(Es wird endlich Zeit, dem Film mal eine ordentliche Besprechung zu geben ...)
The Hooligan Club - Fear and Fight
Clubbed
Großbritannien 2008
Regie: Neil Thompson
Mel Raido, Shaun Parkes, Scot Williams, Maxine Peake, Ronnie Fox, Colin Salmon, Samuel Anderson, James Cartwright, Charlie Clark, Dominic Coleman, Hayley Evetts, Paddy Fletcher
- The Hooligan Club - Fear and Fight.jpg (238.85 KiB) 217 mal betrachtet
OFDB
Auch im neuen Jahrtausend sind deutsche Filmverleiher richtig kreativ, wenn es darum geht, vermeintlich zugkräftige Eindeutschungen für ausländische Filme zu finden. CLUBBED wurde dann einfach mal eben „übersetzt“ zu HOOLIGAN (Hooligan-Filme verkaufen sich immer gut), weil FIGHT CLUB ein Riesenerfolg war und das Wort Club ja nun im Originaltitel vorkommt, macht man aus den Türstehern einen CLUB, und weil der Erzähler im Film sich seinen Ängsten stellt und gegen sie kämpft, kommt man zu FEAR AND FIGHT. Nun ja,
Die Abenteuer von Erwin dem Straßenbahnschaffner hätte genauso viel Bezug gehabt zum Film wie HOOLIGAN CLUB …
Dabei ist HOOLIGAN CLUB das genaue Gegenteil eines Films über prügelnde Asoziale mit jeder Menge Gewalt und Blut. Die Geschichte wird vor allem im zweiten Drittel sehr leise erzählt, und Regisseur Neil Thompson gibt sich viel Mühe, jede einzelne Figur einzuführen und zu charakterisieren: Der sanfte Danny ist der geborene Looser. Voller Ängste, vom Leben immer wieder zurückgeschlagen, lebt er seit seiner Scheidung in einer miesen Hochhauswohnung, arbeitet als Putzkraft in einer Fabrik, und muss sich ständig mit der wesentlich stärkeren Ex darum zoffen, die gemeinsamen Kinder sehen zu dürfen. Ein sehr schmerzliches Zusammentreffen mit drei Schlägern in einem Pub bringt ihn dazu, mit dem Boxen zu beginnen. Der Trainer, Louis, arbeitet als Türsteher in einem Club und ist ein wahrer Adept SunTzus, des Meisters der Kriegskunst: Louis ist ein großer Kämpfer der den Kampf vermeidet. Kämpfen hat er nicht nötig, er ist geistig stärker als das Kroppzeug, das er und seine Freunde Starky und Rob Nacht für Nacht aus dem Club befördern. Danny freundet sich mit allen Dreien an (ja ja, sie bilden eine Art Club …) und beginnt ebenfalls im Club zu arbeiten. Denn Starky gerät parallel auf Abwege und erledigt Botengänge für den Gangster Hennessy, der mit Drogen seine vielen Kohlen verdient. Unter anderem auch durch Dealereien in besagtem Club, wo allerdings Rob die Dealer schneller zur Hintertür hinausbefördert, als Starky sie vorne reinlassen kann. Die miese Type, die Danny damals im Pub zusammenschlug, gehört auch zu Hennessy, und so ist der Konflikt vorprogrammiert: Hennessy ist nicht bereit, sich die Butter vom Brot nehmen zu lassen, und geht mit Fäusten und Baseballschlägern auf die Freunde los, deren Zusammenhalt durch Starkys Eskapaden zu schwinden beginnt …
]
Ja, das mag wie ein typischer britischer Gangsterflick im Gefolge des ein Jahr zuvor entstandenen FOOTSOLDIER klingen, doch die Saga um Türsteher und Gangstertum entpuppt sich in er Wirklichkeit als sehr intelligentes Drama um Angst und Mut, und darum sich seinen Ängsten zu stellen um sie zu besiegen. Freilich ist der Film mit reichlich Gewalt durchsetzt, die letzte halbe Stunde hat einige sehr unangenehme Szenen im Gepäck, und die desolate und aggressive Stimmung im England der frühen 80er-Jahre ist perfekt umgesetzt. Aber das Hauptding ist Danny, der so gar nicht dem Prototypen des wilden Haudrauf entspricht, und der erst lernen muss damit umzugehen, dass Gewalt im Kopf beginnt, und nicht im Oberarm. Und dort auch entschieden wird.
Es ist faszinierend zuzusehen, wie Danny allmählich aus seiner Looserrolle herauskommt und zunehmend bereiter wird, Verantwortung zu übernehmen. Zu sich selbst zu stehen, und auch die Konsequenzen zu tragen. Nicht unbedingt im Sinne des
Stand Your Ground der Fußball-Hools, sondern als Mensch im realen Leben: Seiner Ex-Frau, die sich längst angewöhnt hat ihn mit dem Besuchsrecht bei den Kindern zu erpressen, und ihren eigenen Zeitplan und ihre eigenen Vorstellungen dem nachgiebigen Danny willkürlich um die Ohren haut, bietet er überraschend Paroli – Was der Beziehung gar nicht mal so schlecht tut.
HOOLIGAN CLUB ist die Coming-of-Age-Geschichte eines 30-jährigen Mannes, der beginnt mit einer Existenz am Rand der Unterschicht klarzukommen, und der versucht, mehr aus seinem Leben zu machen. Garniert mit guter Musik (in erster Linie Northern Soul und Bluebeat), der richtigen Menge an Gewalt und einem sehr realistischen 80er-Umfeld rockt der Film ungeheuer und hinterlässt vor allem durch das letzte Drittel, in dem die Handlung um den Drogengangster Hennessy eskaliert, mächtig Eindruck. Toll!
7/10