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Argo - Ben Affleck (2012)

Verfasst: Di 23. Apr 2013, 16:11
von buxtebrawler
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Originaltitel: Argo

Herstellungsland: USA / 2012

Regie: Ben Affleck

Darsteller: Ben Affleck, Taylor Schilling, Bryan Cranston, John Goodman, Victor Garber, Kyle Chandler, Chris Messina, Clea DuVall, Rory Cochrane, Alan Arkin, Tom Lenk, Titus Welliver u. A.
Teheran, 1979 - wütende Demonstranten stehen vor der us-amerikanischen Botschaft und fordern die USA auf, den Schah wieder an den Iran auszuliefern, dem dort nach der Machtübernahme der Mullahs Asyl gewährt wurde. Plötzlich dringen erste Männer in die Botschaft ein, die Wachleute können die Menge nicht zurückhalten und die Botschaftsangehörigen werden als Geiseln festgenommen. Nur Sechs von ihnen konnten zuvor fliehen, indem sie auf der Rückseite des Gebäudes auf die Straße gelangten und in der kanadischen Botschaft Zuflucht fanden. Wochen später sind die Schwierigkeiten für die Amerikaner nicht kleiner geworden. Mehr als 50 US-Amerikaner leben in Geiselhaft und auch die sechs Flüchtigen können kaum einmal aus ihrem Versteck heraus. Zudem setzen die Iraner die geschredderten Unterlagen wieder zusammen, um die Gefangenen mit den Personalien abzugleichen, weshalb nicht mehr viel Zeit bleibt, bis sie von den sechs fehlenden Personen erfahren werden. Gleichzeitig versucht Tony Mendez (Ben Affleck), Spezialist der CIA für die Befreiung von Gefangenen, einen Plan zu fassen, um sie aus dem Iran zu holen. Doch die iranischen Behörden haben ihre Anstrengungen erhöht, jeden US-Amerikaner heraus zu filtern...
Quelle: www.ofdb.de

Re: Argo - Ben Affleck (2012)

Verfasst: Di 23. Apr 2013, 16:12
von buxtebrawler
„Das ist die beste blöde Idee, die wir haben, Sir – mit Abstand!“

Die dritte Regiearbeit des vornehmlich als Schauspieler bekannten US-Amerikaners Ben Affleck („Jay & Silent Bob schlagen zurück“) ist der 2012 veröffentlichte und mehrfach oscarprämierte Polit-Thriller „Argo“, den Affleck auch zusammen mit George Clooney (Regie und Produzent bei „The Ides of March - Tage des Verrats“) und Grant Heslov (Produzent bei „The Ides of March - Tage des Verrats“, Regie bei „Männer die auf Ziegen starren“) produzierte. Das Drehbuch von Chris Terrio erzählt die Geschichte des „Canadian Caper“ nach, für die Affleck auch gleich die Hauptrolle übernahm:

Nachdem der iranische Premierminister Mohammad Mossadegh sein Land vor der Ausbeutung durch den britischen BP-Vorgänger AIOC bewahren wollte und daher die Ölförder- und Raffinerieanlagen verstaatlichte, taten sich die Briten und die USA zusammen, schürten antikommunistische Paranoia und stürzten schließlich mithilfe des CIA Mossadegh mit einem blutigen Militärputsch, um den Schah (iranischer Monarch) wieder an der Staatsspitze zu installieren, welcher schließlich die Verwestlichung des Irans rasant vorantrieb. Dieser wiederum wurde 1979 von einem breiten Revolutionsbündnis gestürzt und durch den Islamisten Chomeini ersetzt. Der Schah genoss daraufhin Asyl in den USA. Aufgebrachte Demonstranten fordern vor der US-Botschaft in Teheran die Auslieferung des Schahs an den Iran und stürmen schließlich die Botschaft, nehmen die Mitarbeiter als Geiseln. Sechs Botschaftsangehörige können jedoch fliehen und kommen zunächst in der kanadischen Botschaft unter. Doch wie bekommt man diese sechs unerkannt aus dem Land mit seiner gefährlichen Anti-US-amerikanischen Stimmung geschleust? CIA-Offizier Tony Mendez (Ben Affleck) spinnt mithilfe der Hollywood-Größen John Chambers (John Goodman, „The Big Lebowski“) und Lester Siegel (Alan Arkin, „Edward mit den Scherenhänden“) den Plan, mit einer fingierten Filmproduktion in den Iran zu reisen, sich und die Flüchtigen als Kanadier zu tarnen, die angeblich nach exotischen Drehorten für den Science-Fiction-Film „Argo“ suchen – und sie schließlich mithilfe gefälschter Papiere außer Landes zu fliegen...

Das politische Klima zwischen den USA und dem Iran ist aktuell wieder einmal alles andere als entspannt. Wenn nun die als nicht so doof wie die üblichen Action-Verdächtigen geltende Hollywood-Flanke um Clooney und Affleck sich eines Themas wie diesem annimmt, darf man grundsätzlich gespannt sein. So macht „Argo“ zu Beginn auch unmissverständlich die Rolle der USA beim Sturz Mossadeghs deutlich, nennt Ross und Reiter, zeigt die hektische Aktenvernichtung der US-Amerikaner angesichts der aufgepeitschten Menge in Teheran und beurteilt die Menschenrechtssituation unter dem Schah kritisch. So weit, so gut. Doch hat es sich Affleck nun einmal vorgenommen, den lange Zeit unter Verschluss gehaltenen, o.g. „Canadian Caper“ nachzuzeichnen, von dem er 2007 aus dem „Wired Magazine“ erfuhr. Somit beruhen seine Informationen wohlgemerkt zu einem großen Teil auf den Angaben des CIA und sind nach wie vor nur schwer nachprüfbar. Handelt es sich dabei um eine politisch motivierte Legendenbildung, müssen sich Affleck & Co. gefallen lassen, sich für sie instrumentalisieren haben zu lassen. Nach einer durchaus sympathischen Ehrerbietung an Maskenbildner John Chambers, verleitet „Argo“ sein Publikum dazu, mit den US-Amerikanern mitzufiebern, statt mit den aufgebrachten Iranern, die auf Grundlage dessen, was der Film bis jetzt seinen Zuschauern an politischen und historischen Informationen mitgegeben hat, vollkommen zurecht stocksauer sind und die Auslieferung des Monarchen fordern. An dieser Stelle beginnt die US-typische Manipulation des Zuschauers, die chauvinistisch suggeriert, dass das Schicksal jener sechs Botschaftsangehöriger wichtiger sei als das des iranischen Volks.

Die Betonung von Einzelschicksalen, von Unrecht, das US-Bürgern und dafür Gehaltenen angetan wurde, bei fortan nahezu völliger Ausklammerung des Leids der Iraner, im Zusammenspielt mit permanent um Sympathie buhlendem Humor mit seinen abgeklärten Sprüchen und einer derben Schippe an streng nach Mainstream-Formel programmierten Rührseligkeiten, ist unerträglich und tendenziös. Nicht fehlen darf auch hier das Motiv des altbekannten Einzelkämpfers, in diesem Falle Mendez, der seine „Mission“ eigenverantwortlich gegen bestehende Anweisungen durchzieht. Regelrecht rassistisch wird „Argo“, wenn während der Ausreise der Farsi sprechende Spion bzw. Diplomat dem iranischen Wachmann in sein Gegenüber herabwürdigender Babysprache die Handlung des fiktiven Films erklärt.

Affleck sieht als Mendez beinahe aus wie Ahmadinedschad und kommt unter seinem Vollbart mit nur einem Gesichtsausdruck aus. Ist er erst einmal im Iran angekommen, zieht er die Dramaturgie des Films für satte 15 bis 20 Minuten lang nach unten, beendet die Langatmigkeit indes im Rahmen einer spannenden Szene auf dem engen Basar, durch den die vermeintliche Filmcrew geschleust werden muss – verzichtet jedoch unverständlicherweise darauf, zu zeigen, wie die bedrohlich inszenierte Konfliktsituation gelöst wurde. Generell verfügt „Argo“ zwar über relativ authentisch anmutende ’70er-Jahre-Kulissen, wurde aber anscheinend zu keiner Sekunde tatsächlich im Iran gedreht – was bei genauerer Überlegung auch leicht bizarr anmutet angesichts der Inkognito-Filmteam-Thematik. Höhepunkt ist dann das Finale, das die letztlich glücken werdende Ausreise in nervenzerrender Anspannung zelebriert; die anschließende Freude im „Happy End“ sodann wirkt einmal mehr zynisch. Und anstatt es dabei bewenden zu lassen, wird im ausgedehnten Epilog noch einmal überflüssigerweise die volle Kitschoffensive aufgefahren.

Damit ist „Argo“ leider dann doch das befürchtete propagandistische Ami-Produkt geworden, das, zudem qualitativ nur mäßig geschauspielert, bei näherer, kritischer Betrachtung wirkt, es wolle es sich an der Reinwaschung einer der mächtigsten Verbrecherorganisationen der Welt beteiligen, als würde der mehr oder weniger detailliert gezeigte, originelle Einsatz der CIA den unrechtmäßigen Putsch aufwiegen. Angesichts der allgemeinen Qualitäten des US-Propagandafilms jedoch ist der Fingerzeig auf die von den USA mitverursachte Ausgangssituation evtl. anzuerkennen und mit etwas Wohlwollen lässt sich ein Plädoyer für friedliche Konfliktlösungen erkennen, möglicherweise gar bewusst vor dem Hintergrund des aktuell schwelenden Konflikts ausgesprochen. Von neutralem Boden aus betrachtet aber ist „Argo“ für die politisch-historische Bildung in etwa das, was die US-Demokraten für den Weltfrieden sind: Ganz ähnlicher Inhalt im etwas anderen Gewand. Insofern wenig überraschend, letztlich aber doch enttäuschend.

Re: Argo - Ben Affleck (2012)

Verfasst: Mi 8. Jan 2014, 18:58
von sergio petroni
Oscar für "Argo" als besten Film des Jahres!?
Ich möchte jetzt nicht behaupten alle Oscar-prämierten Filme zu kennen. Aber eine
solche Enttäuschung ist mir bei einem so hochgelobten Film noch nicht untergekommen.

Sicher zieht Hollywood wieder viele Register. An Darsteller, Kameraführung und Schnitt,
ja auch an der Austattung und den Kulissen gibt es wenig zu kritteln. Allein der Inhalt....

Nach der Darstellung der Erstürmung der amerikanischen Botschaft in Teheran und der Flucht
der sechs Botschaftsangehörigen rauchen bei der CIA die Köpfe, wie die sechs zu retten seien.
Es entsteht der Plan, ein Mc-Guffin-Filmprojekt in's Leben zu rufen. Name: "Argo".

Auftritt John Goodman als John Goodman. Die Hollywood-Episode bietet zwar den ein oder anderen
Kalauer, paßt aber keineswegs in die ernsthaften Absichten des Films; und diese unterstelle ich mal.
Ansonsten wäre die Programmierung von vorne herein auf Popkornkino hinausgelaufen.
Die Traumfabrik nimmt sich immerhin selbst auf's Korn:
"Jeder weiß, wie Hollywood-Typen sind, die würden Pol Pot Regie führen lassen,
wenn die Kasse klingelt!"


Bei der späteren Befreiungsaktion im Land des Feindes werden natürlich ein paar spannende
Momente kreiert, wird manches auf die Spitze getrieben. Aber der Anspruch bleibt auf der Strecke.
Dafür wird viel zu einseitig, viel zuwenig kritisch auf die Gemengelage eingegangen.
Als Feigenblatt für die "Ausgewogenheit" des Films werden Einzelpersonen herangezogen.
So zum Beispiel die iranische Haushälterin der kanadischen Botschaft, die die Flüchtlinge
schützt. Auch ein Interview mit einem amerikanischen Redneck ("ein paar von denen
erschießen, damit sie sehen, wir meinen es ernst") kann dazugezählt werden.
Auf der anderen Seite steht allerdings die als Mob inszenierte iranische Masse der
Bevölkerung, die in ihrer überwiegenden Mehrheit Jagd auf die unschuldigen
Amerikaner macht.

Der Film tut sich mit dieser unkritischen Unausgewogenheit keinen Gefallen, sondern
untergräbt jegliche ernsthaften Ansätze. Nach der gelungenen Flucht kann man noch 20 Minuten
amerikanischen Pathos in Reinform genießen.
Und wer dann davon noch nicht genug hat, der möge sich im Anschluß auch noch das
Special (Interview mit den real Beteiligten) reinziehen, dann ist die Überdosis perfekt.

Nur wegen der filmischen Perfektheit:
5,5/10

"Wenn man eine Lüge verkaufen will, läßt man sie durch die Presse verkaufen."

Re: Argo - Ben Affleck (2012)

Verfasst: Do 16. Apr 2015, 05:20
von purgatorio
ARGO (USA 2012, Regie: Ben Affleck)

Ich mag ja Metafilme, die das Herstellen von Filmen thematisieren – und so gehört auch dieser hier dazu, da er Blicke hinter die Kamera wirft. Diese Passagen sind natürlich toll (obwohl insgesamt nur beiläufig), zumal mitunter zynisch und vor allem, da sie von einem tollen John Goodman getragen werden.

Den Rest kennt der ein oder andere Geschichtsinteressierte schon, wobei die Glorifizierung der CIA-Arbeit und der Tonus der stets siegreichen USA durchaus für bitteren Beigeschmack sorgen können. Zügig inszeniert, punktuell spannend, jedoch kein Oscar-Niveau, wie man es vielleicht erwarten würde.



Das beste Zitat führt bereits der Bux an:
„Das ist die beste blöde Idee, die wir haben, Sir – mit Abstand!“