DER FLUCH DER SCHWARZEN SCHWESTERN (1973)
● DER FLUCH DER SCHWARZEN SCHWESTERN / DAS SCHLOSS DER SCHWARZEN HEXEN / VEIL OF BLOOD (1973)
mit Nadia Henkowa, Anke Syring, Nico Wolf, Ulrike Butz, Flavia Keyt, Heidrun Hankammer, Alon D'Armand und Marie Forså
eine Produktion der Monarex | Saga Film | im Verleih der Scotia
ein Film von Joseph W. Sarno
»Du wirst dich meinem Willen beugen!«
Zum ersten Mal stolperte ich vor vielen Jahren über "Der Fluch der schwarzen Schwestern" in "Das neue Lexikon des Horrorfilms". Die kurze Einschätzung mit: »Im Banne okkulter Riten und sexueller Ekstase geschehe dies alles, will und sie Verleihwerbung glauben machen. Sexfilm mit aufgesetzten Horror-Motiven, der seinerzeit nur in den einschlägigen Bahnhofskinos gelaufen ist.«, hörte sich da mehr als eindeutig an, aber ich persönlich habe Derartiges ja immer schon eher als Werbung empfunden, als dass es mich abgeschreckt hätte. Dieser Film von Joseph W. Sarno war außerdem wegen der Besetzung interessant, da in diesem Sumpf aus sexuellen Ausschweifungen und Geilheit sogar zwei Edgar Wallace-Actricen auftauchen, nämlich Nadia Henkowa und Heidrun Hankammer, die in Alfred Vohrers "Der Mann mir dem Glasauge" von 1968 mitspielten. Die Erstansicht war überaus enttäuschend, da dieser unorthodoxe Beitrag mit löwenanteiliger Beteiligung aus der Schweiz, qualitativ und schließlich unterhaltungstechnisch gesehen, dem Empfinden nach eher unterdurchschnittlich ausgefallen war. Dennoch strahlt er heute einen ganz besonderen Reiz aus, so dass man vielleicht sagen könnte, dass mich der Fluch der Schwestern auch getroffen hat, denn ich fühle mich dazu verflucht, mir dieses Teil immer wieder aufs Neue anzuschauen, was nach der Erstansicht eigentlich kategorisch ausgeschlossen schien. Insgesamt kreierte Sarno tatsächlich nur einen Sexfilm mit beigemischten Horror-Motiven und in keinem der Bereiche fand eine konsequente Abhandlung statt. Der Plot ist dabei weitgehend uninteressant, aber es lässt sich zumindest trotzdem reichlich Potential aufspüren, welches dann allerdings eher liegen gelassen wurde. Zu nennen sind hier unbedingt die Schauplätze, durch die immer wieder eine sehr düstere Atmosphäre durchblitzt, falls man sich die ungenaue Kameraarbeit und das miserable Bild schöndenken kann, außerdem gestaltet sich die Vehemenz der Besessenheit als ziemlich eindringlich. "Sexorgien der schwarzen Hexen" (so lautet der diskrete DVD-Titel), bringt schließlich in jeder Beziehung Unglaubliches zu Tage.
Diese Orgie habe ich mir wie gesagt schon recht häufig angeschaut und eigentlich immer nur aus einem Grund: Nadia Henkowa. Die faszinierende Ungarin hat zwar nur eine schmale Filmografie von weniger als zehn Produktionen vorzuweisen, dafür hat sie allerdings auch Wallace-Erfahrung, von ihren Sexfilm- und aktiven HC-Partizipationen ganz zu schweigen. Man kann es kaum glauben wenn man sie sich in "Der Mann mit dem Glasauge" im Billard-Club vorstellt, als eine, durch die Prügelei verängstigte Angestellte und dann diese Metamorphose hier, und vor allem anderswo miterlebt. Aber auch sie ist es hauptsächlich, die dem Titel des Films einen greifbaren Sinn gibt. Die Henkowa ist in dieser Hauptrolle absolut verblüffend, das muss man einfach einmal explizit betonen. Bei Tage erscheint sie als konservativ aussehende Hausdame des Schlosses überaus düster, bestimmend und rätselhaft und sie wirkt in diffuser Art und Weise recht beunruhigend. Eine höhere Distanz zum Zuschauer kann kaum aufgebaut werden. Ihre dunkle und so glasklare Stimme wirkt verheißungsvoll und könnte einem das Blut in den Adern gefrieren lassen. Wenn dann jedoch die Lichter ausgehen (im Schloss ist ja ohnehin der Strom ausgefallen), sucht sie im Schutze der Dunkelheit abgelegenere Kellergewölbe des Hauses auf, um dort Obszönitäten zu delegieren und mit ihren wilden und gefügigen Jüngerinnen ekstatische, vornehmlich lesbische Sex-Orgien abzuhalten. Hierbei erkennt man sie erstaunlicherweise wirklich kaum wieder. Mit einer Art Kriegsbemalung, wilder Mähne und hypnotischem Blick, ist sie die schamlose Anführerin ihrer Sex-Sklavinnen, die die ahnungslosen Gäste des Schlosses in ihren Träumen heimsuchen und sie zu alternativen, nächtlichen Aktivitäten zwingen.
Der Rest der Darsteller ist schneller zusammengefasst, als mir normalerweise lieb ist. Laienhaft wäre tatsächlich schon zu viel gesagt, denn es würde die erbärmlichen Leistungen vieler Schauspieler sonst rechtfertigen. Bleiben wir also kurz und schmerzlos bei: indiskutabel! Anke Syring stattet die zweite weibliche Hauptrolle mit hemmungsloser, oder eher schmerzlicher Unfähigkeit aus, nichts was sie tut oder sagt kann und will man ihr abnehmen. Nico Wolf hätte sich überall wohler als im Film gefühlt, Ulrike Butz bleibt blutleer und lediglich die schöne Schwedin Marie Forså, die damals als spektakuläre Neuentdeckung gehandelt wurde, so dass Sarno weitere Sexfilme mit ihr drehte, kann in Sachen Optik und Körpersprache überzeugen. Ja, und da wäre ja noch die Verantwortliche für das damalige Suchen nach diesem Film zu Erwähnen, die attraktive Heidrun Hankammer. So gut wie in jedem Film spärlich bekleidet, hat sie hier nichts anderes zu tun, als ihre Reize zur Schau zu stellen. Sie hat keine signifikante Beteiligung an der Dialog-Arbeit, manchmal murmelt sie nur einige vulgäre Phrasen mit den anderen im Chor und hat schließlich nur einladend auszusehen, sie verlustiert sich mit ihren willigen Gespielinnen, choreografiert obszöne Bewegungen, lutscht (wie alle anderen Schwestern übrigens auch) beispielsweise an einer Dildo-Kerze herum, und damit war die schwierige Anforderung auch schon gemeistert. Ja, die Produktionsfirma Monarex hatte etwa ein gutes halbes Dutzend exhibitionistisch veranlagter Darstellerinnen aufspüren können, die genretechnisch möglicherweise noch nicht so ganz bereit waren, einen entscheidenden Schritt weiter zu gehen, aber sich zumindest hier bereitwillig im Sinne des Films und der Regie präsentierten. Überhaupt haben alle beteiligten Schauspieler lediglich sehr einseitige, beziehungsweise nur kurze (sogenannte) Karrieren vorzuweisen.
Das große Problem des Films ist, neben all seinen handwerklichen und inhaltlichen Mängeln, dass er eine Laufzeit von beinahe unendlich wirkenden 103 Minuten hat. Immer wieder schleppt sich der Verlauf deswegen vor sich hin und auch die langen, fließbandartigen Sex-Orgien-Sequenzen der schwarzen Hexen verleiten selbst Voyeure bald zum wegschauen. Diese Einstellungen wirken spätestens nach dem dritten Mal recht strapaziös, da die unwirsche musikalische Untermalung nicht die gewünschte Stimmung transportieren wird. Im wahrsten Sinne des Wortes haut man hier einfach zu laut auf die Buschtrommeln und versetzt den Zuschauer immer und immer wieder in Zustände des Desinteresses und folglich der Langeweile, weil nichts Signifikantes geschieht, höchstens gegen Ende des Films. Die Zusammenhänge wirken daher inkohärent, oder besser gesagt verworren, was sehr schade ist, denn die Atmosphäre ist eigentlich auf ein Verwirrspiel angelegt. Nadia Henkowa leistet hier zwar Pionierarbeit, auch die sterilen Schauplätze sorgen für so manchen beachtlichen Moment, aber insgesamt ist das einfach zu wenig, beziehungsweise auf die immens lange Dauer bezogen, zu viel des Guten. Es sei erwähnt, dass die Musik von Rolf-Hans Mueller auch ihre überaus beachtlichen Momente mit sich bringt, doch wenn sie verstummt, quälen den Zuschauer schrecklich einfältige Dialoge und Leerlauf. Trotz allem bleibt "Der Fluch der schwarzen Schwestern" als Beitrag in Erinnerung, der auf seine eigene Art und Weise ziemlich beispiellos bleibt. Aber das ist schwer zu beschreiben und kommt einem vielleicht nur in den Sinn, wenn man einen Film, den man eigentlich als ziemlich misslungen beschreibt, in umgekehrter Weise dann doch wieder sehr faszinierend findet und die "'Schwarzen Schwestern" viel zu häufig bei ihrem schamlosen Gerangel verfolgt. Daher gestehe ich, dass auch ich mich ihrem Willen gebeugt habe und den Film mittlerweile richtig gerne sehe, was um Himmels Willen nichts über die Qualität dieses Teils aussagt. Ein eigenartiger Beitrag, bei dem Intention und Ergebnis leider nicht zusammen gekommen sind. Oder vielleicht doch?