● Folge 3: KRESSIN UND DER TOTEN MANN IM FLEET (D|1971)
mit Sieghardt Rupp, Walter Richter, Edgar Hoppe, Hermann Lenschau, Paul Verhoeven
Gäste: Eva Renzi, Sabine Sinjen, Günther Heising, Dénes Törzs, Lisa Helwig, Gerda Gmelin sowie Ivan Desny
eine Gemeinschaftsproduktion der ARD | mit dem O.R.F | eine Sendung des WDR
Regie: Peter Beauvais
Die Kressin-Tatorte sind sicherlich ein Fall für sich und wirken schon ein bisschen exotisch. Trotzdem kann man sagen, dass das Konzept innerhalb der Reihe (rückwirkend gesehen) bestimmt auch unkonventionell daherkommt, und sich von anderen Krimis und Ermittlern im TV abheben, zumindest mal unterscheiden sollte. Der Fall ist klassisch aufgebaut und verläuft unter der angenehmen Regie von Peter Beauvais sehr geradlinig, die selbstironischen Passagen sorgen hier und da für eine gelungene Abwechslung und die Titelfigur arbeitet schließlich mit allen Mitteln an einer wenig zurückhaltenden Selbstinszenierung. So ist es vermutlich naheliegend, dass die Meinungen zu den "Tatort"-Folgen um diesen Herrn wohl sehr weit auseinander gehen. Die Inszenierung ist einwandfrei und auch die Spielfilmlänge lässt eigentlich kaum Leerlauf aufkommen. Das Konzept der vollendeten Tatsachen, welches hier Verwendung fand, ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Man tappt hier nicht gerade im Dunkeln, die Handlungsstränge sind glasklar, aber im Endeffekt vielleicht etwas herkömmlich und vor allem vorhersehbar, und Drogenhandel ist nicht gerade mein persönlicher Favorit. "Kressin und der tote Mann im Fleet" bekommt hauptsächlich durch seine Schauplätze eine starke Façon, die Landratten einfach faszinierend finden müssen. Ich persönlich mag die Figur Kressin ziemlich gerne und die Überzeichnung ist im vertretbaren Rahmen, selbst wenn man wirklich den Eindruck gewinnt, dass es sich um einen Playboy der eindeutigeren Sorte handelt, der seine Ermittlungen nur nebenbei anstellt. Jedoch ist es in dieser Beziehung gerade die leicht-lockere, frivole Dreiecksbesetzung, bestehend aus Sieghardt Rupp, Sabine Sinjen und Eva Renzi, die zwar im Endeffekt nur Füllmaterial für die einfache Handlung darstellt, aber bei den richtigen Antennen für große Freude sorgen kann.
Wer ist eigentlich Kressin? Zunächst kann man sagen, dass er ungehobelt ist und unhöflich auch, er pfeift auf Konventionen und Obrigkeiten und seine Zielstrebigkeit ist in Wahrheit wohl einfach nur Dickköpfigkeit oder Kompromisslosigkeit. Wo sich die Gelegenheit bietet, schleppt er die attraktivsten Damen ab und prägt einen Begriff, der ihn insgesamt charakterisieren wird: die Unverbindlichkeit. Die perfekten Helfershelferinnen sind hierbei natürlich Eva Renzi und Sabine Sinjen, die ein hervorragendes Zusammenspiel liefern und ganz nebenbei die geheime These untermauern, dass die Frau im Endeffekt nur für den Blick der anderen Frau "lebt". Kressin schafft zwar beide, doch man fragt sich, wer hier eigentlich wen an der Leine hat. Amüsant sind die Szenen, als Kressin die beiden als Ablenkungsmanöver für die Gauner für sich einspannt, und sie sich als Nutten verkleiden müssen. Ein waschechter Farbtupfer in diesem Szenario! Kressin und Trimmel gefallen sich nebenbei in Revierkämpfen, die gegenseitige Antipathie beruht vollkommen auf Gegenseitigkeit. Ivan Desny als Dauergegner Sievers verleiht der Szenerie etwas weltmännisches, die Charaktere und die Interpretationen vermitteln insgesamt mangelnde Ernsthaftigkeit auf sehr hohem Niveau, was ich durchaus positiv meine. Mich persönlich hat bei diesem "Tatort" tatsächlich weniger der eigentliche Fall interessiert, als die vielen Sticheleien, die abwechslungsreichen Spielchen und das facettenreiche Schauspiel, mit seinen auffällig originellen Dialogen. So kann Unterhaltung eben auch aussehen. So wirken die Action-Einlagen, die tollen Schauplätze, beispielsweise auch die aufschlussreichen Szenen in der Pathologie oder im Schlafzimmer quasi wie Randerscheinungen. Dass am Ende alles in vermutete Bahnen läuft, rundet das Geschehen schließlich angenehm ab. Mich hat das alles gut unterhalten, aber das kann man wohl auch nur sagen, wenn man wie ich nur alle Jubeljahre mal einen "Tatort" anschaut. Ich bin jedenfalls zufrieden mit der Kressin-Box, in der noch "Kressin und der Laster nach Lüttich" und "Kressin stoppt den Nordexpress" enthalten sind.