Philadelphia - Jonathan Demme (1993)
Verfasst: Mo 12. Mai 2014, 23:28
USA 1993
D: Tom Hanks, Denzel Washington, Jason Robards, Antonio Banderas
Als Andrew Beckett (Tom Hanks) Joe Miller (Denzel Washington) vor Gericht schlägt, scheint alles gut zu laufen für den smarten jungen Mann. Doch einige Monate später steht Beckett vor Millers Tür und bittet um Hilfe: er hat AIDS und ist deswegen aus seiner Firma gefeuert worden. Miller, der weder Schwulen noch AIDS besonders aufgeschlossen gegenübersteht, weigert sich zunächst, nimmt dann aber den Job doch an. Und lernt dazu... (OFDB)
"Philadelphia" war 1993 die erste Hollywood-Produktion zur AIDS-Thematik, nachdem sich vorher lediglich unabhängige Produktionen wie "Longtime Companion" sich damit befassten. Während heute immerhin Medikamente zur Verfügung stehen, die das Ausbrechen der Krankheit verhindern können, war vor 20 Jahren die Erkrankung mit einem Todesurteil gleichzusetzen, nicht nur im wörtlichen Sinne, sondern auch im gesellschaftlichen Sinne. Wer erinnert sich heute noch daran, dass der CSU-Rechtsaußen Gauweiler daran dachte, HIV-Infizierte zu "isolieren"? Vergessen wir auch nicht, dass damals auch bei weitem noch nicht die rechtliche und gesellschaftliche Stellung Homosexueller mit der heutigen vergleichbar war.
Vor diesem Hintergrund ist Demmes Film zu sehen, der für Toleranz anderer Lebensweiten plädiert und sich für die Rechte Schwuler und AIDS-Kranker einsetzt, auch wenn das Ergebnis nicht völlig überzeugt. Demme ist sich bewusst, dass Homophobie in weiten Teilen der Bevölkerung verbreitet ist, und so wird auch Becketts Rechtsanwalt Joe Miller beschrieben. Joe ist eher ein kleiner Winkeladvokat, ein Mann des Mittelstands, gerade Vater geworden, und schwarz. Er hat Vorurteile gegenüber Schwulen, er hat Angst um sein neugeborenes Kind (auch wenn zu dem Zeitpunkt bereits bekannt war, dass HIV nur über Körperflüssigkeiten übertragen wird), und er will den Fall nicht übernehmen, lässt sich dann aber doch breitschlagen. Er steht also sinnbildlich für den Durchschnittsamerikaner, dem man hier Toleranz "unterschieben" wollte.
Dabei bleibt im Unklaren, woher Becketts Infektion eigentlich stammt, auch wird nicht versucht, Beckett in einem Sinne zu glorifizieren, dass er diese Krankheit "nicht verdient habe". Im Prozess werden seine dunklen Seiten ans Licht gezerrt, und wenn er sich eine Opernarie anhört, wird die akustische Toleranz des Zuschauers schon arg auf die Probe gestellt.
Letztlich eine gelungene Mischung aus AIDS-Drama und Gerichtsfilm mit einem grandiosen Tom Hanks und Titelsong von Bruce Springsteen.
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