buxtebrawler hat geschrieben:Jeder, der in dieser Bushido-Scheiße mitgespielt hat, ist verbrannt und wird von mir in allem, was danach kam, boykottiert.
Nachdem ich meinen Boykott einige Jahre aufrechterhalten habe...:
„Ich sag dir, was das für'n Projekt ist: 'n Fickprojekt!“
Nachdem der Regisseur der aus „Bang Boom Bang – Ein Todsicheres Ding“, „Was nicht passt, wird passend gemacht“ und „Goldene Zeiten“ bestehenden Unna-Trilogie Peter Thorwarth sich eine rund achtjährige Auszeit gegönnt hatte, adaptierte er für seine 2014 erschienene Buddy-/Action-/
Road-Movie-Komödie „Nicht mein Tag“ den gleichnamigen Roman des „Stromberg“-Autors Ralf Husmann.
Familienvater Till Reiners (Axel Stein, „Feuer, Eis & Dosenbier“) langweilt sich im Ruhrgebiet in seinem Job als Bankangestellter und in der Ehe mit seiner Frau Miriam (Anna Maria Mühe, „Novemberkind“), die glaubt, an ihr sei eine Taschendesignerin verloren gegangen. Doch als Gangster Nappo (Moritz Bleibtreu, „Lammbock – Alles in Handarbeit“) die Bank überfällt, weil er Geld für ein neues Auto und einen Urlaub mit seiner Nadine (Jasmin Gerat, „Mädchen Mädchen 2 - Loft oder Liebe“) braucht, wird Tills Leben auf den Kopf gestellt. Nappo nimmt ihn als Geisel und flieht vor der Exekutive. Nachdem er Till wieder freigelassen hat, glaubt dieser, dass seine Frau ihn betrüge und begleitet seinen ehemaligen Entführer nach Amsterdam, wo ein „Geschäfts abgewickelt“ werden soll. Die Polizei wiederum ist davon überzeugt, er mache gemeinsame Sache mit Nappo. Till, der glaubt, nichts mehr zu verlieren zu haben, sieht sich nach einer wilden Nacht in Amsterdam tatsächlich in einen weiteren, diesmal blutigen Banküberfall verwickelt…
Dieses Bild präsentiert der Prolog dem Publikum, den Till aus dem
Off kommentiert und damit eine ausgedehnte Rückblende einleitet, die die Vorgeschichte erzählt und erst zum Finale endet. Obwohl die Handlungszeit lediglich 72 Stunden beträgt, legt „Nicht mein Tag“ ein beträchtliches Tempo vor. Gangster-Romantik vermischt sich mit klassischen Buddy-Motiven in Bezug auf ungleichbare Duos, das ungewollt aneinandergeschweißt wurde. Turbulent und überraschungsreich gerät man an die Falschen, liefert sich Verfolgungsjagden und findet sich in Actionszenen wieder. Die irrsten Momente liefert die Grachtenstadt Amsterdam, wo sich Thorwarth ein gutes Stück weit seines Ruhrpott-Sujets entledigen kann und man einen sich selbstironisch spielenden Til Schweiger beim Puffbesuch antrifft. Grandios die Sequenz des wie auf einem Drogentrip unter Alkoholeinfluss extrem auf die Kacke hauenden Tills, die in subjektiver
Point-of-View-Perspektive gedreht wurde und Erinnerungen an den The-Prodigy-Videoclip zu „Smack My Bitch Up“ wachwerden lässt.
Der Humor funktioniert, wenngleich immer mal wieder recht tief in die Klischeekiste gegriffen wird – bei einer Komödie jedoch verzeihbar und einen Teil der Komik ausmachend. Jasmin Gerat ist als ein solches Abziehbild einer Pott-Prolette nicht nur für einige bemerkenswerte Dialoge und das damit verbundene Amüsement gut, sondern bringt, wie auch Nele Kiper als Ina, einen Schuss Erotik ein. Wer auf Männer steht, dürfte seine Freude am entmoppelten Stein und verwegenen Bleibtreu haben. Tom Gerhardts („Voll normaaal“) Stimme tönt als
Running Gag aus dem Navigationsgerät, Mark Kampmann (Christian Kahrmann) aus der Unna-Trilogie taucht auch in „Nicht mein Tag“ auf, Nappo hat für seinen Ford Mustang offenbar das Nummernschild aus „Bang Boom Bang“ geerbt und Ralf Richter ist als Schrottplatzbetreiber auch mit von der Partie. Als Freund Thorwarths vorausgegangener Filme fühlt man sich also schnell heimisch.
Die Kölner Band Cowboys on Dope tritt als „Hardrock-Legende Donar“ im Film auf und persifliert damit alternde Rockstars, steuerte darüber hinaus aber auch einen Großteil des Soundtracks bei. Das Titelstück hingegen stammt vom Berliner Hip-Hopper Sido. Letztlich steuert „Nicht mein Tag“ auf ein dick aufgetragenes
Happy End zu, das es in der (mir unbekannten) Romanvorlage Husmanns in dieser Form eventuell nicht gab. Thorwarth bleibt dem komödiantischen Aspekt des Stoffs weitaus stärker verpflichtet als der ihm innewohnenden Tragik. Nichtsdestotrotz illustriert sein Film auf extrem überzeichnete (und damit amüsante) Weise den schmalen Grat zwischen bürgerlicher Existenz und dem gewaltsamen, radikalen Ausbruch aus ihr, der mit Blut, Schweiß, Tränen und Kollateralschäden einhergeht. Und damit rockt dieser Film!