Paula Sheppard als Alice, deren hasserfüllter Blick einem ganz schön Angst machen kann. Sehr empfehlenswerter Genrevertreter.
Re: Alice, Sweet Alice - Alfred Sole (1976)
Verfasst: Mo 9. Feb 2015, 09:11
von jogiwan
Am 27.02.2015 erscheint Alfred Soles "Communion - Messe der Angst" ungekürzt auf DVD. Auch wenn man es aufgrund des Covers nicht vermuten würde, der Streifen selbst ist ganz große Klasse und ein klasse Slasher!
hat geschrieben:
Alice und Karen sind zwei Schwestern, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Während die gehorsame und hübschere Karen stets von ihren Eltern bevorzugt wird, sieht sich die zwölfjährige Alice als das schwarze Schaf der Familie. Die Differenzen eskalieren, als Karen kurz vor ihrer Erstkommunion noch mehr Aufmerksamkeit zuteilwird als sonst. Dann geschieht das Unfassbare: Während der feierlichen Zeremonie wird Karen hinter der Kirche ermordet. Doch dies soll nur der erste in einer Reihe von Morden in der streng katholischen Gemeinde sein. Und alles deutet darauf, dass Alice die Schuldige ist...
quelle: schnittberichte
Re: Alice, Sweet Alice - Alfred Sole (1976)
Verfasst: Di 9. Jun 2015, 18:18
von sergio petroni
Ich hatte den mal vor Urzeiten auf VHS gesehen, die Erinnerung daran war mir aber
komplett abhanden gekommen.
Umso überraschter (im positiven Sinne) war ich nun bei der DVD-Sichtung des Streifens.
Den geneigten Fan erwartet eine tolle 70er-Atmosphäre, eine spannende und kompromißlose
Story mit Kirchenkritik an allen Ecken und Enden. Ich fühlte mich an "Wenn die Gondeln
Trauer tragen" (nicht nur wegen den Regenmänteln) und "Das Omen" (Alices böser Blick kann locker mit dem Damiens mithalten) erinnert und wurde sehr angenehm unterhalten.
Auch spart "Communion" nicht mit frech unappetitlichen Details wie zum Beispiel
die versiffte Hose des leicht übergewichtigen Vermieters. Auch gibt es eigentlich
keinen Hauptprotagonisten bzw. wechselt dieser/diese im Laufe des Films.
Auch die Tatsache, daß Paula E. Sheppard, die Darstellerin der angeblich zwölfjährigen Alice,
tatsächlich neunzehn Jahre alt war, kam für mich im Nachhinein sehr überraschend.
Ebenfalls interessant, daß Brooke Shields als Alices Schwester hier ihre erste Rolle spielt.
Schade, daß Alfred Sole nicht mehr Werke gedreht hat.
7,5/10