Peter van Eyck Eva Bartok Marianne Koch in
UNTER AUSSCHLUSS DER ÖFFENTLICHKEIT
● UNTER AUSSCHLUSS DER ÖFFENTLICHKEIT (D|1961)
mit Susanne Cramer, Werner Peters, Claus Holm, Rudolf Fernau, Kurd Pieritz, Alfred Balthoff,
Gudrun Schmidt, Leon Askin, Ralf Wolter, Heinz Weiss, Albert Bessler und Wolfgang Reichmann
eine Produktion der CCC Filmkunst | im Bavaria Filmverleih
ein Film von Harald Philipp
»Ihre Frau ist tot. Möge Ihnen das eine Warnung sein!«
In einem Gerichtssaal ist das Urteil beinahe schon gesprochen und der Angeklagte sitzt so gut wie im Gefängnis, doch der Film bietet eine frühe Überraschung in Form einer fulminanten Selbstinszenierung. In diesem kurzen Zeitraum und vor dieser Sequenz werden die Hauptpersonen schnellstens vorgestellt, auch ansatzweise charakterisiert und deren Verbindungen untereinander geklärt. Dieses ungewöhnlich schnelle Tempo erweist sich als zuverlässiges Stilmittel, welches den Verlauf trotz Vorhersehbarkeit in Richtung des Haupttäters immer wieder forcieren kann. Harald Philipp inszeniert mit einem guten Gespür in den Bereichen Spannung und Tempo und es entstehen immer wieder große Momente, die durch die ausgezeichnete Bildgestaltung und die darstellerischen Finessen hervor gehoben werden. Überzeugend wirken zahlreiche Kehrtwendungen, die den verschenkten Whodunit weniger gravierend ausfallen lassen, aber die Strategie der Produktion geht offensichtlich auch zielstrebiger in eine andere Richtung. Aufgrund vieler Ortswechsel entsteht ein rundum gelungener Eindruck, der durch schöne Settings und teilweise recht geheimnisvolle Umstände nur noch unterstrichen wird. Stilistisch spielt "Unter Ausschluss der Öffentlichkeit" zweifellos in der oberen Liga der zeitgenössischen Kriminal-Filme (man könnte ihn auch genauso gut als Justiz-Drama bezeichnen) und überraschenderweise sieht man als Zuschauer noch zusätzlich einige recht gewagte Inhalte, die hinsichtlich des Produktionsjahres 1961 relativ untypisch wirken, allerdings heute keinen Stein des Anstoßes mehr darstellen. Über allem steht hier die außergewöhnlich dichte Besetzung, die erneut selbst im Bereich der Kleinstrollen für Wiedersehensfreude und beachtliche Leistungen sorgt. Vor allem die Dreieckskonstellation der Hauptdarsteller lässt die gut durchdachte Konstruktion förmlich aufgehen und die Geschichte mündet in ein überraschendes Finale.
Die vielen unterschiedlichen Charaktere bekommen von einer Auslese des deutschen Kinotopp prägnante Gesichter verliehen. Peter van Eyck erweist sich in Windeseile als richtiger Mann für die Figur des zunächst wenig sympathisch wirkenden Dr. Kessler und bereits in den ersten Szenen wird deutlich, dass offensichtlich alles seiner Karriereleiter untergeordnet ist. Er nimmt die Geliebte des Angeklagten, und damit gleichzeitig ihn selbst nochmals unnachgiebig in die Zange, brilliert mit seinem Schluss-Plädoyer und es besteht kein Zweifel, dass er nichts dem Zufall überlassen wird. Überraschend ist nicht nur das plötzliche Auftauchen von Eva Bartok, zu deren Präsenz sich selbst ein sachlich agierender Rudolf Fernau zu der Aussage hinreißen lässt, dass sie eine außerordentlich attraktive Frau sei, sondern dass es die Damen der Geschichte sein werden, die an Staatsanwalt Kesslers Stuhl sägen, um ihn in Verruf zu bringen und seine Existenz zu zerstören. Eine gemeinsame Fahrt im Auto unterrichtet den Zuschauer von dieser alten Liaison Dangereuse, bei der immer noch Glut unter der Asche zu sein scheint. Diese schnell ineinander überfließenden Rückblenden dauern keine Zigarettenlänge von Eva Bartok, was stilistisch hervorragend gelöst wurde. Die aus Ungarn stammende Britin war eine der unbeschreiblichen Bereicherungen des deutschen Kinos dieser Zeit, da sie stets für internationales Flair sorgen konnte. Dem Empfinden nach beinahe deplatziert schön, elegant und anziehend wirkte sie in diesen Produktionen, leider zog sie sich bereits 1966 aus dem Filmgeschäft zurück. Auch sie ist es, die den anderen beteiligten Damen indirekt schwer zusetzt, was hier insbesondere bei Marianne Koch auffällt. Es ist zu betonen, dass die Münchnerin hier eine vom Drehbuch günstig beleuchtete Rolle auch überzeugend, aus persönlicher Sicht sogar überraschend gut löst, jedoch steht sie vor allem als Frau im Schatten der wesentlich interessanter wirkenden Eva Bartok.
Einen ähnlichen Eindruck hinterlässt die bereits 1969 verstorbene Susanne Cramer, die man hier fernab ihrer sonst obligatorischen Rollen sehen kann. Harald Philipps Film ruht sich jedoch nicht nur auf seinen exponierten Rollen aus, wie erwähnt leistet die erweiterte Entourage äußerst starke Schützenhilfe. So zum Beispiel der großartige Wolfgang Reichmann, den man gerne häufiger in derartigen Produktionen gesehen hätte, oder Rudolf Fernau, der glücklicherweise zur Stammbesetzung in solchen gehörte. Claus Holm, Alfred Balthoff, Leon Askin, Gudrun Schmidt und viele andere runden den positiven Gesamteindruck quasi minutiös ab. Viele Wechsel und Kehrtwendungen des Drehbuches begünstigen wie gesagt diesen unterm Strich sehr spannenden Fall, der sich mit einprägsamen Bildern im Kopf festsetzen wird. Der Hintermann wird von der Kamera stets rückwärts eingefangen, man sieht ihn als bedrohlich wirkenden Schatten, der mit seinen Handlangern nur verbal kommuniziert. Dass Laura Beaumont die einzige ist, die sein Gesicht kennt, erzeugt eine enorme Grundspannung, da man förmlich auf den Zeitpunkt wartet, an dem, oder ob sie von ihm beseitigt wird. Die Musik fördert die Spannung insgesamt, so beispielsweise bei ein paar kleinen Unterwasserszenen. Es soll nochmals das Finale hervorgehoben werden, in dem sich der Kreis buchstäblich schließen wird. Vergangenheit, existenzielle Probleme, verschiedene Interessengruppen und kriminelle Aktivitäten bieten genügend Zündstoff für eine überzeugende, streckenweise sehr packende und phasenweise sogar tragische Geschichte, vor allem aber erweist sich Harald Philipp als kompetenter und auch raffinierter Dirigent des Ganzen. "Unter Ausschluss der Öffentlichkeit" weiß durch und durch zu unterhalten, ist spannend und absolut brillant besetzt, außerdem vermittelt der Film einen sehr aussagekräftigen Blick auf die beginnenden Sechziger Jahre und sollte daher unter allen Umständen nicht von der Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.