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Mesrine - André Génovès (1984)
Verfasst: Mi 19. Feb 2014, 19:46
von Bonpensiero
Originaltitel: Mesrine
Herstellungsland: Frankreich
Erscheinungsjahr: 1984
Regie: André Génovès
Darsteller: Nicolas Silberg, Caroline Aguilar, Gérard Sergue, Michel Poujade, Michel Beaune, Louis Arbessier...
Jacques Mesrine (Nicolas Silberg) ist in den 70er Jahren der gefährlichste Verbrecher in ganz Frankreich. Gemeinsam mit seiner Freundin und Weggefährtin Sylvia Jeanjacquot (Caroline Aguilar) überfallen sie auf brutalste Weise mehrere Banken und schrecken auch vor dem Tod nicht zurück – dem eigenen und auch dem anderer Menschen. Trotzdem genießt der Kriminelle Mesrine eine überaus hohe Popularität in der Bevölkerung, spielt er sich doch durch Interviews mit den Medien immer wieder als moderner Robin Hood auf. Auch die Tatsache, dass die Polizei von einem Mann so an der Nase herumgeführt werden kann, beschert dem Lebemann durchaus Sympathien unter den Menschen Frankreichs. Doch die Schlinge zieht sich immer weiter zu und durch sein brutales Auftreten, scheint es nur ein konsequenten Ausweg für ihn zu geben und das weiß Jacques Mesrine auch…
Screenshots:
Re: Mesrine - André Génovès (1984)
Verfasst: Mi 19. Feb 2014, 19:47
von Bonpensiero
Re: Mesrine - André Génovès (1984)
Verfasst: Mi 19. Feb 2014, 20:01
von Il Grande Silenzio
Ach, das Leben des Jacques Mesrine wurde also mehrfach verfilmt? Ich kenne nur "Public Enemy No. 1" mit Vincent Cassel, den ich recht gut fand.
Re: Mesrine - André Génovès (1984)
Verfasst: Mi 19. Feb 2014, 20:08
von Bonpensiero
Vergleiche hinken ja immer irgendwie. Mir hat aber die Verfilmung von 1984 besser gefallen. Schon in den ersten 10 min. wird ziemlich auf die Tube gedrückt. Da bleibt kein Auge trocken!
Re: Mesrine - André Génovès (1984)
Verfasst: Di 4. Mär 2014, 00:00
von buxtebrawler
„Ich habe schon viele Mörder gesehen, aber keiner war wie du, Mesrine!“
Der am 28. Dezember 1936 geborene und am 02.11.1979 gestorbene Franzose und Algerien-Kriegsveteran Jacques René Mesrine legte eine unvergleichliche kriminelle Karriere angefangen mit unerlaubtem Waffenbesitz über Raubüberfälle bis hin zu Mord und Totschlag und spektakulären Gefängnisausbrüchen hin, die aus ihm schließlich den französischen Staatsfeind Nr. 1 machten. Auf der Flucht halfen ihm seine Intelligenz und sein Verkleidungsgeschick, sich des Zugriffs der Staatsmacht zu entziehen. Von Teilen der Medien und der Öffentlichkeit wurde er als eine Art moderner Robin Hood betrachtet und Mesrine selbst versuchte, seinen Taten eine politische Dimension zuzusprechen. Der im Jahre 1984 vom französischen Regisseur André Génovès (offenbar seine einzige Regie-Arbeit neben der Erotik-Komödie „Ein Slip auf Trip“) inszenierte Film „Mesrine“ zeichnet das Leben Jacques Mesrines beginnend mit einem seiner Gefängnisausbrüche und mit seinem Tod endend biographisch nach.
„Der Staat ist die Bevölkerung und die bedroh‘ ich nicht!“
(Achtung! Enthält ab hier massive Spoiler, die jedoch bei Kenntnis der Vita Mesrines bekannt sein sollten.)
Génovès‘ filmische Aufarbeitung des Wirkens Mesrines beginnt mit dem spektakulären Ausbruch 1972 aus dem kanadischen Gefängnis mit deftigen Schießereien und etlichen Toten. Nachdem er erneut aufgegriffen wurde, zückt Mesrine sogar im Gerichtssaal eine Waffe und bedroht den Richter. Die Ereignisse bis hierhin erweisen sich als Rückblende; der erneut aufsehenerregende Ausbruch aus einem Pariser Gefängnis, der strikt durchorganisiert war, läutet die filmische Gegenwart des Jahres 1978 ein. Zuvor war Mesrine zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Mesrine überfällt mit einem Komplizen ein Casino, beide werden von der Polizei gestellt, Mesrine wird angeschossen und befindet sich weiter auf der Flucht. Er nennt sich Bruno und bändelt mit einer Frau an, kooperiert mit einer linken Terrororganisation. Er vertraut sich seiner Freundin an und kritisiert harsch die Zustände hinter Gittern, fordert die Abschaffung der Hochsicherheitstrakte und plant die Stürmung eines Gefängnisses. Doch längst wird er beschattet und als er entgegen des ursprünglichen Plans einen Richter überfallen will, der jedoch nicht zuhause ist, greift die Polizei ein. Sein Komplize wird verhaftet und packt aus, Mesrine und seine Freundin tauchen unter. Er entführt den Millionär Henri Lelièvre und erpresst sechs Millionen Francs, gibt einer Journalistin Interviews und sorgt damit für einen Medienskandal. Einen Journalisten, der wenig wohlwollend über ihn berichtete, misshandelt er und lässt ihn angeschossen in einer Höhle zurück. Als er sich vergegenwärtigt, dass sich die Schlinge um ihn immer enger zuzieht, legt er Rechenschaft auf einem Tonband ab. Es dauert nicht lange und die Polizei stoppt Mesrine in seinem Wagen in Wohnungsnähe mit einem LKW, aus dem die Polizei ihn mit nicht weniger als 21 Schüssen öffentlich hinrichtet.
„Ich sterbe lieber durch eine Kugel, als in einer Zelle zu verfaulen!“
Wie eng sich Génovès' Film an die tatsächlichen Vorgänge hält, ist mir nicht bekannt. Die Stationen auf Mesrines Laufbahn scheinen zu stimmen, bzgl. seiner Charakterisierung fehlen mir Vergleichsmöglichkeiten. Beeindruckend ist die souveräne und abgeklärte Art, mit der Nicolas Silberg Jacques Mesrine spielt, die sich bestens in den trotz aller Action unaufgeregten Inszenierungsstil Génovès‘ einfügt. Mesrines Beteuerungen, sich niemals gegen die normale Bevölkerung zu richten und auch aus politischen Bestrebungen zu handeln, scheint Génovès ernstzunehmen; er nähert sich der Person Mesrine mit nicht zu leugnender Faszination, ohne dessen Skrupellosigkeit zu verschleiern. Gleichberechtigt zeigt er die Kapitulation der Staatsmacht vor ihren eigenen Gesetzen und allzu gern formulierten Ansprüchen, indem sie Mesrine letztlich ohne Verhandlung kurzerhand wie in rasender Wut in aller Öffentlichkeit exekutiert, was trotz des Ausschaltens Mesrines für ein Versagen auf ganzer Linie steht und sich durch die Geschichte des Umgangs mit politisch motivierten Gewaltverbrechern zieht – zum Beispiel hinsichtlich der deutschen RAF. Den Zynismus dieser Aktion unterstreichen die Spekulationen auf den Showdown Lauernder, welche persönlichen Vorteile sich für sie durch Mesrines Tod ergeben werden.
„Mesrine“ ist eine technisch einwandfrei umgesetzte und tadellos geschauspielerte, actionreiche Biographie einer ebenso ambivalenten wie faszinierenden Persönlichkeit, deren Erinnerung diese gleichzeitig anklagende Verfilmung auf hochspannende Weise aufrechterhält. Ein Jammer, wie unbekannt Génovès‘ Werk hierzulande ist – gleich, wie man jemandem wie Mesrine gegenüberseht, wer etwas auf anspruchsvolle Action-Thriller fernab von „patriotischem“ Sondermüll und unglaubwürdiger Actiongülle gibt oder sich schlicht mit dem Leben Mesrines vertraut machen möchte, sollte versuchen, an diesen Film heranzukommen.