Midnight - John Russo

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Blap
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Midnight - John Russo

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DVD: Arrow (Großbritannien)



Midnight (USA 1982, Originaltitel: Midnight)

Liebt der Deibel Blut und Mettgut?

Nancy (Melanie Verlin) wird von ihrem betrunkenen Stiefvater Bert (Lawrence Tierney) belästigt, kann sich dem Übergriff des Polizisten jedoch rechtzeitig entziehen. Angewidert ergreift das siebzehnjährige Mädchen die Flucht, will sich von der Ostküste per Anhalter nach Kalifornien zu ihrer Schwester durchschlagen. Sie trifft auf zwei junge Burschen namens Tom (John Hall) und Hank (Charles Jackson), diese sind mit ihrem Van zwar nicht Richtung Kalifornien unterwegs, immerhin scheint Florida nicht die schlechteste Alternative. Da es an Geld für Benzin und Nahrung mangelt, beschaffen sich Tom und Hank die nötigen Lebensmittel per Ladendiebstahl. Diesmal wird es verdammt eng für die kleine Truppe, nur knapp entgeht man dem Zugiff der Polizei. Allzu lange hält die Freude nicht an, am nächsten Morgen wartet eine schreckliche Überraschung auf die Rumtreiber ...

Regie und Drehbuch John Russo? Hm? Ja, Herr Russo war am Drehbuch zu George A. Romeros Klassiker "Night of the living dead" (1968) beteiligt. Mit "Midnight" präsentiert uns Russo einen kantigen Horrorstreifen, der sein geringes Budget (rund 70.000$) nicht leugnet, mit einfachen Mitteln eine trostlose und gleichermaßen intensive Atmosphäre erzeugt. Pittsburgh und Umfeld, geprägt von Wirtschaftskrise und Strukturwandel, tristes Stadt- und Landleben, Land und Gesellschaft im Zerfall. Am Rande der Zivilisation tummeln sich irre Teufelsanbeter, macht eine durchgeknallte Familie Jagd auf alle greifbaren Zweibeiner. Russo lässt kein Wohlgefühl zu, zerstört ohne Gnade kurzzeitig aufkommende Lagerfeuerromantik. Immerhin freunden wir uns problemlos mit Tom, Hank und vor allem Nancy an, umso schmerzhafter trifft uns die fiese Grätsche der örtlichen Satanisten. Slasher mit Okkulteinlage, so sieht die Marschrichtung aus.

Melanie Verlin mutet zunächst wie eine eher unscheinbare Protagonisten an, erweist sich jedoch schnell als Glückgriff. Nancy hat keine gute Zeit, zunächst vom Stiefvater bedrängt, wenig später von durchgeknallten Mettgutproduzenten drangsaliert. Verlin bietet mehr als übliche Final Girl Klischees, zeigt uns Nancy als greifbaren und liebenswerten Charakter. John Hall kommt als zukünftiger Lover in Frage, Charles Jackson darf als Hank skeptisch bleiben, mutiert angehmerweise nicht nur Nervensäge. Mit diesem Trio würde ich gern einen Trip durch die USA unternehmen, sofern wir nicht im Umland Pittsburghs unterwegs sind. Bekanntestes Gesicht im finsteren Treiben ist Lawrence Tierney, dem ich den schäbigen Stiefvater zu jeder Sekunde abnehme. Er taucht im späteren Verlauf des Streifens erneut auf, sorgt für Überraschungen. John Amplas kennen Romero Fans aus "Martin" (1976), diesmal sorgt er als Teil der teuflischen Familie für Angst und Schrecken. Ich verzichte auf kurze Anmerkungen zu allen Beteiligten, freut euch auf Bedienung diverser Schublader, fettes und debiles Familienmitglied in Latzhose inklusive.

Auf Druck des Verleihs wurde "Midnight" mit einem weniger bitteren Ende ausgestattet, nötigte man Russo diverse Szenen nachträglich anzufertigen. Vermutlich hätte mir das ursprünglich angedachte Finale gemundet, doch auch mit der vorliegenden Fassung kann ich mich anfreunden. Russos Werk schürft in einiger Hinsicht tiefer als der Slasher-Mainstream, eignet sich kaum zur lockeren Unterhaltung im Partyumfeld. "Midnight" bietet grimmige Momente, taumelt hier und da grotesk umher. Liebhaber etwas abseitiger Sausen werden sich in dieser "unbehaglichen Behaglichkeit" wohlfühlen, Wonnen der Tristesse. Träume vom leichten Leben im sonnigen Kalifornien enden irgendwo am Arsch der Welt im Dreck, ausgeliefert den Klauen teuflischer Bestien ohne Gnade. Nebenbei bekommen Kirche, Polizei und Rassisten eins auf die Mütze, alles ein Aufwasch, mitten in die Fresse. Tom Savini steuerte die FX bei, war lediglich beim nachträglich gedrehten Finale nicht verfügbar.

Arrow bietet "Midnight" auf einer ansprechend ausgestatteten DVD feil. Zwar muß der Filmfreund bezüglich Bildqualität Abstriche machen, indes nimmt die Stimmung des Streifens dadurch keinen Schaden, wird vielleicht gar verstärkt. Im Bonusbereich finden wir u. a. Interviews mit interessanten Ausführungen von John Russo und John Amplas, vor allem die Anmerkungen Russos offenbaren wissenswerte Details zu den Produktionsumständen von "Midnight". Dem Fan bietet das Set weiterhin angenehme Hardware, dazu gehören ein lesenswertes Booklet, Poster und Wendecover für Spielkälber. 1982 steht übrigens für das Jahr des Kinostarts, die Dreharbeiten fanden bereits 1980 statt.

Slasher, satanische Hinterwäldler, jede Menge Atmosphäre = Meine Suhle! Ich ziehe dicke 7,5/10 (gut bis sehr gut)! Beachtet: Kein Film für Einsteiger, hier sind Liebhaber gefragt!


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