Die Akte Odessa - Ronald Neame (1974)
Verfasst: Sa 28. Mär 2015, 23:55
Jon Voight in
● THE ODESSA FILE / DIE AKTE ODESSA / DER FALL ODESSA (US|GB|D|1974)
mit Maria Schell, Mary Tamm, Derek Jacobi, Ernst Schröder, Peter Jeffrey, Kurt Meisel, Klaus Löwitsch, Hannes Messemer, Günter Strack, Christine Wodetzky, Hans Caninenberg, Wolfgang Lukschy, Werner Bruhns, Alexander Golling, Günter Meisner, Georg Marischka, Gunnar Möller, Henning Schlüter, Herbert Fux, Alexander Allerson und Maximilian Schell
Produktion: Columbia Pictures | Domino Productions | Oceanic Filmproduktion | Bavaria | im Warner-Columbia Filmverleih
ein Film von Ronald Neame
»Völker sind nicht böse. Nur einzelne Menschen sind es!«
Der Journalist Peter Miller (Jon Voight) will im Auftrag des israelischen Geheimdienstes die weitverzweigte Organisation der ehemaligen SS-Angehörigen - genannt Odessa - zerschlagen. Diese Organisation ist nicht nur verantwortlich dafür, dass ehemalige SS-Leute unbehelligt nach Südamerika flüchten, und eine neue Identität annehmen konnten, sondern auch für die Ermordung eines guten Freundes von ihm. In dessen Tagebuch liest er über unglaubliche Gräueltaten und einen Kommandanten namens Eduard Roschmann (Maximilian Schell), einer Person bei dessen Erwähnung er stutzig wird, weil der sogenannte Schlächter von Riga einen Offizier ermordet hatte. Doch was steckt dahinter? Miller begibt sich auf die Suche nach Roschmann, doch dafür muss er sich unter gefährlichen Umständen in die Odessa einschleusen lassen. Wird er den ehemaligen Kommandanten ausfindig machen, und die Geheimorganisation vernichten können..?
Ronald Neame inszenierte mit "Die Akte Odessa" einen spannenden Polit-Thriller, der sich mit den Phantomen aus einer dunklen Zeit beschäftigt. Es lässt sich nicht leugnen, dass man im Rahmen der Abhandlung einen sehr hohen Wahrscheinlichkeitsgrad wahrnehmen kann, und überhaupt soll sich der Film weitgehend an historischen Tatsachen orientiert haben. Abgesehen davon liegt es aber absolut im Bereich des Möglichen, dass derartig weit-vernetzte Strukturen auch damals, und eventuell auch heute noch existieren, nur die jeweiligen Namen dürften dabei variieren. Die Bedrohung erschließt sich hier auf potentieller Ebene, da die Odessa-Mitglieder gezwungen sind, sich zu verbergen und unauffällig zu bleiben. Betrachtet man die neuen Existenzen dieser Personen, so staunt man über das unbehelligte, und luxuriöse Leben dieser Herrschaften, so dass der Verlauf naturgemäß einen Appell an das Gerechtigkeitsempfinden startet. Die Schilderung zeigt sich gerne unverblümt, in Verbindung mit diversen Ansichten und dazu passenden Dialogen wird eine hohe Abneigung erzeugt, manche Gräueltaten die hier nur sporadisch Gestalt in Bild, Wort und Tat erhalten, entfalten einen schockierenden Charakter, der sich weiter in den Gedanken des Zuschauers abspielen wird.
»Die Welt ist nun mal krank!«, bekommt man als einfache Lösung zu hören, und unterm Strich bleibt sogar eine allgemeine Zustimmung, wenn man eine solche Geschichte verfolgen darf. Die Produktion wirkt im vollen Umfang hochwertig gestaltet und klar bis ausgefeilt aufgebaut, Neame beweist ein gutes Gespür bei der Dosierung in den Bereichen Spannung und Spektakel, allerdings wirkt auch dieser Verlauf, trotz der immer wieder geschilderten Abscheulichkeiten, streckenweise ruhig. Genau hierbei entsteht auch die empfunden befremdliche Atmosphäre, die allerdings sehr gut in die weitgehend mysteriöse Geschichte hineinwirkt. Als Leitfaden fungiert das Tagebuch in dem Peter Miller liest und man per Off-Stimme alle wichtigen Informationen erhält. Die damit verbundenen Rückblenden wirken wie Puzzle-Stücke, die der Verlauf schließlich lückenlos ordnen wird. Im darstellerischen Bereich hat "Die Akte Odessa" eine bemerkenswerte Entourage zu bieten, welche bis in die kleinsten Nebenrollen traumhaft dicht besetzt ist.
Jon Voight wirkt als Journalist Peter Miller sehr überzeugend, was angesichts der Tatsache, dass er in nahezu jeder Szene zu sehen ist, sehr begrüßenswert, oder viel mehr wichtig ist. Er liest sich zunächst in dunkle Geheimnisse und nebulöse Machenschaften hinein, bis er auch selbst aktiv wird und sein Ziel verfolgt. Dem Zuschauer ist seine Motivation zwar nicht unklar, allerdings ahnt man, dass mehr dahinter steckt, als nur ein journalistisches Interesse. Miller macht sich bereit für einen möglichen Trip in die Hölle, dabei macht er eine regelrechte Verwandlung durch und überzeugt mit einer kühlen Leistung unter hohem Distanzaufbau, dennoch kann er den Zuschauer spielend auf seine Seite ziehen. Neben Voight gibt es ansonsten quasi keine groß angelegten Rollen mehr, sondern Kurz- Gast oder Kleinstauftritte sehr bekannter Darsteller. Maximilian Schell überzeugt mit Arroganz und Brutalität, man sieht, dass er sich zum Großteil seines Lebens die Anpassungsfähigkeit zu Dienste gemacht hat. Er nimmt eine schauerliche Gestalt an und scheint in jeder auch noch so bedrohlichen Situation stets Oberwasser gewinnen zu können, so dass man den Eindruck bekommt, dass dieses hohe SS-Tier noch mehr Leben als eine Katze zur Verfügung hat. Seine Schwester Maria Schell sieht man in lediglich einer Szene als Mutter des Protagonisten.
Aber für diese kurzen Stargast-Auftritte wurde die stets diszipliniert wirkende Schauspielerin gerne gebucht, vornehmlich auch auf internationalem Parkett. Die Liste der bekannten Darsteller ist in "Die Akte Odessa" allerdings so ausgeprägt, dass man teilweise gar nicht weiß, wo man noch hinschauen soll. Insbesondere von deutscher Seite geben beispielsweise Ernst Schröder, Christine Wodetzky, Kurt Meisel oder Klaus Löwitsch sehr erinnerungswürdige Profile ab, ja, es ist eine Pracht dieser unglaublich dichten Besetzung zu folgen. Neames Film reduziert sich allerdings nicht nur auf diesen Bereich und hat weitaus mehr zu bieten. Der Plot ist intelligent und spektakulär ausgearbeitet worden, die Geschichte ist teilweise unmissverständlich konkret, obwohl man den Verlauf lange zu ordnen hat, und es kommt vereinzelt zu lauten Ausbrüchen der Produktion, allerdings ist es hauptsächlich die Sprache einiger verstörender Bilder in lediglich wenigen Sequenzen, die Erschütterung und Leid transparent machen. Schützenhilfe leisten diverse Dialoge, die mit Nazi-Parolen und unerträglich subversiv klingenden Phrasen regelrecht um die Ohren fliegen. "Die Akte Odessa" zeigt sich in Ausarbeitung und Stil auf gehobenem Niveau, überzeugt trotz der langen Spieldauer von 120 Minuten von Anfang bis Ende. Ein ernstzunehmender Beitrag, dessen mahnender Charakter auch nach über 40 Jahren noch seine Bedeutung hat. Klasse!
Ronald Neame inszenierte mit "Die Akte Odessa" einen spannenden Polit-Thriller, der sich mit den Phantomen aus einer dunklen Zeit beschäftigt. Es lässt sich nicht leugnen, dass man im Rahmen der Abhandlung einen sehr hohen Wahrscheinlichkeitsgrad wahrnehmen kann, und überhaupt soll sich der Film weitgehend an historischen Tatsachen orientiert haben. Abgesehen davon liegt es aber absolut im Bereich des Möglichen, dass derartig weit-vernetzte Strukturen auch damals, und eventuell auch heute noch existieren, nur die jeweiligen Namen dürften dabei variieren. Die Bedrohung erschließt sich hier auf potentieller Ebene, da die Odessa-Mitglieder gezwungen sind, sich zu verbergen und unauffällig zu bleiben. Betrachtet man die neuen Existenzen dieser Personen, so staunt man über das unbehelligte, und luxuriöse Leben dieser Herrschaften, so dass der Verlauf naturgemäß einen Appell an das Gerechtigkeitsempfinden startet. Die Schilderung zeigt sich gerne unverblümt, in Verbindung mit diversen Ansichten und dazu passenden Dialogen wird eine hohe Abneigung erzeugt, manche Gräueltaten die hier nur sporadisch Gestalt in Bild, Wort und Tat erhalten, entfalten einen schockierenden Charakter, der sich weiter in den Gedanken des Zuschauers abspielen wird.
»Die Welt ist nun mal krank!«, bekommt man als einfache Lösung zu hören, und unterm Strich bleibt sogar eine allgemeine Zustimmung, wenn man eine solche Geschichte verfolgen darf. Die Produktion wirkt im vollen Umfang hochwertig gestaltet und klar bis ausgefeilt aufgebaut, Neame beweist ein gutes Gespür bei der Dosierung in den Bereichen Spannung und Spektakel, allerdings wirkt auch dieser Verlauf, trotz der immer wieder geschilderten Abscheulichkeiten, streckenweise ruhig. Genau hierbei entsteht auch die empfunden befremdliche Atmosphäre, die allerdings sehr gut in die weitgehend mysteriöse Geschichte hineinwirkt. Als Leitfaden fungiert das Tagebuch in dem Peter Miller liest und man per Off-Stimme alle wichtigen Informationen erhält. Die damit verbundenen Rückblenden wirken wie Puzzle-Stücke, die der Verlauf schließlich lückenlos ordnen wird. Im darstellerischen Bereich hat "Die Akte Odessa" eine bemerkenswerte Entourage zu bieten, welche bis in die kleinsten Nebenrollen traumhaft dicht besetzt ist.
Jon Voight wirkt als Journalist Peter Miller sehr überzeugend, was angesichts der Tatsache, dass er in nahezu jeder Szene zu sehen ist, sehr begrüßenswert, oder viel mehr wichtig ist. Er liest sich zunächst in dunkle Geheimnisse und nebulöse Machenschaften hinein, bis er auch selbst aktiv wird und sein Ziel verfolgt. Dem Zuschauer ist seine Motivation zwar nicht unklar, allerdings ahnt man, dass mehr dahinter steckt, als nur ein journalistisches Interesse. Miller macht sich bereit für einen möglichen Trip in die Hölle, dabei macht er eine regelrechte Verwandlung durch und überzeugt mit einer kühlen Leistung unter hohem Distanzaufbau, dennoch kann er den Zuschauer spielend auf seine Seite ziehen. Neben Voight gibt es ansonsten quasi keine groß angelegten Rollen mehr, sondern Kurz- Gast oder Kleinstauftritte sehr bekannter Darsteller. Maximilian Schell überzeugt mit Arroganz und Brutalität, man sieht, dass er sich zum Großteil seines Lebens die Anpassungsfähigkeit zu Dienste gemacht hat. Er nimmt eine schauerliche Gestalt an und scheint in jeder auch noch so bedrohlichen Situation stets Oberwasser gewinnen zu können, so dass man den Eindruck bekommt, dass dieses hohe SS-Tier noch mehr Leben als eine Katze zur Verfügung hat. Seine Schwester Maria Schell sieht man in lediglich einer Szene als Mutter des Protagonisten.
Aber für diese kurzen Stargast-Auftritte wurde die stets diszipliniert wirkende Schauspielerin gerne gebucht, vornehmlich auch auf internationalem Parkett. Die Liste der bekannten Darsteller ist in "Die Akte Odessa" allerdings so ausgeprägt, dass man teilweise gar nicht weiß, wo man noch hinschauen soll. Insbesondere von deutscher Seite geben beispielsweise Ernst Schröder, Christine Wodetzky, Kurt Meisel oder Klaus Löwitsch sehr erinnerungswürdige Profile ab, ja, es ist eine Pracht dieser unglaublich dichten Besetzung zu folgen. Neames Film reduziert sich allerdings nicht nur auf diesen Bereich und hat weitaus mehr zu bieten. Der Plot ist intelligent und spektakulär ausgearbeitet worden, die Geschichte ist teilweise unmissverständlich konkret, obwohl man den Verlauf lange zu ordnen hat, und es kommt vereinzelt zu lauten Ausbrüchen der Produktion, allerdings ist es hauptsächlich die Sprache einiger verstörender Bilder in lediglich wenigen Sequenzen, die Erschütterung und Leid transparent machen. Schützenhilfe leisten diverse Dialoge, die mit Nazi-Parolen und unerträglich subversiv klingenden Phrasen regelrecht um die Ohren fliegen. "Die Akte Odessa" zeigt sich in Ausarbeitung und Stil auf gehobenem Niveau, überzeugt trotz der langen Spieldauer von 120 Minuten von Anfang bis Ende. Ein ernstzunehmender Beitrag, dessen mahnender Charakter auch nach über 40 Jahren noch seine Bedeutung hat. Klasse!