Anima Persa - Dino Risi
Verfasst: Sa 20. Mär 2010, 20:17
Anima Persa - Dino Risi
Originaltitel: Anima Persa
Herstellungsland: Italien / Frankreich 1977
Darsteller: Vittorio Gassman, Cahterine Deneuve, Danio Mattei, Anicee Alvina
Der junge Student Tino (Danilo Mattei) kommt nach Venedig um an der dortigen Kunstuniversität zu studieren. Er wohnt bei seiner Tante Sofia (Catherine Deneuve), die ihn auch freundlich in ihrem geräumigen, aber etwas heruntergekommenen Palazzo willkommen heißt. Am nächsten Tag ist jedoch bereits Schluss mit dem beschaulichen Studentenleben, da sich sein Onkel Fabio (Vittorio Gassmann) als eher unliebsamer Zeitgenosse entpuppt, der auch keinen Müßiggang duldet und alle in dem Haus mit Zucht, Disziplin und strenger Hand in Atem hält. Doch Tino lässt sich davon nicht beirren und beginnt mit seinen Kursen, durch die er auch die freizügige Lucia (Anicee Alvina) kennenlernt.
Doch schon wenig später wird Tino durch das seltsame Verhalten seiner Verwandten misstrauisch. Er hört in der Nacht seltsame Geräusche und Klaviermusik, obwohl sich laut Angabe der Tante und des Onkels außer dem Dienstpersonal keine weiteren Personen im Hause aufhalten. Doch Tino forscht auf eigene Faust und entdeckt eine weitere Person in einem versperrten Zimmer am Dachboden. Dort lebt laut Angaben der Haushaltshilfe Annetta der Bruder von Fabio, ein ehemaliger Biologe und Forscher, der aufgrund eines Erlebnisses den Verstand verloren hat und seitdem in dem Zimmer vor der Außenwelt weggesperrt dahinvegetiert. Doch Tino gibt sich mit der Erklärung nicht zufrieden und stößt auf weitere Ungereimtheiten in der Familienhistorie…
„Anima Persa“ von Regisseur Dino Risi aus dem Jahre 1977 ist eigentlich ein hübscher kleiner Genre-Film aus italienischer Landen, irgendwo zwischen Haunted-House-Grusler, Giallo und abgründigen Drama, das in recht langsamer Erzählweise ein bizarres Familiengeheimnis offenbart, das nicht nur den Studenten Tino erstaunen lässt. „Anima Persa“ bzw. „Lost Soul“ ist aber auch wieder einmal ein Streifen aus der Blütezeit des italienischen Kinos, der weder eine deutsche VÖ erfahren hat und daher trotz namhafter Darsteller weitgehend unbekannt ist. Die Geschichte selber geht vollkommen in Ordnung und zu viel möchte man an dieser Stelle dann auch gar nicht verraten. Von den idyllischen Zuständen im Palazzo, wie sie in dem Zuschauer in den Anfangsminuten vermittelt werden, ist gegen Ende jedenfalls nicht mehr viel zu spüren. Immer mehr verstrickt sich Tino bei seinen Nachforschungen in einer Geschichte aus sexuellen Begierden, verbotenen Beziehungen und Geisteskrankheit.
Die Darsteller sind allesamt sehr gut besetzt und vor allem Danilo Mattei überzeugt als schüchterner und konservativ-erzogener Student, der in Venedig zwischen die Fronten von strenger Tradition und Lebensfreude gerät. Knapp vier Jahre später spielte der gute Herr ja dann in Lenzis „Cannibal Ferox“ in die Herzen der Tierschützer. In seinem Schauspiel-Debüt bietet er aber eine solide Leistung, auch wenn er sich natürlich gegen Stars wie Catherine Deneuve und Vittorio Gassman natürlich etwas schwer tut. Gassman spielt ja auch einen grandios-unsympathischen Charakter, der nicht nur rassistisch und streng-gläubig ist, sondern auch noch mit Vorliebe todessehnsüchtige Verse in Deutsch (!!!) rezitiert und seine Frau Sofia mit strengen Anordnungen auf Trab hält.
Die Inszenierung von Dino Riso, der ansonsten wohl eher in Softsex-Komödien-Genre tätig war, ist eher ruhig und behäbig und er lässt sich auch viel Zeit um das Verhältnis der Protagonisten zueinander zu beschreiben. Mit Venedig bzw. allen seinen Facetten von idyllisch bis schmutzig wurde ein Drehort gewählt, der die morbide Geschichte und die Konfrontation zwischen Tradition und Moderne auch optisch unterstreicht. Einen besseren Ort für eine Geschichte über die Abgründe der feinen Gesellschaft und ihren Problemen mit Fortschritt und Liberalisierung der Gesellschaft hätte man wohl ohnehin nicht finden können.
Schade eigentlich, dass der ruhige und dennoch kurzweilige Film in Deutschland keine Veröffentlichung gefunden hat. Wer sich „Anima Persa“ anschauen möchte, muss dann wohl ein bisschen genauer suchen. Seit April 2009 gibt es zwar eine italienische DVD von dem Streifen, die jedoch nur ein italienisches Tonformat bietet und somit für Leute ohne Italienisch-Kenntnisse natürlich keine vernünftige Option ist. Es gibt aber auch eine Version im Umlauf, die den Film in der Originalfassung mit englischen Untertiteln präsentiert, die dann auch als Vorlage für die Bilder hier diente. Vielleicht erbarmt sich ja eines Tages noch ein Label für diesen kleinen, aber umso feineren Film, der durchaus sehenswert ist.
Unterm Strich ist Dino Risi ein solider Streifen über die Abgründe der feinen Gesellschaft gelungen, der Fans des italienischen Kinos nicht enttäuschen wird. Viel Drama, ein düsteres Geheimnis, tolle Darsteller und eine Prise Giallo müssten ja eigentlich reichen um dem italophilen Lesen den Mund wässrig machen zu können. Es zahlt sich jedenfalls aus, nach der Scheibe Ausschau zu halten. Einen Kracher darf man sich trotz einer Schrecksekunde zwar nicht erwarten, aber wer auch die leiseren Streifen mit Anleihen im Giallo-Genre aus dem Land des Stiefels zu schätzen weiß, ist mit dem Gesellschaftsdrama „Lost Soul“ bzw. „Anima Persa“ sicher gut bedient. Solide 6 bis 7 von 10 Punkten.
Originaltitel: Anima Persa
Herstellungsland: Italien / Frankreich 1977
Darsteller: Vittorio Gassman, Cahterine Deneuve, Danio Mattei, Anicee Alvina
Der junge Student Tino (Danilo Mattei) kommt nach Venedig um an der dortigen Kunstuniversität zu studieren. Er wohnt bei seiner Tante Sofia (Catherine Deneuve), die ihn auch freundlich in ihrem geräumigen, aber etwas heruntergekommenen Palazzo willkommen heißt. Am nächsten Tag ist jedoch bereits Schluss mit dem beschaulichen Studentenleben, da sich sein Onkel Fabio (Vittorio Gassmann) als eher unliebsamer Zeitgenosse entpuppt, der auch keinen Müßiggang duldet und alle in dem Haus mit Zucht, Disziplin und strenger Hand in Atem hält. Doch Tino lässt sich davon nicht beirren und beginnt mit seinen Kursen, durch die er auch die freizügige Lucia (Anicee Alvina) kennenlernt.
Doch schon wenig später wird Tino durch das seltsame Verhalten seiner Verwandten misstrauisch. Er hört in der Nacht seltsame Geräusche und Klaviermusik, obwohl sich laut Angabe der Tante und des Onkels außer dem Dienstpersonal keine weiteren Personen im Hause aufhalten. Doch Tino forscht auf eigene Faust und entdeckt eine weitere Person in einem versperrten Zimmer am Dachboden. Dort lebt laut Angaben der Haushaltshilfe Annetta der Bruder von Fabio, ein ehemaliger Biologe und Forscher, der aufgrund eines Erlebnisses den Verstand verloren hat und seitdem in dem Zimmer vor der Außenwelt weggesperrt dahinvegetiert. Doch Tino gibt sich mit der Erklärung nicht zufrieden und stößt auf weitere Ungereimtheiten in der Familienhistorie…
„Anima Persa“ von Regisseur Dino Risi aus dem Jahre 1977 ist eigentlich ein hübscher kleiner Genre-Film aus italienischer Landen, irgendwo zwischen Haunted-House-Grusler, Giallo und abgründigen Drama, das in recht langsamer Erzählweise ein bizarres Familiengeheimnis offenbart, das nicht nur den Studenten Tino erstaunen lässt. „Anima Persa“ bzw. „Lost Soul“ ist aber auch wieder einmal ein Streifen aus der Blütezeit des italienischen Kinos, der weder eine deutsche VÖ erfahren hat und daher trotz namhafter Darsteller weitgehend unbekannt ist. Die Geschichte selber geht vollkommen in Ordnung und zu viel möchte man an dieser Stelle dann auch gar nicht verraten. Von den idyllischen Zuständen im Palazzo, wie sie in dem Zuschauer in den Anfangsminuten vermittelt werden, ist gegen Ende jedenfalls nicht mehr viel zu spüren. Immer mehr verstrickt sich Tino bei seinen Nachforschungen in einer Geschichte aus sexuellen Begierden, verbotenen Beziehungen und Geisteskrankheit.
Die Darsteller sind allesamt sehr gut besetzt und vor allem Danilo Mattei überzeugt als schüchterner und konservativ-erzogener Student, der in Venedig zwischen die Fronten von strenger Tradition und Lebensfreude gerät. Knapp vier Jahre später spielte der gute Herr ja dann in Lenzis „Cannibal Ferox“ in die Herzen der Tierschützer. In seinem Schauspiel-Debüt bietet er aber eine solide Leistung, auch wenn er sich natürlich gegen Stars wie Catherine Deneuve und Vittorio Gassman natürlich etwas schwer tut. Gassman spielt ja auch einen grandios-unsympathischen Charakter, der nicht nur rassistisch und streng-gläubig ist, sondern auch noch mit Vorliebe todessehnsüchtige Verse in Deutsch (!!!) rezitiert und seine Frau Sofia mit strengen Anordnungen auf Trab hält.
Die Inszenierung von Dino Riso, der ansonsten wohl eher in Softsex-Komödien-Genre tätig war, ist eher ruhig und behäbig und er lässt sich auch viel Zeit um das Verhältnis der Protagonisten zueinander zu beschreiben. Mit Venedig bzw. allen seinen Facetten von idyllisch bis schmutzig wurde ein Drehort gewählt, der die morbide Geschichte und die Konfrontation zwischen Tradition und Moderne auch optisch unterstreicht. Einen besseren Ort für eine Geschichte über die Abgründe der feinen Gesellschaft und ihren Problemen mit Fortschritt und Liberalisierung der Gesellschaft hätte man wohl ohnehin nicht finden können.
Schade eigentlich, dass der ruhige und dennoch kurzweilige Film in Deutschland keine Veröffentlichung gefunden hat. Wer sich „Anima Persa“ anschauen möchte, muss dann wohl ein bisschen genauer suchen. Seit April 2009 gibt es zwar eine italienische DVD von dem Streifen, die jedoch nur ein italienisches Tonformat bietet und somit für Leute ohne Italienisch-Kenntnisse natürlich keine vernünftige Option ist. Es gibt aber auch eine Version im Umlauf, die den Film in der Originalfassung mit englischen Untertiteln präsentiert, die dann auch als Vorlage für die Bilder hier diente. Vielleicht erbarmt sich ja eines Tages noch ein Label für diesen kleinen, aber umso feineren Film, der durchaus sehenswert ist.
Unterm Strich ist Dino Risi ein solider Streifen über die Abgründe der feinen Gesellschaft gelungen, der Fans des italienischen Kinos nicht enttäuschen wird. Viel Drama, ein düsteres Geheimnis, tolle Darsteller und eine Prise Giallo müssten ja eigentlich reichen um dem italophilen Lesen den Mund wässrig machen zu können. Es zahlt sich jedenfalls aus, nach der Scheibe Ausschau zu halten. Einen Kracher darf man sich trotz einer Schrecksekunde zwar nicht erwarten, aber wer auch die leiseren Streifen mit Anleihen im Giallo-Genre aus dem Land des Stiefels zu schätzen weiß, ist mit dem Gesellschaftsdrama „Lost Soul“ bzw. „Anima Persa“ sicher gut bedient. Solide 6 bis 7 von 10 Punkten.