Seite 1 von 1
Der schweigende Stern - Kurt Maetzig (1960)
Verfasst: Sa 3. Mai 2014, 17:24
von purgatorio
DER SCHWEIGENDE STERN
Alternativtitel: Raumschiff Venus antwortet nicht (BRD), First Spaceship on Venus (international), Silent Star, Milczaca gwiazda
Originaltitel: Der schweigende Stern
Regie: Kurt Maetzig
Produktionsland: DDR, Polen (1960)
Darsteller: Yoko Tani, Oldřich Lukeš, Ignacy Machowski, Julius Ongewe, Michail N. Postnikow, Kurt Rackelmann, Günther Simon, Tang Hua-Ta, Lucyna Winnicka, Omani Mensah, Barbara Leonhard, Ruth-Maria Kubitschek...
Story:
Im Jahre 1950 wird in der Wüste Gobi eine offenbar außerirdische Magnetspule ausgegraben, die in Verbindung mit einem Meteoriteneinschlag in Tunguska, Rußland aus dem Jahr 1908 steht. Erst viele Jahre später erkennt man die Bedeutung der Spule als eine Art wissenschaftlichen Bericht über die Erde. Man errechnet, daß die Aliens von der Venus gekommen sein müssen und abgestürzt seien. Man rüstet eine multikulturelle Expedition zur Venus aus , die einen unheimlichen und unwirtlichen Planeten vorfindet, einen gläsernen Wald, Energieleitungen und einen protoplasmischen Schlamm, der mutiert. Eine große, weiße Kugel gibt starke Rätsel auf, bis erkannt wird, daß die Venusier feinlich gesinnt waren. Doch was ist auf dem Planeten wirklich geschehen und warum sind keine Venusier zu entdecken?
(via ofdb)
Re: Der schweigende Stern - Kurt Maetzig (1960)
Verfasst: Sa 3. Mai 2014, 18:30
von Prisma
DER SCHWEIGENDE STERN / RAUMSCHIFF VENUS ANTWORTET NICHT (1960)
mit Yoko Tani, Oldrich Lukes, Michail N. Postnikow, Ignacy Machowski, Kurt Rackelmann,
Julius Ongewe, Günther Simon, Tang Hua-Ta, Lucina Wannicka, Ruth-Maria Kubitschek, u.a.
eine Gemeinschaftsproduktion der DEFA | Film Polski | im Verleih der Constantin
nach dem Roman "Planet des Todes" von Stanislaw Lem
ein Film von Kurt Maetzig
»Ist das nicht wieder so ein Untertassen-Märchen?«
Im Jahre 1908 wurde in der Wüste Gobi eine seltsame Spule entdeckt, deren Inhalt erst Jahrzehnte später als Nachricht entschlüsselt werden konnte. Nun, bereits im Jahr 1970 angekommen, soll ein bemanntes Raumschiff den Planeten erforschen, von dem die mysteriöse Nachricht stammt. Die japanische Ärztin Sumiko (Yoko Tani) unternimmt mit einer internationalen Besatzung von sieben weiteren Wissenschaftlern eine Expedition durch die Galaxie, um den Zielplaneten Venus zu erforschen. Wird man dort Leben finden? Auf dem beschwerlichen Flug dechiffriert der amerikanische Atomphysiker Hawling (Oldrich Lukes) die gespeicherte Nachricht, und man muss mit Entsetzen feststellen, dass es sich um eine unmissverständliche Kriegserklärung gegen die Erde handelt. Was die Expedition schließlich auf der Venus vorfindet, übersteigt die Vorstellungskraft der Raumschiff-Besatzung. Werden Sumiko und ihre Kollegen die Erde jemals wieder sehen..?
Kurt Maetzigs Science-Fiction-Beitrag stellte auch für mich gewissermaßen eine Expedition ins Ungewisse dar. Mit dem Produktionsjahr 1960, und vor allem der Beteiligung der Produktionsländer, erschien es eigentlich vollkommen ausgeschlossen, dass es sich um eine halbwegs überzeugende Inszenierung handeln könnte, und mir schwebte irgend etwas in Richtung der unfreiwillig komischen, wenn auch recht unterhaltsamen "Raumpatrouille Orion" vor. Nach wenigen Minuten Spielzeit stellt sich allerdings heraus, dass die Inszenierung gerade eben für Anfang 60er Verhältnisse erstaunlich aufwendig wirkt, und auch die Ausstattung erscheint alles andere als spartanisch oder plump zu sein, so dass man für das Produktionsjahr von einem kleinen Überraschungscoup sprechen darf, auf den man sich problemlos einlassen kann. Auf der Reise zur Venus glaubt man dann schließlich Untertöne mit fadem Beigeschmack aufspüren zu können, da potentielles Leben im All unbedingt als feindselig charakterisiert wird, was sich im Verlauf jedoch als Schlüssel für die tiefsinnige Intention dieser Geschichte herausstellen wird.
Das Leitmotiv der unermesslichen Gefahr durch nukleare Zerstörung wirkt ihrer Zeit voraus und weitsichtig, außerdem rechtfertigen die subtilen Elemente der Abhandlung mehrere Hinweise auf den Kernwaffeneinsatz in Hiroshima und eine damit verbundene, ernüchternde Geschichte für die Nebenhandlung, was glaubhaft über die Projektionsfläche Yoko Tani geschieht. Interessant zu sehen ist, dass man für den imaginären Flug zur Venus lediglich zehn Jahre weiter dachte. Ob man damals, nach dem Landen des ersten unbemannten Flugkörpers auf dem Mond wirklich glaubte, dass die Forschung und die damit verbundenen Möglichkeiten derartig rapide Schritte erleben würden? Jedenfalls ist Maetzigs Film damit ein charakteristisches Kind des Zeitgeistes geworden. Was im Rahmen der Geschichte wirklich überzeugend und denkwürdig zugleich erscheint ist, dass man selbst auf einem fremden Planeten mit massiven Ängsten konfrontiert wird, die ihren Ursprung auf der Erde haben, was im Klartext heißt, dass die Handlung gar nicht so wie vom anderen Stern wirkt, wie zunächst angenommen.
Darstellerisch bekommt man Angenehmes geboten, vor allem die zierliche Yoko Tani weiß zu überzeugen. Die Tricks und die Ideen sind für damalige Verhältnisse ansprechend umgesetzt worden, wobei man natürlich fast immer die liebevoll arrangierten Spielzeuglandschaften als solche erkennen kann. Aber das Alles wirkt schon irgendwie charmant und hat für meine Begriffe nichts mit Trash zu tun. Die wissenschaftlichen Erklärungen klingen glaubhaft, die scharfkantige Musik erzeugt immer wieder Spannung und man verspürt keine signifikanten Aussetzer. Insgesamt sieht man mit "Der schweigende Stern" einen global denkenden Film der nicht nur ausschließlich an Unterhaltungsleistung interessiert ist, und die latente Gefahr nicht primär irgendwo im Universum lauern sieht, sondern diese vor allem auf der Erde lokalisiert. Ein gelungener Überraschungsbeitrag!
Re: Der schweigende Stern - Kurt Maetzig (1960)
Verfasst: Sa 3. Mai 2014, 18:46
von purgatorio
hui, hattest du die Rezension schon in petto oder hast du das jetzt eben fix getippelt?
Ich habe heute bei einer Memorabilia-Börse zwei DDR-Aushangfotos hierzu ergattern können und erinnerte mich wieder, dass ich den schon ewiglich mal sehen wollte. Hab ich natürlich sofort geordert, da ich nur die gekürzte internationale Fassung hier habe. Und auf die habe ich noch nie Bock gehabt
Re: Der schweigende Stern - Kurt Maetzig (1960)
Verfasst: Sa 3. Mai 2014, 18:59
von Prisma
Ach, ich habe mal eben die Schublade aufgemacht.
Den Film hatte ich vor knapp einem halben Jahr mal anderswo besprochen und ich finde den wikrlich richtig gut. Ich erinnere mich, dass sich mir den zugelegt hatte, weil ich zu dieser Zeit so eine Art Ruth-Maria Kubitschek-Run hatte, soll ja passieren.
Auch Yoko Tani hatte mich da interessiert, die ich nur aus
"Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse" kenne, ansonsten ist mir die Besatzung vollkommen unbekannt. Ich suche meine Filme eben gerne nach Darstellern aus, oder eher gesagt, fast ausschließlich.
Re: Der schweigende Stern - Kurt Maetzig (1960)
Verfasst: Fr 9. Mai 2014, 15:44
von purgatorio
DER SCHWEIGENDE STERN (DDR, Polen 1960, Regie: Kurt Maetzig)
Ein recht guter Sci-Fi-Beitrag von hinter dem Eisernen Vorhang, der zwar punktuell ideologisch durchsetzt, letztlich aber dadurch nicht schlechter ist! Lose basierend auf einer Romanvorlage von Stanislaw Lem (der die Verfilmung offenbar wenig beeindruckend fand), wird der Rezipient in eine heile Welt von in allen Belangen zusammenarbeitenden Völkern eingeführt (lediglich Amerika unterstützt bisweilen etwas wiederwillig). Diese finden im Tunguska-Krater eine Spule, die offenbar von der Venus stammt und Stimmen außerirdischen Lebens preisgibt. Da die Venus aber auf keinerlei Kontaktversuche reagiert, wird eine internationale Mission aus Experten unterschiedlichster Fachbereiche zum schweigenden Stern geschickt. Erst diese Mission erkennt die eigentlichen Intentionen der Venusianer, die sich bei der Realisierung aber offenbar selbst ausgelöscht haben…
Der Film ist zeitgemäß naiv, aber (relativ) aufwendig ausgestattet und getrickst! Zwar offenbart die Handlung auch diverse Längen, denen eine Straffung durchaus gut gestanden hätte (die – man verzeihe mir die Formulierung – „Westfassung“ ist zwar ordentlich gestrafft, dies jedoch aus anderen Gründen; so fielen überwiegend Anspielungen auf Hiroshima und andere Problemfälle der jüngeren Vergangenheit des amerikanischen Verbündeten der Schere zum Opfer, eine narrative Optimierung hatte hier keiner im Sinn), interessant bleibt er im Ganzen aber dennoch. Und es sind auch allerhand bemerkenswerte, ja richtig beeindruckende Momente im Film enthalten (Schatten an den Wänden, der energetische Schlamm etc.), der eine Sichtung für Freunde der Retro-Sci-Fi empfehlenswert macht. Und das warten wird zum Ende hin mehr und mehr belohnt, das Finale ist sogar beeindruckend dramatisch (aber die wirklich letzte Einstellung ist dann deutlich zu viel des Guten!)! Insgesamt gibt‘s charmante 6/10
Re: Der schweigende Stern - Kurt Maetzig (1960)
Verfasst: Mo 23. Feb 2015, 21:00
von CamperVan.Helsing
Ich fand den Film überraschend solide, vielleicht etwas sozialistisch-dröge, etwas propagandistisch, doch mit völkerverbindenden und atomwaffenablehnender Aussage und positiv naiv. Auch die Tricktechnik geht in Ordnung. Zwar wirkt manches durch die zeitliche Distanz von 1960 zu heute unfreiwillig komisch, von "Trash" kann hier aber keine Rede sein. Hat mir durchaus gefallen.
Re: Der schweigende Stern - Kurt Maetzig (1960)
Verfasst: Di 24. Feb 2015, 10:22
von Arkadin
Weil es nur klein oben in den Stabangaben steht, wollte ich nur kurz darauf hinweisen, dass es sich bei "Der schweigende Stern" um eine Stanisław-Lem-Verfilmung ("Die Astronauten") handelt.
Re: Der schweigende Stern - Kurt Maetzig (1960)
Verfasst: Di 24. Feb 2015, 10:59
von purgatorio
Arkadin hat geschrieben:Weil es nur klein oben in den Stabangaben steht, wollte ich nur kurz darauf hinweisen, dass es sich bei "Der schweigende Stern" um eine Stanisław-Lem-Verfilmung ("Die Astronauten") handelt.
das hatte ich in meiner Kurzbesprechung auch erwähnt
Bei Prisma steht als Romanvorlage "Planet des Todes" von Stanislaw Lem. Welcher ist es denn nun, oder sind es nur alternative Titel?
Re: Der schweigende Stern - Kurt Maetzig (1960)
Verfasst: Di 24. Feb 2015, 11:23
von Arkadin
purgatorio hat geschrieben:
Bei Prisma steht als Romanvorlage "Planet des Todes" von Stanislaw Lem. Welcher ist es denn nun, oder sind es nur alternative Titel?
Alternativer Titel. "Die Astronauten" ist heute geläufiger.
Re: Der schweigende Stern - Kurt Maetzig (1960)
Verfasst: Mo 17. Jun 2024, 13:24
von buxtebrawler
Erscheint voraussichtlich am 20.06.2024 bei Fernsehjuwelen auf Blu-ray und auch noch einmal auf DVD:
Extras:
- digitales Booklet
- Audiokommentar von Dr. Rolf Giesen
- Szenenentwürfe vonn Alfred Hirschmeier
- Trailer, Märchen bei Filmjuwelen
Quelle: OFDb-Shop