Hatten wir für den echt noch kein Thema?
Im Auftrag von Exploitation-Tausendsassa Roger Corman drehte US-Regisseur Allan Holzman 1982 den „Alien“-Rip-Off „Mutant – Das Grauen im All“ – aber was für einen! Doch der Reihe nach: „Forbidden World“, so der Originaltitel, beginnt zunächst einmal mit recyceltem Material irgendwelcher Raumschlachten aus einem anderen Corman-Sci-Fi-Film und endet auch genauso, was den Film halbwegs auf Länge bringt (zumindest in der deutschen Schnittfassung, im Original fehlt das mit dem Prolog identische Ende). Doch ab dem Zeitpunkt, an dem Mike Colby (Jesse Vint) die Raumstation auf dem Planeten Xerbia betritt, deren Besatzung ihn wegen diverser Probleme mit einem außer Kontrolle geratenen Experiment angefordert hat, geht der Spaß so richtig los. Seinen sprechenden Roboter im Gepäck, der aussieht, wie aus „Star Wars“ entsprungen, lernt er die Besatzung kennen, bestehend unter anderem aus einem ketterauchenden und allgemein wenig vertrauenserweckenden Wissenschaftler und zwei Sexbomben (June Chadwick und Dawn Dunlap). Ein gezüchteter Mutant hat einen exorbitanten Appetit und Aggressionsgrad entwickelt und sämtliche Tiervorräte der Station auf- bzw. angefuttert und sich zum Erreichen seiner nächsten Evolutionsstufe gerade neu verpuppt. Dass ein ehemaliges Besatzungsmitglied Teil dieser Mutation ist, bekommt der Zuschauer schnell zentimeterdick aufs Brot geschmiert, Weltraumausputzer Colby soll es aber erst gegen Ende des extrem kurzweiligen Filmes gelingen, diese Erkenntnis aus den Verantwortlichen herauszuquetschen. Zwar sind die Raumstationskulissen Wiederverwertungen aus Cormans ebenfalls empfehlenswertem „Planet des Schreckens“ mitsamt ihrer Eierpappen- und Fast-Food-Styropor-Verpackungs-Innenverkleidungen, doch bei der Gestaltung der Kreatur und dem, was sie anrichtet, hat man sich nicht lumpen lassen und geniale, handgemachte Spezialeffekte kreiert, bei denen es nur so schleimt, tropft und sabbert und bietet dem Kreaturen- und Gore-Fan genau das, was er sehen will - kein Vergleich zu sterilem CGI-Schund von heute. Überflüssig zu erwähnen, dass unser kleiner Mutant nicht so klein bleibt und sich durch die Leichtsinnigkeit des menschlichen Mutantenfutters unter der Besatzung schnell aus seinem Glaskasten befreien kann, um sich durch die Verbliebenen zu wüten. Dabei kommt er auf so geniale Ideen wie seine Opfer lediglich anzuknabbern und mit seinen Genen (oder was auch immer) zu infizieren, wodurch sie ebenfalls herrlich schleimig und gorig vor sich hinmutieren, sich per Zellteilung vermehren und dadurch einen Nahrungsvorrat für ihn schaffen. Natürlich wird das Vieh immer größer und sieht Gigers „Alien“ irgendwann verdammt ähnlich, doch das nur am Rande. Unser herbeigerufener Weltraum-Cow- bzw. Playboy hat es natürlich weniger auf schleimige Kreaturen als vielmehr auf die beiden Sexbomben – eine blonde und eine (verdammt heiße) brünette – abgesehen und unterbricht seine Mutantenjagdaktivitäten gern für ein Schäferstündchen – tits’n’gore galore! Die erotischen Schauwerte des Films sind mindestens ebenso gelungenen wie die Spezialeffekte, jedenfalls, wenn sich Dawn Dunlap lasziv in der Sauna (!) räkelt und sich denkwürdige Dialoge mit Colby liefert. Doch zu viel mehr kommt es nicht, denn der Mutant macht wieder auf sich aufmerksam. Irgendwann geschieht etwas, womit ich bei der Erstsichtung nun wahrlich nicht mehr gerechnet hatte: Der Mutant verlässt die Raumstation, um sich unter freiem Himmel erneut zu verpuppen. Diese Außenaufnahmen überraschen positiv, denn wie der riesige Kokon da so herumhängt, sieht schon verdammt abgefahren aus und hätte auch ernstzunehmenderen Science-Fiction-Filmen zur Ehre gereicht. Doch das Drehbuch schlägt in rasantem Tempo weiterhin Kapriolen, wenn es unsere beiden Mädels auf die Idee kommen lässt, nur im Nachthemd bekleidet (!) mit dem Mutanten reden zu wollen (typisch Frau, oder was?) – muss man mit eigenen Augen gesehen haben, um es glauben zu können! Doch es kommt noch besser (Achtung, Spoiler!):
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Aufgrund der Mutationseigenschaften des fiesen Alien-Verschnitt-Klumpens sieht der rauchende Doc nur noch eine Möglichkeit, ihn zur Strecke zu bringen: indem man ihn eine Symbiose mit seinen Leberkrebszellen eingehen lässt. Daraufhin willigt er ein, sich bei lebendigem Leibe von einem Laien, nämlich unserem Space-Hobbychirurgen Colby, den Tumor herausschneiden zu lassen, den man anschließend dem Mutanten zum Fraß vorwirft!
Was für ein Finale…
„Mutant – Das Grauen im All“ ist ein grandioses Sci-Fi-Horror-Trash-Spektakel in kunterbunter 80er-Optik, sleazig und hanebüchen, voller kruder und geschmackloser Einfälle und äußerst gelungener, fieser Effekte, unterlegt von einem schmissigen Synthesizer-Soundtrack – ein Partyfilm par excellence, der jeden Freund derartiger Mischungen frohlocken lassen sollte!