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Originaltitel: Oswalt Kolle: Das Wunder der Liebe II - Sexuelle Partnerschaft
Herstellungsland: Deutschland / 1968
Regie: Alexis Neve
Darsteller: Michael Maien, Petra Perry, Solvi Stubing u. A.
Die junge Monika (Petra Perry) und der ältere Michael (Michael Maien) verlieben sich ineinander und werden ein Paar. Doch ihre negativen sexuellen Erfahrungen in ihrer Jugend sorgen für Probleme und auch Streit: Während Michael von Frauen enttäuscht wurde, die Sex und Liebe trennten und er seitdem keine Gefühle mehr offen zeigen konnte, sucht Monika, die als Kind von ihrem untreuen Vater verlassen wurde, nach der großen Liebe... Anhand dieser Spielfilmhandlung kommentiert und erklärt Oswalt Kolle wieder sexuelle Probleme aus dem Off und im Interview mit Experten.
„Ich habe nicht die Absicht, mein Publikum sexuell aufzureizen oder irgendjemanden zu schockieren. Ich will nicht Widerstand wecken, sondern informieren und Fragen stellen.“
Nach seinem skandalträchtigen, doch umso erfolgreicheren ersten Aufklärungsfilm „Das Wunder der Liebe“ schob BRD-Chefaufklärer und Illustriertenschreiber Oswalt Kolle 1968, also nur ein Jahr später, den zweiten von insgesamt acht Filmen zum Thema nach. Als Regisseur engagierte man diesmal Alexis Neve, der hiermit debütierte und noch bei zwei weiteren „Kolles“ auf dem Regiestuhl platznehmen sollte.
Wie schon der noch komplett in schwarzweiß gedrehte Vorläufer beginnt auch „Das Wunder der Liebe II“ zunächst farblos, und zwar erneut mit einer kleinen Talkrunde, in der Kolle Pro-Verhütungsmittel-Stellung bezieht und die katholische Kirche kritisiert. Die exemplarische, veranschaulichende Spielfilmhandlung beschränkt sich diesmal darauf, nur ein einzelnes Paar und ihr Sexual- und Liebesleben zu beleuchten. Mittels Split-Screen-Technologie bleibt man dem Schwarzweißen treu und betrachtet zunächst bestimmte Ereignisse der Kindheit Michaels und Monikas getrennt voneinander. Da geht es um einen die Familie für längere Zeit verlassenden Vater und einen die Männerrolle übernehmenden Sohn, um eine Geburt, nackte Kinder in der Badewanne und Penisneid. Die kleine Monika überführt ihren Vater des Fremdgehens, Michael erlebt Sex ohne Liebe und landet beim Bund, Monika bei einem regelrechten Arschloch von Mann. Kolle plädiert zwischendurch dafür, die Kinder davor zu bewahren, den elterlichen Geschlechtsakt mitzuerleben.
Als Monika und Michael (als Erwachsene gespielt von Michael Maien und Petra Perry) sich endlich kennenlernen, begibt sich die fiktive Handlung in die Gegenwart, wird das Split-Screen-Verfahren aufgegeben und findet endlich Farbe in den Film. Was nun folgt, ist ein Schmierendrama sondergleichen, das viel von einer Seifenoper hat. Zu kitschiger Musik wird gemeinsam in den Urlaub gefahren und nackt am Strand herumgetollt und -gesprungen, doch Michael, der Schuft, vergisst den ersten Hochzeitstag und zu einer unzweifelhaften Vergewaltigung in der Ehe, die Monika auch noch schön findet (!), gesellt sich einiges an Ehe- und Alltagsstreit – und letzteres ist wirklich zum Gähnen. Zu immer noch und diesmal verdammt unpassender fröhlicher Musik geht Michael ihr schließlich fremd. Das nenne ich eine gewagte Melange, leider zusammengemixt zu einem ungenießbaren Brei.
Kolle unterbricht seinen Film immer einmal wieder oder kommentiert aus dem Off. So erlöst er Michael und mit ihm vermutlich hunderttausende Männer, als dieser mit seiner, nun ja, „Beischlafbeziehung“ nicht so recht kann und erzählt etwas von situativer Impotenz, die nicht besorgniserregend sei. Er äußert sich kritisch zu übereilten Eheschließungen, als Michael und Monika den Bund der Ehe eingehen, und plädiert schließlich dafür, Fremdgehen einfach mal durchgehen zu lassen – manch Mann wird ihm dafür applaudiert haben. Herrjemine, so revolutionär „Das Wunder der Liebe“ noch war und so richtig Kolle oftmals mit seinen Aussagen lag, so sehr versagt dieser Nachfolger doch in mancherlei Hinsicht. Das beginnt bei der langatmigen Thematisierung von Alltagsproblemen und -problemchen, geht über manch psychologisch nicht uninteressanten, in seiner vorgetragenen Resolutheit (von „Fragen stellen“, s. Eingangszitat, keine Spur) jedoch eher etwas fragwürdigen Erklärungsversuch bis hin zum deutlich vom damaligen Zeitgeist geprägten Versuch, körperliche Untreue zu rechtfertigen und damit entlarvend auf die sich durch „Freie Liebe“ etc. ergebenden Möglichkeiten zu schielen. Was sicherlich gut gemeint war, bekommt hier doch einen merkwürdigen Beigeschmack. Nichtsdestotrotz enthält natürlich auch dieser Aufklärungsfilm seine Wahrheiten und wohlplatzierten Kritikpunkte an einer im Entstehungsjahr oftmals doppelmoralischen Elterngeneration.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme mögen ja aus historischen, bestenfalls nostalgischen, Gründen ganz aufschlußreich sein. Aber so wirklich brauchen tut das eigentlich -und das nicht erst seit heute- kein Mensch!