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Die Zerstörung von Rom - Antonio Margheriti (1963)

Verfasst: Mi 10. Jul 2013, 19:15
von DrDjangoMD
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Originaltitel: Il crollo di Roma

Land: Italien

Jahr: 1963

Regie: Antonio Margheriti

Darsteller: Carl Möhner, Loredana Nusciak, Ida Galli, Andrea Aureli, Piero Palermini, Giancarlo Sbragia,...

Re: Die Zerstörung von Rom - Antonio Margheriti (1963)

Verfasst: Mi 10. Jul 2013, 19:15
von DrDjangoMD
Handlung:
Aus irgendeinem Grund finden kurz vor Roms Untergang noch Christenverfolgungen in der Stadt statt. Dies findet der Volkstribun Carlus Moehnerus (Carl Möhner) ziemlich doof, denn der ist ein Christ. Also flieht er mit seinem Liebchen (Ida Galli) und einigen Getreuen zu einem Stamm mit Rom verfeindeter Barbaren. Bald schon macht die Tochter des Stammeshäuptlings (Loredana Nusciak) Carlus Moehnerus schöne Augen…

Kritik:
„Die Zerstörung von Rom“ gehört meiner Meinung nach zu den besseren italienischen Sandalenfilmen. Der Streifen ist zwar keinesfalls ohne Fehler, aber im Großen und Ganzen überwiegen doch die Vorteile. Die Darsteller sind allesamt brauchbar und der gute Antonio Margheriti, der selbst in gotischen Horrorfilmen Gelegenheit findet, seine kleinen Modelle zu zerstören, ist selbstverständlich absolut in seinem Element, wenn er ein ganzes Rom-Modell vernichten kann.
Man merkt in diesem Film eindeutig, dass Margheriti wesentlich mehr Spaß an den Action-Szenen als an den Dialog-Passagen hat. Während Kämpfe und Katastrophen so lange wie möglich gezeigt werden, ohne dabei jedoch irgendwann langweilig zu werden, werden Gesprächs-Stellen auf das Minimum reduziert. Die Charaktere werden so schnell wie möglich vorgestellt und dann nicht mehr groß weiterentwickelt. Dies ist aber zu verschmerzen, da es sich von Anfang an um interessante Charaktere handelt.
Kommen wir jetzt zu dem größten Nachteil des Filmes: Warum müssen italienische Sandalenfilme immer eine Christenverfolgungsthematik haben? Hier ist mein Problem damit: Der Kampf von einer unterdrückten Ein-Gott-Religion gegen den herrschenden Polytheismus kann durchaus gut dargestellt werden (Beispiel Parolinis „Der Kampf der Makkabäer“). Das Problem liegt darin, dass das Christentum, zu dem wir eigentlich halten sollten, immer so unattraktiv porträtiert wird. Prinzipiell ist diese Religion ja eine ziemlich coole Sache, mit Liebe und Bruderschaft und den zehn Geboten, von denen die meisten viel Sinn machen, und so Zeugs. Aus irgendeinem Grund stellen die italienischen Regisseure die Religionsgemeinschaft in ihren Filmen jedoch weniger wie coole Dudes auf dem rechten Weg dar, sondern mehr wie weltfremde Fanatiker.
Ein Beispiel: Als Carlus Moehnerus einige Christen aus der Gefangenschaft befreit, rennt ein kleiner Christen-Junge zu Mr. Oberpriester und sagt: „Hey, Mr. Oberpriester, wir sind frei, ist das nicht supertoll?“ Darauf Mr. Oberpriester: „Wir waren immer frei, solange man in Gott vertraut, ist man frei.“ :| :( Um alles in der Welt, lass dem Kind doch mal ein bisschen Freude, du Doofkopf. Stellt euch vor, der kleine Junge hätte dem Priester irgendwas anderes gesagt, wie z.B. dass er ein Sehr Gut in Mathe bekommen hat. Mr. Oberpriester hätte sicherlich irgendeinen Weg gefunden ihm das zu versalzen wie: „Solange wir in Gott vertrauen, ist jede Note so viel wert wie ein Sehr Gut.“
Carlus Moehnerus selbst, der mir sonst durchaus sympathisch war, benimmt sich auch manchmal wie ein scheinheiliger Bastard. Als er in der Arena kämpfen muss, zerbricht er großspurig sein Schwert und sagt dabei irgendwas in der Richtung: „Wenn Gott mich führt, brauche ich keine Waffe und ich will auch niemanden töten und so…“ Aber kaum hat er den ersten seiner Gegner ohnmächtig geschlagen, nimmt er dessen Waffe und geht damit auf die anderen los. Ziemlich hyperkritisch von dir, Carlus. :|
Wenn mir in einem Film die Zerstörung von Rom versprochen wird, freue ich mich immer darauf, dass der Regisseur eindrucksvoll zeigt, wie das Weltreich, das zu lange bestanden hat, in einer Welle von Dekadenz untergeht, weil niemand mehr den Enthusiasmus der Gründerväter hat. Dies wäre aber ein wenig zu komplex für unseren guten Margheriti und deshalb wird für den Untergang der Stadt eine andere Erklärung gefunden: Gott macht sie kaputt! :?
Jawohl, Gott findet es doof, dass die Römer die Christen doof finden und zieht deshalb die komplette Sodom-und-Gomorrha-Nummer ab. Hey, Gott, da gab’s so einen Satz, vielleicht hast du mal davon gehört, der ging irgendwie „Du sollst nicht…sowieso“, „…nicht löten“, nein, „…nicht erröten“, nein, das war’s auch nicht. „…töten“, ja, das war’s, „DU SOLLST NICHT TÖTEN!!!“. Nun könnt ihr mich allerdings darauf hinweisen, dass der gute Gott schon vorher getötet hat mit der Sintflut oder eben Sodom und Gomorrha. Das waren aber erstens Beispiele, die sich VOR der Niederschrift der Gebote zugetragen haben und außerdem hat Gott dabei wenigstens die Leute verschont, die sich nach seinen Regeln richten. Hier jedoch nicht: Unter den Opfern ist mindestens eine gläubige Christin, die noch dazu ein Waisenkind zurücklässt.
Dass Rom durch Gott und nicht an seiner eigenen Dekadenz zu Grunde geht ist auch insofern schade, weil der Antagonist des Filmes perfekt in diese Handlung passen würde. Er, irgendein Konsul, der die Macht an sich reißen will, ist kein absolut mächtiger charismatischer Superbösewicht. Man merkt es, dass er viel charakterschwächer als der regierende Kaiser ist und deshalb nie gegen diesen ankommen würde. In den meisten seiner Handlungen versagt er, was ihn zum Alkohol greifen lässt und seine Geliebte bleibt immer nur bei ihm, solange er Macht hat und verlässt ihn augenblicklich, wenn er diese verliert. Dieser wunderbar armselige Bösewicht hätte hervorragend in den von mir gewünschten Handlungsverlauf gepasst. Als es schließlich zur Katastrophe kommt freut er sich sogar mit einer richtig eindrucksvollen Weltuntergangs-Dekadenz darüber.
Margheriti hat es jedoch geschafft, mich mit gewissem Interesse das kleine Liebesdreieck zwischen Möhner, Galli und Nusciak verfolgen zu lassen. Normalerweise sind die Liebesdreiecke in Abenteuerfilmen der frühen 60er leider sehr voraussehbar. Sie bestehen in der Regel (als Beispiele nehmt „Der Schwarze Seeteufel“ oder „Der Sohn von Cäsar und Cleopatra“) aus Mr. Protagonist, Mrs. Barby-Puppe und Mrs. Jugendfreundin-des-Protagonisten. In solchen Filmen ist es von Anfang an klar, dass Mr. Protagonist Mrs. Barby-Puppe am Ende heiraten wird und Mrs. Jugendfreundin-des-Protagonisten kurz vor Schluss beim Versuch das Leben von Mr. Protagonisten zu retten, das Zeitliche segnet. Obwohl unser Dreiergespann in „Die Zerstörung von Rom“ ein ähnliches Schicksal nehmen wird, kommt dieses wenigstens überraschender und erscheint nicht so klischeehaft. Margheriti übergeht in diesem Film überhaupt viele Klischees so findet sich dankenswerter Weise keine absolut komödiantische Figur und diesem Sandalenepos.
Loredana Nusciak spielt wie immer absolut grandios und darf wiedermal in einer actionreicheren Frauenrolle, die durchaus bei Schlachten partizipiert, glänzen. Auch Ida Gallis Darstellung ist, wie von ihr zu erwarten, sehr solide, allerdings bleibt die großartige Loredana in diesem Film wesentlich erinnerungswürdiger.
Fazit: Trotz einiger kleinerer Schwächen ein sehr gelungenes und unterhaltsames kleines Sandalenfilmchen zum Gernehaben.

Re: Die Zerstörung von Rom - Antonio Margheriti (1963)

Verfasst: Do 11. Jul 2013, 12:06
von Adalmar
Welches historische Ereignis wird denn in diesem Film als "Untergang" bzw. "Zerstörung" Roms interpretiert oder ist das rein fiktiv?

Das Unehrliche am Thema "Christenverfolgung" in Filmen, aber auch in sonstigen Darstellungen ist ja, dass es im alten Rom prinzipiell Religionsfreiheit gab, solange man sich auf gewisse Kompromisse zugunsten des Staatskults eingelassen hat (durch die gottgleiche Verehrung des Kaisers wurde dieser öffentlich als höchste Autorität anerkannt, das wollten die Christen nicht und dies wurde als politischer Widerstand interpretiert). Und wie viel Religionsfreiheit gab es dann unter christlicher Herrschaft? Gar keine.

Re: Die Zerstörung von Rom - Antonio Margheriti (1963)

Verfasst: Do 11. Jul 2013, 12:38
von buxtebrawler
Adalmar hat geschrieben:Und wie viel Religionsfreiheit gab es dann unter christlicher Herrschaft? Gar keine.
Schön auf den Punkt gebracht! :thup:

Re: Die Zerstörung von Rom - Antonio Margheriti (1963)

Verfasst: Do 11. Jul 2013, 16:04
von DrDjangoMD
Adalmar hat geschrieben:Welches historische Ereignis wird denn in diesem Film als "Untergang" bzw. "Zerstörung" Roms interpretiert oder ist das rein fiktiv?
Rein fiktiv. Ich vermute wirklich, dass das Drehbuch anfangs für Sodom und Gomorrha geschrieben wurde und kurzfristig geändert wurde, entweder, weil schon ein Film zu diesem Thema "Sodom und Gomorrha" ein Jahr davor veröffentlicht wurde und man keine Konkurrenz wollte, oder weil dieser besagte Film floppte und man deswegen dachte, Rom brächte mehr Kinokunden als die Bibel-Verfilmung. Aber keine reale Begebenheit wird als Grund genommen: Gott ist sauer, also beginnen plötzlich alle Gebäude einzustürzen. :D
Adalmar hat geschrieben:Das Unehrliche am Thema "Christenverfolgung" in Filmen, aber auch in sonstigen Darstellungen ist ja, dass es im alten Rom prinzipiell Religionsfreiheit gab, solange man sich auf gewisse Kompromisse zugunsten des Staatskults eingelassen hat (durch die gottgleiche Verehrung des Kaisers wurde dieser öffentlich als höchste Autorität anerkannt, das wollten die Christen nicht und dies wurde als politischer Widerstand interpretiert). Und wie viel Religionsfreiheit gab es dann unter christlicher Herrschaft? Gar keine.
:nick: Volle Zustimmung. Aber ich denke besonders die Italiener der frühen 60er, die sich doch ziemlich auf Katholizismus standen, hätten es nicht gewagt, einen Film zu drehen, in dem die antike Religion entgegenkommender porträtiert wird als der Eingottglaube. Hast du mal einen Stadtplan vom heutigen Rom gesehen, in welchem die Kirchen schwarz und alle anderen Häuser weiß eingezeichnet sind? Ich schon und ich dachte zuerst, es ist ein Bild von einem Schachbrett. :?