Mercenario - Sergio Corbucci (1968)
Verfasst: Sa 27. Feb 2010, 00:16
Mercenario - Der Gefürchtete (Italien, Spanien 1968, Originaltitel: Il Mercenario)
Der Mexikaner Paco (Tony Musante) und seine Kumpanen haben es satt. Sie werden in einer Mine ausgebeutet und proben den Aufstand. Natürlich geht die Sache gewaltig in die Hose und Paco soll gekillt werden. Er kann gerade noch rechtzeitig entkommen, hat aber nun Häscher an den Hacken kleben. Kowalski (Franco Nero) wird respektvoll "Der Pole" genannt. Er stellt seinen Verstand und seinen Colt dem zu Verfügung, der ihn am besten bezahlt. Als Paco und Kowalski aufeinandertreffen, hat der Söldner gerade seinen Auftraggeber verloren. Kurzerhand greift er Paco und dessen Leuten unter die Arme, selbstverständlich nur gegen gute Bezahlung. Das gemeine Volk kürt Paco nach und nach zu einem Hoffungsträger, woran dieser mehr und mehr Gefallen findet. Er begreift recht schnell, dass Kowalski ihn zwar viel Zaster kostet, seine Dienste aber sehr wertvoll sind, denn der kühle, vortreffliche Verstand des Söldners ist ohne Konkurrenz. Während dem Duo auch der fiese Sadist Ricciolo (Jack Palance) auf den Fersen ist, kommen sich Paco und Kowalski ein wenig näher, doch der Söldner kennt keine Freundschaft, ergo entzweit man sich bald wieder...
Sergio Corbucci erschuf mit "Django" (1966) und "Leichen pflastern seinen Weg" (Il grande silenzio, 1968) zweifellos zwei der grössten und wichtigsten Klassiker des Italo Western. Als seine dritte Großtat wird allgemein "Mercenario" betrachtet, der kurz nach "Leichen..." entstand. Franco Nero spielte schon in "Django" erstklassig auf, in "Mercenario" zeigt er sich schauspielerisch weiter gereift, kann noch mehr Klasse und Charakter in die Waagschale werfen. Tony Musante hat erwartungsgemäß keinen leichten Stand, vor allem weil auch noch Jack Palance ab und an durchs Szenario poltert. Musante löst die schwere Aufgabe aber durchaus überzeugend. Palance gibt natürlich einen Bösewicht, dabei steht ihm Eduardo Fajardo zur Seite. Für das Auge bietet Giovanna Ralli erfreuliches, die hier mehr als nur ein armes, kleines Weiblein spielen darf, im doppelten Sinn sehr schön. Frau Ralli ist mir besonders aus Massimo Dallamanos "Der Tod trägt schwarzes Leder" (1974) in bester Erinnerung, dort spielte sie eine aufrechte, engagierte Staatsanwältin. Generell machen alle Schauspieler ihren Job sehr gut, in dieser Hinsicht ist "Mercenario" ein Volltreffer. Lediglich Jack Palance hätte ich ein wenig mehr Raum zur Entfaltung gewünscht, seine fiese Fratze ist einfach ein (Alb)traum der besten Sorte.
Nun kann man sicher jede Menge politische Anspielungen und Systemkritik in dem Film lesen. Die späten sechziger Jahre waren -in jeder Hinsicht- eine wilde Zeit, was sich selbstverständlich auch in der Filmkunst ausführlich und mit allem Nachdruck bemerkbar machte. Der "Kleine Mann" wird unterdrückt und begehrt auf, doch: "Die Reichen sind nie am Arsch" (Zitat aus "Mercenario"). Der Film zeigt die Wandlung der Hauptfiguren auf, ihre Siege und ihr Scheitern. Doch wenn sich dieser Film zu den Grössten seines Genres zählen möchte, dann muss er sich auch mit den Platzhirschen messen können. In der Disziplin "Revolutions-Western" gefällt mir "Töte Amigo" (¿Quien sabe? (1967) etwas besser, denn dort wird der Stoff konsequenter umgesetzt, und Mit Gian Maria Volonté ist ein unfassbar guter Hauptdarsteller am Werk. Das finale Duell in "Mercenario" erinnert in seiner Konstellation an "Für ein paar Dollar mehr" und "Zwei glorreiche Halunken", von denen ich "Für ein paar Dollar mehr" bevorzuge. Das Finale von "Für ein paar Dollar mehr" ist für mich DIE Referenz in Punkto "dramatische Duelle wichtiger Charaktere gegen Ende des Films", an Dramatik, kunstvoller Inszenierung und Göttlichkeit nicht zu überbieten. Diese überragende Qualität hat "Mercenario" einfach nicht! Geht es um die Entwicklung/Wandlung der Hauptfiguren, bleibt für mich Sollimas "Von Angesicht zu Angesicht" (Faccia a faccia, 1967) der Überflieger. Auch im Vergleich mit anderen Werken Corbuccis, kann sich der Streifen nicht gegen seinen "grossen Bruder" namens "Leichen pflastern seinen Weg" durchsetzen. Sicher, "Mercenario" bietet immer wieder feinen Humor und treffenden Zynismus, doch die bösartige Bitterkeit von "Leichen pflastern seinen Weg" erreicht der Film zu keiner Zeit. Keine einzige Szene von "Mercenario" kann in ihrer Intensität mit dem Hammerschlag "Leichen..." mithalten. Das Ende von "Mercenario" kommt versöhnlich, fast weichgespült daher, während sich die Boshaftigkeit von "Leichen..." mit allem Nachdruck durch die Eingeweide des Zuschauers wühlt, sich wie ein räudiges Kampfschwein im Nacken des gepeinigten Betrachters verbeisst.
Für mich ist "Mercenario" ein guter, vielleicht sogar sehr guter Vetreter seiner Zunft. Ein Film, den sich kein Fan des Genres entgehen lassen darf, für höchste Weihen reicht es dann aber leider doch nicht. Koch Media hat dem Film eine schöne Veröffentlichung gegönnt, die den Fan gewissermaßen zum Kauf nötigt! Das Bild hinterlässt teils einen etwas zu "weichen" Eindruck, während man kaum Kratzer und Verunreinigungen feststellen kann. Ich weiss nicht wie es um die Vorlage bestellt war, mir wäre allerdings ein Bild mit mehr Schärfe lieber, dafür würde ich Kratzer etc. gern in Kauf nehmen. Da auch das Filmkorn weitgehend abwesend bleibt, scheint mir hier zu sehr mit Filtern gearbeitet worden zu sein. Da man bei Koch aber mit Filmen umzugehen weiss -wie viele andere Veröffentlichungen unter Beweis gestellt haben- vermute ich die Ursache beim verwendeten Ausgangsmaterial. "Schlecht" ist das Bild keinesfalls, nur die "Form" gefällt mir persönlich nicht ganz so gut. Das Set ist ansonsten sehr gut geworden, ein dickes Digipak steckt in einem Schuber, ein Booklet liegt bei, im Bonusmaterial findet man eine über 40 Minuten dauernde Featurette, sowie ein paar nette Kleinigkeiten wie Trailer. Daher gibt es für diese Veröffentlichung eine klare Kaufempfehlung, eine schmerzhaft klaffende Lücke wurde mit dieser DVD zu "Mercenario" geschlossen!
Ein guter bis sehr guter Italo Western = 7,5/10 (Tendenz weist leicht nach oben).
Lieblingszitat:
"Dieses Tal wimmelt von Geiern. Wie lange die armen Tiere wohl nichts mehr gefressen haben?"
Der Mexikaner Paco (Tony Musante) und seine Kumpanen haben es satt. Sie werden in einer Mine ausgebeutet und proben den Aufstand. Natürlich geht die Sache gewaltig in die Hose und Paco soll gekillt werden. Er kann gerade noch rechtzeitig entkommen, hat aber nun Häscher an den Hacken kleben. Kowalski (Franco Nero) wird respektvoll "Der Pole" genannt. Er stellt seinen Verstand und seinen Colt dem zu Verfügung, der ihn am besten bezahlt. Als Paco und Kowalski aufeinandertreffen, hat der Söldner gerade seinen Auftraggeber verloren. Kurzerhand greift er Paco und dessen Leuten unter die Arme, selbstverständlich nur gegen gute Bezahlung. Das gemeine Volk kürt Paco nach und nach zu einem Hoffungsträger, woran dieser mehr und mehr Gefallen findet. Er begreift recht schnell, dass Kowalski ihn zwar viel Zaster kostet, seine Dienste aber sehr wertvoll sind, denn der kühle, vortreffliche Verstand des Söldners ist ohne Konkurrenz. Während dem Duo auch der fiese Sadist Ricciolo (Jack Palance) auf den Fersen ist, kommen sich Paco und Kowalski ein wenig näher, doch der Söldner kennt keine Freundschaft, ergo entzweit man sich bald wieder...
Sergio Corbucci erschuf mit "Django" (1966) und "Leichen pflastern seinen Weg" (Il grande silenzio, 1968) zweifellos zwei der grössten und wichtigsten Klassiker des Italo Western. Als seine dritte Großtat wird allgemein "Mercenario" betrachtet, der kurz nach "Leichen..." entstand. Franco Nero spielte schon in "Django" erstklassig auf, in "Mercenario" zeigt er sich schauspielerisch weiter gereift, kann noch mehr Klasse und Charakter in die Waagschale werfen. Tony Musante hat erwartungsgemäß keinen leichten Stand, vor allem weil auch noch Jack Palance ab und an durchs Szenario poltert. Musante löst die schwere Aufgabe aber durchaus überzeugend. Palance gibt natürlich einen Bösewicht, dabei steht ihm Eduardo Fajardo zur Seite. Für das Auge bietet Giovanna Ralli erfreuliches, die hier mehr als nur ein armes, kleines Weiblein spielen darf, im doppelten Sinn sehr schön. Frau Ralli ist mir besonders aus Massimo Dallamanos "Der Tod trägt schwarzes Leder" (1974) in bester Erinnerung, dort spielte sie eine aufrechte, engagierte Staatsanwältin. Generell machen alle Schauspieler ihren Job sehr gut, in dieser Hinsicht ist "Mercenario" ein Volltreffer. Lediglich Jack Palance hätte ich ein wenig mehr Raum zur Entfaltung gewünscht, seine fiese Fratze ist einfach ein (Alb)traum der besten Sorte.
Nun kann man sicher jede Menge politische Anspielungen und Systemkritik in dem Film lesen. Die späten sechziger Jahre waren -in jeder Hinsicht- eine wilde Zeit, was sich selbstverständlich auch in der Filmkunst ausführlich und mit allem Nachdruck bemerkbar machte. Der "Kleine Mann" wird unterdrückt und begehrt auf, doch: "Die Reichen sind nie am Arsch" (Zitat aus "Mercenario"). Der Film zeigt die Wandlung der Hauptfiguren auf, ihre Siege und ihr Scheitern. Doch wenn sich dieser Film zu den Grössten seines Genres zählen möchte, dann muss er sich auch mit den Platzhirschen messen können. In der Disziplin "Revolutions-Western" gefällt mir "Töte Amigo" (¿Quien sabe? (1967) etwas besser, denn dort wird der Stoff konsequenter umgesetzt, und Mit Gian Maria Volonté ist ein unfassbar guter Hauptdarsteller am Werk. Das finale Duell in "Mercenario" erinnert in seiner Konstellation an "Für ein paar Dollar mehr" und "Zwei glorreiche Halunken", von denen ich "Für ein paar Dollar mehr" bevorzuge. Das Finale von "Für ein paar Dollar mehr" ist für mich DIE Referenz in Punkto "dramatische Duelle wichtiger Charaktere gegen Ende des Films", an Dramatik, kunstvoller Inszenierung und Göttlichkeit nicht zu überbieten. Diese überragende Qualität hat "Mercenario" einfach nicht! Geht es um die Entwicklung/Wandlung der Hauptfiguren, bleibt für mich Sollimas "Von Angesicht zu Angesicht" (Faccia a faccia, 1967) der Überflieger. Auch im Vergleich mit anderen Werken Corbuccis, kann sich der Streifen nicht gegen seinen "grossen Bruder" namens "Leichen pflastern seinen Weg" durchsetzen. Sicher, "Mercenario" bietet immer wieder feinen Humor und treffenden Zynismus, doch die bösartige Bitterkeit von "Leichen pflastern seinen Weg" erreicht der Film zu keiner Zeit. Keine einzige Szene von "Mercenario" kann in ihrer Intensität mit dem Hammerschlag "Leichen..." mithalten. Das Ende von "Mercenario" kommt versöhnlich, fast weichgespült daher, während sich die Boshaftigkeit von "Leichen..." mit allem Nachdruck durch die Eingeweide des Zuschauers wühlt, sich wie ein räudiges Kampfschwein im Nacken des gepeinigten Betrachters verbeisst.
Für mich ist "Mercenario" ein guter, vielleicht sogar sehr guter Vetreter seiner Zunft. Ein Film, den sich kein Fan des Genres entgehen lassen darf, für höchste Weihen reicht es dann aber leider doch nicht. Koch Media hat dem Film eine schöne Veröffentlichung gegönnt, die den Fan gewissermaßen zum Kauf nötigt! Das Bild hinterlässt teils einen etwas zu "weichen" Eindruck, während man kaum Kratzer und Verunreinigungen feststellen kann. Ich weiss nicht wie es um die Vorlage bestellt war, mir wäre allerdings ein Bild mit mehr Schärfe lieber, dafür würde ich Kratzer etc. gern in Kauf nehmen. Da auch das Filmkorn weitgehend abwesend bleibt, scheint mir hier zu sehr mit Filtern gearbeitet worden zu sein. Da man bei Koch aber mit Filmen umzugehen weiss -wie viele andere Veröffentlichungen unter Beweis gestellt haben- vermute ich die Ursache beim verwendeten Ausgangsmaterial. "Schlecht" ist das Bild keinesfalls, nur die "Form" gefällt mir persönlich nicht ganz so gut. Das Set ist ansonsten sehr gut geworden, ein dickes Digipak steckt in einem Schuber, ein Booklet liegt bei, im Bonusmaterial findet man eine über 40 Minuten dauernde Featurette, sowie ein paar nette Kleinigkeiten wie Trailer. Daher gibt es für diese Veröffentlichung eine klare Kaufempfehlung, eine schmerzhaft klaffende Lücke wurde mit dieser DVD zu "Mercenario" geschlossen!
Ein guter bis sehr guter Italo Western = 7,5/10 (Tendenz weist leicht nach oben).
Lieblingszitat:
"Dieses Tal wimmelt von Geiern. Wie lange die armen Tiere wohl nichts mehr gefressen haben?"