● Folge 3: DER ALTE SCHLÄGT ZWEIMAL ZU (1977)
mit Siegfried Lowitz, Michael Ande, Jan Hendriks
Gäste: Brigitte Horney, Loumi Iacobesco, Michel Robin, Eleonore Noelle, Harald von Koeppelle, Uli Steigberg, u.a.
eine Produktion der Neue Münchner Fernsehproduktion | im Auftrag von ZDF | ORF | SRG
Regie: José Giovanni
»Und du hast noch die Frechheit von dieser Schlampe zu sprechen!«
Der Spediteur Erich Finberg will sich so schnell wie möglich von seiner Frau scheiden lassen, um seine wesentlich jüngere Geliebte heiraten zu können. Von einer Tour brachte er nämlich die schöne Vanessa aus Polen mit und hält sie seitdem in einer feudalen Wohnung aus. Frau Finberg wehrt sich jedoch entschieden gegen eine Scheidung und packt nach einem Streit die Koffer. Sie möchte ein paar Tage bei ihrer Mutter verbringen, wo ihr Mann sie mit seinem LKW absetzen soll. Zwei Tage später sucht die besorgte alte Dame Kriminalhauptkommissar Köster auf und erhebt schwere Anschuldigungen gegen ihren Schwiegersohn. Da ihre Tochter spurlos verschwunden ist, beschuldigt sie ihn des Mordes. Für Köster und seine Kollegen beginnen minutiös angelegte Ermittlungen...
Auch nach kürzester Zeit darf innerhalb einer noch jungen Serie keine Eintönigkeit aufkommen. Es scheint, als habe man sich bei den Verantwortlichen genau dieses Prinzip vorgenommen und die dritte Folge in Teilen mit einem Stab ausgestattet, der zumindest über die Grenzen der deutschen TV-Landschaft hinaus ragt. Auch die Besetzung steht für ein beinahe europäisches Flair, was wohl dem schweizerisch-Französischen Regisseur José Giovanni zu verdanken ist. Der Kriminalfall wirkt auf den ersten Blick ziemlich herkömmlich, eine unbequeme Ehefrau verschwindet spurlos, ihr Mann hat eine jüngere Geliebte und ein Familienmitglied bezichtigt ihn des Mordes. Interessant bei dieser Veranstaltung ist die bunt zusammen gewürfelte Besetzung die funktioniert, eben weil sie nicht konventionell zusammen passen möchte. Der Fall wird akribisch aufgerollt und ausgiebig, aber vor allem verständlich für den Zuschauer rekonstruiert, was zu einigen leichteren Längen führen wird, die allerdings durch ein hervorragendes Finale weniger gravierend erscheinen. Interessant bei dieser dritten Folge sind die Randnotizen. Es heißt, dass "Der Alte schlägt zweimal zu" damals einen Skandal ausgelöst haben soll und Polizeigewerkschaften insofern protestierten, weil die Arbeit an sich verzerrt dargestellt wurde, da der Täter mit unlauteren Mitteln überführt wurde. Die Folge wurde bei einigen Sendern aus dem Programm gestrichen und das ZDF musste sich zu rechtfertigen. Natürlich sind derartige Aufschreie immer relativ zu betrachten, aber insbesondere die Charakterisierung von Kösters Mitarbeiter Heymann schoss ein wenig über das Ziel hinaus, als er sich mit der Verdächtigen einlässt. Um dabei möglicherweise an Informationen zu kommen, oder ob er sich eben nur hat einwickeln gelassen, bleibt ein Geheimnis der Regie und man darf selbst entscheiden. Dennoch bleibt unterm Strich ein annehmbarer Fall bestehen, der trotz der klassischen Inszenierung hin und wieder richtig exotisch wirkt.
Bei der Besetzung fällt zunächst der Franzose Michel Robin auf. Er, der alles andere als einen Casanova-Typen aus dem Bilderbuch darstellt, hat ein Verhältnis mit der attraktiven Vanessa, die von der Rumänin Luomi Iacobesco mit Feuer versehen wird. Da der Spediteur Finberg offenbar recht wohlhabend ist, entscheidet sie sich für die bequemste Variante: sie lässt sich aushalten, obwohl sie nebenher für Mode-Fotos posiert. Das wichtigste ist allerdings, dass sie so schnell wie möglich einen Ring am Finger haben muss, da sie sonst ausgewiesen wird. Finbergs Frau findet für diese Dame daher sehr deutliche Vokabeln und hält ihrem Mann vor, dass sie nur auf ein besseres Leben, und auf sein Geld aus sei. Unmittelbar darauf fleht der Mann, der in seinem Verhalten eher einem kleinen verliebten Jungen gleicht, seine Frau auf Knien um die Scheidung an, doch sie bleibt hart. Bei diesen kurzen Szenen macht Eleonore Noelle eine sehr gute Figur und nach ihrem ziemlich schnellen Verschwinden hätte man sich mindestens einen weiteren Wutausbruch von ihr gewünscht. Ihre Mutter wird von der großartigen Brigitte Horney gespielt, die das Thema Mord als erste zur Sprache bringt. Wie üblich bestechend in Erscheinung und Aura, freut man sich über ein Wiedersehen mit dieser großen Dame, die trotz ihres deutsch-bürgerlichen Anstriches etwas Erhabenes zu transportieren weiß. Die ganz große Bühne ebnete man ihr jedoch nicht und das Potential wirkt etwas unausgeschöpft. Die Konzentration liegt im Grunde genommen wesentlicher auf dem Aufrollen des Falles, als auf den beteiligten Personen, was allerdings zu diesem Puzzle-Spiel dazu gehört. Als bereits nach relativ kurzer Zeit der eigentliche Fall gelöst zu sein scheint, steht man als Zuschauer für einen kurzen Moment etwas ratlos da, aber gewisse Wendungen und das perfekt geplante Katz-und-Maus-Spiel sorgen nicht nur für Aufmerksamkeit, sondern auch für Zufriedenheit. Stilistisch gesehen hat diese Folge ungewöhnlich viele Außenaufnahmen zu bieten, vermutlich als Ausgleich für die grauen und kalten Büroräume bei der Kripo, in denen man sich zwangsläufig noch aufhalten muss. Letztlich ist unter José Giovannis Regie ein gut durchdachter Fall über die Ziellinie gebracht worden, der möglicherweise vor allem aufgrund seiner kontroversen Inhalte für Nachhaltigkeit sorgt.