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Originaltitel: Santo el enmascarado de plata y Blue Demon contra los monstruos
Produktionsland: Mexiko 1970
Regie: Gilberto Martínez Solares
Darsteller: Santo (!), Blue Demon (!), Jorge Rado, Raúl Martínez Solares, Hedi Blue, Carlos Ancira
Nachdem ich nun unzählige mexikanische B-Movies in einer gesundheitsschädlichen Überdosis genossen habe, um zurück in die normale Welt zu finden, und darunter natürlich der eine oder andere Santo-Film gewesen ist, möchte ich meine Eindrücke, sozial wie ich bin, niemandem vorenthalten.
Woher kenne ich nur dieses Gesicht? Der Mann heißt Vicente Lara. Nein, der Name sagt mir nichts. Aber das Gesicht, das kenne ich doch, oder? In SANTO EL ENMASCARDO DE PLATA Y BLUE DEMON CONTRA LOS MONSTROUS spielt Lara einen Werwolf, so viel ist sicher. Das ist übrigens auch wieder so ein Filmtitel, der gleich alle Karten offen auf den Tisch legt. Nicht ein Regenschirm und eine Nähmaschine treffen sich zufällig auf einem Seziertisch, sondern Santo und Blue Demon treffen sich mit den Monstern. Die surreale Kombinatorik steht wie ein Motto über diesem Film, der aus so vielen Versatzstücken zusammengezimmert ist, dass er mich an Hosen erinnert, die mit zu vielen bunten Flicken bedeckt wurden, als dass man noch erkennen könnte, ob es denn tatsächlich Hosen sind. Die Monster, damit meint man nämlich die illustre Riege an europäischen Schauergestalten wie sie ein ähnliches Familientreffen etwa zeitgleich beispielsweise auch in der länderübergreifenden Produktion LES MONSTROUS DEL TERROR (deutscher Titel: DRACULA JAGT FRANKENSTEIN) abhalten durften. Es sind die üblichen Verdächtigen: Graf Dracula nebst Weibchen, der bereits erwähnte Wolfsmensch, ein Wesen, das sich Franquestain (sic!) nennt, eine altägyptische Mumie sowie einen Zyklopen. Letzteren kannte ich übrigens bereits, und sein Gesicht zuzuordnen ist mir nicht schwergefallen. Das Kostüm müssen die Verantwortlichen in irgendeinem vergessenen Lager von Mexikos Filmproduktionsstudios entdeckt haben, denn vor SANTO Y BLUE DEMON CONTRA LOS MONSTROUS hat es bereits mindestens einmal Verwendung gefunden, namentlich in dem 1960 veröffentlichten schier unfassbaren Genre-Crossover LA NAVE DE LOS MONSTROUS, das ich hiermit jedem, der das liest, so sehr empfehle wie schon lange nichts mehr. Aus besagtem Opus hat man außerdem einen kleinen Marsmenschen entlehnt, der in einer Szene von SANTO Y BLUE DEMON CONTRA LOS MONSTROUS, ohne etwas zu tun zu haben, quasi wie selbstverständlich neben dem megalomanischen Dr. Halder steht, dem Bösewicht vorliegenden Films, der freilich, wie jeder ordentliche verrückte Wissenschaftler, einen deutsch klingenden Nachnamen haben muss. Halder will nicht nur die Weltherrschaft übernehmen, wozu er die oben angeführten Monster von seinen Helfern aus vergrabenen Grüften zusammentragen lässt, um sie zum Leben zu erwecken und mit ihnen die Menschheit zu geißeln, sondern ist außerdem Onkel der Verlobten, die Santo in diesem Abenteuer sein eigen nennt, was es für den Hünen sozusagen zur Ehrensache macht, gemeinsam mit Blue Demon dem Wahnsinnigen das Handwerk zu legen.
Blue Demon, irgendwie scheint das ein feststehender Topos zu sein, gerät früher oder später in die Gewalt der Feinde, wird von denen hypnotisiert und steht Santo nun bis zum Finale als Gegner gegenüber. Santo indes zieht seine Maske nicht mal ab, wenn er mit seiner Liebsten turtelt und kuschelt. Zwischendurch rasen die Monstren wesentlich zahmer als man hätte meinen können in ihrem Vernichtungszug durchs mexikanische Hinterland. Ähnlich zusammenhanglos wie meine Sätze ist der gesamte Film konzipiert, der in der Unglaublichkeit gipfelt, dass Halder plötzlich aus heiterem Himmel entschließt, Santo auf faire Weise zu bekriegen, indem er seinen Vampir dazu abkommandiert, ihm im Ring entgegenzutreten. Was folgt, ist ein langer Wrestlingkampf, in dem Santo und der Blutsauger die Fäuste schwingen, der aber unvermittelt abbricht, weil die übrigen Ungeheuer das Stadion überschwemmen und alles in einer unübersichtlichen Massenschlägerei verschwimmt. Zu dem Zeitpunkt hab ich mich indes schon über gar nichts mehr wundern können, denn bis dahin wurde so manche Szene bereits im Zeitraffer heruntergespult, um sie dramatischer wirken zu lassen, und manche andere teilweise mehrmals wiederholt, offenbar, um Zeit zu schinden oder weil sie den Verantwortlichen so sehr gefallen hat. Vor allem eine Art Vorstellungsvideo, in dem jedes der Monster umhüllt von Nebelschwaden auf eine Anhöhe steigt und sich dem Publikum in seiner ganzen Schönheit präsentiert, scheint es den Produzenten angetan zu haben, denn auf die wird mindestens dreimal zurückgegriffen, sodass die titelgebenden Monstren im Endeffekt öfter wie bewundert werden wollende Pfaue vor der Kamera stolzieren als dass sie tatsächlich kämpfen oder töten würden. Aber ich will nicht ungerecht sein, denn an sich sind die Ungeheuer sich treu: der Vampir beißt, die Mumie schleicht, der Wolfsmensch reißt, Franquestain stapft, und dass ich meinen geliebten Zyklop aus LA NAVE DE LOS MONSTROUS, der dort Ur heißt und König seines Volkes ist, so unverhofft wiedersehe, das hat mein Herz freilich besonders erwärmt. Am besten hat mir dennoch der Werwolf gefallen, der ziemlich deutlich an Paul Naschys zeitgenössischer Interpretation angelegt ist. Eine Szene, in der er ein Bauernhaus überfällt und keine Seele darin am Leben lässt, könnte exakt so wie sie hier auftaucht problemlos Unterschlupf in einer spanischen Wolfspelz-Produktion finden. Kreativ ist das nicht, aber putzig anzuschauen. Trotzdem: woher kenne ich das Gesicht des Schauspielers, der so überzeugend und fletschend im Fell agiert? Das Gesicht kenne ich doch, oder?
Alles in allem ist SANTO Y BLUE DEMON CONTRA LOS MONSTROUS ein bunter Strauß blöder Einfälle, bei dem allein deshalb keine Langeweile aufkommen kann, weil er beinahe platzt vor interessanten Figuren. Eher könnte man ihm den Vorwurf machen, sein Potential nicht wirklich genutzt zu haben. Vieles liegt unberührt herum, und statt endloser Autoverfolgungsjagden und Santos Turteleien und den unvermeidlichen Ringkämpfen hätte ich mir vielleicht die eine oder andere Monsterszene mehr gewünscht, da Charaktere wie beispielweise Franquestain oder der Zyklop nun wirklich nicht viel zu tun haben außer herumzuschleichen und zu brummen. Aber ich will nicht meckern, das überlasse ich den Ziegen, und außerdem ist mir endlich eingefallen, woher ich Herrn Lara kenne. Wie der Zufall es wollte, habe ich kürzlich endlich mal wieder EL TOPO auf großer Leinwand sehen dürfen, und was soll ich sagen: Vicente Lara ist einer der Ergebenen des Colonels, der in einer ergreifenden Szene einem der unschuldigen Franziskanerbrüder einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen drückt. Verstrickungen gibt’s…
Santo and Blue Demon against the Monsters (1970)
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