The Innkeepers - Hotel des Schreckens - Ti West

Moderator: jogiwan

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horror1966
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The Innkeepers - Hotel des Schreckens - Ti West

Beitrag von horror1966 »

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The Innkeepers - Hotel des Schreckens
(The Innkeepers)
mit Sara Paxton, Pat Healy, Alison Bartlett, Jake Ryan, Kelly McGillis, Lena Dunham, George Riddle, Brenda Cooney, John Speredakos, Sean Reid, Kurt Venghaus, Thomas Mahoney, Michael Martin
Regie: Ti West
Drehbuch: Ti West
Kamera: Eliot Rockett
Musik: Jeff Grace
keine Jugendfreigabe
USA / 2011

Am letzten Wochenende, bevor das Yankee Pedlar Inn geschlossen werden soll, beschließen die Angestellten Claire und Luke, Beweise für einen angeblichen Geisterspuk zu finden. Dabei lernen die Spätzwanziger einen der letzten Gäste des Hotels kennen, die in die Jahre gekommene Fernsehschauspielerin Leanne Rease-Jones, die offenbar das zweite Gesicht besitzt und dem Paar bereitwillig bei seinen Recherchen hilft. Mehr und mehr stellt sich heraus, dass Leanne über mehr verfügt als nur telepathische Fähigkeiten.


Gruselfilme mit der Haunted House Thematik gibt es wie Sand am Meer und so sollte man auch beim neuesten Werk von Ti West (The House of the Devil) keinesfalls erwarten, das man hier das Rad neu erfindet. Doch was der Regisseur hier auf die Beine gestellt hat, ist so ziemlich das Beste, was das Sub-Genre in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Dabei beginnt die Geschichte im Prinzip eher etwas belanglos und in den ersten gut 30 Minuten überkommt einen nicht unbedingt das Gefühl, das einen ein echter Grusler erwartet. Eine dezente Einführung der Charaktere und 2-3 kleine Schockmomente die aber nichts mit dem später aufkommenden Horror zu tun haben sorgen nicht gerade für eine hohe Erwartungshaltung beim Zuschauer. Und ehrlich gesagt ist das auch gut so, denn West versucht wohl vollkommen beabsichtigt einen etwas einzuschläfern, damit das Szenario danach seine volle Wirkung entfachen kann.

Genau dieser Fall tritt dann auch ein, denn nach der eher banalen Einführung in das Geschehen entfaltet sich immer mehr der subtile und unterschwellig auftretende Horror, der einmal mehr mit minimalstem Einsatz erzeugt wird, aber eine maximale Wirkung hinterlässt. Hat man schon während der Einführungs-Phase trotz mangelnder Ereignisse deutlich gespürt das etwas sehr Unheilvolles in der Luft liegt, so geht "The Innkeepers" nun so richtig in die Vollen. Ein herausragender dramaturgischer Spannungsaufbau und eine stetig dichter werdende Grundstimmung sorgen für das perfekte Grusel-Erlebnis, das einem immer mehr unter die haut kriecht und für so manche Gänsehaut Sorge trägt. Ob man es will oder nicht, man erliegt fast automatisch der von den Ereignissen ausgehenden Faszination und kann dabei nicht leugnen, das man phasenweise selbst ein Teil der Geschichte wird. Gezielt eingesetzte Schockmomente und herrlich bedrohliche Passagen erzeugen ein Gefühl, als wenn man selbst den Geheimnissen des alten Hotels auf den Grund gehen würde.

Wie schon bei "The House of the Devil" stellt Ti West einmal mehr unter Beweis, das man nicht immer Härte oder ein Effekt-Gewitter benötigt, um den Betrachter in einen wahren Bann zu ziehen. Die einfachsten Zutaten sind hier vollkommen ausreichend, um einen in den sogartigen Strudel der Ereignisse zu ziehen, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt. Enorm wichtig für die Intensität des Geschehens sind jedoch auch die darstellerischen Leistungen und besonders die junge Sara Paxton in der Rolle der Claire liefert hier eine nahezu brillante Performance ab. Aber auch die in die Jahre gekommene Kelly McGillis kann mit einer überzeugenden Leistung aufwarten, so das sich einem authentische-und sehr glaubwürdige Leistungen offenbaren, die das von Haus aus schon gute Gesamtbild noch einmal zusätzlich aufwerten. West hat hier wirklich wieder eine echte Grusel-Granate auf den Weg gebracht die alles beinhaltet, was Filme dieser Art so absolut sehenswert macht.

Letztendlich ist die hohe Alterseinstufung für manch einen eventuell etwas irreführend, denn nicht wenige werden sicherlich einen harten Horrorfilm erwarten. Mit dieser Erwartungshaltung wäre man aber auf dem vollkommen falschen Dampfer, denn sonderliche Brutalitäten sind absolute Mangelware. Gorehounds werden also nicht auf ihre Kosten kommen, dafür dürften jedoch die Freunde des Haunted House Horrors regelrecht begeistert sein. "The Innkeepers" braucht sich meiner persönlichen Meinung nach auch hinter Klassikern des Genres nicht zu verstecken und wer ein Faible für den Gruselfilm hat, sollte sich dieses grandiose Werk auf keinen Fall durch die Lappen gehen lassen.


Fazit:


Schon "The House of the Devil" hat mir sehr gut gefallen und mit seinem neuesten Werk knüpft Ti West nahtlos an dessen Klasse und Niveau an. Ein Film-Erlebnis, das eine ungeheure Intensität entfacht und das man sich am besten in der Nacht anschauen sollte, da die herausragende Atmosphäre dann noch weitaus besser zur Geltung kommt.


8,5/10
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Onkel Joe
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Re: The Innkeepers - Hotel des Schreckens - Ti West

Beitrag von Onkel Joe »

Der FSK18 flatschen soll ja ein Witz sein aber der Film soll ja die Old School Horror schiene fahren und recht gut sein.Der könnte was taugen denke ich und wandert in meinen Einkaufskorb.
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horror1966
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Re: The Innkeepers - Hotel des Schreckens - Ti West

Beitrag von horror1966 »

Lohnt sich auf jeden Fall, da kann man nichts falsch machen, wenn man auf Gruselfilme steht.
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jogiwan
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Re: The Innkeepers - Hotel des Schreckens - Ti West

Beitrag von jogiwan »

Hmmm... gar so begeistern kommte mich der Film ja nicht und obwohl er oldskoolig sein möchte und sich sehr eindeutig bei "Shining" abkupfert, setzt Ti Wests Streifen wenig auf Atmosphäre, sondern ausschließlich (!) auf sogenannte Jump-Scares, die teils elend lang hinausgezögert werden und mir mit zunehmender Laufzeit doch etwas auf die Nerven ging. Die Geschichte und ist doch sehr lahm, die Location wenig atmosphärisch und seine wenigen Figure teils seltsam gezeichnet und so kommt das Teil auch einfach nie so richtig in die Puschen. Da ein ungeklärtes Geräusch, da eine kurze Geistererscheinung, sind auch ein bissl wenig für einen Streifen, der wohl ebenfalls auf ungeklärte Weise zu seiner 18er-Freigabe gekommen ist. "The Innkeepers" ist sehr durchschnittliche (Nicht-)Gruselkost und erinnert an Mystery-Serien aus den Neunzigern und hält wohl auch ungefähr deren Niveau.
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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Arkadin
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Re: The Innkeepers - Hotel des Schreckens - Ti West

Beitrag von Arkadin »

Interessant. Hier sind jogi und ich mal ganz gegensätzlicher Meinung.

Es ist das letzte Wochenende im “Yankee Pedlar Inn”, danach soll das alte Hotel für immer geschlossen werden. Claire und Luke schieben Dienst an der Rezeption. Da außer ihnen nur noch drei weitere Gäste im Hotel wohnen, haben sie viel Zeit, um sich mit der Geschichte des Hotels, und die der unglücklichen Madeline O’Malley zu beschäftigen, die sich hier einst umbrachte und bis heute in dem Gebäude umherspuken soll. Die beiden Möchtegern-Geisterjäger machen sich auf die Suche nach dem Geist und das ist keine gute Idee…

Nach seinem dritten Spielfilm “House of the Devil” von 2009 wurde Ti West schon vielerorts als neue Hoffnung des Horrorfilms gefeiert. Bisher war es mir noch nicht vergönnt, dieses Werk zu sichten. Dafür habe ich Ti Wests Episode aus dem ansonsten empfehlenswerten “V/H/S” (Rezension hier) gesehen, die mich ganz und gar nicht vom Hocker gerissen hat. Daher war ich besonders neugierig, was mich bei “The Innkeepers” erwartet. Wer aufgrund der markigen Werbesprüche auf dem Cover, und vor allem dem dicken “FSK 18″-Siegel, beinharten Splatter erwartet, ist hier vollkommen verkehrt. Was das “FSK 18″-Siegel soll, will sich mir nicht erschließen. Ich vermute einmal, dass dieses von Sunfilm beantragt wurde, um genau diese falschen Erwartungen beim Zielpublikum zu schüren. Soviel aber vorweg: Blut gibt es hier (bis auf eine Szene, in der die blutigen Folgen eines Selbstmordes gezeigt werden) keines. Auch auf billige “jump scares” wird dankenswerterweise überwiegend verzichtet. Zwar kommt einmal ein solcher heftiger “Erschrecker-Effekt” vor, aber dies auf ironische und selbstreflektive Weise. Worauf West sich bei den “Innkeepers” konzentriert, sind Charakterzeichnungen und die Erschaffung eine kreuzunheimlichen Stimmung, die er durchaus ernst nimmt.

Das größte Pfund, mit dem “The Innkeepers” wuchern kann, sind seine beiden Hauptfiguren. Insbesondere die von der jungen Sara Paxton unglaublich natürlich und erfrischend gespielte Claire. Schon nach kürzester Zeit schafft es diese liebenswert-chaotische Person, das Herz der Zuschauer zu erobern. Hier sitzt jede kleine Geste, jeder Satz. Dabei macht Regisseur und Drehbuchautor West auch nicht den Fehler, Claire lediglich als zuckersüß hinzustellen. Das würde schnell langweilig. Nein, Claire hat auch ihre launischen Seiten, was dem Charakter eine willkommene Komplexität gibt. Ihr zur Seite steht Pat Healy als Luke, der einen sarkastisch-gelangweilten Slacker gibt. Nie um einen scharfen Kommentar verlegen, und somit ein idealer Sparringspartner für Claire, die auch nicht auf den Mund gefallen ist.

Die ganze erste Hälfte lebt vor allem aus den Wortgefechten und Interaktionen zwischen den Beiden. In einer Szene versucht Claire verzweifelt, einen triefenden Müllsack in einen Container zu hieven, ohne sich dabei dreckig zu machen. Dies ist eine der schönsten und liebenswertesten Szenen, die ich seit Langem sah. Danach möchte man Sara Paxton eigentlich nur noch in den Arm nehmen. Der Film bekommt dabei zwar eine humorige Schlagseite, vernachlässigt das unheimliche Element aber nicht. Der spritzige Wortwitz steht immer noch im Kontext einer bedrückenden Stimmung im Hotel und der Gegenwart des Übernatürlichen, von dem man nicht weiß, ob es gut oder böse ist. Nebenfiguren gibt es kaum. Allein eine nervige Angestellte im Coffeeshop nebenan, eine Mutter mit Kind, ein mysteriöser alter Herr und dann natürlich Kelly McGillis als alte Schauspielerin und Medium. Dass es sich tatsächlich um Kelly McGillis handelt, erkennt man allerdings erst auf dem zweiten Blick. Ich denke, das letzte Mal habe ich McGillis in “Angeklagt” gesehen. Im Gedächtnis habe ich sie vor allem als Geliebte von “Maverick” Tom Cruise in “Top Gun” (auch schon wieder fast 30 Jahre her). Hier nun tritt sie deutlich gealtert mit kurzen, grauen Haaren auf. Dass sie mittlerweile 56 ist, wird sympathischerweise nicht kaschiert und kommt auch ihrer Rolle als alkoholkrankem Ex-Star mit Hang zum Esoterischen zugute.

Eine wichtige Rolle spielt auch das Hotel, das “Yankee Pedlar Inn”, welches tatsächlich in Torrington, Connecticut steht und in dem es wirklich spuken soll. Zumindest wurde dies Ti West und seinen Mitarbeitern so erzählt, als sie während der Dreharbeiten zu „House of the Devil“ dort übernachteten. Daraus entstand dann die Idee zu „The Innkeepers“. Sein heruntergekommener Charme, die leeren Hotelflure und deren zum Teil klaustrophische Enge, werden von der Kamera in langen Fahrten, die an Kubricks “The Shining” erinnern, festgehalten. Die Kellerräume unter dem Hotel wiederum erinnern an andere Haunted House-Klassiker, z.B. an Fulcis “Das Haus an der Friedhofsmauer“. Ti West versteht es außerordentlich gut, die merkwürdige Atmosphäre dieses Gebäudes einzufangen und den Zuschauer in eine permanente Spannung zu versetzen. Man spürt deutlich, dass es dort irgendetwas gibt, von dem wir noch nicht wissen, was es ist und wie es sich manifestieren wird. Dabei besinnt er sich auf alte Tugenden des Gruselkinos. Er zeigt wenig, das meiste spielt sich im Kopf des Zuschauers ab. Auch wenn er zum Ende hin die Schraube immer fester anzieht, hütet er sich doch davor, zu platt und offensichtlich zu werden. In einer der unheimlichsten Szenen z.B. zeigt er nichts weiter, als das Gesicht einer immer mehr in Panik geratenen Person, während eine andere beschreibt, was jenseits des Kamerafeldes zu sehen sein soll.

Für einige Zuschauer wird West dieses Spiel sicherlich zu weit treiben. Im Internet teilen sich die Meinungen über den Film. Insbesondere das Ende erfährt viel wütende Kritik. Doch entgegen dem ersten Eindruck, macht dieser Schluss sehr viel Sinn und eine zweite Sichtung des Filmes wird offenlegen, wie viel kleine Hinweise Ti West in seinem Film versteckt hat, die zusammen den Schlüssel zu seinem Verständnis bilden. Und West hält auch konsequent das durch, was er den ganzen Film über betreibt: Das Unterlaufen jeglicher Erwartungen an bekannte Konventionen. Zwei Szenen dürften “The Innkeepers” am besten beschreiben. Einmal ein “internet scare” ganz am Anfang, bei dem man alles andere erwartet, nur nicht das, was man zu sehen bekommt. Und dann die letzte Einstellung, die dies noch einmal spiegelt. Hier erwartet man gebangt den großen Schocker, der aber ausbleibt. Stattdessen zeigt einem West ganz subtil etwas anderes, was aber vielen, die auf den großen Schlussknall warten, entgehen wird.

“The Innkeepers” hält vornehmlich in der ersten Hälfte gekonnt die Waage zwischen pointierter Personenbeschreibung und sanftem Grusel. Dabei wird das Unheimliche nie zugunsten des Humors vernachlässigt. “The Innkeepers” ist somit keine Horror-Komödie, sondern ein effektiver Horrorfilm mit humorvollen Protagonisten. Insbesondere Sara Paxton zeigt als Claire eine vorzüglich erfrischende Darstellung. Das Finale mag zwar nicht den Geschmack jedes Zuschauers treffen, ist aber ebenso intelligent, wie konsequent und lädt zum abermaligen Schauen ein, um all die subtilen Andeutungen mitzubekommen.

Das Bild der DVD ist recht ansprechend und der Ton gelungen. Die deutsche Synchro ist okay, auch wenn ich den Originalton jederzeit vorziehen würde. Das mit großer FSK18-Plakete und Werbung verunzierte Cover kann umgedreht werden und auf der Rückseite befindet sich eine „bereinigte“ Version. Als Extra gibt es ein 7-minütiges „Behind the scenes“ mit ein paar Szenen vom Dreh und Interviews.

Screenshots: http://www.filmforum-bremen.de/2013/02/ ... nnkeepers/
Früher war mehr Lametta
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sergio petroni
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Re: The Innkeepers - Hotel des Schreckens - Ti West

Beitrag von sergio petroni »

"The Innkeepers" ist für mich ein gediegener Gruselstreifen, der die Konventionen
des Genres voll und ganz einhält. Viele Motive und Handlungsabläufe kommen
einem bekannt vor. Wem "Landhaus der toten Seelen" gefallen hat, kann
bei diesem Film gar nichts falsch machen.
Souveräne Kameraarbeit und überzeugende Darsteller sorgen für einen
gelungenen Fernsehabend; am besten bei gedimmter Beleuchtung!
6,5/10
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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