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Santo and Dracula's Treasure - René Cardona - 1969

Verfasst: Di 21. Okt 2014, 11:16
von Salvatore Baccaro
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Originaltitel: Santo en El tesoro de Drácula

Produktionsland: Mexiko 1969

Regie: René Cardona

Darsteller: Santo, Aldo Monti, Noelia Noel, Fernando Mendoza, Roberto G. Rivera, Alberto Rojas

Huch, noch ein Santo-Film, der der Vergessenheit entrissen werden muss...
Neben all dem Weltretten und Wrestlen hat Santo noch genügend Zeit übrig, sich als Wissenschaftler zu versuchen. Was er einem ganzen Kongress an akademischen Autoritäten vorstellt, ist nichts weniger als eine Zeitmaschine. Der, der sie benutze, erklärt Santo, würde regelrecht in seine Atome zerlegt und in eine frühere Inkarnation seiner selbst transformiert werden. Der Hund ist zu dick, um von den Herren Professoren geschluckt werden zu können. Man verlacht Santo, als der gesteht, dass er die Zeitmaschine noch nicht ausprobiert habe, da das mit einigen Gefahren für Leib und Leben des Versuchskaninchens verbunden sein könne. Was nutzt eine Zeitmaschine, wenn man sie nicht nutzen kann?, ist die berechtigte Frage, auf die Santo selbst nur die Antwort hat, dass besonders Frauen geeignet seien für das Reisen durch Raum und Zeit, das habe etwas mit ihrer biologischen Konstitution zu tun. Schließlich erklärt sich eine Dame für das Experiment bereit, mit der unser Held in vorliegendem Film offenbar liiert ist. Die Zeitmaschine, das muss vielleicht noch erwähnt werden, besteht aus vielen Knöpfen und Schaltern, im Wesentlichen aber aus etwas, das ich als Zeittunnel bezeichnen würde, wäre es nicht offensichtlich, dass es sich lediglich um eine sich drehende Plastikscheibe mit aufgemalter Spirale handelt. Dort jedenfalls steigt Santos Liebchen hinein, man startet die Maschine und sie dematerialisiert sich, um sich knappe hundert Jahre früher wieder in ihre Bestandteile zusammenzusetzen, und zwar mitten in einer Vampirgeschichte. Während Santo, ein mit ihm befreundeter Professor sowie ein nerviger comic-relief-sidekick die Erlebnisse Luisas auf einem kleinen Fernsehbildschirm beäugen, als handle es sich um einen eigenständigen Horrorfilm, entrollt sich vor unseren Augen etwas, das mehr mit Bram Stoker zu tun hat, als die meisten Filme, die den Namen des britischen Autors im Titel führen. Vergessen ist jedenfalls erstmal Santo, die Zeitreisethematik und alles andere, und für etwa eine halbe Stunde bekommt der Zuschauer eine aufs Wesentliche reduzierte Dracula-Geschichte serviert. Van Helsing heißt hier Van Roth, Dracula nennt sich Alucard, und Luisa soll wohl Mina Harker sein, und zwar dem Vampir schon einigermaßen verfallen. Gar nicht mal schlecht ist René Cardonas mit klassischen Zutaten wie den Grafen bei jedem Schritt begleitenden Kunstnebelmaschinen und Fledermäuschen aus Gummi, die an kaum verhohlenen Fäden flattern, gewürzte Gothic-Horror-Suppe, aus der zuweilen nicht nur rechte Schauerstimmung aufsteigt, sondern die außerdem mit ein, zwei nackten Tatsachen aufwartet.

Dazu muss man wissen, dass SANTO EN EL TESORO DE DRÁCULA in zwei Versionen veröffentlicht worden ist. Die eine ist in Farbe, nennt sich EL VAMPIRO Y EL SEXO und taucht tief in die Dekolletés seiner Darstellerinnen ein. Die andere ist schwarzweiß, um einige Minuten kürzer und zudem um jede Nacktheit bereinigt, weswegen man manche Szene offensichtlich zweimal, einmal zeigefreudig, einmal verschlossen, gedreht hat. Was aber versteht man im Mexiko der späten 60er unter sexuellen Attraktionen? Nun, ich kann mir zwar durchaus vorstellen, dass schon der eine oder andere Liter Sperma aufgrund des fraglichen Bildmaterials in EL VAMPIRO Y EL SEXO geflossen ist, als wirklich sinnlich würde ich das endlose Herumbeißen des Grafenmauls an Brüsten, von denen einige sicherlich nicht auf natürlichem Wege zu ihrer Üppigkeit gelangt sind, nicht bezeichnen. Wenn dazu auch noch scheinbar aus anderer Quelle entlehntes Porno-Gestöhne über die Tittenschau gelegt wird, kann ich ein Gähnen kaum unterdrücken, zumal das Ganze nicht viel weitergeht, ein orales Verwöhnen einer Muschi durch den Vampir beispielweise nur äußerst schüchtern angedeutet wird. Aber wir sind in diesem Film ja nicht wegen Sex, sondern wegen Santo, und der kehrt aus der Versenkung zurück, nachdem der Film sozusagen im Schnelldurchlauf seine Vampirmär heruntergerattert hat, Dracula nebst Weibchen gepfählt ist und man Luisa in letzter Sekunde in die Gegenwart zurückgeholt hat, bevor ihr selbst das Herz durchbohrt werden kann. Fragt mich nicht nach der internen Logik des Werks, ich habe kaum ein Wort davon verstanden, wie denn nun die Tatsache, dass Luisa sich angeblich in einem früheren Selbst inkarniert hat, nun mit der Zeitreise zusammenhängt, und wie jemand, der in der Vergangenheit, d.h. in einem vorherigen Leben, zwangsläufig schon gestorben sein muss, dort noch einmal sterben können soll, und noch weniger, wie der Film sich unvermittelt vom Horrorsektor in den eines typischen Santo-Abenteuers entwickelt hat. Jedenfalls sind Santo und seine Freunde auf einmal auf der Suche nach dem Goldschatz des Vampirs und werden dabei von einer Räuberbande behindert, die eine unheimliche, vermummte Gestalt anführt, von der Santo einen Deal vorgeschlagen bekommt: einer seiner Männer, ein gefürchtete Luchador, soll gegen den Heiligen in den Ring steigen, und der, der gewinnt, darf sich Draculas Schatz sichern. Dass die Zeitmaschine bis dahin längst vergessen ist, unterstreicht nur, wie zusammengewürfelt auch dieser Film sich in seiner Struktur erweist, und einem Papierkorb gleicht, der überquillt vor zusammengeknüllten Zetteln, die allesamt bis zum Rand vollgeschrieben sind mit den unmöglichsten Storyideen.

Unterhalten kann einen SANTO EN EL TRESORO DE DRÁCULA indes wohl gerade wegen seiner unfassbaren Disparität alles andere als schlecht. René Cardona bleibt sich treu, schwenkt über farbenfrohe Tapeten statt einen schlichten Schnitt zu setzen, und hat sichtlich Freude daran, wie ein übermütiges Kind zwischen den Genres hin und her zu springen. Meine liebste Szene ist die, in der Van Roth die wahre Identität des Grafen Alucard aufdeckt. An Dramatik ist es kaum zu überbieten, und der Soundtrack schwillt an wie ein brünstiger Hahnenkamm, wenn der Professor den falschen Namen unendlich langsam einem Stück Papier anvertraut, das dann mustert und es schließlich einem Spiegel entgegenhält, worauf ihm fast der Herzschlag aussetzt. Nein, darauf hat natürlich niemand kommen können!