Die Frau aus dem Nichts - Joseph Losey (1968)
Verfasst: Fr 20. Feb 2015, 00:15
Elizabeth Taylor Mia Farrow in
DIE FRAU AUS DEM NICHTS
● SECRET CEREMONY / DIE FRAU AUS DEM NICHTS (GB|1968)
mit Robert Mitchum, Peggy Ashcroft, Robert Douglas, Michael Strong und Pamela Brown
eine Produktion der World Film Services | Universal Pictures | im Universal Filmverleih
ein Film von Joseph Losey
»Crazy people never look their age!«
Die Prostituierte Leoneora (Elizabeth Taylor) hat eine seltsame Begegnung. Im Bus trifft sie auf Cenci (Mia Farrow), die psychisch sehr instabil wirkt und Leonora fortan mit ihren Blicken fixiert. Beim Anblick der jungen Frau fühlt sie sich jedoch eigenartig berührt, da sie ihrer einst ertrunkenen Tochter sehr ähnlich sieht. Auch für Cenci ist dieses Aufeinandertreffen sehr bedeutsam, da Leonora ihrer verstorbenen Mutter zum Verwechseln ähnlich sieht. Cenci nimmt die Unbekannte mit in ihr großes Haus und es entsteht eine Art Symbiose. Immer wieder flüchten sich beide Frauen in ihre Illusionen und zusammen entsteht ein sehr vertrauter Umgang, bis der Zustand der unterdrückten Konfrontationen durch Cencis Stiefvater Albert (Robert Mitchum) gestört wird, der einst aus dem Haus hinaus geworfen wurde. Es dauert nicht lange, bis die junge Frau schwere Vorwürfe gegen ihn erhebt und die Situation zum eskalieren bringt...
Der US-amerikanische Regisseur Joseph Losey inszenierte mit "Die Frau aus dem Nichts" einen unorthodoxen, aber nicht minder interessanten Film, der sich nur äußerst schwer in ein bestimmte Genre zwängen lässt. Global gesehen trifft man mit der Bezeichnung Psycho-Drama den Nagel vielleicht am besten auf den Kopf, wobei sich allerdings auch viele genreübergreifende Verschmelzungen ergeben. Das Hauptaugenmerk ist selbstverständlich auf die Psyche der wenigen Protagonisten gelegt, die nahezu spektakulär darlegen, wie man dem Schicksal einen Streich spielen kann. Allerdings wird dieser Preis hoch sein und bereits der frühe Verlauf lässt keinen Zweifel entstehen, dass die Geschichte die Gestalt eines Bumerangs annehmen wird, oder eher gesagt annehmen muss. Außerdem verdichtet sich in Windeseile der Verdacht, dass man es nur mit ultimativ Gestörten zu tun haben wird. Hilfreich hierbei ist, dass es permanent zu befremdlichen Verhaltensmustern kommt, die durch abstoßende Zugaben in Wort und Tat unterstützt werden. Loseys Komplex-Maßnahme lässt den Zuschauer gewollt im Unklaren, so dass die Konstruktion insgesamt relativ unmotiviert wirkt. Die Symbiose von Cenci und Leonora kann eigentlich eher als Zustand bezeichnet werden, beide benutzen sich gegenseitig, um wieder ein Stück weiter weg vom Alltag und vom Abgrund zu kommen. Dabei kommt ein sehr intensivierendes Stilmittel zum Tragen, da die Kamera die Beteiligten förmlich mustert, um die besagten Abgründe genüsslich hervorzuheben. Die Inszenierung gleicht also immer mehr einem Servierteller, oder wenn man so will, einem Mikrokosmos der psychisch Gestörten, in dem das eindringliche Schauspiel von Elizabeth Taylor und Mia Farrow für beeindruckende Konturen sorgt. Hierbei entsteht noch nicht einmal primär ein mitleidiger Blick, sondern man würde ihn häufig eher lieber von den Beteiligten weg richten, da ein bitterer Beigeschmack allgegenwärtig ist. Joseph Losley verkauft seinen Film im Endeffekt nicht als Realität, sondern bedient sich überspitzter Elemente.
Als Expertin und zuverlässigstes Werkzeug für diese Strategie erweist sich erneut Elizabeth Taylor, die mit ihrem legendären Overacting für diverse Momente sorgen kann. Dem Vernehmen nach war ihre Verpflichtung mit einer sagenhaften 1 Millionen Dollar Gage verbunden, einer Summe, die die Saläre der Co-Stars wie gut gemeinte Trinkgelder aussehen lässt. Mit Joseph Losey drehte Elizabeth Taylor im gleichen Jahr "Brandung" und in beiden Filmen sieht man deutlich, dass alles auf die Hauptdarstellerin ausgerichtet und zugeschnitten war. Besonderer Wert wurde in beiden Produktionen darauf gelegt, die gebürtige Britin vornehmlich vulgär zu zeigen, eine Anforderung, die die Hauptdarstellerin sehr glaubhaft transportieren konnte. Dabei vermischt sie die großen Gesten einer Dame von Welt und leicht hoheitsvolles Gehabe gekonnt mit gewöhnlich wirkenden Verhaltensweisen und ihr gelingt erneut ein ansprechender Spagat innerhalb einer komplexen Herausforderung. Das gleiche gelingt übrigens auch Mia Farrow, deren Darbietung nahezu beunruhigend ausgefallen ist. Sie schildert das Leben in einer abgeschirmten Traumwelt absolut glaubhaft und lässt tief in den Irrgarten ihres Gemütszustandes blicken. Da man hauptsächlich sie und Elizabeth Taylor zu sehen bekommt, entsteht eine Art Vakuum, eine Starre und Unbeweglichkeit, obwohl beide äußerst unberechenbar agieren. Robert Mitchum steht hier eher unscheinbar daneben und sorgt für die wenigen klaren Momente im Dickicht der verzerrten Emotionen, dabei stattet er seine Rolle mit begrüßenswertem Zynismus und einer ordentlichen Portion Halsstarrigkeit aus.
Man könnte denken, dass der Film im ausschließlichen Sinne eine große Abhandlung über die beteiligten Darsteller geworden ist, aber es kommt immer wieder sehr deutlich zum Vorschein, dass auch stilistisch alles erdenkliche Potential genutzt wurde. Die Blidkomposition ist beeindruckend, Details werden in den Fokus gerückt um ein ausgewogenes Verhältnis zu schaffen, die musikalische Begleitung vermittelt Unbehagen und die Geschichte an sich weiß schließlich irgendwie zu überzeugen. Die Dialoge wurden nicht nur gut aufgebaut, sondern sie wirken obendrein gut durchdacht, eigenartige Anflüge von Humor lassen den Zuschauer einen imaginären Galgen vor Augen sehen und über das Finale lässt sich schlussendlich vielleicht nur sagen, dass es einfach so kommen musste. Ein Film mit eher hoffnungslosem Verlauf, dessen Elemente provokant sexualisiert wirken und unterm Strich gewährt das Ganze einen sehr interessanten, ja nahezu kontinentalen Blick auf die Insel. "Die Frau aus dem Nichts" kann daher vermutlich alles sein. Ein Hauch von Nichts im Sinne eines misslungenen Flops, dessen hoher Distanzaufbau sicherlich nicht jeden Geschmack treffen dürfte, oder ein Stückchen beeindruckendes Kino, das sich mutig gegen den Hausgebrauch stellt. Der eigene Geschmack wurde mit dieser kruden Geschichte allerdings vollkommen getroffen.
Der US-amerikanische Regisseur Joseph Losey inszenierte mit "Die Frau aus dem Nichts" einen unorthodoxen, aber nicht minder interessanten Film, der sich nur äußerst schwer in ein bestimmte Genre zwängen lässt. Global gesehen trifft man mit der Bezeichnung Psycho-Drama den Nagel vielleicht am besten auf den Kopf, wobei sich allerdings auch viele genreübergreifende Verschmelzungen ergeben. Das Hauptaugenmerk ist selbstverständlich auf die Psyche der wenigen Protagonisten gelegt, die nahezu spektakulär darlegen, wie man dem Schicksal einen Streich spielen kann. Allerdings wird dieser Preis hoch sein und bereits der frühe Verlauf lässt keinen Zweifel entstehen, dass die Geschichte die Gestalt eines Bumerangs annehmen wird, oder eher gesagt annehmen muss. Außerdem verdichtet sich in Windeseile der Verdacht, dass man es nur mit ultimativ Gestörten zu tun haben wird. Hilfreich hierbei ist, dass es permanent zu befremdlichen Verhaltensmustern kommt, die durch abstoßende Zugaben in Wort und Tat unterstützt werden. Loseys Komplex-Maßnahme lässt den Zuschauer gewollt im Unklaren, so dass die Konstruktion insgesamt relativ unmotiviert wirkt. Die Symbiose von Cenci und Leonora kann eigentlich eher als Zustand bezeichnet werden, beide benutzen sich gegenseitig, um wieder ein Stück weiter weg vom Alltag und vom Abgrund zu kommen. Dabei kommt ein sehr intensivierendes Stilmittel zum Tragen, da die Kamera die Beteiligten förmlich mustert, um die besagten Abgründe genüsslich hervorzuheben. Die Inszenierung gleicht also immer mehr einem Servierteller, oder wenn man so will, einem Mikrokosmos der psychisch Gestörten, in dem das eindringliche Schauspiel von Elizabeth Taylor und Mia Farrow für beeindruckende Konturen sorgt. Hierbei entsteht noch nicht einmal primär ein mitleidiger Blick, sondern man würde ihn häufig eher lieber von den Beteiligten weg richten, da ein bitterer Beigeschmack allgegenwärtig ist. Joseph Losley verkauft seinen Film im Endeffekt nicht als Realität, sondern bedient sich überspitzter Elemente.
Als Expertin und zuverlässigstes Werkzeug für diese Strategie erweist sich erneut Elizabeth Taylor, die mit ihrem legendären Overacting für diverse Momente sorgen kann. Dem Vernehmen nach war ihre Verpflichtung mit einer sagenhaften 1 Millionen Dollar Gage verbunden, einer Summe, die die Saläre der Co-Stars wie gut gemeinte Trinkgelder aussehen lässt. Mit Joseph Losey drehte Elizabeth Taylor im gleichen Jahr "Brandung" und in beiden Filmen sieht man deutlich, dass alles auf die Hauptdarstellerin ausgerichtet und zugeschnitten war. Besonderer Wert wurde in beiden Produktionen darauf gelegt, die gebürtige Britin vornehmlich vulgär zu zeigen, eine Anforderung, die die Hauptdarstellerin sehr glaubhaft transportieren konnte. Dabei vermischt sie die großen Gesten einer Dame von Welt und leicht hoheitsvolles Gehabe gekonnt mit gewöhnlich wirkenden Verhaltensweisen und ihr gelingt erneut ein ansprechender Spagat innerhalb einer komplexen Herausforderung. Das gleiche gelingt übrigens auch Mia Farrow, deren Darbietung nahezu beunruhigend ausgefallen ist. Sie schildert das Leben in einer abgeschirmten Traumwelt absolut glaubhaft und lässt tief in den Irrgarten ihres Gemütszustandes blicken. Da man hauptsächlich sie und Elizabeth Taylor zu sehen bekommt, entsteht eine Art Vakuum, eine Starre und Unbeweglichkeit, obwohl beide äußerst unberechenbar agieren. Robert Mitchum steht hier eher unscheinbar daneben und sorgt für die wenigen klaren Momente im Dickicht der verzerrten Emotionen, dabei stattet er seine Rolle mit begrüßenswertem Zynismus und einer ordentlichen Portion Halsstarrigkeit aus.
Man könnte denken, dass der Film im ausschließlichen Sinne eine große Abhandlung über die beteiligten Darsteller geworden ist, aber es kommt immer wieder sehr deutlich zum Vorschein, dass auch stilistisch alles erdenkliche Potential genutzt wurde. Die Blidkomposition ist beeindruckend, Details werden in den Fokus gerückt um ein ausgewogenes Verhältnis zu schaffen, die musikalische Begleitung vermittelt Unbehagen und die Geschichte an sich weiß schließlich irgendwie zu überzeugen. Die Dialoge wurden nicht nur gut aufgebaut, sondern sie wirken obendrein gut durchdacht, eigenartige Anflüge von Humor lassen den Zuschauer einen imaginären Galgen vor Augen sehen und über das Finale lässt sich schlussendlich vielleicht nur sagen, dass es einfach so kommen musste. Ein Film mit eher hoffnungslosem Verlauf, dessen Elemente provokant sexualisiert wirken und unterm Strich gewährt das Ganze einen sehr interessanten, ja nahezu kontinentalen Blick auf die Insel. "Die Frau aus dem Nichts" kann daher vermutlich alles sein. Ein Hauch von Nichts im Sinne eines misslungenen Flops, dessen hoher Distanzaufbau sicherlich nicht jeden Geschmack treffen dürfte, oder ein Stückchen beeindruckendes Kino, das sich mutig gegen den Hausgebrauch stellt. Der eigene Geschmack wurde mit dieser kruden Geschichte allerdings vollkommen getroffen.