Drecksau - Es ist Zeit, versaut zu sein - Jon S. Baird (2013)
Moderator: jogiwan
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Drecksau - Es ist Zeit, versaut zu sein - Jon S. Baird (2013)
Drecksau - Es ist Zeit, versaut zu sein
(Filth)
mit James McAvoy, Jamie Bell, Imogen Poots, Joanne Froggatt, Shirley Henderson, Jim Broadbent, Eddie Marsan, Martin Compston, Iain De Caestecker, Emun Elliott, Pollyanna McIntosh, Kate Dickie, Shauna Macdonald
Regie: Jon S. Baird
Drehbuch: Jon S. Baird / Irvine Welsh
Kamera: Matthew Jensen
Musik: Clint Mansell
FSK 16
Belgien / Großbritannien / Deutschland / Schweden / USA / 2013
Der Edinburgher Inspektor Bruce Robertson ist korrupt bis ins Mark. Da er kurz vor einer Beförderung steht, begeht der heillos Drogen- und Sexsüchtige freiwillig jede verwerfliche Schandtat. Ihm geht es weniger darum, den brutalen Mord an einem Asiaten aufzuklären, sondern vielmehr, mit gezielten Intrigen konkurrierende Kollegen auszuschalten, und das direkt vor der Nase seines Chefs Toal. Während er jedes schmutzige Geheimnis seiner Abteilung nutzt, ahnt niemand, dass ihn Frau und Kind verlassen haben. Unterdessen driftet Robertson in unkontrollierten Drogenwahn.
Wohl eher selten war ein deutscher Filmtitel so zutreffend wie in vorliegendem Fall, denn Inspektor Robertson ist im wahrsten Sinne des Wortes eine echte Drecksau. Vom Charakter her meint man deshalb auch diverse Parallelen zu einem echten "Bad Lieutenant", denn die Hauptfigur tut nun wirklich alles, um seinem fragwürdigen Ruf gerecht zu werden. Alkohol, Drogen, Sex und etliche Intrigen stehen dabei im Mittelpunkt einer Charakter-Beleuchtung, die zum Ende der Geschichte hin noch eine fast tragische Beinote erhalten soll. In den ersten gut 60 Minuten verläuft die Story hauptsächlich in die Richtung einer typisch britischen Komödie, wobei der hier zur Schau gestellte Humor sicherlich nicht jeden Geschmack treffen wird. Pechschwarz, voller Sarkasmus und mit einem Hauch Zynismus ausgestattet offenbart der Plot jedoch unzählige Momente, in denen der Zuschauer sich ein Lachen definitiv nicht verkneifen kann. Das liegt streckenweise auch an der absolut brillanten Situationskomik, die an etlichen Stellen schon grotesk-absurde Formen annimmt, aber auch die äußerst bissigen-und deftigen Dialoge tragen ihren Teil dazu bei, das man jederzeit voll auf seine Kosten kommt.
Betrachtet man einmal das Schauspiel der Akteure, so wird man hier mit absolut erstklassigen Leistungen verwöhnt, denn bis in die kleinsten Nebenrollen ist der Film nahezu perfekt besetzt. Dennoch sollte man Hauptdarsteller James McAvoy besonders hervorheben, verleiht er doch der Figur des verkommenen Polizisten eine unglaublich authentische Ausstrahlung und wenn man es nicht besser wüsste würde man doch glatt annehmen, das der gute Mann sich hier selbst spielt. Trotz seiner unzähligen negativen Eigenschaften empfindet man von Beginn an sehr viel Sympathie für den Charakter, was sich in der letzten halben Stunde des Szenarios noch einmal zusehends verstärkt, sich aber auch gleichzeitig mit einer Prise Mitleid vermischt. Insbesondere dieses letzte Drittel der Geschichte stellt aber auch gleichzeitig eine Art Stilbruch dar, denn was zuvor noch wie eine bitter-böse Komödie daher kam, nimmt letztendlich die Züge eines echten Psycho-Dramas an, was bei manchen Leuten eventuell nicht unbedingt auf Gegenliebe stoßen dürfte. Mir persönlich hat jedoch gerade dieser Umschwung äußerst gut gefallen und außerdem ist es auch beileibe nicht so, das man nicht schon vorher erahnen könnte, das der Plot noch eine rigorose Wendung nehmen würde. Regisseur Jon S. Baird ist nämlich von der ersten Minute an wohl darauf bedacht, den Betrachter mit zunehmender Spieldauer immer intensiver mit dem seelischen Zustand der Hauptfigur zu konfrontieren und dieser präsentiert sich in Form von immer stärker zum Vorschein kommenden fieberartigen Wahrnehmungsstörungen und Visionen, die so manches Mal schon an einen Film wie "Trainspotting" erinnern.
Gleichzeitig wurde aber auch nicht vergessen, das Ganze extrem humoristisch zu untermalen und so entfaltet sich immer mehr eine Art wahnsinniger Drogen-Trip, der visuell erstklassig in Szene gesetzt wurde. Der in der Inhaltsangabe erwähnte Mordfall nimmt im Geschehen dabei eine eher untergeordnete Rolle ein, denn der Fokus ist eindeutig auf Robertson und seine üblen Machenschaften, sowie seinen immer weiter entgleitenden Geisteszustand gelegt. Das ist auch gut so, denn nur so kann "Drecksau" auch seine gesamte Intensität an den Tag legen, die fast im Minutentakt immer weiter ansteigt. Man bekommt also im Prinzip einen rundum gelungenen Film geboten der nicht nur einen phasenweise starken Angriff auf die Lachmuskulatur beinhaltet, sondern ganz nebenbei auch noch exzellente Züge des Psycho-Dramas in den Vordergrund rückt. Dadurch steigt diese Produktion in meinen Augen zu etwas ganz Besonderem auf und beinhaltet eine Menge an Qualität, die dem Zuschauer förmlich ins Gesicht springt. Sämtliche Zutaten wurden absolut perfekt miteinander vermischt und das Szenario funktioniert so auch von der ersten bis zur letzten Einstellung glänzend, so das ein hochwertiger Film-Genuss vorprogrammiert ist. Natürlich sollte man eine Vorliebe für den schwarzen und bissigen Humor sein Eigen nennen, ansonsten wird man nämlich nicht sehr viel mit diesem Werk anfangen können, das doch so brillant zu unterhalten weiß.
Je nach Geschmack wird man "Drecksau" also eher verteufeln oder aber in den Himmel loben, wobei ich mich persönlich doch zur zweiten Gruppe zählen möchte. Selten habe ich in den letzten Jahren eine solch grandiose Mixtur aus Komödie, Krimi und Psycho-Drama gesehen, die trotz ihrer etlichen humorigen Phasen auch eine beeindruckende Ernsthaftigkeit an den Tag legt. Gleichzeitig wird man mit einem Haupt-Charakter bekannt gemacht den man aufgrund seines Verhaltens eigentlich hassen müsste, stattdessen aber unglaublich viel Sympathie für einen Mann empfindet, der ganz offensichtlich nicht mehr Herr seiner Sinne ist. Natürlich hat man das alles schon des Öfteren zu Gesicht bekommen, doch in vorliegendem Fall ist es ganz einfach die grandiose Umsetzung der Chose, die echte Begeisterung aufkommen lässt. "Drecksau" ist zynisch, brillant und trieft nur so vor pechschwarzem Humor, bietet aber auch gleichzeitig eine intensive Charakter-Studie eines verwirrten Menschen, der dem Alkohol und den Drogen verfallen ist. Diese Kombination ist es dann auch letztendlich, die aus einem guten Film einen überragenden macht und das ist hier meiner Meinung nach definitiv der Fall.
Fazit:
"Drecksau" trägt seinen deutschen Titel nicht umsonst, macht der Hauptdarsteller diesem Namen doch jede Menge Ehre. Grandioses Schauspiel, jede Menge Witz-und Charme, sowie eine grandiose Umsetzung dieser Geschichte sind in meinen Augen mehr als genügend Gründe, um eine ganz dicke Empfehlung für diese herausragende Produktion auszusprechen, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.
9/10
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Re: Drecksau - Es ist Zeit, versaut zu sein - Jon S. Baird
Bruce Robertson (James McAvoy) ist Detective Sergeant bei der Polizei in Glasgow. Was ihn aber nicht davon abhält Drogen zu nehmen, Minderjährige zum Oralsex zu zwingen, Zeugen zu erpressen, zu lügen und zu betrügen. Sein ganzes Streben gilt seiner Beförderung zum Detective Inspector, doch da stehen ihm seine Kollegen im Weg, weshalb er ständig gegen sie intrigiert und versucht, sie gegeneinander auszuspielen. Der Mordfall eines japanischen Austauschstudenten könnte ihm jetzt gute Karten in Bezug auf seine Beförderung in die Hände spielen…
„Drecksau“ beruht auf einem Roman des schottischen Schriftstellers Irvine Welsh, der durch „Trainspotting“ und die daraus resultierende Verfilmung berühmt wurde. An „Trainspotting“ muss man auch denken, wenn man den – im übrigen hervorragenden – Trailer sieht. Wie hier der Wahnsinn zu den treibenden Beats von „Gorgeous“ der Scissor Sisters (welches im Film übrigens nicht vorkommt) aus dem Bildschirm kippt, die mit hohem Tempo aneinander geschnittenen Szenen neben Chaos und Verkommenheit auch jede Menge anarchistischen Spaß suggerieren, das ist schon große Kunst. Doch kann der Film halten, was diese Werbung verspricht?
Natürlich zelebriert der Film all die aus dem Trailer bekannten Geschmacklosigkeiten und hält über weite Strecken auch das hohe Tempo durch, doch der eigentliche Grund, warum man den Film sehen sollte, ist die beeindruckende Vorstellung James McAvorys, der hier sehr viel älter aussieht als er eigentlich ist. Wobei ein großer Teil des Lobes auch an den Maskenbildner gehen muss, der das Gesicht des eigentlich blendend aussehenden McAvory mit geplatzte Äderchen und Pickel übersät hat. Bleich, mit gläsernen Auen und einem wirren Sauerkrautbart, wirkt Detective Bruce Robertson zeitweise wie ein lebender Toter, den allein der innere Zorn auf die Welt noch am Leben hält. McAvory spielt dies mit Geifer im Mundwinkel als hoch explosive Mischung aus manischem Rausch und schwärzester Depression.
Neben McAvory, der die Leinwand ganz für sich fordert, verblassen alle anderen Figuren. Selbst der ansonsten immer sehenswerte Jamie Bell fällt kaum auf. Charaktere wie seine beiden Kollegen verschwinden regelrecht aus der Handlung und auch die hübsche Imogen Poots als Robertsons Konkurrentin um eine Beförderung, ist kaum mehr Staffage, obwohl sie in einer wichtigen Szene durchaus Präsenz zeigt. Allein der großartige Eddie Marsan, dessen rattenhaftes Äußere diesmal als graue Maus daher kommt, bleibt im Gedächtnis haften. Doch muss man auch hier festhalten, dass sein Charakter Bladesey nicht wirklich ausgefüllt ist und mehr als Stichwortgeber für McAvory, denn als als lebendige Figur funktioniert. Da McAvory gleichzeitig auch sein eigener Antagonist ist, fehlt auch ein richtiger Widerpart für ihn. Der blonde Punk, welcher den japanischen Studenten umbrachte, könnte dieser sein, tritt aber nur kurz am Schluss auf.
Das Problem des Filmes liegt in seiner Inkonsequenz. Zunächst wird die Figur des Bruce Robertson als eine Art „Stromberg aus der Hölle“ aufgebaut. Er kostet seine Gemeinheiten bis zum letzten aus und missbraucht seine Macht als Polizist. Dabei spricht aus ihm nicht etwa eine fatalistische Desillusionierung und Verzweiflung, wie bei Harvey Keitel in Ferraras „Bad Lieutenant“. Nein, Robertson scheint großen Gefallen an seiner Rolle als „böser Junge“ zu haben, der sich einen Dreck um Regeln und Andere schert und allein sich selbst und seinen Begierden verpflichtet ist. In seiner hemmungslosen Egozentrik und Bereitwilligkeit jedes Laster und jede Perversion bis zur Neige auszukosten, erinnert er fast schon an einen de Sadeschen Libertine. Doch dann wird ausführlich erklärt, wie Robertson wurde was er ist. Wie sehr er im Inneren leidet, und dann waren – Klischee – doch wieder nur die schlimme Kindheit und der Vater, der ihn nicht geliebt hat, an allem schuld.
Gegen Ende dann stopft Regisseur Jon S. Baird die Figur des Robertson so sehr mit seelischen Defekten und Neurosen voll, dass es schon wieder zu viel ist. Statt Robertson als echten Geisteskranken zu demaskieren, wäre es wahrscheinlich spannender gewesen, einen Menschen zu zeigen, der so ist, wie er ist, weil er es will. Nicht, weil er durch eine traurige Kindheit und die Umstände dazu geformt wurde. Davon abgesehen gelingt Jon S. Baird aber ein sehr unterhaltsamer, kurzweiliger Film, der wie seine Hauptfigur im Rausch dahin saust und einem kaum Zeit zum Luftholen lässt. Auch das Verschwimmen von Realität und Drogenwahn – wenn Robertson beispielsweise seine Mitmenschen und sich selbst immer wieder mit grotesken Tierköpfen sieht – im letzten Drittel ist sehr effektiv umgesetzt. Wenn sich der zuvor so selbstsichere Robertson vor den Augen des Publikums förmlich auflöst, und ein heulendes Häufchen Elend zum Vorschein kommt, nutzt Jon S. Baird dies für einige interessante filmische Spielereien. Und sein Hauptdarsteller James McAvory nimmt die Gelegenheit dankbar wahr, um seinen Bruce Robertson förmlich implodieren zu lassen.
Was man „Drecksau“ vor allem hoch anrechnen muss, ist, dass er am Ende nicht der großen Versuchung von Romantik-Kitsch und einem inkonsequenten Happy-End verfällt, sondern die Geschichte des Bruce Robertson zu einem logischen Ende bringt. Auch Kameraführung, Schnitt und Musik liegen auf hohem Niveau und treiben den Film förmlich immer weiter voran. Exemplarisch sei hier nur die Sequenz erwähnt, in der Robertson und Bladesey in Hamburg Urlaub machen und der arme Bladesey von Robertson immer wieder in peinliche Situationen gebracht wird. Dies allein könnte schon als energetischer Videoclip durchgehen.
„Drecksau“ ist eine furiose James-McAvory-One-Mann-Show, die mit sehr hohem Tempo vom amüsant-zynischen Beginn zum absurd-tragischen Finale rast. Obwohl der Film prächtig unterhält, vergibt er aber doch einige interessantere Ansatzpunkte, da ganz klischeehaft am Ende doch nur wieder der gefühlskalte Vater an allem Schuld ist.
Screenshots: http://www.filmforum-bremen.de/2014/03/ ... -drecksau/
„Drecksau“ beruht auf einem Roman des schottischen Schriftstellers Irvine Welsh, der durch „Trainspotting“ und die daraus resultierende Verfilmung berühmt wurde. An „Trainspotting“ muss man auch denken, wenn man den – im übrigen hervorragenden – Trailer sieht. Wie hier der Wahnsinn zu den treibenden Beats von „Gorgeous“ der Scissor Sisters (welches im Film übrigens nicht vorkommt) aus dem Bildschirm kippt, die mit hohem Tempo aneinander geschnittenen Szenen neben Chaos und Verkommenheit auch jede Menge anarchistischen Spaß suggerieren, das ist schon große Kunst. Doch kann der Film halten, was diese Werbung verspricht?
Natürlich zelebriert der Film all die aus dem Trailer bekannten Geschmacklosigkeiten und hält über weite Strecken auch das hohe Tempo durch, doch der eigentliche Grund, warum man den Film sehen sollte, ist die beeindruckende Vorstellung James McAvorys, der hier sehr viel älter aussieht als er eigentlich ist. Wobei ein großer Teil des Lobes auch an den Maskenbildner gehen muss, der das Gesicht des eigentlich blendend aussehenden McAvory mit geplatzte Äderchen und Pickel übersät hat. Bleich, mit gläsernen Auen und einem wirren Sauerkrautbart, wirkt Detective Bruce Robertson zeitweise wie ein lebender Toter, den allein der innere Zorn auf die Welt noch am Leben hält. McAvory spielt dies mit Geifer im Mundwinkel als hoch explosive Mischung aus manischem Rausch und schwärzester Depression.
Neben McAvory, der die Leinwand ganz für sich fordert, verblassen alle anderen Figuren. Selbst der ansonsten immer sehenswerte Jamie Bell fällt kaum auf. Charaktere wie seine beiden Kollegen verschwinden regelrecht aus der Handlung und auch die hübsche Imogen Poots als Robertsons Konkurrentin um eine Beförderung, ist kaum mehr Staffage, obwohl sie in einer wichtigen Szene durchaus Präsenz zeigt. Allein der großartige Eddie Marsan, dessen rattenhaftes Äußere diesmal als graue Maus daher kommt, bleibt im Gedächtnis haften. Doch muss man auch hier festhalten, dass sein Charakter Bladesey nicht wirklich ausgefüllt ist und mehr als Stichwortgeber für McAvory, denn als als lebendige Figur funktioniert. Da McAvory gleichzeitig auch sein eigener Antagonist ist, fehlt auch ein richtiger Widerpart für ihn. Der blonde Punk, welcher den japanischen Studenten umbrachte, könnte dieser sein, tritt aber nur kurz am Schluss auf.
Das Problem des Filmes liegt in seiner Inkonsequenz. Zunächst wird die Figur des Bruce Robertson als eine Art „Stromberg aus der Hölle“ aufgebaut. Er kostet seine Gemeinheiten bis zum letzten aus und missbraucht seine Macht als Polizist. Dabei spricht aus ihm nicht etwa eine fatalistische Desillusionierung und Verzweiflung, wie bei Harvey Keitel in Ferraras „Bad Lieutenant“. Nein, Robertson scheint großen Gefallen an seiner Rolle als „böser Junge“ zu haben, der sich einen Dreck um Regeln und Andere schert und allein sich selbst und seinen Begierden verpflichtet ist. In seiner hemmungslosen Egozentrik und Bereitwilligkeit jedes Laster und jede Perversion bis zur Neige auszukosten, erinnert er fast schon an einen de Sadeschen Libertine. Doch dann wird ausführlich erklärt, wie Robertson wurde was er ist. Wie sehr er im Inneren leidet, und dann waren – Klischee – doch wieder nur die schlimme Kindheit und der Vater, der ihn nicht geliebt hat, an allem schuld.
Gegen Ende dann stopft Regisseur Jon S. Baird die Figur des Robertson so sehr mit seelischen Defekten und Neurosen voll, dass es schon wieder zu viel ist. Statt Robertson als echten Geisteskranken zu demaskieren, wäre es wahrscheinlich spannender gewesen, einen Menschen zu zeigen, der so ist, wie er ist, weil er es will. Nicht, weil er durch eine traurige Kindheit und die Umstände dazu geformt wurde. Davon abgesehen gelingt Jon S. Baird aber ein sehr unterhaltsamer, kurzweiliger Film, der wie seine Hauptfigur im Rausch dahin saust und einem kaum Zeit zum Luftholen lässt. Auch das Verschwimmen von Realität und Drogenwahn – wenn Robertson beispielsweise seine Mitmenschen und sich selbst immer wieder mit grotesken Tierköpfen sieht – im letzten Drittel ist sehr effektiv umgesetzt. Wenn sich der zuvor so selbstsichere Robertson vor den Augen des Publikums förmlich auflöst, und ein heulendes Häufchen Elend zum Vorschein kommt, nutzt Jon S. Baird dies für einige interessante filmische Spielereien. Und sein Hauptdarsteller James McAvory nimmt die Gelegenheit dankbar wahr, um seinen Bruce Robertson förmlich implodieren zu lassen.
Was man „Drecksau“ vor allem hoch anrechnen muss, ist, dass er am Ende nicht der großen Versuchung von Romantik-Kitsch und einem inkonsequenten Happy-End verfällt, sondern die Geschichte des Bruce Robertson zu einem logischen Ende bringt. Auch Kameraführung, Schnitt und Musik liegen auf hohem Niveau und treiben den Film förmlich immer weiter voran. Exemplarisch sei hier nur die Sequenz erwähnt, in der Robertson und Bladesey in Hamburg Urlaub machen und der arme Bladesey von Robertson immer wieder in peinliche Situationen gebracht wird. Dies allein könnte schon als energetischer Videoclip durchgehen.
„Drecksau“ ist eine furiose James-McAvory-One-Mann-Show, die mit sehr hohem Tempo vom amüsant-zynischen Beginn zum absurd-tragischen Finale rast. Obwohl der Film prächtig unterhält, vergibt er aber doch einige interessantere Ansatzpunkte, da ganz klischeehaft am Ende doch nur wieder der gefühlskalte Vater an allem Schuld ist.
Screenshots: http://www.filmforum-bremen.de/2014/03/ ... -drecksau/
Früher war mehr Lametta
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Re: Drecksau - Es ist Zeit, versaut zu sein - Jon S. Baird
Uff, was ein Brett, das ist mal wieder einer von diesen Filmen bei dem einem das Lachen manchmal buchstäblich im Hals stecken bleibt.
Auf der einen Seite hat der Film seine durchaus lustigen und herrlich schrägen Momente, auf der anderen Seite ist die Hauptfigur wirklich ne Drecksau.
Dennoch kann man den Kerl nicht verachten, weil man ihm ab einem gewissen Punkt aufrichtiges Mitgefühl entgegenbringt.
Manchmal ist er sogar geradezu rührend fürsorglich und zeigt seine menschliche Seite.
Als Zuschauer ist man hin und hergerissen, zwischen unglaubwürdigem Staunen, Belustigung, Ablehnung und Sympathie.
Man kann erahnen das es letzenendes geradewegs auf eine Katastrophe zusteuert.
Dennoch finde ich das Ende konsequent und für den Streifen goldrichtig.
Eine durchaus interessante Erfahrung der Film.
7/10
Auf der einen Seite hat der Film seine durchaus lustigen und herrlich schrägen Momente, auf der anderen Seite ist die Hauptfigur wirklich ne Drecksau.
Dennoch kann man den Kerl nicht verachten, weil man ihm ab einem gewissen Punkt aufrichtiges Mitgefühl entgegenbringt.
Manchmal ist er sogar geradezu rührend fürsorglich und zeigt seine menschliche Seite.
Als Zuschauer ist man hin und hergerissen, zwischen unglaubwürdigem Staunen, Belustigung, Ablehnung und Sympathie.
Man kann erahnen das es letzenendes geradewegs auf eine Katastrophe zusteuert.
Dennoch finde ich das Ende konsequent und für den Streifen goldrichtig.
Eine durchaus interessante Erfahrung der Film.
7/10
- Cronenberg
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Re: Drecksau - Es ist Zeit, versaut zu sein- Jon S. Baird (2013)
Dieser Film sollte mal bei uns in der Sneak-Preview laufen, aber weil der Key zur Entschlüsselung fehlerhaft war, mußten wir 700 Leute erst warten lassen während wir versuchten, es noch irgendwie hinzubiegen, und dann alle nach Hause schicken. So eine Drecksau...
Re: Drecksau - Es ist Zeit, versaut zu sein- Jon S. Baird (2013)
Ich hab ja mit vielem gerechnet aber das Teil ist ja die Hölle von einem Film!!
Hat mich so richtig überrascht und total geflasht, ein echter Kauftipp.
Hat mich so richtig überrascht und total geflasht, ein echter Kauftipp.
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
- horror1966
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Re: Drecksau - Es ist Zeit, versaut zu sein- Jon S. Baird (2013)
Onkel Joe hat geschrieben:Ich hab ja mit vielem gerechnet aber das Teil ist ja die Hölle von einem Film!!
Hat mich so richtig überrascht und total geflasht, ein echter Kauftipp.
Ab und zu kann man sich halt auch auf die Meinung des alten horrortschi verlassen.
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Re: Drecksau - Es ist Zeit, versaut zu sein- Jon S. Baird (2013)
horror1966 hat geschrieben:Onkel Joe hat geschrieben:Ich hab ja mit vielem gerechnet aber das Teil ist ja die Hölle von einem Film!!
Hat mich so richtig überrascht und total geflasht, ein echter Kauftipp.
Ab und zu kann man sich halt auch auf die Meinung des alten horrortschi verlassen.
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
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Re: Drecksau - Es ist Zeit, versaut zu sein- Jon S. Baird (2013)
DRECKSAU (FILTH, Großbritannien, Belgien, Deutschland, USA, Schweden 2013, Regie: Jon S. Baird)
Dreckiger kleiner Bastard! Der Film, der Typ! Was für ein schräges und kompromissloses Teil Ein bisschen mehr Bums wäre vielleicht noch ganz gut gewesen, aber trotzdem bekommt man hier eine unglaublich kaputte Geschichte von einem destruktiven Kerl serviert, die sich selbst und seine gesamte Umgebung mit allen Leibeskräften vernichtet… und dabei aufrichtig Spaß hat.
Dreckiger kleiner Bastard! Der Film, der Typ! Was für ein schräges und kompromissloses Teil Ein bisschen mehr Bums wäre vielleicht noch ganz gut gewesen, aber trotzdem bekommt man hier eine unglaublich kaputte Geschichte von einem destruktiven Kerl serviert, die sich selbst und seine gesamte Umgebung mit allen Leibeskräften vernichtet… und dabei aufrichtig Spaß hat.
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
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- karlAbundzu
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Re: Drecksau - Es ist Zeit, versaut zu sein- Jon S. Baird (2013)
James McAvoy spielt einen Polizisten Anfang der 90er in Schottland. Manipulativ, Alkoholiker, Drogen- und Sexsüchtig. Er versucht, eine Beförderung zu erwischen, dafür einen Mordfall zu klären und seine Kolleg*innen auszuspielen. Dabei erlebt er ncoh eine Reise durch Räusch eund seine Vergangenheit, die natürlich mit traumatischen Erlebnissen nur so strotzt, und auch mit der ein oder anderen Wahnvorstellung wird uns gedient.
Hm, ein wenig bin ich hin und her gerissen. Anfangs halt ein durchschaubarer "cooler" Bulle, der denkt er sei der große Zampano, der im Off zu uns spricht, gleichzeitig wird mehr und mehr gezeigt, wie es immer mehr bergab geht, ihm immer mehr entgleitet. Das dauert aber doch zu lang. Ich dachte irgendwann, ich habe es verstanden, der Witz wird mehr und mehr überspitzt und wiederholt und ich bin innerlich raus. Zum Ende, wenn es mit es dann dicker kommt, verliert er seinen komödiantischen Ton, wird bitterer, und dann hat er mich dann doch wieder.
McAvoy spielt hier in einem guten Ensemble klasse, aber ansonsten... Selbst der von mir geschätzte Komponist Clint Mansell bringt nur Soundfetzen, die sich mit den angespielten Hits zu einem Soundtrack ergeben, dass ist nicht besonders inspiriert. Das Buch (Romanvorlage Irvine Welsh, dazu sei gesagt, ich bin kein großer Freund von Trainspotting, habe keinen Roman von ihm gelesen) und die Erzählweise eben nicht wirklich packend.
Klar, ein parforceritt durch Sex, Drogen und fieses Zeug, aber ich stug zwischendurch ab.
Zwiegespalten.
PS: Der Regisseur machte ja auch Stan und Ollie, den ich eher gar nicht mochte und ansonsten gibt es nur ein Debutfilm. Komisch, dass da nix mehr kam, die Kritiken sind ja eher wohlwollend.
Hm, ein wenig bin ich hin und her gerissen. Anfangs halt ein durchschaubarer "cooler" Bulle, der denkt er sei der große Zampano, der im Off zu uns spricht, gleichzeitig wird mehr und mehr gezeigt, wie es immer mehr bergab geht, ihm immer mehr entgleitet. Das dauert aber doch zu lang. Ich dachte irgendwann, ich habe es verstanden, der Witz wird mehr und mehr überspitzt und wiederholt und ich bin innerlich raus. Zum Ende, wenn es mit es dann dicker kommt, verliert er seinen komödiantischen Ton, wird bitterer, und dann hat er mich dann doch wieder.
McAvoy spielt hier in einem guten Ensemble klasse, aber ansonsten... Selbst der von mir geschätzte Komponist Clint Mansell bringt nur Soundfetzen, die sich mit den angespielten Hits zu einem Soundtrack ergeben, dass ist nicht besonders inspiriert. Das Buch (Romanvorlage Irvine Welsh, dazu sei gesagt, ich bin kein großer Freund von Trainspotting, habe keinen Roman von ihm gelesen) und die Erzählweise eben nicht wirklich packend.
Klar, ein parforceritt durch Sex, Drogen und fieses Zeug, aber ich stug zwischendurch ab.
Zwiegespalten.
PS: Der Regisseur machte ja auch Stan und Ollie, den ich eher gar nicht mochte und ansonsten gibt es nur ein Debutfilm. Komisch, dass da nix mehr kam, die Kritiken sind ja eher wohlwollend.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Re: Drecksau - Es ist Zeit, versaut zu sein- Jon S. Baird (2013)
Oooops… noch gar nichts zu diesem Film gepostet.
Leute, lest UNBEDINGT die Romanvorlage, die ist noch fieser und abgefahrener!
Nicht desto trotz eine wirklich gelungene Verfilmung…
Leute, lest UNBEDINGT die Romanvorlage, die ist noch fieser und abgefahrener!
Nicht desto trotz eine wirklich gelungene Verfilmung…
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http://www.reinifilm.blogspot.com / https://bfilmbasterds.de/
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