Dead Eyes - Luigi Cozzi (1989)
Moderator: jogiwan
Dead Eyes - Luigi Cozzi (1989)
Dead Eyes
Originaltitel: Il gatto nero
Alternativtitel: Demons 6 / Edgar Allen Poe's The Black Cat
Herstellungsland: Italien / 1989
Regie: Luigi Cozzi
Darsteller: Florence Guérin, Urbano Barberini, Caroline Munro, Brett Halsey, Luisa Maneri
Story:
Der italienische Star-Regisseur Marc Rivetta plant gemeinsam mit seinem Drehbuchschreiber einen Film über die Hexe Levana zu realsieren, die wie schon ihre Vorgängerinnen Mater Suspiria und Mater Tenebrarum an Figuren aus Thomas de Quinceys Buch „Suspiria de Prondis“ angelehnt sind, mit denen schon Dario Argento Erfolge feierte. Doch schon allein der Gedanke an diese machtvolle Hexe erweckt diese von den Untoten und sie kehrt aus den Untiefen der Hölle auf die Erde zurück um Marcs Frau Anne, die für die Hauptrolle des Streifens vorgesehen ist, auf heimtückische Weise mit allerlei Schreckensvisionen in den Wahnsinn zu treiben. Doch Anne ist keine einfache Gegnerin und während ihr Umfeld zunehmend an der Zurechnungsfähigkeit der Schauspielerin zweifelt, ist diese bereit, den Kampf mit der Hexe Levana aufzunehmen.
Originaltitel: Il gatto nero
Alternativtitel: Demons 6 / Edgar Allen Poe's The Black Cat
Herstellungsland: Italien / 1989
Regie: Luigi Cozzi
Darsteller: Florence Guérin, Urbano Barberini, Caroline Munro, Brett Halsey, Luisa Maneri
Story:
Der italienische Star-Regisseur Marc Rivetta plant gemeinsam mit seinem Drehbuchschreiber einen Film über die Hexe Levana zu realsieren, die wie schon ihre Vorgängerinnen Mater Suspiria und Mater Tenebrarum an Figuren aus Thomas de Quinceys Buch „Suspiria de Prondis“ angelehnt sind, mit denen schon Dario Argento Erfolge feierte. Doch schon allein der Gedanke an diese machtvolle Hexe erweckt diese von den Untoten und sie kehrt aus den Untiefen der Hölle auf die Erde zurück um Marcs Frau Anne, die für die Hauptrolle des Streifens vorgesehen ist, auf heimtückische Weise mit allerlei Schreckensvisionen in den Wahnsinn zu treiben. Doch Anne ist keine einfache Gegnerin und während ihr Umfeld zunehmend an der Zurechnungsfähigkeit der Schauspielerin zweifelt, ist diese bereit, den Kampf mit der Hexe Levana aufzunehmen.
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Re: Dead Eyes - Luigi Cozzi (1989)
Unterhaltsam-trashiger Horrorstreifen von Luigi Cozzi, der sich mit seiner Eingangsequenz kurz vor Mario Bava verbeugt um dann ganz unverhohlen an die Filme von Dario Argento anzuknüpfen, der im Film auch benannt wird. „Dead Eyes“ steht auch ganz klar in der Tradition von „Suspiria“ und überzeugt den Zuschauer neben knallbunter Ausleuchtung und einem ähnlichen Musik-Thema und ein paar herben Momenten. Im Grunde wird die Geschichte der Ballettschülerin Suzy auf ähnliche Weise nochmals mit erwachseneren Figuren erzählt und auch wenn man „Dead Eyes“ das geringe Budget und seine Entstehungszeit zweifelsfrei sehr stark ansieht, ist Luigi Cozzis inoffizieller Abschluss der „Mütter-Trilogie“ schon ein lustiges Filmchen, das mit seinen Huldigungen an den italienischen Genre-Film vergangener Jahrzehnte auch den Fan dieser Werke mühelos zufriedenstellen sollte, sofern man etwas Spaß versteht und sich an schrulligen Horrorfilmen aus der B-Ecke erfreuen kann. Florence Guérin macht ihre Sache jedenfalls sehr gut und auch Urbano Barberini sieht man wie Caroline Munro, die hier für eine Prise Erotik sorgt, ja auch immer gerne. Schade nur, dass eine offizielle Auswertung auf DVD wohl nicht in Aussicht ist.
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- Die Kroete
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Re: Dead Eyes - Luigi Cozzi (1989)
Der Film paßt allemal besser, wie das was Argento persönlich mit "La terza madre" zum Thema abgeliefert hat.
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Re: Dead Eyes - Luigi Cozzi (1989)
Oh Das wäre ja wirklich mal interessant...jogiwan hat geschrieben:(...) ist Luigi Cozzis inoffizieller Abschluss der „Mütter-Trilogie“ (...)
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Re: Dead Eyes - Luigi Cozzi (1989)
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Dead Eyes - Luigi Cozzi (1989)
Anschauen kann der geneigte Delirianer den Film hier:
....allerdings in ziemlich bescheidener Qualität und auf französisch (dafür aber wahrscheinlich uncut!)
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- buxtebrawler
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Re: Dead Eyes - Luigi Cozzi (1989)
„Der Regisseur ist ein Idiot!“
Der Italiener Luigi Cozzi ist natürlich kein Idiot, sondern ein Filmverrückter; seine eigenen Filme sind gern voller Zitate, bisweilen gar absonderliche Plagiate („Star Crash“), die beweisen, wie sehr er in erster Linie Fan ist. Fan ist er natürlich auch von den „Mutter“-Filmen seines Freunds Dario Argento, der mit „Suspiria“ und „Inferno“ die ersten beiden Teile der lange Zeit unvollendet gebliebenen Trilogie um die drei Hexen verwirklicht und damit Referenzwerke des phantastischen Films erschaffen hatte. Im Jahre 1989 spann Cozzi die hinter den Filmen stehende Idee weiter und schuf mit „Dead Eyes“ eine Art inoffiziellen dritten Teil, der vielmehr als Hommage und eine Art Meta-Spin-Off zu betrachten ist.
„Meine Devise lautet: Totale Unterordnung!“
Nachwuchs-Regisseur Marc Rivetta (Urbano Barberini, „Opera“) möchte zusammen mit Drehbuchautor Dan einen Horrorfilm über die Hexe Levana drehen. In Lennart Levin (Brett Halsey, „Die Rache des Ungeheuers“) findet man einen Produzenten und für die Hauptrolle der Levana hat man gleich zwei Optionen: die jeweiligen Lebensabschnittsgefährtinnen. Den Zuschlag bekommt Anne (Florence Guérin, „Entfesselte Lust“), Marcs Angetraute. Doch als sie beginnt, sich mit ihrer Rolle zu beschäftigen, erscheint ihr in finsteren Visionen die wahre Levana – die vom Vorhaben der Verfilmung ihrer Biographie wenig begeistert ist und sich durch das Filmteam zu morden beginnt, u.a. indem sie Besitz von Anne ergreift…
„Danken Sie nicht mir – danken Sie Levana!“
Die ersten Szenen Cozzis Films entpuppen sich als Filmdreh einer neuen „The Black Cat“-Verfilmung nach Edgar Allan Poe, also als „Film im Film“. Im Anschluss bezieht man sich wortwörtlich auf Argentos „Suspiria“, verdeutlicht demnach, dass man sich in einer Realität befindet, in der, anders als in Argentos Mutter-Filmen, eben jene ebenfalls Filme, also Fiktion sind. Umso überraschender ist es demnach verständlicherweise für die Protagonistin, als eine pockige Gestalt durch den Spiegel bricht und sie mit grünem Schleim vollsabbert – Levana! Dies wiederum fand anscheinend lediglich auf Traumebene statt, aus der Anne erwacht. Ebenfalls nur ein schrecklicher Alptraum zu sein scheint es, als Levana nachts zu ihr spricht. Einige dieser Szenen illuminieren Cozzi & Co. in künstlichen Farben nach Vorbild Argentos bzw. Mario Bavas, was den Hommagen-Charakter unterstreicht.
„Sie ergreift von jedem Besitz, der sich ihr gedanklich nähert!“
Die nun folgende Entwicklung der Handlung wirkt bisweilen etwas gaga. So raucht der Kühlschrank ab, schleichen sich ein vermeintlicher Weißwarenkundendienst ebenso wie ein falscher Cousin William ein, informieren sich die Filmemacher über Reinkarnation und reagiert eine Esoterikerin entsetzt, um schließlich deutliche Warnungen auszustoßen. Die Mordserie beginnt dann mit reichlich krudem Gesplatter und vollzieht sich in der Folge mal im Off, meist jedoch vor laufender Kamera und dabei gern brutal. Immer wieder variiert Cozzi derweil auf verwirrende Weise die Ebenen. Als Anne vollends von Levana besessen scheint und den Regisseur ersticht, sticht dieser zurück und… wieder war es nur ein Traum. Als ein Baby verschwindet, passiert dies jedoch in der filmischen Realität und ist ein Indiz für eine Intrige einer eifersüchtigen Kollegin, mit der es die arme Anne auch noch zu tun bekommt.
„Zwischen einer Fee und einer Hexe ist kaum ein Unterschied!“
Eine deftige Pfählung am Schluss besiegelt den Film, der noch einen seltsamen Epilog anhängt (Spoiler: Anne spricht mit Kind Sibyll im Fernseher, das behauptet, Anne habe nun magische Kräfte oder so) und nach normalen Maßstäben gemessen ganz bestimmt nicht gut, aber doch recht interessant ist – insbesondere für italophile Cineasten und Genrefilm-Liebhaber. „Dead Eyes“ ist eigentlich kaum ernstzunehmen, bisweilen comicartig bis karikierend überzeichnend (beispielsweise in der Darstellung des Produzenten), dadurch auch mal unfreiwillig (?) komisch (theatralische Dialogsequenzen der Hexe), dann aber auch wieder überraschend atmosphärisch, gruselig und deftig. Komponist Vince Tempera steuerte Synthesizer-Klangteppiche bei, die Bands „Bang Tango“ und „White Lion“ in Argento- („Phenomena“, „Opera“) und „Demoni“-Reihen-Manier recht coole End-‘80er-Metal-Stücke, Cozzi schnitt ab und zu kuriose künstliche Weltraumbilder zwischen, die an seinen „Star Crash“ erinnern und die eingestreuten digitalen Spezialeffekte aus Rudis Resterampe erinnern an die Computer-Frühzeit, stehen dabei im Kontrast zum handgemachten Gemantsche. „Die ganze Sache ist irgendwie außer Kontrolle geraten…“, heißt es zwischenzeitlich, was auch irgendwie als Aussage zu diesem wilden Potpourri passt, das dramaturgisch reichlich holpert, sich in seinem Mix unterschiedlicher Inspiration, Stilelemente und Handlungsebenen zu verzetteln droht, irgendwie aber doch immer wieder halbwegs die Kurve bekommt und auch dank seiner Schauspieler – eine Caroline Munro („Love to Kill“) z.B. sieht man als Genre-Affiner doch immer wieder gern – unterm Strich unterhaltsam genug ausgefallen ist, um Cozzis offensichtlichen Eifer würdigen zu können. Als obskures Bonus-Dreingabe zur Mutter-Trilogie ist „Dead Eyes“ sicher nicht verkehrt und verglichen mit Argentos 2007 veröffentlichten tatsächlichem Abschluss der Reihe mag ihm manch Hardliner gar ein Plus an Charme attestieren.
Der Italiener Luigi Cozzi ist natürlich kein Idiot, sondern ein Filmverrückter; seine eigenen Filme sind gern voller Zitate, bisweilen gar absonderliche Plagiate („Star Crash“), die beweisen, wie sehr er in erster Linie Fan ist. Fan ist er natürlich auch von den „Mutter“-Filmen seines Freunds Dario Argento, der mit „Suspiria“ und „Inferno“ die ersten beiden Teile der lange Zeit unvollendet gebliebenen Trilogie um die drei Hexen verwirklicht und damit Referenzwerke des phantastischen Films erschaffen hatte. Im Jahre 1989 spann Cozzi die hinter den Filmen stehende Idee weiter und schuf mit „Dead Eyes“ eine Art inoffiziellen dritten Teil, der vielmehr als Hommage und eine Art Meta-Spin-Off zu betrachten ist.
„Meine Devise lautet: Totale Unterordnung!“
Nachwuchs-Regisseur Marc Rivetta (Urbano Barberini, „Opera“) möchte zusammen mit Drehbuchautor Dan einen Horrorfilm über die Hexe Levana drehen. In Lennart Levin (Brett Halsey, „Die Rache des Ungeheuers“) findet man einen Produzenten und für die Hauptrolle der Levana hat man gleich zwei Optionen: die jeweiligen Lebensabschnittsgefährtinnen. Den Zuschlag bekommt Anne (Florence Guérin, „Entfesselte Lust“), Marcs Angetraute. Doch als sie beginnt, sich mit ihrer Rolle zu beschäftigen, erscheint ihr in finsteren Visionen die wahre Levana – die vom Vorhaben der Verfilmung ihrer Biographie wenig begeistert ist und sich durch das Filmteam zu morden beginnt, u.a. indem sie Besitz von Anne ergreift…
„Danken Sie nicht mir – danken Sie Levana!“
Die ersten Szenen Cozzis Films entpuppen sich als Filmdreh einer neuen „The Black Cat“-Verfilmung nach Edgar Allan Poe, also als „Film im Film“. Im Anschluss bezieht man sich wortwörtlich auf Argentos „Suspiria“, verdeutlicht demnach, dass man sich in einer Realität befindet, in der, anders als in Argentos Mutter-Filmen, eben jene ebenfalls Filme, also Fiktion sind. Umso überraschender ist es demnach verständlicherweise für die Protagonistin, als eine pockige Gestalt durch den Spiegel bricht und sie mit grünem Schleim vollsabbert – Levana! Dies wiederum fand anscheinend lediglich auf Traumebene statt, aus der Anne erwacht. Ebenfalls nur ein schrecklicher Alptraum zu sein scheint es, als Levana nachts zu ihr spricht. Einige dieser Szenen illuminieren Cozzi & Co. in künstlichen Farben nach Vorbild Argentos bzw. Mario Bavas, was den Hommagen-Charakter unterstreicht.
„Sie ergreift von jedem Besitz, der sich ihr gedanklich nähert!“
Die nun folgende Entwicklung der Handlung wirkt bisweilen etwas gaga. So raucht der Kühlschrank ab, schleichen sich ein vermeintlicher Weißwarenkundendienst ebenso wie ein falscher Cousin William ein, informieren sich die Filmemacher über Reinkarnation und reagiert eine Esoterikerin entsetzt, um schließlich deutliche Warnungen auszustoßen. Die Mordserie beginnt dann mit reichlich krudem Gesplatter und vollzieht sich in der Folge mal im Off, meist jedoch vor laufender Kamera und dabei gern brutal. Immer wieder variiert Cozzi derweil auf verwirrende Weise die Ebenen. Als Anne vollends von Levana besessen scheint und den Regisseur ersticht, sticht dieser zurück und… wieder war es nur ein Traum. Als ein Baby verschwindet, passiert dies jedoch in der filmischen Realität und ist ein Indiz für eine Intrige einer eifersüchtigen Kollegin, mit der es die arme Anne auch noch zu tun bekommt.
„Zwischen einer Fee und einer Hexe ist kaum ein Unterschied!“
Eine deftige Pfählung am Schluss besiegelt den Film, der noch einen seltsamen Epilog anhängt (Spoiler: Anne spricht mit Kind Sibyll im Fernseher, das behauptet, Anne habe nun magische Kräfte oder so) und nach normalen Maßstäben gemessen ganz bestimmt nicht gut, aber doch recht interessant ist – insbesondere für italophile Cineasten und Genrefilm-Liebhaber. „Dead Eyes“ ist eigentlich kaum ernstzunehmen, bisweilen comicartig bis karikierend überzeichnend (beispielsweise in der Darstellung des Produzenten), dadurch auch mal unfreiwillig (?) komisch (theatralische Dialogsequenzen der Hexe), dann aber auch wieder überraschend atmosphärisch, gruselig und deftig. Komponist Vince Tempera steuerte Synthesizer-Klangteppiche bei, die Bands „Bang Tango“ und „White Lion“ in Argento- („Phenomena“, „Opera“) und „Demoni“-Reihen-Manier recht coole End-‘80er-Metal-Stücke, Cozzi schnitt ab und zu kuriose künstliche Weltraumbilder zwischen, die an seinen „Star Crash“ erinnern und die eingestreuten digitalen Spezialeffekte aus Rudis Resterampe erinnern an die Computer-Frühzeit, stehen dabei im Kontrast zum handgemachten Gemantsche. „Die ganze Sache ist irgendwie außer Kontrolle geraten…“, heißt es zwischenzeitlich, was auch irgendwie als Aussage zu diesem wilden Potpourri passt, das dramaturgisch reichlich holpert, sich in seinem Mix unterschiedlicher Inspiration, Stilelemente und Handlungsebenen zu verzetteln droht, irgendwie aber doch immer wieder halbwegs die Kurve bekommt und auch dank seiner Schauspieler – eine Caroline Munro („Love to Kill“) z.B. sieht man als Genre-Affiner doch immer wieder gern – unterm Strich unterhaltsam genug ausgefallen ist, um Cozzis offensichtlichen Eifer würdigen zu können. Als obskures Bonus-Dreingabe zur Mutter-Trilogie ist „Dead Eyes“ sicher nicht verkehrt und verglichen mit Argentos 2007 veröffentlichten tatsächlichem Abschluss der Reihe mag ihm manch Hardliner gar ein Plus an Charme attestieren.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
- Salvatore Baccaro
- Beiträge: 3070
- Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10
Re: Dead Eyes - Luigi Cozzi (1989)
Es sind Luigi-Cozzi-Wochen in meinem Kopf, deshalb: drei kurze Anmerkungen zu einem seiner finalen Werke, IL GATTO NERO oder EDGAR ALLAN POE’S THE BLACK CAT oder DEMONS 6: DE PROFUNDIS oder DEAD EYES von 1989:
1. Meta-Film. Realitätskonzepte.
Eine Frau – unsere Heldin: Anne Ravenna – sitzt auf der Rückbank eines Autos. Neben ihr liegt eine Pistole. Zärtlich oder ängstlich streichelt sie sie mit der Rechten. Ihre Blicke verraten, dass sie auf das Schlimmste gefasst ist. Dazu ertönt weder sonderlich räudiger noch sonderlich memorabler 80er-Hard-Rock. Gesteuert wird das Fahrzeug von einer vor allem durch das Tragen einer das halbe Gesicht verdeckenden Sonnenbrille sehr androgyn wirkenden zweiten Frau. Sie hält in einem entlegenen, menschenleeren Hinterhof. Anne sagt ihr, sie solle warten, sie sei gleich zurück und dringt in ein verlassenes Gebäude ein. Eine lange Treppe hinaufsteigend ruft sie nach einem gewissen George. Ich weiß, dass Du der Mörder bist!, heißt es, während zwei Schnitte zeitgleich erfolgen: der des Films, der von Anne zurück in den Hinterhof springt, und der, der ihrer namenlosen Fahrerin, von unbekannter Hand geführt, die Kehle durchtrennt. Kurz darauf bekommt Anne selbst es mit dem maskierten Giallo-Killer zu tun, der sie aus einem Hinterhalt heraus anfällt. Gerade als er mit ihr kurzen Prozess machen möchte, sehen wir in Großaufnahme die Linse einer Kamera. Jemand ruft: Cut!, die Szenerie enthüllt sich als Filmset.
Gedreht wird offenbar irgendein italienischer Spät-Giallo, und zwar unter der Regie von Annes Ehegatten, einem gewissen Marc, der, heißt es, in der Szene als der derzeitige König des mediterranen Horrors gilt. Gerade trägt der gefeierte Spezialist für schaurige Stoffe sich mit einer Idee, die ihn scheinbar sowohl aus künstlerischer wie auch aus finanzieller Hinsicht reizt. Bei einem gemeinsamen Essen mit Freunden bzw. Kollegen enthüllt er, nun, wo besagter namenloser Giallo in den Kasten gebracht worden ist, seine zukünftigen Pläne. Nichts weniger möchte er realisieren als den dritten Teil von Dario Argentos im Jahre 1989 noch unvollendeten Trilogie über die Drei Mütter, drei furchterregende, das absolute Böse verkörpernde Hexen, von denen die eine, wie man in SUSPIRIA (1977) erfährt, in einer Freiburger Ballettschule gehaust hat, und die anderen beiden, wie INFERNO (1980) erklärt, in einem New Yorker Wohnhaus bzw. einer Römischen Bibliothek.
Diese Szene macht schon früh die interessante Verortung deutlich, die Cozzi seinem Film angedeihen lässt. IL GATTO NERO spielt, obwohl oder gerade weil er sich überdeutlich auf beide Filme bezieht, nicht im gleichen Kosmos wie Argentos Meisterstücke. SUSPIRIA und INFERNO sind in IL GATTO NERO schätzenswerte Horrorfilme, der Name Argento wird von Marc einmal explizit als einer genannt, zu dem es sich aufzuschauen lohnt. Zugleich zeigt die vergleichsweise ausschweifende Dialogszene beim Abendessen aber, dass es Cozzi zugleich nicht darum geht, IL GATTO NERO wesentlich realistischer, d.h. näher an unserer Alltagswelt angesiedelt wirken zu lassen als es bei SUSPIRIA und INFERNO der Fall gewesen ist. Deutlich wird letzteres vor allem durch die Art und Weise, in der sich Marc, Anne und ihre Gäste über die Hexe Levana unterhalten, die in der in IL GATTO NERO geplanten Produktion die Antagonistenrolle bekleiden soll. Ein Superlativ jagt den nächsten, gegenseitig scheint man zu versuchen, sich in besonders klischeehaften und/oder blumigen Umschreibungen der Grausigkeit Levanas zu übertrumpfen – und das, obwohl sämtliche Anwesenden, mit Ausnahme Marcs, angeblich in der lukullischen Runde zum ersten Mal von der Existenz einer solchen Hexe gehört haben wollen. Sie sei „the life of darkness with fire in her eyes“, außerdem “the mother of madness, the counselor of suicide, the slash of the tiger, the breath of the dragon”, allesamt im Grunde inhaltslose, jedoch immerhin wohlklingende Phrasen, die Cozzi zu einer ihnen entsprechenden visuellen Umsetzung anspornen: während unseren Helden vor lauter marktschreierischen Werbeplakatsprüchen beinahe die Münder platzen, taucht Cozzi tief ein in eine als Studiokulisse wenig verhohlene Gruft, wo Levana inmitten von echtem Gewürm und künstlichem Nebel beginnt, einen hundertjährigen Schlaf von ihrer mehr oder weniger angsteinflößenden Fratze zu schütteln. Nora, eine Schauspielerin, die, wie Anne, ebenfalls an Marcs vorherigem Film beteiligt gewesen ist, klatscht schließlich freudig in die Hände. Vor allem, ruft sie, sei Levana gut dafür, sie alle, die an der Produktion mitwirken, stinkreich zu machen. Marc bestätigt das mit süffisantem Grinsen: sein nächstes Projekt solle der gruseligste Horrorfilm aller Zeiten werden und selbst SUSPIRIA, den er immerhin für recht gut hält, weit in die Schatten stellen – zumal er vorhat, seine Gattin für die Hauptrolle zu verpflichten.
Die wirkt zwar nicht so begeistert wie Marc sich das vielleicht vorgestellt hat, bringt aber auch keine größeren Ein-wände vor, sondern erstmal ihr gemeinsames Kind, das sich noch im Säuglingsalter befindet, zu Bett, um danach vom ersten einer ganzen Reihe Alpträume heimgesucht werden, in denen ihr Levana – ein scheußliches, madenzerfressenes Etwas, gegen das selbst die Mutter der Seufzer in SUSPIRIA wie ein süßes Großmütterchen wirkt - leibhaftig gegenübertritt, sie durch Spiegel heraus attackiert, ihr grünen Schleim ins Gesicht kotzt und vor allem ständig betont, dass sie nicht das Recht habe, sie auf einer Leinwand zu verkörpern. Während Anne mehr und mehr an ihrem Verstand zu zweifeln anfängt, da sich noch weitere seltsame Erscheinungen häufen – zum Beispiel explodiert der heimische Kühlschrank und sie bildet sich ein, einen Reparateur desselben in ihrem Wohnhaus gesehen zu haben, obwohl ihr das Kindermädchen versichert, dass sie den gesamten Tag alleingewesen ist -, folgt der Film in einer Parallelhandlung Marc bei den Vorbereitungen zum SUSPIRIA- bzw. INFERNO-Spin-Off: man konsultiert einen an den Rollstuhl gefesselten, mürrischen Produzenten sowie eine promovierte Fachfrau fürs Okkulte, die man als wissenschaftliche Beraterin mit ins Boot holen möchte. Realistisch ist indes keiner der beiden Handlungsstränge. Dieser fehlende Wirklichkeitsbezug kann bei Anne, von der man anfangs meinen könnte, sie werde, ein bisschen wie Fulci in UN GATTO NEL CERVELLO, allmählich ein Opfer der Schreckensvisionen, mit denen ihr Ehemann und sie ihren Lebensunterhalt verdienen, freilich noch konzeptuell durch das stete Verschwimmen der Grenze zwischen Wahn und Realität erklärt werden. Dass aber die Vorbereitungen für eine Spielfilmproduktion tatsächlich so aussehen sollen wie es uns Cozzi weismachen möchte, wird wohl nicht mal der naivste Zuschauer ernsthaft glauben.
Obwohl IL GATTO NERO von einem Film im Film handelt, verleugnet er seine Eigenexistenz als Illusionstheater (oder besser: Theater der permanenten Illusionsbrechungen oder gar: Illusionsvermeidungstaktiken) zu keiner Sekunde. Das Licht, die Dialoge, die Kulissen, das alles ist derart künstlich, dass dahinter nur die – im Übrigen auch Cozzis im gleichen Jahr veröffentlichten PAGANINI HORROR bestimmende – Absicht stecken kann, IL GATTO NERO mehr wie einen comic-strip wirken zu lassen denn wie einen Film, in dem sich der Rezipient mit der kurzzeitigen Täuschung verlieren kann, er habe eine, wie auch immer geartete, Realität vor sich. Die Distanz, die Cozzi gleich von der ersten Szene an zu seinem Film aufbaut, bleibt gewahrt bis zum Schluss. Wo einem – d.h.: mir – das Herz bei SUSPIRIA noch immer bis zum Hals schlägt, sitzt man – d.h.: ich – bei IL GATTO NERO mehrere Metaebenen höher und reflektiert eher über die vielen narrativen wie ästhetischen Merkwürdigkeiten, mit denen Cozzi ganz bewusst ein Eintauchen des Zuschauers in seinen Film verhindert.
2. Intertextuelle Bezüge. Baudelaire, de Quincey, Poe.
SUSPIRIA und INFERNO beruhen auf einer Sammlung von Prosagedichten des britischen Schriftstellers und Journalisten Thomas de Quincey (1785-1859). Das hört und liest man immer wieder. In Wirklichkeit stimmt ein solcher Satz jedoch bloß etwa zur Hälfte. Tatsächlich hat de Quincey 1845 eine Sammlung kürzerer Texte unter dem Titel SUSPIRIA DE PROFUNDIS veröffentlicht, und tatsächlich findet sich in dieser ein Text namens LEVANA AND OUR LADIES OF SORROW. Schaut man sich diesen allerdings einmal auch bloß ganz oberflächlich an, wird man schnell feststellen, dass Argento ihn bei der Konzeption seiner Mütter-Mythologie wohl eher als eine Inspirationsquelle unter vielen genutzt hat. Gerade in SUSPIRIA finden sich, meiner Meinung nach, wesentlich sinnfälligere Bezüge zu ALICE IN WONDERLAND, Grimms Märchen oder Fritz Lang als zu de Quincey, der mir eher wie ein Stichwortgeber vorkommt, von dem Argento den ersten entscheidenden, jedoch letztlich nicht essentiellen Anstoß dazu erhalten hat, zwei Filme lang in ein Märchenreich einzutauchen, dem unsere Vernunft ein Todfeind ist.
Bei de Quincey sind die drei Mütter beispielweise noch keine drei Mütter, sondern lediglich drei Ladies, und sie haben nichts gemein mit Hexentum und Teufelsspuk, sondern verkörpern, vereinfacht gesagt, drei Arten des Leides, der Pein, des Schmerzes, mit dem jeder Mensch von der Wiege bis zum Sarg konfrontiert werden wird, und Levana ist nicht eine dieser drei im Grunde allegorischen Figuren, wie es IL GATTO NERO nahelegt, sondern ursprünglich eine römische Göttin, zuständig für Geburtshilfe und Schutz der Neugeborenen, deren religiöse Rolle im Altertum de Quincey, dessen SUSPIRIA DE PROFUNDIS mutmaßlich innerhalb enormer Opiumräusche entstanden sein soll, anfangs lang und breit beschreibt, um danach relativ sprunghaft zum eigentlichen Thema überzugehen. Diese Levana findet in den Filmen Argentos folgerichtig keinerlei Erwähnung, erst Cozzi, der für IL GATTO NERO auch das Drehbuch verfasst hat, ist möglicherweise auf ihren Namen gestoßen, als er einmal flüchtig in einem de-Quincey-Sammelband blätterte. Dass er de Qunicey entweder nicht gründlich gelesen oder von Anfang an nicht vorgehabt hat, SUSPIRIA DE PROFUNDIS authentischer Rechnung zu tragen als es bei Argento der Fall ist, zeigt sich schon allein darin, dass IL GATTO NERO Levana als eine Hexe vorstellt, die angeblich im Prag des dreizehnten Jahrhunderts gewirkt, d.h. ihren teuflischen Schabernack getrieben haben soll. Andererseits scheint Cozzi zwischendurch immer mal wieder aber auch die Argento’sche Mütter-Mythologie zu vergessen. So behauptet Marc an einer Stelle, Argento habe zwei Filme zu je zwei der drei Mütter gedreht, die dritte jedoch bislang filmisch nicht behandelt. Gehen wir einmal davon aus, dass Levana mit der dritten Mutter, der der Tränen, gleichzusetzen ist, stimmt diese Aussage trotzdem nicht, da sowohl die Mutter der Finsternis als auch die der Tränen in INFERNO Auftritte absolvieren, und einzig SUSPIRIA sich voll und ganz einer einzelnen Mutter, der der Seufzer, verschrieben hat. Ich persönlich finde das reichlich seltsam, zumal Cozzi und Argento ja nicht nur die eine oder andere berufliche Zusammenarbeit, sondern zudem eine Freundschaft verbinden soll. Kann man etwa davon ausgehen, dass Cozzi die Filme seines Mentors zu wenig kennt, dass sich solche jedem Fanboy sauer aufstoßende Fehler in einen doch wohl vorrangig als Fanprodukt gedachten Film einschleichen? Oder steckt etwa mehr dahinter?
Eine weitere Seltsamkeit, die ich mir nicht erklären kann, ist folgende. Erst Esther Semerani, die Okkultistin, die Marc aufsucht, um sie für seinen Film zu verpflichten, öffnet ihm die Augen dafür, dass SUSPIRIA und INFERNO, zumindest, was ihre Grundidee betrifft, auf einem Text de Quinceys beruhen – zuvor ist stets die Rede davon gewesen, die drei Mütterchen seien einem Werk Charles Baudelaires (1821-1867) entsprungen. Dr. Semerani korrigiert Marc sofort, als der den französischen Poeten als geistigen Schöpfer Levanas zur Sprache bringt: es stimme wohl, dass Baudelaire über die drei Mütter geschrieben habe, doch seien dies keine originären Texte seinerseits, sondern lediglich Übersetzungen der Schriften de Quinceys aus dem Englischen ins Französische – eine Behauptung, die nun wirklich jeder Grundlage entbehrt, denn, so sehr Baudelaire nun auch von den Drogenschriften des Briten beeinflusst worden sein mag, er hat de Quincey weder jemals übersetzt noch in irgendeinem seiner Texte deutlicheren Bezug auf ihn genommen, geschweige denn findet sich irgendwo in seinem recht überschaubaren Oeuvre auch nur einen Hinweis auf eine Göttin oder Hexe namens Levana. Wieso aber verschwendet Cozzi mehr als eine Drehbuchzeile für eine solche haarsträubende Überlieferungsgeschichte, die letztlich zur eigentlichen Handlung von IL GATTO NERO rein gar nichts beiträgt? Ob Marc nun sofort mit dem Wissen um de Quinceys Autorschaft auf die Idee seines Films gekommen wäre oder ob er zunächst Baudelaire für den Mütterschöpfer hält, läuft im Prinzip doch auf das Gleiche hinaus, oder nicht? Ich kann mir höchstens vorstellen, dass ein solches Verschachteln einem Konzept geschuldet ist, das man vielleicht auf die Formel bringen könnte, dass echte und falsche Zitate, Fakten und Fiktionen, Tatsächlichkeiten und Mutma-ßungen in wilder Freude nebeneinander gestellt werden sollen, als gäbe es keinen Unterschied zwischen ihnen. Lü-gen bzw. Fiktionen sind beispielweise die Behauptungen, Argento habe der dritten Mutter bislang zu keinem Leinwandauftritt verholfen, oder dass SUSPIRIA vorrangig auf SUSPIRIA DE PROFUNDIS beruhe, oder eben dass Baudelaire irgendwann irgendwo irgendetwas über Mütterhexen geschrieben haben soll. Zugleich sind solche Äußerungen jedoch keine vollständigen Lügen, sondern welche, in denen ganze oder zumindest halbe Fakten durchaus mitschwingen, denn: natürlich hat Argento den Namen SUSPIRIA von de Quincey entlehnt, und freilich stimmt es, dass Baudelaire de Quincey rezipiert hat und von ihm höchstwahrscheinlich zu seinem Drogenerbauungsbuch LES PARADIS ARTIFICELS inspiriert worden ist, und dass SUSPIRIA und INFERNO die ersten beiden Teile einer Trilogie darstellen, die erst 2007 offiziell vollendet werden sollte.
Als Marc auf Semeranis Ankündigung hin, de Quincey und nicht Baudelaire sei die Quelle, an die er sich halten solle, ungläubig guckt, holt die belesene Dame eine Originalausgabe von SUSPIRIA DE PROFUNDIS aus ihrer Privatbibliothek, natürlich versehen mit der Warnung, die Finger besser von einem solchen Film zu lassen, und, falls er doch gedreht werden solle, wenigstens Levanas Namen nicht zu verwenden. Sämtliche Zitate wiederum, die angeblich aus SUSPIRIA DE PROFUNDIS stammen, und die uns die Okkultistin im Folgenden laut vorliest, fußen auf der wild galoppierenden Phantasie Cozzis selbst. Von Säuglingsopferungen ist in der SUSPIRIA-DE-PROFUNDIS-Ausgabe Dr. Semeranis die Rede, außerdem davon, dass Levana allein dadurch beschworen werden könne, dass man intensive Gedanken auf sie richte, sich auf ihre Person konzentriere, ihr einen Freiraum in der eigenen Seele schaffe: allesamt Dinge, die man bei de Quincey mit einer Lupe suchen und trotzdem nicht würde finden können. Obwohl Cozzi demnach die Quelle namentlich benennt, verfälscht er sie in einem eigentlich ziemlich witzigen Kunstgriff wiederum, indem er ihr einen völlig konträren Inhalt andichtet. Hinzukommt, dass Semerani Marc erklärt, de Quincey sei ebenfalls nicht der Hauptinitiator hinter der Drei-Mütter-Idee, vielmehr stelle auch sein SUSPIRIA DE PROFUNDIS bloß die Übersetzung eines wesentlich älteren, sagenumwobenen Textes ähnlich des Lovecraft’schen Necronomicons dar, der ihm zufällig in die Hände gefallen sei und den er daraufhin ins moderne Englisch übertragen habe.
Ein weiterer Querverweis aus der schwärzeren Literaturgeschichte: Baudelaire hat zwar nicht de Quincey übersetzt, seine Dienste dafür aber dem amerikanischen Schriftsteller Edgar Allan Poe (1808-1848) angedeihen lassen, und ihn damit einerseits aus der unverdienten Versenkung geholt und andererseits mit als Erster in Europa bekanntgemacht. Wie es der Zufall bzw. Cozzi will, ist Poe dann auch die dritte literarische Instanz, die IL GATTO NERO als Referenz anruft. Kann man bei de Quincey noch davon sprechen, dass sich Spuren seiner Schriften in SUSPIRIA und INFERNO, wenn auch äußerst zerschlissen, finden lassen, so sind die Querverbindungen zwischen Argento einerseits und Poe/Baudelaire andererseits wohl vorrangig ästhetischer Natur – im Sinne von: hätten Poe und Baudelaire Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts gelebt, hätten sie möglicherweise keine Kurzgeschichten oder Gedichte verfasst, sondern Filme wie PROFONDO ROSSO inszeniert. Völlig verquer finde ich die Kapriolen dennoch, die Cozzis Skript schlägt, um Poe irgendwie ins Geschehen zu mengen. Bei einer Autofahrt unterhalten Marc und sein Assistent sich über Poes short story THE BLACK CAT, die - erneut: Zufall oder Schicksal? -, Argento ein Jahr später für TWO EVIL EYES, seine US-Kollaboration mit George Romero, verfilmen werden wird. Während THE BLACK CAT eigentlich eine recht spannende und recht drastische Schilderung eines dem Wahnsinn verfallenden Mannes ist, der von einem schwarzen Kätzchen des Gattinnenmordes überführt wird, unterstellen die Protagonisten von IL GATTO NERO Poes Text, er handle von Hexen, die sich in der Gestalt schwarzer Katzen tarnen, um derart verschleiert ungestört ihr Unweisen treiben zu können. Das wiederum soll dann auch irgendwie – näher erklärt wird es leider nicht – den Bezug zwischen Poe und de Quincey herstellen.
Schon wieder trifft der, der danach sucht, auf ein Zitat, das mit zwei Augen zwinkert: das eine aufgeklebte Attrappe, das andere in unheimlicher Lauterbarkeit leuchtend. Poe, Baudelaire, de Quincey gehören allesamt in ein und denselben Topf: der US-Amerikaner, der Franzose, der Brite haben allesamt dabei mitgeholfen, eine Ästhetik zu prägen, aus der heraus schließlich das Horrorkino erwachsen ist. In der Hinsicht kann man ihre inflationäre Namensnennung in IL GATTO NERO als wenig versteckte Hommage Cozzis verstehen. Wir erinnern uns: das, was Marc plant, soll der schaurigste Film aller Zeiten werden, und es klingt beinahe wie eine rituelle Huldigung, eine Anrufung von Hausgeistern, wenn dieser schaurigste Film aller Zeiten nicht entstehen kann, ohne dass vorher ausgiebig und mehrmals die Namen dieser drei Autoren ausgesprochen werden
3. Meta-Trash oder: Eine dreifach dialektische Bewegung.
Das Feuerwerk, das Cozzi in der letzten halben Stunde von IL GATTO NERO abfackelt, setzt für mich mit der Szene ein, in der Esther Semerain – wie genau habe ich leider nicht wirklich verstanden – zu dämmern beginnt, dass die Hexe Levana kurz davor steht, Annes Baby für ein ruchloses Ritual zweckzuentfremden, dessen Ziel es wiederum sein soll, sie endgültig von Annes Körper Besitz ergreifen zu lassen. Wie schon bei der Auftaktszene – die Film-im-Film-Szene - verhehlt Cozzi wenig, dass Esthers schlussendliche Ermordung durch die übernatürlichen Hexenkräfte eine klare Reminiszenz an SUSPIRIA darstellen soll. Während die Vorspannfahrt mehr oder minder – eher minder – beeindruckend Suzy Banyons Taxifahrt quer durchs verregnete Freiburg bzw. München zitiert hat, ist Esthers Sterben sichtlich dem des blinden Pianisten nachempfunden, der als unbequemer Mitwisser seinem eigenen Hund zum Opfer fällt. Allerdings zitiert Cozzi gleich noch sich selbst, und zwar in der unfassbar unsinnigen Todesart, mittels der Frau Semerani ihr Ende findet: exakt wie den bemitleidenswerten Kontaminierten in CONTAMINATION platzt ihr im wahrsten Sinne des Wortes der Bauch, dass die Fleischfetzen nur so durch die Luft spritzen. Deutlicher hätte Cozzi gar nicht unterstreichen können, dass er nie im Sinn gehabt hat, SUSPIRIA auch nur ein stilles Wasser reichen zu wollen - selbst die Blindenhundszene in Fulcis L’ALDILÀ ist da näher am unerreichten Vorbild. Er scheint sich von Anfang an bewusst gewesen zu sein, dass SUSPIRIA und INFERNO als majestätische Monolithe in der (nicht nur italienischen) Horrorfilmhistorie aufgepflanzt sind, an denen das Kratzen nicht nur nicht lohnt, sondern zudem bloß zu abgebrochenen Fingernägeln führt, weshalb er sich, vermute ich, gesagt haben mag: wenn schon ein inoffizielles Sequel bzw. spin-off produziert werden soll, dann kann das nur auf der Ebene stattfinden, die von ihm seit STARCRASH überaus erfolgreich beackert worden ist, einer, auf der sich Trashologen und Filmverrückte heimisch finden, jedem seriösen Kritiker das Gesicht jedoch in Scheiben herabfällt. Eine Metapher bringt IL GATTO NERO selbst ins Spiel, um zu verdeutlichen, dass sich nicht nur die Zeiten geändert haben und ein Märchen wie SUSPIRIA weder von Argento selbst noch von irgendwem anders wiederholt werden sollte oder werden könnte. Einmal erwacht Anne in tiefer Nacht und ihr Haus ist von einem künstlichen Leuchten erfüllt, das man gut und gerne als Billigvariante der Lichtspiele eines Argento oder Bava bezeichnen könnte. Sie tappt durch die Zimmer, sucht nach der Quelle und findet sie im eigenen Kühlschrank. Kaum hat sie dessen Tür zugeschlagen, ist es schon vorbei mit dem grellgrünen Zauber. Schöner kann man den Fall von sakralen Sphären zur absoluten Profanität wohl kaum in einem einzigen Bild bündeln. Unsichtbar sind, wie man sich erinnert, in SUSPIRIA und INFERNO die Lichtquellen. Deren Welt ist, scheint es, von Natur aus regelrecht unterhöhlt von glühenden Primärfarben, so sehr, dass kein Funken Logik, keine kohärente Geschichte ihnen standhalten können. Für IL GATTO NERO gilt ähnliches, nur mit dem Unterschied: hier kann hinter jeder abstrusen Idee sogleich eine Auflösung warten wie: das ist alles bloß ein Traum gewesen, oder bloß ein Film, oder ein extravaganter Kühlschrank.
Deshalb ist IL GATTO NERO für mich, ähnlich wie PAGANINI HORROR, so etwas wie ein Abgesang. Dieser Film ahmt nach, ist randvoll mit Zitaten. Seine Musik könnte aus einem von Lamberto Bavas DEMONI-Filmen stammen. Seine Hintergrundgeschichte trägt den Stempel Argentos. Seine Morde sind blutrünstig und verrückt wie zu Fulcis besten Zeiten. Die völlig unzusammenhängenden Aufnahmen von Planentenkonstellationen, die Cozzi mit bewundernswerter Beharrlichkeit ständig zwischenschneidet, könnten Resterampenmaterial aus STARCRASH sein. Er weiß, wovon er spricht, wenn er einen Film dreht, der den italienischen Horrorfilm in gewisser Weise selbst zum Thema hat, und zwar zu einer Zeit, als Regisseure wegsterben, in die USA auswandern, sich auf TV-Produktionen verlegen oder schlicht verstummen. Die goldene Ära ist längst vorbei, sagt IL GATTO NERO in seinem Subtext. Er kann und will nicht mehr verzaubern und erhebt die Entzauberung deshalb zu seinem Hauptthema. In einer weiteren Szene ergreift Levana von Anne über einen Fernsehapparat Besitz. Er explodiert, sein Bildschirm kracht auseinander, Gewürm und Gedärm ergießt sich aus der entstandenen Öffnung. Verwandelt in die hässlichste aller Hexen tritt Anne kurz darauf mit erhobenem Arm und erhobenem Messer an die Wiege ihres Kindes. In letzter Sekunde hält der hinzueilende Marc sie davon ab, den Säugling zu erstechen. Dann aber reißt sich Anne plötzlich eine Gummimaske vom Gesicht: es sind bloß Filmrequisiten gewesen, mit denen sie ihre Verwandlung zum Biest vollzogen hat. Ihre schwar umränderten Augen deuten indes daraufhin, dass sie übergeschnappt sein muss. Sofort bestätigt sie diesen Eindruck, indem sie auf Marc einsticht, der wiederum sie mit einem weiteren Stich mit sich in den Tod reißt – oder besser gesagt: zurück in die Realität, denn Anne erwacht und alles ist erneut bloß ein Traum gewesen. Dieses Spiel mit den Ebenen zieht sich durch IL GATTO NERO wie ein Faden, der röter nicht sein könnte, und unterstreicht zum einen die Freude, die Cozzi erneut daran gehabt haben muss, zu dekonstruieren und zu sezieren und zu jonglieren mit dem, was er dekonstruiert und seziert hat, und zum andern, dass jeder italienische Genrefilm der späten 80er mit dem Fluch beladen ist, sich einer Ganzheitlichkeit, die ein SUSPIRIA noch spielerisch hat erreichen können, bloß dann vielleicht noch annähern zu vermögen, wenn er ganz bewusst auf sie pfeift und ihr Fehlen zum Prinzip erhebt.
Dann aber, in der letzten halben Stunde - und je näher wir dem schlicht unbeschreiblichen Finale kommen desto stärker - geschieht das Unglaubliche: plötzlich ergibt IL GATTO NERO nicht nur keinen Sinn mehr, sondern verspottet jeden Sinn sogar damit, dass er eine wirre Szene an die nächste heftet. Ein Auto kracht frontal in Annes Wohnhaus und bleibt dort für den Rest des Films in der Wand stecken. Anne sucht den rollstuhlfahrenden Produzenten auf, der sich als lebendiger Toter entpuppt. Ein mysteriöses Kind erscheint auf dem Fernsehbildschirm und stellt sich Anne, soweit ich das verstanden habe, als gute Fee vor. Marc hat plötzlich eine Liaison mit Nora, und entführt gemeinsam mit ihr sein eigenes Kind. Schließlich dreht der Film sich, kurz vor Schluss, noch einmal derart heftig um sich selbst, dass sein Kopf auf einer Höhe mit seinem Gesäß ist, und präsentiert Annes Kindermärchen als Medium, das all die Levana-Visionen hinter die Stirn unserer Heldin gepflanzt haben soll. Oder so ähnlich, denn begriffen habe ich rein gar nichts mehr, und konnte einfach nur noch reglos wie auf einem Drogentrip, dessen Konsequenzen noch nicht abzusehen sind, zuschauen wie Luigi Cozzi über die völlige Sinnverweigerung genau das schafft, was er in der ersten Stunde des Films für unmöglich erklärt hat. IL GATTO NERO wird besessen – vielleicht nicht vom Geist Levanas, aber vom Geist eines Kinos, das die Form über den Inhalt stellt, das den Verstand ignoriert und die Sinne anspricht, das nichts erzählt, nichts erklärt, nur fordert, dass man fühlt, das zurückführt in ein Stadium, als wir noch Kinder gewesen sind und dachten, dass Steine und Rehe mit uns reden, wenn wir ihnen nur die richtigen Fragen stellen. Esther Semerani warnt: ein Film, der sich mit Levana beschäftigt, könne ausreichen, sie zu beschwören, ihr den Eintritt in die Welt der Vernunft gewähren, sie zu neuem Leben zu erwecken, eben weil ein Film im besten Fall etwas mit Leidenschaft und Magie hat. Luigi Cozzi zeigt: ein Film kann von einem anderen Film besessen werden, wenn er etwas mit Leidenschaft und Magie zu tun hat – und wenn es einen Vorwurf gibt, den man IL GATTO NERO nicht machen darf, dann ist es wohl der, dass beides in ihm fehlen würde.
1. Meta-Film. Realitätskonzepte.
Eine Frau – unsere Heldin: Anne Ravenna – sitzt auf der Rückbank eines Autos. Neben ihr liegt eine Pistole. Zärtlich oder ängstlich streichelt sie sie mit der Rechten. Ihre Blicke verraten, dass sie auf das Schlimmste gefasst ist. Dazu ertönt weder sonderlich räudiger noch sonderlich memorabler 80er-Hard-Rock. Gesteuert wird das Fahrzeug von einer vor allem durch das Tragen einer das halbe Gesicht verdeckenden Sonnenbrille sehr androgyn wirkenden zweiten Frau. Sie hält in einem entlegenen, menschenleeren Hinterhof. Anne sagt ihr, sie solle warten, sie sei gleich zurück und dringt in ein verlassenes Gebäude ein. Eine lange Treppe hinaufsteigend ruft sie nach einem gewissen George. Ich weiß, dass Du der Mörder bist!, heißt es, während zwei Schnitte zeitgleich erfolgen: der des Films, der von Anne zurück in den Hinterhof springt, und der, der ihrer namenlosen Fahrerin, von unbekannter Hand geführt, die Kehle durchtrennt. Kurz darauf bekommt Anne selbst es mit dem maskierten Giallo-Killer zu tun, der sie aus einem Hinterhalt heraus anfällt. Gerade als er mit ihr kurzen Prozess machen möchte, sehen wir in Großaufnahme die Linse einer Kamera. Jemand ruft: Cut!, die Szenerie enthüllt sich als Filmset.
Gedreht wird offenbar irgendein italienischer Spät-Giallo, und zwar unter der Regie von Annes Ehegatten, einem gewissen Marc, der, heißt es, in der Szene als der derzeitige König des mediterranen Horrors gilt. Gerade trägt der gefeierte Spezialist für schaurige Stoffe sich mit einer Idee, die ihn scheinbar sowohl aus künstlerischer wie auch aus finanzieller Hinsicht reizt. Bei einem gemeinsamen Essen mit Freunden bzw. Kollegen enthüllt er, nun, wo besagter namenloser Giallo in den Kasten gebracht worden ist, seine zukünftigen Pläne. Nichts weniger möchte er realisieren als den dritten Teil von Dario Argentos im Jahre 1989 noch unvollendeten Trilogie über die Drei Mütter, drei furchterregende, das absolute Böse verkörpernde Hexen, von denen die eine, wie man in SUSPIRIA (1977) erfährt, in einer Freiburger Ballettschule gehaust hat, und die anderen beiden, wie INFERNO (1980) erklärt, in einem New Yorker Wohnhaus bzw. einer Römischen Bibliothek.
Diese Szene macht schon früh die interessante Verortung deutlich, die Cozzi seinem Film angedeihen lässt. IL GATTO NERO spielt, obwohl oder gerade weil er sich überdeutlich auf beide Filme bezieht, nicht im gleichen Kosmos wie Argentos Meisterstücke. SUSPIRIA und INFERNO sind in IL GATTO NERO schätzenswerte Horrorfilme, der Name Argento wird von Marc einmal explizit als einer genannt, zu dem es sich aufzuschauen lohnt. Zugleich zeigt die vergleichsweise ausschweifende Dialogszene beim Abendessen aber, dass es Cozzi zugleich nicht darum geht, IL GATTO NERO wesentlich realistischer, d.h. näher an unserer Alltagswelt angesiedelt wirken zu lassen als es bei SUSPIRIA und INFERNO der Fall gewesen ist. Deutlich wird letzteres vor allem durch die Art und Weise, in der sich Marc, Anne und ihre Gäste über die Hexe Levana unterhalten, die in der in IL GATTO NERO geplanten Produktion die Antagonistenrolle bekleiden soll. Ein Superlativ jagt den nächsten, gegenseitig scheint man zu versuchen, sich in besonders klischeehaften und/oder blumigen Umschreibungen der Grausigkeit Levanas zu übertrumpfen – und das, obwohl sämtliche Anwesenden, mit Ausnahme Marcs, angeblich in der lukullischen Runde zum ersten Mal von der Existenz einer solchen Hexe gehört haben wollen. Sie sei „the life of darkness with fire in her eyes“, außerdem “the mother of madness, the counselor of suicide, the slash of the tiger, the breath of the dragon”, allesamt im Grunde inhaltslose, jedoch immerhin wohlklingende Phrasen, die Cozzi zu einer ihnen entsprechenden visuellen Umsetzung anspornen: während unseren Helden vor lauter marktschreierischen Werbeplakatsprüchen beinahe die Münder platzen, taucht Cozzi tief ein in eine als Studiokulisse wenig verhohlene Gruft, wo Levana inmitten von echtem Gewürm und künstlichem Nebel beginnt, einen hundertjährigen Schlaf von ihrer mehr oder weniger angsteinflößenden Fratze zu schütteln. Nora, eine Schauspielerin, die, wie Anne, ebenfalls an Marcs vorherigem Film beteiligt gewesen ist, klatscht schließlich freudig in die Hände. Vor allem, ruft sie, sei Levana gut dafür, sie alle, die an der Produktion mitwirken, stinkreich zu machen. Marc bestätigt das mit süffisantem Grinsen: sein nächstes Projekt solle der gruseligste Horrorfilm aller Zeiten werden und selbst SUSPIRIA, den er immerhin für recht gut hält, weit in die Schatten stellen – zumal er vorhat, seine Gattin für die Hauptrolle zu verpflichten.
Die wirkt zwar nicht so begeistert wie Marc sich das vielleicht vorgestellt hat, bringt aber auch keine größeren Ein-wände vor, sondern erstmal ihr gemeinsames Kind, das sich noch im Säuglingsalter befindet, zu Bett, um danach vom ersten einer ganzen Reihe Alpträume heimgesucht werden, in denen ihr Levana – ein scheußliches, madenzerfressenes Etwas, gegen das selbst die Mutter der Seufzer in SUSPIRIA wie ein süßes Großmütterchen wirkt - leibhaftig gegenübertritt, sie durch Spiegel heraus attackiert, ihr grünen Schleim ins Gesicht kotzt und vor allem ständig betont, dass sie nicht das Recht habe, sie auf einer Leinwand zu verkörpern. Während Anne mehr und mehr an ihrem Verstand zu zweifeln anfängt, da sich noch weitere seltsame Erscheinungen häufen – zum Beispiel explodiert der heimische Kühlschrank und sie bildet sich ein, einen Reparateur desselben in ihrem Wohnhaus gesehen zu haben, obwohl ihr das Kindermädchen versichert, dass sie den gesamten Tag alleingewesen ist -, folgt der Film in einer Parallelhandlung Marc bei den Vorbereitungen zum SUSPIRIA- bzw. INFERNO-Spin-Off: man konsultiert einen an den Rollstuhl gefesselten, mürrischen Produzenten sowie eine promovierte Fachfrau fürs Okkulte, die man als wissenschaftliche Beraterin mit ins Boot holen möchte. Realistisch ist indes keiner der beiden Handlungsstränge. Dieser fehlende Wirklichkeitsbezug kann bei Anne, von der man anfangs meinen könnte, sie werde, ein bisschen wie Fulci in UN GATTO NEL CERVELLO, allmählich ein Opfer der Schreckensvisionen, mit denen ihr Ehemann und sie ihren Lebensunterhalt verdienen, freilich noch konzeptuell durch das stete Verschwimmen der Grenze zwischen Wahn und Realität erklärt werden. Dass aber die Vorbereitungen für eine Spielfilmproduktion tatsächlich so aussehen sollen wie es uns Cozzi weismachen möchte, wird wohl nicht mal der naivste Zuschauer ernsthaft glauben.
Obwohl IL GATTO NERO von einem Film im Film handelt, verleugnet er seine Eigenexistenz als Illusionstheater (oder besser: Theater der permanenten Illusionsbrechungen oder gar: Illusionsvermeidungstaktiken) zu keiner Sekunde. Das Licht, die Dialoge, die Kulissen, das alles ist derart künstlich, dass dahinter nur die – im Übrigen auch Cozzis im gleichen Jahr veröffentlichten PAGANINI HORROR bestimmende – Absicht stecken kann, IL GATTO NERO mehr wie einen comic-strip wirken zu lassen denn wie einen Film, in dem sich der Rezipient mit der kurzzeitigen Täuschung verlieren kann, er habe eine, wie auch immer geartete, Realität vor sich. Die Distanz, die Cozzi gleich von der ersten Szene an zu seinem Film aufbaut, bleibt gewahrt bis zum Schluss. Wo einem – d.h.: mir – das Herz bei SUSPIRIA noch immer bis zum Hals schlägt, sitzt man – d.h.: ich – bei IL GATTO NERO mehrere Metaebenen höher und reflektiert eher über die vielen narrativen wie ästhetischen Merkwürdigkeiten, mit denen Cozzi ganz bewusst ein Eintauchen des Zuschauers in seinen Film verhindert.
2. Intertextuelle Bezüge. Baudelaire, de Quincey, Poe.
SUSPIRIA und INFERNO beruhen auf einer Sammlung von Prosagedichten des britischen Schriftstellers und Journalisten Thomas de Quincey (1785-1859). Das hört und liest man immer wieder. In Wirklichkeit stimmt ein solcher Satz jedoch bloß etwa zur Hälfte. Tatsächlich hat de Quincey 1845 eine Sammlung kürzerer Texte unter dem Titel SUSPIRIA DE PROFUNDIS veröffentlicht, und tatsächlich findet sich in dieser ein Text namens LEVANA AND OUR LADIES OF SORROW. Schaut man sich diesen allerdings einmal auch bloß ganz oberflächlich an, wird man schnell feststellen, dass Argento ihn bei der Konzeption seiner Mütter-Mythologie wohl eher als eine Inspirationsquelle unter vielen genutzt hat. Gerade in SUSPIRIA finden sich, meiner Meinung nach, wesentlich sinnfälligere Bezüge zu ALICE IN WONDERLAND, Grimms Märchen oder Fritz Lang als zu de Quincey, der mir eher wie ein Stichwortgeber vorkommt, von dem Argento den ersten entscheidenden, jedoch letztlich nicht essentiellen Anstoß dazu erhalten hat, zwei Filme lang in ein Märchenreich einzutauchen, dem unsere Vernunft ein Todfeind ist.
Bei de Quincey sind die drei Mütter beispielweise noch keine drei Mütter, sondern lediglich drei Ladies, und sie haben nichts gemein mit Hexentum und Teufelsspuk, sondern verkörpern, vereinfacht gesagt, drei Arten des Leides, der Pein, des Schmerzes, mit dem jeder Mensch von der Wiege bis zum Sarg konfrontiert werden wird, und Levana ist nicht eine dieser drei im Grunde allegorischen Figuren, wie es IL GATTO NERO nahelegt, sondern ursprünglich eine römische Göttin, zuständig für Geburtshilfe und Schutz der Neugeborenen, deren religiöse Rolle im Altertum de Quincey, dessen SUSPIRIA DE PROFUNDIS mutmaßlich innerhalb enormer Opiumräusche entstanden sein soll, anfangs lang und breit beschreibt, um danach relativ sprunghaft zum eigentlichen Thema überzugehen. Diese Levana findet in den Filmen Argentos folgerichtig keinerlei Erwähnung, erst Cozzi, der für IL GATTO NERO auch das Drehbuch verfasst hat, ist möglicherweise auf ihren Namen gestoßen, als er einmal flüchtig in einem de-Quincey-Sammelband blätterte. Dass er de Qunicey entweder nicht gründlich gelesen oder von Anfang an nicht vorgehabt hat, SUSPIRIA DE PROFUNDIS authentischer Rechnung zu tragen als es bei Argento der Fall ist, zeigt sich schon allein darin, dass IL GATTO NERO Levana als eine Hexe vorstellt, die angeblich im Prag des dreizehnten Jahrhunderts gewirkt, d.h. ihren teuflischen Schabernack getrieben haben soll. Andererseits scheint Cozzi zwischendurch immer mal wieder aber auch die Argento’sche Mütter-Mythologie zu vergessen. So behauptet Marc an einer Stelle, Argento habe zwei Filme zu je zwei der drei Mütter gedreht, die dritte jedoch bislang filmisch nicht behandelt. Gehen wir einmal davon aus, dass Levana mit der dritten Mutter, der der Tränen, gleichzusetzen ist, stimmt diese Aussage trotzdem nicht, da sowohl die Mutter der Finsternis als auch die der Tränen in INFERNO Auftritte absolvieren, und einzig SUSPIRIA sich voll und ganz einer einzelnen Mutter, der der Seufzer, verschrieben hat. Ich persönlich finde das reichlich seltsam, zumal Cozzi und Argento ja nicht nur die eine oder andere berufliche Zusammenarbeit, sondern zudem eine Freundschaft verbinden soll. Kann man etwa davon ausgehen, dass Cozzi die Filme seines Mentors zu wenig kennt, dass sich solche jedem Fanboy sauer aufstoßende Fehler in einen doch wohl vorrangig als Fanprodukt gedachten Film einschleichen? Oder steckt etwa mehr dahinter?
Eine weitere Seltsamkeit, die ich mir nicht erklären kann, ist folgende. Erst Esther Semerani, die Okkultistin, die Marc aufsucht, um sie für seinen Film zu verpflichten, öffnet ihm die Augen dafür, dass SUSPIRIA und INFERNO, zumindest, was ihre Grundidee betrifft, auf einem Text de Quinceys beruhen – zuvor ist stets die Rede davon gewesen, die drei Mütterchen seien einem Werk Charles Baudelaires (1821-1867) entsprungen. Dr. Semerani korrigiert Marc sofort, als der den französischen Poeten als geistigen Schöpfer Levanas zur Sprache bringt: es stimme wohl, dass Baudelaire über die drei Mütter geschrieben habe, doch seien dies keine originären Texte seinerseits, sondern lediglich Übersetzungen der Schriften de Quinceys aus dem Englischen ins Französische – eine Behauptung, die nun wirklich jeder Grundlage entbehrt, denn, so sehr Baudelaire nun auch von den Drogenschriften des Briten beeinflusst worden sein mag, er hat de Quincey weder jemals übersetzt noch in irgendeinem seiner Texte deutlicheren Bezug auf ihn genommen, geschweige denn findet sich irgendwo in seinem recht überschaubaren Oeuvre auch nur einen Hinweis auf eine Göttin oder Hexe namens Levana. Wieso aber verschwendet Cozzi mehr als eine Drehbuchzeile für eine solche haarsträubende Überlieferungsgeschichte, die letztlich zur eigentlichen Handlung von IL GATTO NERO rein gar nichts beiträgt? Ob Marc nun sofort mit dem Wissen um de Quinceys Autorschaft auf die Idee seines Films gekommen wäre oder ob er zunächst Baudelaire für den Mütterschöpfer hält, läuft im Prinzip doch auf das Gleiche hinaus, oder nicht? Ich kann mir höchstens vorstellen, dass ein solches Verschachteln einem Konzept geschuldet ist, das man vielleicht auf die Formel bringen könnte, dass echte und falsche Zitate, Fakten und Fiktionen, Tatsächlichkeiten und Mutma-ßungen in wilder Freude nebeneinander gestellt werden sollen, als gäbe es keinen Unterschied zwischen ihnen. Lü-gen bzw. Fiktionen sind beispielweise die Behauptungen, Argento habe der dritten Mutter bislang zu keinem Leinwandauftritt verholfen, oder dass SUSPIRIA vorrangig auf SUSPIRIA DE PROFUNDIS beruhe, oder eben dass Baudelaire irgendwann irgendwo irgendetwas über Mütterhexen geschrieben haben soll. Zugleich sind solche Äußerungen jedoch keine vollständigen Lügen, sondern welche, in denen ganze oder zumindest halbe Fakten durchaus mitschwingen, denn: natürlich hat Argento den Namen SUSPIRIA von de Quincey entlehnt, und freilich stimmt es, dass Baudelaire de Quincey rezipiert hat und von ihm höchstwahrscheinlich zu seinem Drogenerbauungsbuch LES PARADIS ARTIFICELS inspiriert worden ist, und dass SUSPIRIA und INFERNO die ersten beiden Teile einer Trilogie darstellen, die erst 2007 offiziell vollendet werden sollte.
Als Marc auf Semeranis Ankündigung hin, de Quincey und nicht Baudelaire sei die Quelle, an die er sich halten solle, ungläubig guckt, holt die belesene Dame eine Originalausgabe von SUSPIRIA DE PROFUNDIS aus ihrer Privatbibliothek, natürlich versehen mit der Warnung, die Finger besser von einem solchen Film zu lassen, und, falls er doch gedreht werden solle, wenigstens Levanas Namen nicht zu verwenden. Sämtliche Zitate wiederum, die angeblich aus SUSPIRIA DE PROFUNDIS stammen, und die uns die Okkultistin im Folgenden laut vorliest, fußen auf der wild galoppierenden Phantasie Cozzis selbst. Von Säuglingsopferungen ist in der SUSPIRIA-DE-PROFUNDIS-Ausgabe Dr. Semeranis die Rede, außerdem davon, dass Levana allein dadurch beschworen werden könne, dass man intensive Gedanken auf sie richte, sich auf ihre Person konzentriere, ihr einen Freiraum in der eigenen Seele schaffe: allesamt Dinge, die man bei de Quincey mit einer Lupe suchen und trotzdem nicht würde finden können. Obwohl Cozzi demnach die Quelle namentlich benennt, verfälscht er sie in einem eigentlich ziemlich witzigen Kunstgriff wiederum, indem er ihr einen völlig konträren Inhalt andichtet. Hinzukommt, dass Semerani Marc erklärt, de Quincey sei ebenfalls nicht der Hauptinitiator hinter der Drei-Mütter-Idee, vielmehr stelle auch sein SUSPIRIA DE PROFUNDIS bloß die Übersetzung eines wesentlich älteren, sagenumwobenen Textes ähnlich des Lovecraft’schen Necronomicons dar, der ihm zufällig in die Hände gefallen sei und den er daraufhin ins moderne Englisch übertragen habe.
Ein weiterer Querverweis aus der schwärzeren Literaturgeschichte: Baudelaire hat zwar nicht de Quincey übersetzt, seine Dienste dafür aber dem amerikanischen Schriftsteller Edgar Allan Poe (1808-1848) angedeihen lassen, und ihn damit einerseits aus der unverdienten Versenkung geholt und andererseits mit als Erster in Europa bekanntgemacht. Wie es der Zufall bzw. Cozzi will, ist Poe dann auch die dritte literarische Instanz, die IL GATTO NERO als Referenz anruft. Kann man bei de Quincey noch davon sprechen, dass sich Spuren seiner Schriften in SUSPIRIA und INFERNO, wenn auch äußerst zerschlissen, finden lassen, so sind die Querverbindungen zwischen Argento einerseits und Poe/Baudelaire andererseits wohl vorrangig ästhetischer Natur – im Sinne von: hätten Poe und Baudelaire Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts gelebt, hätten sie möglicherweise keine Kurzgeschichten oder Gedichte verfasst, sondern Filme wie PROFONDO ROSSO inszeniert. Völlig verquer finde ich die Kapriolen dennoch, die Cozzis Skript schlägt, um Poe irgendwie ins Geschehen zu mengen. Bei einer Autofahrt unterhalten Marc und sein Assistent sich über Poes short story THE BLACK CAT, die - erneut: Zufall oder Schicksal? -, Argento ein Jahr später für TWO EVIL EYES, seine US-Kollaboration mit George Romero, verfilmen werden wird. Während THE BLACK CAT eigentlich eine recht spannende und recht drastische Schilderung eines dem Wahnsinn verfallenden Mannes ist, der von einem schwarzen Kätzchen des Gattinnenmordes überführt wird, unterstellen die Protagonisten von IL GATTO NERO Poes Text, er handle von Hexen, die sich in der Gestalt schwarzer Katzen tarnen, um derart verschleiert ungestört ihr Unweisen treiben zu können. Das wiederum soll dann auch irgendwie – näher erklärt wird es leider nicht – den Bezug zwischen Poe und de Quincey herstellen.
Schon wieder trifft der, der danach sucht, auf ein Zitat, das mit zwei Augen zwinkert: das eine aufgeklebte Attrappe, das andere in unheimlicher Lauterbarkeit leuchtend. Poe, Baudelaire, de Quincey gehören allesamt in ein und denselben Topf: der US-Amerikaner, der Franzose, der Brite haben allesamt dabei mitgeholfen, eine Ästhetik zu prägen, aus der heraus schließlich das Horrorkino erwachsen ist. In der Hinsicht kann man ihre inflationäre Namensnennung in IL GATTO NERO als wenig versteckte Hommage Cozzis verstehen. Wir erinnern uns: das, was Marc plant, soll der schaurigste Film aller Zeiten werden, und es klingt beinahe wie eine rituelle Huldigung, eine Anrufung von Hausgeistern, wenn dieser schaurigste Film aller Zeiten nicht entstehen kann, ohne dass vorher ausgiebig und mehrmals die Namen dieser drei Autoren ausgesprochen werden
3. Meta-Trash oder: Eine dreifach dialektische Bewegung.
Das Feuerwerk, das Cozzi in der letzten halben Stunde von IL GATTO NERO abfackelt, setzt für mich mit der Szene ein, in der Esther Semerain – wie genau habe ich leider nicht wirklich verstanden – zu dämmern beginnt, dass die Hexe Levana kurz davor steht, Annes Baby für ein ruchloses Ritual zweckzuentfremden, dessen Ziel es wiederum sein soll, sie endgültig von Annes Körper Besitz ergreifen zu lassen. Wie schon bei der Auftaktszene – die Film-im-Film-Szene - verhehlt Cozzi wenig, dass Esthers schlussendliche Ermordung durch die übernatürlichen Hexenkräfte eine klare Reminiszenz an SUSPIRIA darstellen soll. Während die Vorspannfahrt mehr oder minder – eher minder – beeindruckend Suzy Banyons Taxifahrt quer durchs verregnete Freiburg bzw. München zitiert hat, ist Esthers Sterben sichtlich dem des blinden Pianisten nachempfunden, der als unbequemer Mitwisser seinem eigenen Hund zum Opfer fällt. Allerdings zitiert Cozzi gleich noch sich selbst, und zwar in der unfassbar unsinnigen Todesart, mittels der Frau Semerani ihr Ende findet: exakt wie den bemitleidenswerten Kontaminierten in CONTAMINATION platzt ihr im wahrsten Sinne des Wortes der Bauch, dass die Fleischfetzen nur so durch die Luft spritzen. Deutlicher hätte Cozzi gar nicht unterstreichen können, dass er nie im Sinn gehabt hat, SUSPIRIA auch nur ein stilles Wasser reichen zu wollen - selbst die Blindenhundszene in Fulcis L’ALDILÀ ist da näher am unerreichten Vorbild. Er scheint sich von Anfang an bewusst gewesen zu sein, dass SUSPIRIA und INFERNO als majestätische Monolithe in der (nicht nur italienischen) Horrorfilmhistorie aufgepflanzt sind, an denen das Kratzen nicht nur nicht lohnt, sondern zudem bloß zu abgebrochenen Fingernägeln führt, weshalb er sich, vermute ich, gesagt haben mag: wenn schon ein inoffizielles Sequel bzw. spin-off produziert werden soll, dann kann das nur auf der Ebene stattfinden, die von ihm seit STARCRASH überaus erfolgreich beackert worden ist, einer, auf der sich Trashologen und Filmverrückte heimisch finden, jedem seriösen Kritiker das Gesicht jedoch in Scheiben herabfällt. Eine Metapher bringt IL GATTO NERO selbst ins Spiel, um zu verdeutlichen, dass sich nicht nur die Zeiten geändert haben und ein Märchen wie SUSPIRIA weder von Argento selbst noch von irgendwem anders wiederholt werden sollte oder werden könnte. Einmal erwacht Anne in tiefer Nacht und ihr Haus ist von einem künstlichen Leuchten erfüllt, das man gut und gerne als Billigvariante der Lichtspiele eines Argento oder Bava bezeichnen könnte. Sie tappt durch die Zimmer, sucht nach der Quelle und findet sie im eigenen Kühlschrank. Kaum hat sie dessen Tür zugeschlagen, ist es schon vorbei mit dem grellgrünen Zauber. Schöner kann man den Fall von sakralen Sphären zur absoluten Profanität wohl kaum in einem einzigen Bild bündeln. Unsichtbar sind, wie man sich erinnert, in SUSPIRIA und INFERNO die Lichtquellen. Deren Welt ist, scheint es, von Natur aus regelrecht unterhöhlt von glühenden Primärfarben, so sehr, dass kein Funken Logik, keine kohärente Geschichte ihnen standhalten können. Für IL GATTO NERO gilt ähnliches, nur mit dem Unterschied: hier kann hinter jeder abstrusen Idee sogleich eine Auflösung warten wie: das ist alles bloß ein Traum gewesen, oder bloß ein Film, oder ein extravaganter Kühlschrank.
Deshalb ist IL GATTO NERO für mich, ähnlich wie PAGANINI HORROR, so etwas wie ein Abgesang. Dieser Film ahmt nach, ist randvoll mit Zitaten. Seine Musik könnte aus einem von Lamberto Bavas DEMONI-Filmen stammen. Seine Hintergrundgeschichte trägt den Stempel Argentos. Seine Morde sind blutrünstig und verrückt wie zu Fulcis besten Zeiten. Die völlig unzusammenhängenden Aufnahmen von Planentenkonstellationen, die Cozzi mit bewundernswerter Beharrlichkeit ständig zwischenschneidet, könnten Resterampenmaterial aus STARCRASH sein. Er weiß, wovon er spricht, wenn er einen Film dreht, der den italienischen Horrorfilm in gewisser Weise selbst zum Thema hat, und zwar zu einer Zeit, als Regisseure wegsterben, in die USA auswandern, sich auf TV-Produktionen verlegen oder schlicht verstummen. Die goldene Ära ist längst vorbei, sagt IL GATTO NERO in seinem Subtext. Er kann und will nicht mehr verzaubern und erhebt die Entzauberung deshalb zu seinem Hauptthema. In einer weiteren Szene ergreift Levana von Anne über einen Fernsehapparat Besitz. Er explodiert, sein Bildschirm kracht auseinander, Gewürm und Gedärm ergießt sich aus der entstandenen Öffnung. Verwandelt in die hässlichste aller Hexen tritt Anne kurz darauf mit erhobenem Arm und erhobenem Messer an die Wiege ihres Kindes. In letzter Sekunde hält der hinzueilende Marc sie davon ab, den Säugling zu erstechen. Dann aber reißt sich Anne plötzlich eine Gummimaske vom Gesicht: es sind bloß Filmrequisiten gewesen, mit denen sie ihre Verwandlung zum Biest vollzogen hat. Ihre schwar umränderten Augen deuten indes daraufhin, dass sie übergeschnappt sein muss. Sofort bestätigt sie diesen Eindruck, indem sie auf Marc einsticht, der wiederum sie mit einem weiteren Stich mit sich in den Tod reißt – oder besser gesagt: zurück in die Realität, denn Anne erwacht und alles ist erneut bloß ein Traum gewesen. Dieses Spiel mit den Ebenen zieht sich durch IL GATTO NERO wie ein Faden, der röter nicht sein könnte, und unterstreicht zum einen die Freude, die Cozzi erneut daran gehabt haben muss, zu dekonstruieren und zu sezieren und zu jonglieren mit dem, was er dekonstruiert und seziert hat, und zum andern, dass jeder italienische Genrefilm der späten 80er mit dem Fluch beladen ist, sich einer Ganzheitlichkeit, die ein SUSPIRIA noch spielerisch hat erreichen können, bloß dann vielleicht noch annähern zu vermögen, wenn er ganz bewusst auf sie pfeift und ihr Fehlen zum Prinzip erhebt.
Dann aber, in der letzten halben Stunde - und je näher wir dem schlicht unbeschreiblichen Finale kommen desto stärker - geschieht das Unglaubliche: plötzlich ergibt IL GATTO NERO nicht nur keinen Sinn mehr, sondern verspottet jeden Sinn sogar damit, dass er eine wirre Szene an die nächste heftet. Ein Auto kracht frontal in Annes Wohnhaus und bleibt dort für den Rest des Films in der Wand stecken. Anne sucht den rollstuhlfahrenden Produzenten auf, der sich als lebendiger Toter entpuppt. Ein mysteriöses Kind erscheint auf dem Fernsehbildschirm und stellt sich Anne, soweit ich das verstanden habe, als gute Fee vor. Marc hat plötzlich eine Liaison mit Nora, und entführt gemeinsam mit ihr sein eigenes Kind. Schließlich dreht der Film sich, kurz vor Schluss, noch einmal derart heftig um sich selbst, dass sein Kopf auf einer Höhe mit seinem Gesäß ist, und präsentiert Annes Kindermärchen als Medium, das all die Levana-Visionen hinter die Stirn unserer Heldin gepflanzt haben soll. Oder so ähnlich, denn begriffen habe ich rein gar nichts mehr, und konnte einfach nur noch reglos wie auf einem Drogentrip, dessen Konsequenzen noch nicht abzusehen sind, zuschauen wie Luigi Cozzi über die völlige Sinnverweigerung genau das schafft, was er in der ersten Stunde des Films für unmöglich erklärt hat. IL GATTO NERO wird besessen – vielleicht nicht vom Geist Levanas, aber vom Geist eines Kinos, das die Form über den Inhalt stellt, das den Verstand ignoriert und die Sinne anspricht, das nichts erzählt, nichts erklärt, nur fordert, dass man fühlt, das zurückführt in ein Stadium, als wir noch Kinder gewesen sind und dachten, dass Steine und Rehe mit uns reden, wenn wir ihnen nur die richtigen Fragen stellen. Esther Semerani warnt: ein Film, der sich mit Levana beschäftigt, könne ausreichen, sie zu beschwören, ihr den Eintritt in die Welt der Vernunft gewähren, sie zu neuem Leben zu erwecken, eben weil ein Film im besten Fall etwas mit Leidenschaft und Magie hat. Luigi Cozzi zeigt: ein Film kann von einem anderen Film besessen werden, wenn er etwas mit Leidenschaft und Magie zu tun hat – und wenn es einen Vorwurf gibt, den man IL GATTO NERO nicht machen darf, dann ist es wohl der, dass beides in ihm fehlen würde.
Re: Dead Eyes - Luigi Cozzi (1989)
demnächst von Severin in den Staaten
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THE BLACK CAT (1989) aka DEMONS 6
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*Aspect ratio: 1.66:1
*Audio: English mono with optional closed captions
*Region A/1
Special Features:
*Cat On The Brain - Interview with Director / Co-Writer Luigi Cozzi and Actress Caroline Munro
*Trailer
quelle: facebook
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Re: Dead Eyes - Luigi Cozzi (1989)
Gestern die amerikanische DVD mit Region Code 1 von Severin geguckt, die den Streifen ja in sehr farbenfroher Qualität präsentiert. Luigi Cozzi ist ja schon ein Guter und ich mag seine Filme einfach, auch wenn diese auch immer etwas krude und unentschlossen erscheinen. Cozzi mag es bunt, wild durcheinander und schmoddrig und da bin ich auch gerne völlig bei ihm. "Black Cat" macht da keine Ausnahme und sein Abschluss der "Mütter"-Trilogie unter der ungenannten Mitwirkung von Daria Nicolodi gefällt mir auch besser, als Argentos eigener Beitrag. Hier ist für den geeichten Italo-Fan meines Erachtens jedenfalls alles im grünen Bereich.jogiwan hat geschrieben: ↑So 11. Jan 2015, 09:32 Unterhaltsam-trashiger Horrorstreifen von Luigi Cozzi, der sich mit seiner Eingangsequenz kurz vor Mario Bava verbeugt um dann ganz unverhohlen an die Filme von Dario Argento anzuknüpfen, der im Film auch benannt wird. „Dead Eyes“ steht auch ganz klar in der Tradition von „Suspiria“ und überzeugt den Zuschauer neben knallbunter Ausleuchtung und einem ähnlichen Musik-Thema und ein paar herben Momenten. Im Grunde wird die Geschichte der Ballettschülerin Suzy auf ähnliche Weise nochmals mit erwachseneren Figuren erzählt und auch wenn man „Dead Eyes“ das geringe Budget und seine Entstehungszeit zweifelsfrei sehr stark ansieht, ist Luigi Cozzis inoffizieller Abschluss der „Mütter-Trilogie“ schon ein lustiges Filmchen, das mit seinen Huldigungen an den italienischen Genre-Film vergangener Jahrzehnte auch den Fan dieser Werke mühelos zufriedenstellen sollte, sofern man etwas Spaß versteht und sich an schrulligen Horrorfilmen aus der B-Ecke erfreuen kann. Florence Guérin macht ihre Sache jedenfalls sehr gut und auch Urbano Barberini sieht man wie Caroline Munro, die hier für eine Prise Erotik sorgt, ja auch immer gerne. Schade nur, dass eine offizielle Auswertung auf DVD wohl nicht in Aussicht ist.
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