D 1964
D: Wolfgang Kieling, Günther Ungeheuer, Hannelore Schroth, Horst Hesslein und der gesamte Neutze-Clan
DVD-Backcover hat geschrieben:Für Hauptwachmeister Glantz sind Prostitution und Diebstahl, Mord und Totschlag Routine. Seein Revier ist das berühmteste der Welt: Die Davidswache auf dem Kiez in St. Pauli. Er freut sich auf den Besuch seiner Tochter Lilo, die er lange nicht gesehen hat. Er will sie um 4 Uhr 20 vom Bahnhof abholen. Doch wenn sie ankommt, wird Glantz schon nicht mehr leben. An diesem Tag wird auch Bruno Kapp entlassen, ein brutaler Gangster, den Glantz vor 4 Jahren hinter Gitter brachte. Dieser schwört Rache und lauert Glantz auf...
Mit diesem Film zeigte Jürgen Roland zum ersten Mal dem Kinozuschauer "sein" St. Pauli, komprimiert auf zwei Tage Handlungsdauer und semidokumentarisch gestaltet. Gleich zu Beginn wird auch das Ende verraten: Der verwitwete Hauptwachmeister Glantz, der sich auf den Besuch seiner 16-jährigen, weit weg in einem Internat lebenden Tochter freut, wird nach diesen 2 Tagen tot sein. Doch wie es dazu kam, war dann doch etwas anders, als der Zuschauer vermutet...
Mit Ausnahme einiger weniger Szenen am Hauptbahnhof hält sich der Film handlungsmäßig strikt auf das Vergnügungsviertel St. Paulis (was nicht mit dem Stadtteil St. Pauli gleichzusetzen ist, der ist schon noch umfangreicher; der Rotlichtbereich ist nur ein kleiner Ausschnitt des Stadtteils) beschränkt. Dieser freilich gilt auch heute noch als DAS Vergnügungsviertel schlechthin.
Roland konzentriert sich dabei auf die Rolle der Polizei, die von der titelgebenden Wache aus (im Titel allerdings falsch geschrieben!) versucht, Recht und Ordnung durchzusetzen, ohne dabei das Augenmaß zu verlieren. Ein großer Teil besteht aus dem Alltagsgeschäft der Beamten: Gestohlene Brieftaschen; Koberer, die zu aufdringlich werden; vermutete Beischlafdiebstähle, die wohl eine heftige Ehekrise auslösen werden; Frauen, die sich als Mann entpuppen; Betrunkene, die sich an nichts mehr erinnern können, aber für ihren Aufenthalt in der Ausnücherungszelle der Polizei mit Folgen drohen. Junge Mädchen, die aus Lüneburg oder Ingolstadt kommen, und in ihrer Naivität leichte Opfer sind oder aber gewillt sind, für schnelles Geld als Animierdame zu jobben. Richter, für die die Opfer des Reeperbahn-Nepps selbst schuld sind (Bezüglich des Nepps gab es die gleichen Probleme auch 50 Jahre später noch, siehe
http://www.abendblatt.de/hamburg/hambur ... okale.html).
Daneben wird die Geschichte des frisch aus der Haft entlassenen Bruno Kapp geschildert, der bereits aus der Haft versucht hat, im Milieu sich eine Waffe zu beschaffen. Bruno hat auch eine Verlobte namens Margot, deren Bürgerlichkeit durch ihre haarsträubende Naivität übertroffen wird. Für sie ist Bruno unschuldig im Knast gelandet, sie will ihn in ein Leben mit Bausparvertrag und Eigenheim lotsen. Für Bruno freilich ist Margot nur ein nützliches Mittel zum Zweck, ihn zieht es zurück zum Kiez, wo die Wiener Mieze Cherie für ihn anschaffte. Um an Geld für eine Waffe zu kommen, überfällt Bruno zunächst eine ältere Drogistin, doch die Kasse ist leer. Dann fällt Cherie ihm zum ewigen Opfer. Doch bei Mord gelten auch die besonderen Gesetze des Kiezes nicht mehr und die Polizei erhält aus dem Milieu einen entscheidenden Hinweis...
Noch bevor die große St.Pauli-Filmwelle ab 1967 anrollte, war der frühere Polizeireporter und "Stahlnetz"-Macher Jürgen Roland zur Stelle und schuf diesen Film, der sich von den Epigonen durch seine Fokussierung auf die Tätigkeit der Polizei unterschied. Auch er selbst stellte in späteren Kinofilmen die Reeperbahn aus anderem Blickwinkel dar, nicht nur deshalb ist "Polizeirevier Davidswache" zu einem Meilenstein der deutschen Filmgeschichte geworden, der auch nach einem halben Jahrhundert den Zuschauer in seinen Bann ziehen kann.
Günther Ungeheuer zeigt als Bruno ungeheuerliche schauspielerische Leistungen, sein Gegenspieler bei der Polizei ist Wolfgang Kieling. Die spätere "Ariel-Clementine" Johanna König taucht als weibliche Polizistin auf, Horst Hesslein (hier als Anführer eines Rollkommandos) sollte man noch des öfteren in Hamburger Krimis begegnen, einschließlich Alan Vydras "Abflug Bermudas"!
Und neben den drei Neutze-Brüdern (Horst Michael Neutze, Günther Neutze, Hanns Lothar) tritt auch noch des letzteren Ehefrau Ingrid Andree auf.
Pflichtprogramm!