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Beiß mich Liebling! - Helmut Förnbacher (1970)

Verfasst: Do 1. Mai 2014, 19:49
von Prisma

BEISS MICH LIEBLING! (1970)

mit Eva Renzi, Amadeus August, Patrick Jordan, Brigitte Skay, Wera Frydtberg, Herbert Fux,
Barbara Valentin, Hansi Linder, Rainer Basedow und Ralf Wolter
eine Froduktion der New Art | im Verleih der Cinerama
ein Film von Helmut Förnbacher


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»Es ist jetzt das zweite Mal, dass wir von ihm Abschied nehmen müssen!«
Briefträger Engelmann (Herbert Fux) hat einen Unfall, der ihn leider arbeitsunfähig macht, und er wird durch den jüngeren Kollegen Peter Busch (Amadeus August) ersetzt. Der junge Mann hat allerdings noch ganz andere Qualitäten als das Zustellen von Briefen, und schon nach kürzester Zeit wird er der Renner in den Betten sogenannter grüner Witwen. Dem Sexualtherapeuten und Eheberater Hartlieb von der Wies (Patrick Jordan) läuft durch diese neue Situation die komplette weibliche Kundschaft davon, denn die nun rundum glücklichen Damen haben nichts mehr auf der Couch zu berichten. Kurzerhand beschließt von der Wies also, den potenten Briefträger ins Jenseits zu befördern, zumal dieser auch noch seine Nichte Sabrina (Eva Renzi) heiraten will. Doch alle Anschläge gelingen ihm nicht, bis er schließlich selber ins Gras beißen muss. Damit hat die Farce allerdings noch kein Ende, denn der Verblichene steigt aus seinem Grab und macht die Gegend als blutdürstiger Vampir unsicher...

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In einem Film von Helmut Förnbacher bekommt man schon allerhand geboten, nur eben nicht das, was uns der Titel verzweifelt zu versprechen versucht. Er fungierte hier fatalerweise nicht nur als Regisseur, sondern auch als Drehbuch-Autor und Produzent, so dass die Handschrift mehr als eindeutig ausgefallen ist. Entstanden ist ein vollkommen uninteressanter Erotik-Film mit beigemischtem Vampir-Thema, welches man jedoch eine geschlagene Stunde vergeblich sucht, bevor man daran erinnert wird, dass es sich doch angeblich um eine Horror-Komödie handeln soll. Kurz und schlecht, in dieser Produktion ist beinahe alles misslungen, was nur irgendwie möglich ist, und der Zuschauer bekommt ein Feuerwerk in Sachen Langeweile und Inkompetenz geboten. Der Filmdienst lästerte: »Wie schnell doch Jungregisseure für Opas Kino heranaltern.«, und es ist tatsächlich schon erstaunlich, wie gezielt hier versucht wurde, sich aller verfügbaren, gerade aktuell kursierenden, oder möglicherweise sogar beliebten Themen zu bedienen, um daraus einen Film zusammenzubasteln. Thematisch gesehen hätte sich diese Produktion schlussendlich in einer einschlägigen Report-Reihe sicherlich wohler gefühlt. Naja, das Szenario wird versöhnlicherweise noch von einer attraktiv aussehenden Besetzung unsicher gemacht, was spätestens nach Ende des Films aber auch nichts Erbauliches darstellt.

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Eva Renzi und ihre Karriere... Nach diesem Film wird unmissverständlich klar, was sie gemeint haben muss, als sie behauptete, dass "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" ihre Karriere ruiniert habe. Unmittelbar danach in einer solchen Strapaze gelandet zu sein sieht plötzlich wie der offenkundige Beweis dafür aus. Gut, sie spielt die Hauptrolle und wird in den Credits an erster Stelle genannt, aber der Film dürfte wohl das schwärzeste Kapitel in ihrer Filmografie darstellen, auch ohne Handschuhe. Mal abgesehen von den ohnehin dämlichen und peinlichen Dialogen in diesem Fiasko, hört man sie beispielsweise folgende Sätze gelangweilt und teilnahmslos abspulen: »Jetzt wo wir verheiratet sind, bleibt dir ja nichts anderes übrig, als es auch mit mir treiben zu müssen!«, oder »Liebling, schläfst du eigentlich gerne mit mir?« Tja, der Jahrmarkt der Rhetorik war offensichtlich eröffnet! Fassungslos und mit offener Kinnlade sieht man also der Schauspielerin, die dem Empfinden nach doch etwas so Magisches und Stolzes an sich hat, bei albernem Sex-Klamauk zu, und nur selten kommt es daher zu den gewünschten Renzi-Momenten, geschweige denn zu anvisierten Lachern beim sedierten Zuschauer. Dennoch kann man der Rolle von Eva Renzi etwas Gutes abgewinnen, denn es handelt sich um eine hemmungslose Aneinanderreihung von Großaufnahmen, und sie hat auch ein paar charmante Momente zu bieten, wenngleich es sich unterm Strich wirklich nur um eine Leistung zum abschreiben handelt. Wenn ich sie doch nicht immer so gerne sehen würde, hätte ich auch diesen Film vermutlich spät oder nie zu Gesicht bekommen.

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Die komplett unscheinbaren (oder uninteressanten) Leistungen liefern die Herren der Schöpfung. Amadeus August als Deckhengst im Dienste der Bundespost erscheint eher nicht originell, genau wie Patrick Jordan als sexualtherapeutischer Vampir, den es vor Knoblauch und Kreuzen graut, aber fröhlich bei Tageslicht die Stadt unsicher machen kann. Geschenkt! Herbert Fux liefert die gleiche Dutzendware, die er zu dieser Zeit gerne abspulte, und Ralf Wolter, der gerne Briefträger vernaschen würde, lehrt einen unfreiwillig das Entsetzen. Interessanter wirkt da schon wieder Brigitte Skay als Zahnärztin ohne Feingefühl, folglich auch ohne Kundschaft, die tatsächlich manchmal ein paar Schmunzler heraus locken kann. Dazu benötigt sie in ihrer Praxis allerdings Lachgas, was beim Zuschauer vielleicht auch Wunder gewirkt hätte. Außerdem ist sie mal wieder Verantwortliche für die barbusigen Einlagen dieser Geschichte. Barbara Valentin zeigt auch bereitwillig ihre Auslage und wirkt wie eine amüsante Kreuzung aus Klischee und Freudenmädchen. Wer hier nach außergewöhnlichen Kompetenzen im Bereich der Darstellungen sucht, wird weitgehend enttäuscht, daher ist das Auftreten von Wera Frydtberg umso interessanter wegen der Frage gewesen, ob sie das Niveau deutlich anheben wird. Die Antwort lautet ernüchternderweise nein, denn sie spielt eine grüne Witwe, die alle Dienste der Post (also Briefe, Pakete, Telegramme inklusive Lustknabe) ausgiebig in Anspruch nimmt. Ein buntes Ensemble, das Förnbacher hier auf den Zuschauer losgelassen hatte, das zwar auf den ersten Blick recht verlockend aussieht, aber nur spärlich überzeugen kann.

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Die Rahmenhandlung wird in überaus sinnlosen Erklärungen aufgetischt, und sie sind wirklich so trivial, dass sie keine weitere Erwähnung verdient haben. Auch ich muss mir gerade noch einmal ins Gedächtnis rufen, dass ich gerade keinen Sexfilm reinster Seele bespreche, sondern eine Horror-Komödie. Diese Tatsache bezieht sich allerdings lediglich auf die letzten zwanzig Minuten des gesamten Films, nach einer halben Stunde tauchen erstmals Vampir-Zähne auf, und nach einer geschlagenen Stunde geht es dann los mit dem, nach dieser Distanz, beinahe vergessenen Thema. Die Umsetzung ist dermaßen stümperhaft und grauenvoll, dass jedem Vampir vor Verzweiflung die Zähne ausgehen würden. Die Story ist löchrig und dünn, so dass lange und zahlreiche Sequenzen einfach mit Musik gestreckt wurden, die aber wirklich zu den wenigen gelungenen Komponenten dieses Streifens gehört. Ganz gut weiß auch das 70er Jahre Flair zu gefallen, aber das war es dann auch. Peinlich berührt wünscht man sich, dass sich hoffentlich Jemand gefunden hat, der dem Drehbuchautor erklären konnte, wie man einen guten Witz erzählt, denn nach Pointen und Situationskomik sucht man fast vergeblich, und falls sich dann doch Passagen finden lassen die einigermaßen gelungen sind, sind es die Dialoge, die alles wieder autoaggressiv zerschmettern. Der Horror hat eindeutig viele Gesichter, was Helmut Förnbacher mit seinem Abschreibungsfilm in Sachen Material und Umsetzung mehr als deutlich unter Beweis stellen konnte. Auch kam ich zu der erneut schnellen Erkenntnis, dass er mir als Schauspieler wesentlich lieber ist, und ich seine Fertigkeiten als Regisseur nicht gerade sehr ernst nehme. Daher möchte ich zum Abschluss nur folgendes Prädikat verteilen: Besonders schwachsinnig; um nur eine von dutzenden derartiger Einschätzungen zu nennen.

Re: Beiß mich Liebling! - Helmut Förnbacher (1970)

Verfasst: Fr 2. Mai 2014, 00:38
von nocgi
Bei solchen Filmen schalte ich regelmäßig mein Gehirn und den Anspruch, an ein Minimum an Würde ab und genieße einen unnachahmlichen Blick tief hinab in die teutonischen 70er. Eva Renzi und Brigitte Skay als sexy Zahnärztin verströmen eine Menge Sex-Appeal. Außerdem beweist uns Eva Renzi: Langer Mantel und großer Hut - das kommt immer gut!

Amadeus August spielt den Brieftragenden Schönling, dem im Verlauf des Films zwei scharfe Eckzähne wachsen. Ralf Wolter schwuchtelt schön übertrieben herum und Herbert Fux ist einfach Herbert Fux. Ich sehe das Österreichische Charaktergesicht immer gerne und irgendwo habe ich mal gelesen: ein Film, in dem Herbert Fux mitspielt, ist kein wirklich schlechter Film :nick:

Einige Szenen sind so plump, dämlich und billig, dass es schon wieder genial ist und in seiner überzeichneten Absurdität an die Cartoons mit dem Coyoten und den Roadrunner erinnert (z.B. die Szene mit den angesägten Bodenbrettern auf der Brücke :mrgreen: )

Ich gebe gerne zu: je weiter sich die Gegenwart von den 70ern entfernt, desto genüsslicher blicke ich auf die Orangefarbene-Epoche zurück. Die deutschen Komödien, die mehr platten Klamauk als hintersinnigen Witz boten, gelten im Allgemeinen ohnehin als Grenzdebil, furchtbar Geschmacklos und kein Klischee auslassend. Mir bereitete Förnbachers "Beiss mich Liebling!" jedoch eine herrlich ranzige Unterhaltung, für die sich jeder Mainstreamzuschauer schämen würde.

6,8/10