Rigor Mortis - Leichenstarre - Juno Mak (2013)
Verfasst: Mo 28. Apr 2014, 12:33
Rigor Mortis - Leichenstarre
(Jiang Shi)
mit Anthony Chan, Siu-Ho Chin, Kara Hui, Hoi-Pang Lo, Richard Ng, Hee Ching Paw
Regie: Juno Mak
Drehbuch: Lai-yin Leung / Philip Yung
Kamera: Man-Ching Ng
Musik: Nate Connelly
keine Jugendfreigabe
Hongkong / 2013
"Die Vampire sind verschwunden, zusammen mit den Vampir-Jägern." Der alte Yau muss es wissen, denn er ist der letzte seiner Zunft. Die Werkzeuge des Jägers hat er schon lange abgelegt, das wilde Treiben der Geister in dem alten Wohnblock interessiert ihn wenig. Da stirbt Onkel Tung und seine trauernde Frau versucht, ihn mit schwarzer Magie von den Toten zurück zu holen. Mit Erfolg, aber um welchen Preis! Tung steht als Vampir wieder auf, blutgierig und gefräßig. Und die Geister werden durch die Präsenz der finsteren Kreatur zu besonderer Angriffslust angestachelt. Das Haus versinkt in Blut und Chaos! Yau muss handeln. Gemeinsam mit seinem todessehnsüchtigen Nachbarn Siu-ho greift der letzte Jäger noch einmal zu den Waffen …
Juno Mak ist bisher lediglich als Drehbuchautor, Produzent oder Darsteller in Erscheinung getreten und legt nun mit "Rigor Mortis - Leichenstarre" einen Regie-Erstling vor, der in allen Belangen äußerst beeindruckend erscheint. Die mit geschätzten 15.000.000 HKD budgetierte Produktion stellt dabei eine Kombination aus Horror, Drama-und ein wenig Fantasy dar und zieht den Zuschauer von der ersten Minute an insbesondere durch ihre visuelle Genialität absolut in ihren Bann. Dabei geht von den Geschehnissen phasenweise fast schon eine hypnotische Kraft aus, durch die man immer tiefer in diese Schauer-Mär eintaucht, die nicht unbedingt gradlinig erzählt wird. In diesem Punkt mag eventuell ein Kritikpunkt mancher Leute bestehen, kann es doch gerade zu beginn zu etwaigen leichten Verwirrungen kommen, die sich allerdings im Laufe der Zeit immer mehr in Luft auflösen, da die Ereignisse letztendlich lückenlos und durch den Zusatz diverser Flashbacks vollkommen ausreichend erklärt werden. Die eigentliche Vampir-Thematik des Filmes tritt im Prinzip erst im letzten Drittel der Geschichte so richtig in den Vordergrund, denn zuvor wird der Betrachter mit mehreren kleineren Erzählsträngen konfrontiert, in denen Geister-und menschliche Dramen einen Hauptteil des Geschehens einnehmen. Gleich zu Beginn bekommt man hier eine ordentliche Kostprobe der visuellen Genialität des Werkes geboten, denn einerseits wartet die Einführung mit extrem düsteren und blassen Farb-Kontrasten auf die eine äußerst düstere Grundstimmung vermitteln, um gleich darauf bei einem Selbstmordversuch mit einer bunten und ekstatisch erscheinenden Farbpalette sogleich einen eindrucksvollen Kontrast zu erzeugen, der einen fast schon aus den Schuhen haut.
Besonders die roten Farbtöne bilden in "Rigor Mortis" einen brillanten Gegenpol zu der ansonsten fast an die s/w Zeiten erinnernde Farbgebung und hinterlassen dabei sehr heftige Reaktionen beim Betrachter. Wenn hier nämlich das extrem kräftige Farbenspiel einmal die deprimierende und trostlos erscheinende Szenerie durchbricht dann geschieht das mit einer brutalen-und intensiven Vehemenz, die einem so richtig in die Knochen fährt. Die blassen Farbfilter sorgen dafür, das der Eindruck von Tristesse und Trostlosigkeit fast durchgehend wie ein Damokles-Schwert über den Ereignissen hängt und schon der erste Anblick des riesigen Wohnkomplexes sorgt für einen Gänsehautschauer, den man beim besten Willen nicht vermeiden kann. In diesem Gebäude mit seinen riesigen-und verdreckten Fluren möchte man noch nicht einmal tot über dem Zaun hängen und es macht sich von der ersten Minute an eine bleierne Schwere breit, die sich mit immenser Kraft auf die eigenen Schultern legt und einen dabei fast automatisch zu erdrücken scheint. Aber nur so wird man in die genau richtige Stimmung versetzt um diese düstere Mixtur aus Horror, Drama-und Fantasy auch gänzlich auf sich wirken zu lassen, denn die äußerst beklemmende Atmosphäre ist neben der unglaublichen Bildgewalt die wohl größte Stärke dieses Filmes, der aber auch bei allen anderen enthaltenen Komponenten jederzeit zu überzeugen weiß. So bekommt man beispielsweise richtig gutes Schauspiel geboten und sämtliche Akteure glänzen dabei durch eine ungemeine Spielfreude, aber auch in Sachen Ausdruckskraft bekommt man Performances geboten, die sich qualitativ im oberen Drittel ansiedeln können. Wirkliche Hauptdarsteller schälen sich dabei eigentlich nicht heraus, denn wohl eher selten bekommt man ein Werk geboten, in dem ein Großteil der Spielanteile so gleichmäßig auf die jeweiligen Schultern verteilt sind.
Kommen wir nun zum enthaltenen Härtegrad, der sich in vorliegendem Fall gar nicht einmal so sehr über die visuelle Schiene bemerkbar macht. Zugegebenermaßen beinhaltet die Geschichte einige härtere Passagen, die zudem auch recht blutig in Szene gesetzt wurden, doch in der Hauptsache macht sich vielmehr eine Härte im Kopf des Zuschauers breit, die durch die absolut grandiose Gesamt-Inszenierung entsteht. Explizite Gewaltdarstellungen gibt es also nicht in einem so reichhaltigen Maße wie manch einer es sich eventuell erhofft hat, doch hätte das dem Gesamteindruck des Filmes auch meiner persönlichen Meinung nach nicht unbedingt gut zu Gesicht gestanden. "Rigor Mortis - Leichenstarre" sucht seine absoluten Stärken viel eher in atmosphärischer Hinsicht und wartet mit visuellen Highlights auf, die in Hülle und Fülle vorhanden sind. In Kombination mit mehreren härteren Einstellungen eröffnet sich so ein Gesamtpaket, das wohl in keinerlei Hinsicht irgendwelche Fragen offen lassen dürfte und restlos zu begeistern weiß. Dennoch wird die Geschichte ganz sicherlich die Meinungen spalten, was wohl hauptsächlich in der zu Beginn erwähnten Erzähl-Struktur der Ereignisse begründet ist. Freunde extrem gradliniger Geschichten müssen nämlich ein wenig Geduld aufbringen, bevor sich zum Ende hin eigentlich sämtliche aufkommenden Fragen von selbst beantworten, doch bis dahin wird man mit einer teilweise in sich verschachtelter Story konfrontiert, die eventuell nicht jeden Geschmack treffen dürfte.
Mich persönlich hat dieses Werk von Juno Mak restlos begeistert, so das ich von meiner Seite aus nur zur absoluten Höchstnote gelangen kann. Insbesondere der Aspekt das es sich hier nicht um die handelsübliche Vampir-Geschichte handelt und die visuell grandiose Umsetzung des Ganzen sind dabei die markantesten Stützpfeiler eines Plots, wie man ihn nicht jeden Tag geboten bekommt. Doch gerade die Asiaten sind ja immer wieder dafür bekannt, das sie in regelmäßigen Abständen gerne einmal einen etwas außergewöhnlichen Genre-Beitrag abliefern und in diese Kategorie ist "Rigor Mortis - Leichenstarre" definitiv einzuordnen. Selten habe ich ein so starkes Regie-Debüt gesehen und man kann ehrlich gesagt nur inständig hoffen, das man noch möglichst viel von Juno Mak sehen wird, denn ganz augenscheinlich hat der gute Mann ein besonderes Gespür für das Außergewöhnliche, was in dieser Geschichte eindrucksvoll zum Vorschein kommt. Für mich handelt es sich hier um ein visuelles Meisterwerk, das man wohl nicht besser hätte umsetzen können. Eine absolute Granate vor dem Herrn, die sich jeder Freund anspruchsvoller Horror-Kost keinesfalls durch die Lappen gehen lassen sollte, da man ansonsten einen in allen Belangen herausragenden Film verpassen würde.
Fazit:
Man sollte sich bei "Rigor Mortis" nicht auf einen 08/15 Horrorfilm einstellen, denn die hier umgesetzte Story stellt etwas Außergewöhnliches dar das die Meinungen sicherlich spalten wird. Wenn man über den Tellerrand hinaus schauen kann dann wird man mit einem sensationell guten Film konfrontiert, dessen herausragendes Highlight ganz sicher im visuellen Bereich zu suchen ist. Doch auch ansonsten ist die Geschichte extrem stimmig und sorgt für gut 95 Minuten pure Gänsehaut.
10/10