Dallas Buyers Club - Jean-Marc Vallée
Verfasst: Mi 23. Jul 2014, 16:56
Dallas Buyers Club
(Dallas Buyers Club)
mit Matthew McConaughey, Jennifer Garner, Jared Leto, Denis O'Hare, Steve Zahn, Michael O'Neill, Dallas Roberts, Griffin Dunne, Kevin Rankin, Donna Duplantier, Deneen Tyler, J.D. Evermore, Ian Casselberry, Noelle Wilcox
Regie: Jean-Marc Vallée
Drehbuch: Craig Borten / Melisa Wallack
Kamera: Yves Bélanger
Musik: Keine Information
FSK 12
USA / 2013
Dallas, 1985: Der Cowboy Ron Woodroof (Matthew McConaughey) führt ein exzessives Leben auf der Überholspur. Rodeos, Alkohol, Koks und Frauen bestimmen seinen Alltag. Als Woodroof wegen einer Schlägerei im Krankenhaus landet, eröffnet ihm der Arzt nach einer Routineuntersuchung, dass er HIV-positiv ist und nur noch 30 Tage zu leben hat. Die Welt des homophoben Texaners bricht zusammen - für ihn ist es unfassbar, dass er sich mit dieser "Schwulenkrankheit" infiziert haben soll. Nachdem ihm das von seiner Ärztin Dr. Eve Saks (Jennifer Garner) verschriebene, einzige legale Medikament AZT mehr schadet als nutzt, sucht er nach Alternativen. Ron wird in Mexiko fündig und beginnt, die in den USA illegalen Medikamente im großen Stil ins Land zu schmuggeln. Um sein Geschäft noch lukrativer zu machen, lässt er sich auf einen Deal mit dem homosexuellen Rayon (Jared Leto) ein: Gemeinsam gründen sie den "Dallas Buyers Club", durch dessen kostenpflichtige Mitgliedschaft man unbegrenzten Zugang zu den Präparaten bekommt. Mit dem Geschäft ihres Lebens entsteht nach und nach eine besondere Beziehung zwischen dem ehemals rücksichtslosen Hedonisten und dem sensiblen Homosexuellen. Der Club wird in Windeseile landesweit bekannt und die Medikamenten-Flatrate findet bei Rons und Rayons Leidensgenossen reißenden Absatz. Mit dem Erfolg gerät die Organisation allerdings schnell ins Visier der FDA (Food and Drug Administration). Denn die Gesundheitsbehörden sind, ganz im Sinne der Pharmaindustrie, nicht gewillt, das rentable Geschäft mit den Kranken aus den Händen zu geben. Ron beschließt, sich gegen das System zu stellen und nicht nur für das Recht der Kranken, sondern für das Leben zu kämpfen.
Filme die auf wahren Geschichten basieren sind zumeist immer sehr intensiv und gehen unter die Haut und so lässt einen auch die filmische Biografie des AIDS-Patienten Ron Woodroof keinesfalls kalt, die hier von Jean-Marc Vallée absolut herausragend in Szene gesetzt wurde. Nicht umsonst hat der Film einige Golden Globes, sowie auch 3 Oscars eingeheimst und nach der Sichtung dieses berührenden Dramas muss man diese Auszeichnungen auch als vollkommen berechtigt ansehen. Die meisten Preise wurden dabei durch das herausragende Schauspiel von Jared Leto und Matthew McConaughey errungen, die jeweils als bester Haupt-und Nebendarsteller ausgezeichnet wurden. An dieser Stelle sollte man allerdings anmerken, das Leto trotz seiner hervorragenden Performance lediglich die zweite Geige spielt, denn alles überstrahlend kommt in diesem Film ein Matthew McConaughey daher, der hier trotz mehrerer toller Leistungen in diversen anderen Filmen wohl in der bisher größten, brillantesten und schwierigsten Rollen seiner filmischen Karriere zu sehen ist. Die Figur des sterbenskranken Cowboys erscheint ihm dabei wie auf den Leib geschneidert und der Zuschauer bekommt eine in jeder einzelnen Szene glaubwürdige-und extrem authentische Darstellung eines Texaners geboten, die gleichzeitig auch sämtliche Klischees beinhaltet, die einen wahren Macho ausmachen. Beim ersten Anblick des Hauptdarstellers erschreckt man sich allerdings ganz gewaltig, denn vom einstigen gut aussehenden Stern am Hollywood-Himmel ist kaum etwas zu erkennen, musste McConaughey doch sage und schreibe ganze 22 Kilo abnehmen, um auch eine optische Übereinstimmung mit einem Todkranken zu erreichen, dem noch eine Lebensdauer von maximal 30 Tagen vorausgesagt wird. Das dabei zu Tage kommende Erscheinungsbild des Mannes ist gänzlich überzeugend, eingefallene Wangen, schlaffe Haut und eine generell äußerst hagere und ausgemergelte Figur erinnern einen dabei ganz unwillkürlich an einen Christian Bale, der für den Film "The Machinist" ein ähnliches Erscheinungsbild hervor brachte.
Doch nur so erreicht die hier erzählte Geschichte auch ein Höchstmaß an Glaubwürdigkeit und dieser Aspekt kommt in jeder einzelnen Einstellung zum tragen. Dabei ist es vollkommen egal ob es sich um die zu Beginn gezeigten Exzesse im Leben des Ron Woodroof handelt die letztendlich zu der todbringenden Immunkrankheit geführt haben, oder ob es der danach stattfindende Kampf gegen die übermächtigen Pharma- Konzerne ist, die aus reiner Profitgier und unter dem offensichtlichen Schutz der Behörden keine wirkliche Hilfe leisten wollen. Es findet eine wahre Wandlung vom Saulus zum Paulus bei Woodroof statt, denn aus dem einstigen exzessiven Lebensstil wird nun der gnadenlose Kampf gegen eine tückische Krankheit und deren Bekämpfung. McConaughey zeigt hier eine absolute Glanzleistung und verkörperst den von ihm dargestellten Charakter mit einer Inbrunst die wirklich ihresgleichen sucht und wenn man es nicht besser wüsste würde man denken, das der gute Mann wirklich um sein eigenes Leben kämpft. Ihm zur Seite steht hauptsächlich der homosexuelle Rayon (Jared Leto) und zusammen gründen die beiden dann den "Dallas Buyers Club", in dem die kranken Mitglieder für eine einmalige Gebühr mit illegalen Medikamenten versorgt werden, die ihnen jedoch eine Menge Linderung bringen. In diesem Aspekt der Story liegt wohl auch eine ziemlich makabere Note, denn obwohl die von Woodroof aus aller Herren Länder organisierten Mittel in den USA nicht zugelassen sind, offenbaren sie eine weitaus größere Hilfe gegen AIDS, als das hochgiftige AZT, das zudem auch noch mehrere höchst unerfreuliche Nebenwirkungen an den Tag legt.
Neben der sehr bewegenden Geschichte um die Hauptfigur beinhaltet das Geschehen also zudem auch eine Menge Sozialkritik und präsentiert einem zudem auch noch einen äußerst tiefen Einblick darüber, wie unaufgeklärt die Bevölkerung zur damaligen Zeit in den USA im Bezug auf HIV-und AIDS noch war. Dies wird insbesondere durch etliche Neben-Charaktere verdeutlicht, denn ganz besonders die ehemaligen Freunde-und Arbeitskollegen von Ron wenden sich angeekelt von ihm ab als sie von der an ihm ausgebrochenen Krankheit erfahren. Auch dieser Punkt wird dabei sehr plastisch rüber gebracht und es kommt immer wieder die damals verbreitete Meinung zum Vorschein, das diese Krankheit nur von Homosexuellen übertragen wird. Woodroof wird also ganz unweigerlich als "Schwuchtel" abgestempelt und obwohl er selbst auch lange diese Meinung vertreten hat ändert sich seine Meinung, als er sich immer intensiver mit dem Virus auseinandersetzt. So entwickelt sich dann auch mit der Zeit aus einer Abneigung zu Beginn eine echte Freundschaft zwischen ihm und Rayon, die ihrem gemeinsamen Kampf gegen die amerikanischen Gesetze sehr förderlich ist. In einer weiteren Nebenrolle gibt es auch noch ein Wiedersehen mit Jennifer Garner die als Ärztin auf den Plan tritt und zunächst auch die Interessen der Pharma-Konzerne größtenteils unterstützt. Erst mit der Zeit findet auch bei ihr ein Umdenken statt, denn ab einem gewissen Zeitpunkt muss auch sie erkennen das man das Wohl der Erkrankten eigentlich erst nach dem Profit für die jeweiligen Firmen sieht. "Dallas Buyers Club" offenbart also ein äußerst vielschichtiges Drama und erzählt in einer eher ruhigen, aber äußerst intensiven Erzählweise eine Geschichte, die dem Betrachter ganz automatisch unter die Haut geht.
Doch obwohl das Szenario absolut brillant aufgebaut ist liegt die absolute Stärke dieses Werkes ganz sicher in den hervorstechenden Darstellern, denn bis in die kleinsten Nebenrollen ist das Szenario perfekt besetzt. Aber trotz der unzähligen gelungenen Darstellungen kommt man nicht umhin, einen berauschend agierenden Matthew McConaughey noch einmal gesondert hervorheben, denn seine Leistung kann man im Prinzip überhaupt nicht in Worte fassen. Nur selten bekommt man einen Hauptdarsteller zu sehen, der sich so dermaßen mit der von ihm dargestellten Figur auseinandergesetzt haben muss, denn anders ist das authentische Schauspiel nicht logisch zu erklären. Hinzu kommt erschwerend die Tatsache, das es sich dabei nicht um irgendeine fiktive Figur handelt, sondern vielmehr um einen Menschen, der den hier dargestellten Kampf damals wirklich ausgefochten hat. Umso höher ist also die darstellerische Leistung einzuschätzen und man kann der Academy auch nur zu dem Entschluss gratulieren, dafür den Oscar für den besten Hauptdarsteller verliehen zu haben. Wer also ein brillant erzähltes Drama mit einer fesselnden Geschichte und einer grandiosen Darsteller-Riege sehen möchte, kommt unmöglich an "Dallas Buyers Club" vorbei, der die verliehenen Preise mehr als verdient hat, da er eine filmische Ausnahmestellung einnimmt.
Fazit:
Regisseur Jean-Marc Vallée hat mit diesem Film wirklich ganz großes Kino auf die Leinwand gezaubert, denn "Dallas Buyers Club" erzählt eine Story, die man ganz sicher nicht so schnell wieder vergessen wird. Einfühlsam, kompromisslos und mit sehr viel sozialkritischen Aspekten versehen präsentiert sich dabei ein Werk, das auch nachhaltig im Gedächtnis hängen bleibt und dort seine Spuren hinterlässt.
10/10