Die Antwort kennt nur der Wind - Alfred Vohrer (1974)

Moderator: jogiwan

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Prisma
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Die Antwort kennt nur der Wind - Alfred Vohrer (1974)

Beitrag von Prisma »


Maurice Ronet   Marthe Keller   in

DIE ANTWORT KENNT NUR DER WIND

● DIE ANTWORT KENNT NUR DER WIND / SEUL LE VENT CONNAÎT LA RÉPONSE (D|F|1974)
mit Karin Dor, Charlotte Kerr, Raymond Pellegrin, Anton Diffring, Walter Hohut, Herbert Fleischmann,
Günter Mack, Eva Pflug, Konrad Georg, Karl Walter Diess, Friedrich Nowottny und Klaus Schwarzkopf
eine Luggi Waldleitner-Produkttion der Roxy-Film | Paris-Cannes-Film | im Verleih der Constantin
nach dem gleichnamigen Roman von Johannes Mario Simmel
ein Film von Alfred Vohrer


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»Die Wahrheit? Ich bin nicht mehr 20!«
Der deutsche Bankier Heinrich Hellmann (Alf Marholm) kommt bei der Explosion seiner Luxusyacht ums Leben. War es ein Unfall, Selbstmord oder gar Mord? Diese Frage soll der Versicherungsdetektiv Robert Lucas (Maurice Ronet) klären, da seine Gesellschaft die Summe von 15 Millionen D-Mark im Falle eines Suizid nicht zahlen wird. Es zeigt sich schnell, dass eigentlich niemand an der Aufklärung des Falles interessiert zu sein scheint, jedoch die Ermittlungen werden immer gefährlicher. Unter den zahlreichen Verdächtigen lernt Lucas auch einige rätselhafte Damen kennen. Frau Hellmann (Charlotte Kerr), die Schwester des Toten, ihre Angestellte Anna Monnier (Karin Dor) und die Malerin Anna Delpierre (Marthe Keller). Sie alle scheinen irgend etwas über den Fall zu wissen, beziehungsweise etwas zu verschweigen. Bevor sich jedoch Fragen von selbst beantworten, kommt es zu einer Reihe von weiteren Morden...

Es ist als großes Glück zu beschreiben, dass Regisseur Alfred Vohrer Ende der sechziger Jahre sozusagen die Fronten wechselte, die Rialto Film und gleichzeitig die Edgar-Wallace-Reihe verließ, um sein Können bei der Münchner Roxy-Film unter Beweis zu stellen. Innerhalb der Simmel-Verfilmungen kann der gebürtige Stuttgarter als unabdingbare Größe bezeichnet werden, immerhin inszenierte er gleich sechs Adaptionen des Erfolgsautors, sowie die diesen Beiträgen sehr ähnliche Produktion "Und der Regen verwischt jede Spur". Vohrer brachte genügend Knowhow mit, um unterhaltsame, aber ebenso anspruchsvolle Filme zu liefern, seine Kompetenzen beweist er nicht nur in den Kernbereichen für eine publikumswirksame Inszenierung, sondern man erkennt ein wohl dosiertes Fingerspitzengefühl in Sachen Tragik und sogar angemessener Theatralik. "Die Antwort kennt nur der Wind" zählt landläufig nicht zu den Elite-Filmen dieser Art, allerdings handelt es sich um einen der interessantesten, denn sehenswert sind sie ja schließlich alle.

Dieser Co-Produktion merkt man an, dass ein etwas mehr internationaler Wind weht, die Geschichte an sich ist eine der weniger verschachtelten, was gleichzeitig den Eindruck vermittelt, dass sie gleichzeitig auch etwas greifbarer wirkt. Der recht pathetisch - im Sinne von leidenschaftlich - klingende Titel charakterisiert den Verlauf auf simple, als auch auf verheißungsvolle Art und Weise, die Tragik des Plots wird durch Drehbuch, Regie und schließlich auch Charaktere sehr deutlich herausgearbeitet. Für Abwechslung sorgen hier die Drehorte, unter anderem Cannes, Nizza, Èze, München oder Zürich, und die damit verbundenen schönen Kulissen, der Kamera gelingen Aufnahmen die einem Panorama gleichen, manchmal sogar Gemälden, Stimmungen und Spannungen werden hier sehr nachhaltig transportiert, was der Geschichte wiederum sehr zuträglich ist.

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Im darstellerischen Bereich gibt es auch in dieser sechsten, und gleichzeitig letzten Simmel-Adaption von Alfred Vohrer keine Kompromisse, was das Thema Star-Kino angeht. Mit Maurice Ronet (hier synchronisiert von Günther Ungeheuer), sieht man einen markanten und überzeugenden Charakter-Darsteller an Bord der Produktion, er gibt dem Versicherungsdetektiv Lucas ein eindeutiges Profil und deutliche Konturen. Naturgemäß hartnäckig und aufdringlich, mischt er die versnobten Beteiligten des Falles auf, sorgt allerdings genau so für Unruhe bei gewissen Herrschaften, die im Hintergrund operieren. Als Detektiv der Global-Versicherung nimmt er keinerlei Rücksicht auf fremde Interessen oder Ressentiments, und lange bringt der Wind natürlich keine Antworten, sondern verbreitet eher einen immer stärker werdenden Leichengeruch im Szenario. Maurice Ronet jedenfalls wirkt hier agil wie selten und bereichert das Geschehen ungemein.

In diesem Zusammenhang muss gleichzeitig die schöne, und stets so unheimlich aufregende Schweizerin Marthe Keller erwähnt werden, die dem Empfinden nach bei jedem neuen Filmauftritt eines von ihren unzähligen Gesichtern preisgibt. Gerade sie scheint vor den trügerisch verträumten Kulissen in einer Intensität zu strahlen, die kaum zu überbieten ist. Weitere interessante Rollen der Kontraste bekommt man von Karin Dor und Charlotte Kerr geboten, zwei Interpretinnen die prädestiniert für starke Frauentypen im Herbst ihrer Karrieren waren, allerdings wurde diese potentielle Stärke (hier im Sinne der Rolle) in Korsetts geschnallt. Karin Dor, die ohnehin ihre interessantesten Darbietungen auf internationaler Ebene hatte, agiert sehr undurchsichtig und mit gefährlichem Kalkül. Eine Rolle die ihr nicht nur gut steht, sondern die sie vor allem optimal auszufüllen wusste. Charlotte Kerr als unempfindliche und eiskalt erscheinende Dame der oberen Zehntausend, lässt dem Zuschauer buchstäblich das Blut in den Adern gefrieren.

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Bekannte Gesichter, und vielmehr einige von Vohrers Stamm-Schauspielern, wie beispielsweise Konrad Georg, Herbert Fleischmann oder Klaus Schwarzkopf, runden das Geschehen ausgezeichnet ab und helfen tatkräftig dabei mit, wie eine Kettenreaktion komplett von vorne bis hinten aufgerollt wird. Viele der Auftritte kommen zwar lediglich Gastrollen gleich, aber erneut macht es hier die Dichte aus, die in Begeisterung versetzen kann. "Die Antwort kennt nur der Wind" beansprucht genretechnisch gesehen keine eindeutige Klassifizierung. Man bekommt Elemente aus Thriller, Kriminalfilm und Drama geboten, und es geschieht eine eingängige Verschmelzung über die Grenzen jedes Genre-Tellerrandes hinaus. Die Verlauf ist über weite Strecken sehr spannend inszeniert worden, wenngleich man zunächst nicht gerade von einer der ausgekochtesten Geschichten ausgehen möchte, doch es kommt zu zahlreichen Kehrtwendungen und es werden Überraschungen bereit gehalten.

Gerade im letzten Drittel der Produktion spürt man ein straffes Zeitdiktat, auch feine Action-Einlagen kommen hier nicht zu kurz, was zum regelrechten Mitfiebern anregt. Interessiert verfolgt man dieses immer zynischer werdende Pokerspiel der verschiedenen Interessengemeinschaften, der Vorhersehbarkeit wird eine deutliche Abfuhr erteilt, obwohl man immer wieder zarte Hinweise geliefert bekommt, die zur Lösung beitragen können. Verfeinernde Elemente wie die tragende Musik vor Erich Ferstl und sehr gute Dialoge unterstreichen den rundum positiven Eindruck, und letztlich ist Alfred Vohrer innerhalb seiner eigenen Simmel-Adaptionen ein weiterer Coup gelungen, der überzeugt, unterhält und auch bewegt. In der persönlichen Rangliste steht "Die Antwort kennt nur der Wind" aufgrund aller Vorzüge ziemlich weit oben, da hier so gut wie alles richtig gemacht wurde. Ein unbedingt sehenswerter Beitrag von internationalem Format, den man sich immer wieder anschauen kann.
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Blap
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Re: Die Antwort kennt nur der Wind - Alfred Vohrer (1974)

Beitrag von Blap »

• Die Antwort kennt nur der Wind (1974) - Ich mag die Simmel Verfilmungen von Alfred Vohrer sehr gern. Diese möchte ich am unteren Ende der Liste platzieren, gleichwohl wurde ich ansprechend unterhalten, guter Stoff.
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buxtebrawler
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Re: Die Antwort kennt nur der Wind - Alfred Vohrer (1974)

Beitrag von buxtebrawler »

Soll heute bei Filmjuwelen noch einmal auf DVD inkl. Booklet erscheinen:

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Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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