Lady Snowblood - Toshiya Fujita (1973)

Moderator: jogiwan

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Lady Snowblood - Toshiya Fujita (1973)

Beitrag von buxtebrawler »

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Originaltitel: Shurayuki-hime

Herstellungsland: Japan / 1973

Regie: Toshiya Fujita

Darsteller: Meiko Kaji, Toshio Kurosawa, Masaaki Daimon, Miyoko Akaza, Shin'ichi Uchida, Takeo Chii, Noboru Nakaya, Yoshiko Nakada, Akemi Negishi, Kaoru Kusuda, Sanae Nakahara, Hosei Komatsu u. A.
Yuki (Meiko Kaji) kennt nur eines: Töten! Nachdem ihre Mutter einst von sadistischen Ganoven misshandelt wurde, soll sie für Vergeltung sorgen. Von Kindesbeinen auf wird Yuki zur tödlichen Killermaschine ausgebildet, und in ihrem Herzen lodert das Verlangen nach blutiger Rache an den Peinigern ihrer Mutter...
Quelle: www.ofdb.de
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Lady Snowblood - Toshiya Fujita (1973)

Beitrag von buxtebrawler »

„Ein Kind der Vergeltung.“

„Lady Snowblood“ von Regisseur Toshiya Fujita ist ein japanisches Samurai-Rache-Drama aus dem Jahre 1973, basierend auf dem Manga des japanischen Autoren Kazuo Koike und des Zeichners Kazuo Kamimura aus den Jahren 1972 und 1973. Der Film diente US-Filmemacher Quentin Tarantino als Inspiration zu „Kill Bill“.

Die junge Frau Saro musste mit ansehen, wie ihr Ehemann, ein Lehrer, bezichtigt wurde, ein Abgesandter der japanischen Regierung zu sein und ebenso wie kaltblütig wie brutal umgebracht wurde. Daraufhin musste sie eine dreitägige Tortur aus Folter und Vergewaltigung über sich ergehen lassen. Aus Rache tötete sie einen ihrer Peiniger, woraufhin sie verurteilt und ins Gefängnis gesteckt wurde. Dort wird sie schwanger und bringt ihre Tochter Yuki Kashime (Meiko Kaji) zur Welt, die ihr Leben einzig der Vergeltung für ihre tote Familie widmen soll. Saro stirbt unmittelbar nach der Geburt, doch Yuki wird von einem Priester zu einer perfekten Schwertkämpferin ausgebildet. Eines Tages ist Yuki bereit und auf der Suche nach den drei verbliebenen Mördern…

Vor dem realen historischen Hintergrund der Meiji-Zeit des 19. Jahrhunderts, in der sich Japan westlichen Staaten und Mächten öffnete, Neuerungen wie die Wehrpflicht einführte und dadurch auch Schusswaffen Einzug ins Land hielten, während japanische Traditionen an Bedeutung verloren, wird eine Geschichte angesiedelt, die in Verkörperung Yukis einen emanzipatorischen, kämpferischen, starken Charakter im Samurai-Film etabliert, wie er seinerzeit ein Novum gewesen sein dürfte. Schauspielerin Meiko Kaji spielte vorher bereits die Hauptrolle in der Gefängnisfilmreihe „Sasori“ und verdingte sich außerdem als Sängerin; so sang sie das Titellied selbst ein. Fujita unterteilt seinen Film in vier Kapitel und arbeitet viel mit stark symbolischer Farbgebung. Yuki ist blass geschminkt, trägt weiße Kleidung, bei ihrer Geburt fallen Schneeflocken vom Himmel. Weiß steht in Japan für den Tod. Trotz der stringenten Kapitelunterteilung ist die Erzählweise verschachtelt, spielt auf unterschiedlichen Zeitebenen. Damit arbeitet Fujita nicht zuletzt sicherlich auch, um die Spannung der prinzipiell recht geradlinigen Geschichte dauerhaft aufrecht zu erhalten. Nach und nach erfährt der Zuschauer die Hintergründe von Yukis Geburt und dem Schicksal ihrer Mutter sowie deren Ehemann. Die Konzentration, die der Zuschauer aufbringen muss, um den Überblick über die unterschiedlichen Zeiträume zu behalten, wird mit einem Mehr an Information und Verständnis belohnt. Kommentiert wird das Geschehen von einem Sprecher aus dem Off, der sich später als der Autor Ryuurei Ashio (Toshio Kurosawa) herausstellt, welcher von Yuki und ihrer Biographie fasziniert ist und sie persönlich kennenlernt.

Die Kommentare, die Symbolhaftigkeit vieler Szenen und die Titelgebung der Kapitel versehen den nicht sonderlich lebensbejahenden Film mit einer Menge Pathos. Die künstlerischen Bilder finden ihre Entladung in überaus expliziten, derben Splatterszenen, die bereits zu einem frühen Zeitpunkt Verwendung finden, jedoch unheimlich unrealistisch ausfallen. Da spritzt das hellrote Blut in Fontänen, als bestünde der menschliche Körper aus unter unglaublichem Druck stehenden Schläuchen – oder als hätte man die Sepzialeffekttechnik nicht richtig unter Kontrolle. Der ansonsten in so bedächtigem und ehrfurchtsvollem Schneckentempo erzählte Film bekommt in diesen Szenen den Charakter kruder Exploitation und verliert jegliche Schöngeistigkeit. All dies sind jedoch lediglich Stationen zu einer nach ca. 75 Minuten einsetzenden überraschenden Wendung und zu einem krassen Showdown während eines modernistischen, westlichen Maskenballs, der perfekte Kulisse für den Kulturschock-Subtext des Films ist. Tradition trifft auf Moderne, Yuki auf Europäer, ein unnachgiebig und aufopferungsvoll verfolgtes Ziel auf Dekadenz und Beliebigkeit – und das Samuraischwert auf Schusswaffen. Während des Finales wird erneut mit starker Symbolträchtigkeit gearbeitet, bis die tragische Geschichte eines Lebens der Selbstaufgabe ihr Ende findet.

In Zusammenhang mit seiner visuellen Pracht und seiner schönen Musik sowie den sich ins Konzept einordnenden Schauspielern, von denen sich insbesondere Kaji als unscheinbarer, beinahe zerbrechlich wirkender, dafür umso konsequenterer Racheengel durch ihr Spiel unterdrückter Emotion einhergehend mit dennoch stets spürbarer Traurigkeit hervortut, ist „Lady Snowblood“ ein ästhetisch hochinteressantes Werk, das dem Publikum sogar einen Einblick in die japanische Geschichte gewährt. Es offenbart aber auch Schwächen, wenn es droht, im eigenen bedeutungsschwangeren Pathos zu ersticken und lässt viele Tötungsszenen, die Höhepunkt eines jeden Filmabschnitts sind, durch den übertriebenen Einsatz exploitativer Spezialeffekte unfreiwillig komisch wirken, beraubt sie dadurch ihrer Kraft. Meinen Hut aber ziehe ich vor davor, dass man der Versuchung widerstand, den emanzipatorischen Aspekt des Films durch selbstzweckhafte Nacktszenen o.ä. ad absurdum zu führen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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karlAbundzu
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Re: Lady Snowblood - Toshiya Fujita (1973)

Beitrag von karlAbundzu »

Super Kritik, Bux :thup:
ich hab den Film nun wohl auch schon viermal gesehen, vhy, dvd, vox und Kino (das war sozusagen die Nullnummer von weird xperience) und sowohl die Ästhtetik als auch dieses überirdische Spiel der Hauptdarstellerin haben mich umgehauen.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Blap
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Re: Lady Snowblood - Toshiya Fujita (1973)

Beitrag von Blap »

buxtebrawler hat geschrieben: Es offenbart aber auch Schwächen, wenn es droht, im eigenen bedeutungsschwangeren Pathos zu ersticken und lässt viele Tötungsszenen, die Höhepunkt eines jeden Filmabschnitts sind, durch den übertriebenen Einsatz exploitativer Spezialeffekte unfreiwillig komisch wirken, beraubt sie dadurch ihrer Kraft.
Einspruch. IMHO sprechen diese Momente für eine Nähe zum japanischen Theater, wie auch die sehr symbolträchtigen Szenen, z. B. die in den Abgrund gerissene Flagge Japans etc.. So auch die übertriebenen Blutfontänen, die dennoch nichts mit üblichem Gesplatter gemein haben, Gewaltdarstellungen haben in Japan eine andere Tradition. Daher musste man "selbstzweckhaften Nacktszenen" wohl auch nicht widerstehen, sie waren sicher kein Thema bei der Produktion des Werkes. Was sich für uns pathetisch anfühlt, spiegelt vermutlich die japanische Seele wider, untermauert unser Unverständnis für fremde Kulturen.

Für mich einer der schönsten und schlüssigsten Filme überhaupt. Weniger als 10/10 sind undenkbar!
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Adalmar
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Re: Lady Snowblood - Toshiya Fujita (1973)

Beitrag von Adalmar »

Shurayukihime ist nicht nur wunderschön (ich bin ein Riesenfan von Meiko Kaji - auch als Sängerin), sondern auch durch und durch artifiziell, da müssen ja nun nicht gerade die Blutungen realistisch sein. Abgesehen davon glaube ich, dass Blut schon ganz schön spritzen kann, es heißt ja nicht umsonst Blutdruck und ich habe derartige Sachen auch schon von Leuten gehört, die im medizinischen Bereich zu tun hatten.
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Blap
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Re: Lady Snowblood - Toshiya Fujita (1973)

Beitrag von Blap »

Ja, Meiko ist wundervoll. Der zweite Lady Snowblood kann zwar nicht die Klasse halten, gefällt mir dennoch sehr gut. Nicht zu vergessen die Sasori Vorschlaghämmer, die Box lächelt mich gerade aus dem Regal an.
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Re: Lady Snowblood - Toshiya Fujita (1973)

Beitrag von buxtebrawler »

Blap hat geschrieben:Einspruch. IMHO sprechen diese Momente für eine Nähe zum japanischen Theater, wie auch die sehr symbolträchtigen Szenen, z. B. die in den Abgrund gerissene Flagge Japans etc.. So auch die übertriebenen Blutfontänen, die dennoch nichts mit üblichem Gesplatter gemein haben, Gewaltdarstellungen haben in Japan eine andere Tradition. Daher musste man "selbstzweckhaften Nacktszenen" wohl auch nicht widerstehen, sie waren sicher kein Thema bei der Produktion des Werkes. Was sich für uns pathetisch anfühlt, spiegelt vermutlich die japanische Seele wider, untermauert unser Unverständnis für fremde Kulturen.
Ja, die Symbolträchtigkeit ist mir aufgefallen und hab ich ja auch erwähnt; von japanischem Theater, der anderen Tradition von Gewaltdarstellungen etc. hab ich aber keinen Schimmer, insofern interessanter Einwand.
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Re: Lady Snowblood - Toshiya Fujita (1973)

Beitrag von buxtebrawler »

Adalmar hat geschrieben:Abgesehen davon glaube ich, dass Blut schon ganz schön spritzen kann, es heißt ja nicht umsonst Blutdruck und ich habe derartige Sachen auch schon von Leuten gehört, die im medizinischen Bereich zu tun hatten.
Na klar, aber doch nicht so - ich bitte dich ;)
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Re: Lady Snowblood - Toshiya Fujita (1973)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 09.10.2015 bei Rapid Eye Movies auf Blu-ray:

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Asa Vajda
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Re: Lady Snowblood - Toshiya Fujita (1973)

Beitrag von Asa Vajda »

Endlich! :thup: Warte schon lange auf ein Update. Danke für die Info.
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