Handlung:
Battle Royale… IN THE FUTURE!!!
Kritik:
Ich habe gestern den zweiten Teil im Kino gesehen und musste mir eingestehen: Unter den Kino-Reihen, die momentan am Laufen sind, ist diese (sofern man sie nach zwei Filmen und zwei weiteren in Planung schon als Reihe bezeichnen kann) mein absoluter Favorit. Betonung allerdings auf „Reihe“ nicht auf „Filme“. Was meine ich damit? Nun, die beiden Filme selbst hatten durchaus ihre Probleme und ich habe genügend Filme der letzten Jahre gesehen, die ich vielleicht im Großen und Ganzen besser fand, allerdings konnten mich keine dieser Filme dazu bewegen mir auch die Fortsetzungen anzusehen: „Fluch der Karibik 4“, „Harry Potter ?“, „The Dark Knight Rises“, die Aussichten auf „The Avengers 2“ und „Pacific Rim 2“, ist mir alles herzlich egal, auch wenn ich die jeweiligen Originale wirklich gut fand. Bei „Die Tribute von Panem“ allerdings haben mich die Welt und die Charaktere, die sie im ersten Teil entworfen haben so fasziniert, dass ich mir mit Begeisterung die Fortsetzung angesehen habe, die so gut war, dass ich nun den dritten Teil (der in einem Jahr erscheinen soll) kaum erwarten kann. Was ist so gut an der Reihe, und was sind die Probleme der einzelnen Filme? Finden wir’s heraus:
Eine der größten Beschwerden, unter der der erste Teil zu leiden hatte, war der exzessive Einsatz von Shaky-Cam. Der Regisseur Gary Ross hatte sichtlich seinen Spaß daran, den bedauernswerten Kameramann während der gesamten Dreharbeiten ununterbrochen zu kitzeln, sodass der Film, dessen andere Elemente wirklich gut waren, leider einen konstanten Brechreiz verursachte. Der Regisseur des zweiten Teils Francis Lawrence (der nebenbei bemerkt in Wien geboren wurde!!!) konnte seinen Kitzelfetisch zügeln und somit wird die Fortsetzung visuell extrem ansprechend. Wenn Lawrence hier und da auf Wackelkamera zurückgreift hat das dann einen sehr guten Grund und kommt der zu vermittelten Stimmung zu Gute. Außerdem sorgt er mit seinem Kameramann Jo Willems für einige begnadete Einstellungen, die manchmal sogar nette Spielchen mit Silhouetten bieten. Lawrence schafft es auch die Action wesentlich spannender und die Gefahren wesentlich bedrohlicher zu inszenieren als Ross.
Ein möglicher Grund für die Wackelkamera im ersten Film ist, dass damit die Gewalt ein wenig entschärft (weil undeutlich gemacht) werden wollte. Im zweiten lösen sie dies, indem sie einfach darauf verzichten Blut zu zeigen. Da wird zum Beispiel ein Mann aus nächster Nähe in den Kopf geschossen und wenn sie seine Leiche wegbringen bleibt nicht mal ein einziges rotes Tröpfchen zurück. Manchmal kann sowas störend wirken, besonders da man sieht, dass Drehbuchautoren und Regisseure wirklich gerne einen FSK-18-Film daraus gemacht hätten (der zweite Teil hat beispielsweise auch eine vollkommen aus dem Nichts kommende Strip-Einlage). Allerdings: Dass man in diesen eindeutig für Jugendliche konzipierten Filme versucht die Altersbeschränkung gering zu halten sehe ich zumindest noch ein. Im Gegensatz zu den PG-13-Slasher, die sie in letzter Zeit auf den Markt werfen, kann ich in diesem Fall wenigstens Verständnis zeigen.
Was ich an beiden Filme extrem liebe sind die satirischen Seitenhiebe gegen Reality-TV. „Die Tribute von Panem“ befinden sich auf einen (gerechtfertigten) Kreuzzug gegen diese mir verhasste Art des Fernsehens und machen sie unbarmherzig nach Strich und Faden fertig und dies auf eine Weise, über die man sogar noch schmunzeln kann. Obwohl die Filme eher weniger auf Humor setzten, sorgen diese parodistischen Elemente somit für einige Lacher hier und da.
Die Handlungskomponenten die sich mit Revolution bzw. Auflehnung gegen das vorherrschende, grausame System beschäftigen sind auch sehr intelligent umgesetzt, besonders, was ihren Umgang mit Mitläufern betrifft. Ich werde hier nochmal den Vergleich zu „Jamie: Unfoxxed“ bemühen (Sorry, dass ich diesen Film sooft aufgreife, aber in diesem Punkt fällt mir kein besseres Negativbeispiel ein): Nach meiner Interpretation hatte das letzte Drittel von „Jamie: Unfoxxed“ folgende Aussage: „Jeder der sich nicht dezidiert gegen das vorherrschende System stellt hat es verdient grausam hingerichtet zu werden, da der olle Quentin von solchen Hinrichtungen eine Erektion bekommt.“ (so zumindest meine Interpretation). Ich hasse diese Einstellung und stimme ihr in keinster Weise zu. „Die Tribute von Pamen“ haben allerdings folgende Aussage – die sie im zweiten Teil an der Figur der Effie verdeutlichen: „Wer sich nicht dezidiert gegen das vorherrschende, grausame System stellt ist dumm und/oder feige, aber nicht zwangsläufig ein schlechter Mensch“, was ich als wesentlich intelligentere Ansichtsweise betrachte.
Allerdings sehe ich kein Problem damit den Kopf des Systems, der die ganzen Grausamkeiten vorantreibt, zu verteufeln und in diesem Fall bieten uns „Die Tribute von Panem“ mit der Figur des Präsidenten (grandios gespielt von Donald Sutherland) einen herrlich diabolischen Oberfiesling. Sutherlands Figur ist von Grund auf schlecht und sie liebt es, von Grund auf schlecht zu sein. Wenn er dann, gleich nachdem er wie ein gemeiner Meuchelmörder Mord und Totschlag angeordnet hat, vor seinem Volk den weisen Staatsmann oder vor seiner Enkelin den lieben Großpapa mimt, weiß der Zuseher, dass er es hier mit einer wirklich schaurigen Schurkenfigur zu tun hat, die unseren Helden einen würdigen Gegner bietet (besonders im Vergleich zu dem übertriebenen Polizeichef, den sie im zweiten Teil einführen, fallen die Vorzüge von Sutherlands Performance auf).
Apropos Helden, kommen wir zu den Protagonisten: Jennifer Lawrence in der Hauptrolle ist grandios, dabei ist ihr Part kein leichter: Ihre Rolle beteiligt sich an einem Spiel, bei dem es das Ziel ist die Mitspieler zu töten. Da lauft sie natürlich Gefahr entweder zu grausam-unsympathisch zu werden oder zu passiv-pazifistisch. Sie allerdings finden genau den richtigen Mittelweg: Sie ist cool und hart im nehmen, aber trotzdem noch extrem gutherzig und sympathisch, und als Bonus auch noch interessant, facettenreich und wandlungsfähig. Eine ganz grandiose Rolle, ganz grandios gespielt.
Problem: Die Filme versuchen diese Rolle in ein Liebesdreieck zwischen ihr, einem ihrer Mitspieler und einem Nachbarsjungen oder was der Typ auch immer ist zu zwängen und das funktioniert nicht. An ihr liegt’s jedoch nicht, hier ist das Problem: Während Mr. Mitspieler ein wirklicher, gut von Josh Hutcherson porträtierter, Charakter ist, der mit ihr Zeugs erlebt, ist Mr. Nachbarsjunge, uninteressiert dargestellt von Liam Hemsworth, blass, hat absolut keine Chemie mit Jennifer Lawrence und tut in den Filmen gar nichts. Deshalb, weil die eine Seite dieses Liebesdreieck so ungeheuer schwach, uninteressant und unbeteiligt ist, funktioniert es einfach nicht. Außer dass Mr. Nachbarsjunge gut aussieht, hat er nichts, was ihn relevant macht und man muss schon sehr oberflächlich sein, um seine Figur dann überhaupt als gleichwertig zu akzeptieren.
Was mich allerdings total begeistert hat ist die Gestaltung der futuristischen Welt: In dieser vereinen sie Elemente aus dem antiken Rom, dem französischen Barock und der distanzierten Zukunft, um somit eine individuelle, knallbunte neue Welt zu schaffen. Die römischen Beinamen, die einige Charaktere als Vornamen benutzen (z.B. Caesar, Coriolanus,…) sorgen für einige nette Anspielungen. So wird beispielsweise ein Typ namens Seneca von der Obrigkeit dazu gezwungen Selbstmord zu begehen…Get it? Seneca! Get it?...Solche Anspielungen sind ganz nett, weil sie einerseits nicht zu offensichtlich und angeberisch sind, auf der anderen Seite aber den Beweis dafür liefern, dass die Drehbuchautoren schon einmal in ihrem Leben ein Buch gelesen haben.
In der Stadtdarstellung versuchen sie auch typisch römische Anordnungen mit freien Plätzen und Alleen mit futuristischen Hochhäusern zu verbinden und durch ein kluges Design und gutes CGI gelingt ihnen das auch. Hier übrigens ein kleiner Schock für euch: Ich, Dr. Django, werde nun das CGI des zweiten Filmes loben
(nachdem ich kurz über das CGI des ersten geschimpft habe)!!! Im ersten Film wirken die Zeichentrick-Aspekte noch sehr künstlich, aber der zweite bessert sich auf dem Gebiet rapide. Beispielsweise gibt man Jennifer Lawrence in beiden Filmen ein flammendes Kleid zu tragen. Im ersten ist das ein Kleid, an dem sich unten ein paar verpixelte Orange-Punkte befinden. Aber im zweiten…Oh mein Gott, Jennifer Lawrence‘ Kleid steht in Flammen! Allfällige Schwächen im CGI-Bereich können auch von der fähigen Regie von Francis Lawrence auskaschiert werden. Ein Beispiel: Im ersten Film werden die Protagonisten von albernen Zeichentrick-Hunden gejagt, die absolut ungefährlich, weil Zeichentrick, wirken. Im zweiten Film werden die Protagonisten von albernen Zeichentrick-Affen gejagt, die absolut gefährlich, trotz Zeichentrick, wirken.
Leider hat auch der zweite Teil eine Schwäche und das ist der Aufbau der Handlung. Im ersten ist es noch so schön simpel: Die Protagonistin muss bei diesem grausamen Spiel mitmachen, ihr Ziel ist es zu überleben, Punkt! Im zweiten ist es wie folgt: Zuerst haben wir Revolutions-Zeugs und pseudo-tiefsinnige Dialoge und unruhige Stimmung und so, dann beginnen wieder die Spiele, der Routine vom ersten Teil wird eine Weile eins zu eins gefolgt und es werden plötzlich in der Mitte fünftausend neue Hauptcharaktere eingeführt. Schade auch, dass das Ende offen bleibt (nach zweieinhalb Stunden erwartet man sich schon einen Abschluss), aber dafür versorgt uns dieses wenigstens mit einigen netten Twists und einer Menge, was auf die Fortsetzung neugierig macht.
Fazit: Beide Filme haben ihre Schwächen, aber die starken Elemente, die sich in beiden finden, sind so extrem gut, dass man diese Schwächen gerne verzeiht. Wenn ihr mal Lust auf neuere Mainstream Filme haben solltet und ratlos im DVD-Geschäft zwischen „Tranformers“ auf der einen und „Twilight“ auf der anderen Seite steht, greift in die Mitte und schnappt euch „Die Tribute von Panem“.