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So weit die Füße tragen - Fritz Umgelter

Verfasst: Mi 16. Jun 2010, 22:50
von horror1966
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So weit die Füße tragen
(So weit die Füße tragen)
mit Heinz Weiss, Wolfgang Büttner, Edgar Mandel, Harro Riviere, Basar Abuschinow, Ferdinand Anton, Hans Bartels, Richard Beeck, Klaus Bauer, Heinrich Cornway, Harry Engel, Heinz Huels, Ernst Konstantin, Alois Kuttin
Regie: Fritz Umgelter
Drehbuch: Josef Martin Bauer / Fritz Umgelter
Kamera: Jochen Maass / Walter H. Schmitt
Musik: Keine Information
FSK 12
Deutschland / 1959

Im Herbst 1945 wird Oberleutnant Clemens Forell mit 3000 weiteren deutschen Kriegsgefangenen nach Sibirien verschickt für 25 Jahre Zwangsarbeit. Nur 1200 Männer werden diese Reise überleben und müssen fortan unter unmenschlichen Bedingungen in einem Bleibergwerk schuften.
Angetrieben von der Liebe zu seiner Frau und seinen beiden Kindern gelingt Forell nach mehreren erfolglosen Versuchen endlich die Flucht. Zu Fuß macht er sich auf den Weg nach Hause über 14.000 Kilometer in drei Jahren. Was er dabei erlebt, überschreitet unsere Vorstellungen von Leid: Auf seinem Weg durch die unendlichen sibirischen Eiswüsten, durch Wälder und Steppen muss er leben wie ein Tier, gegen Wölfe kämpfen, muss Bettler, Dieb und sogar Räuber werden, um zu überleben. Dabei trifft er immer wieder Gefährten auf Zeit Mongolische Hundezüchter, Goldsucher, Pelztierjäger, Mitglieder des armenischen Widerstands. Viele helfen ihm, doch manche werden zur tödlichen Gefahr...



Bei dieser TV Mini-Serie aus dem Jahre 1959 bekommt man es mit einem Stück deutscher Filmgeschichte zu tun, das nun endlich nach 50 Jahren dank der Firma Ascot Elite eine absolut würdige DVD-Veröffentlichung erhalten hat, die sich wirklich sehen lassen kann. Auf 3 DVD's kann man die 6 Teile der Serie ansehen und bekommt zudem noch eine Bonus-DVD mit jeder Menge Extras und zusätzlich beinhaltet die Jubiläumsedition noch eine Landkarte und ein sehr informatives Begleitheft, so das für den Film-Fan absolut keine Wünsche offen bleiben. Die hauptsache aber ist selbstverständlich die Serie an sich, bei der es sich laut dem "Lexikon des internationalen Films" um die erste wirkliche deutsche Fernseh-Eigenproduktion handelt, in der die Geschichte des Kriegsgefangenen Oberleutnant Clemens Forell (Heinz Weiss) erzählt, der 1949 aus einem sibirischen Bleibergwerk flieht, um wieder nach Hause zu kommen und sich dabei auf eine schier unendliche Reise durch die unendlich groß erscheinende sibirische Eiswüste macht, aus der es anscheinend kein Entkommen gibt. Auf seiner 3 Jahre dauernden Reise legt er dabei gut 14.000 Km zurück, was man sich als normaler Mensch kaum vorstellen kann.

Ganz exzellent wurden vor allem die damit verbundenen Gefahren und Leiden herausgearbeitet, wobei man sich als Zuschauer die wirklichen körperlichen und psychischen Belastungen des Mannes noch nicht einmal ansatzweise vorstellen kann. Heinz Weiss brilliert hier in der Rolle des Clemens Forell, denn seine schauspielerische Darbietung ist äusserst authentisch und überzeugend, so das der Betrachter einen sehr guten Eindruck der jeweiligen Situationen erhält, in denen sich der Flüchtige während seiner langen Reise befindet. Dabei wechselt insbesondere die Gefühlslage des Mannes ziemlich oft, denn schwankt er immer wieder zwischen aufkeimender Hoffnung und purer Hoffnungslosigkeit, wobei er aber trotz aller Strapazen nie den Mut gänzlich verliert und immer an seinem Ziel festhält, die Heimat wiederzusehen. Doch bis es soweit ist, muss Forell Jahre der Entbehrungen auf sich nehmen und etliche Gefahren überstehen. Zudem lernt er auf der langen Reise etliche menschen kennen, von denen ihm die meisten hilfreich zur Seite stehen, es aber auch andere gibt, die ihm vor lauter Gier das Leben nehmen wollen. Doch Forell lässt sich in keinster Weise unterkriegen und wird ganz am Ende der Geschichte für seinen Mut und den ausserordentlichen Überlebenswillen letztendlich belohnt.

"So weit die Füße tragen" war zur damaligen Zeit vor allem für die geschundene deutsche Volksseele eine wahre Labsal, denn nach den Schrecken des 2. Weltkrieges entstand mit der Figur des Clemens Forell doch eine Art neuer Held, der durch seine unglaubliche Willensstärke unbeirrt seinen Weg ging, um etwas schier Unglaubliches zu schaffen. Besonders wichtig war es dabei sicherlich auch, das es hier nicht um den bösen Deutschen ging, sondern lediglich um einen einzelnen Mann, der ganz einfach zurück in seine heimat will. Und so bekommt man auch rein gar nichts vom Krieg an sich zu sehen, da die Geschichte erst mit dem Transport der Kriegsgefangenen beginnt, die in das Bleibergwerk im tiefsten Sibirien gebracht werden, wo sie unter menschenunwürdigen Verhältnissen untergebracht werden und 25 Jahre absitzen sollen. Der Großteil der ersten beiden Serien-Teile dreht sich dann auch um die Vorbereitungen der Flucht, die äusserst intensiv vorbereitet wird und die Forell ohne Hilfe nie hätte bewerkstelligen können.

Der komplette Rest der Geschichte behandelt dann die eigentliche Flucht und bietet dabei auch für heutige Verhältnisse extrem spannende und interessante Unterhaltung. Und auch, wenn man sich kaum vorstellen kann, das ein einzelner Mensch den hier dargestellten Strapazen gewachsen ist, so kann man sich der von der Geschichte ausgehenden Faszination kaum erwehren, man fiebert mit der Hauptfigur mit und kann phasenweise sogar sein Leid mit ihm teilen, denn nicht selten überkommt einen das Gefühl, das man selbst unter Erschöpfungszuständen leidet, was ganz eindeutig aufzeigt, welch starke Intensität vom Geschehen ausgeht. Und so ist es dann auch nicht wirklich verwunderlich, das man mit der Hauptfigur mitleidet, die man im Laufe der Geschichte immer mehr in sein Herz schließt und sie teilweise sogar für ihre demonstrierte Stärke bewundert, da kann man sich die Wirkung dieses Mehrteilers auf die Menschen vor nun mittlerweile 51 Jahren noch viel besser vorstellen, da endlich einmal wieder etwas heroisches von einem Deutschen ausging, was man als sehr positiv ansehen konnte.

So ist "So weit die Füße tragen" ganz sicher ein Stück deutscher Filmgeschichte, das nicht umsonst zu seiner Zeit ein absoluter Straßenfeger war, aber auch heute, nach über einem halben Jahrhundert rein gar nichts von seiner Faszination eingebüßt hat. Ganz nebenbei beinhaltet die Serie auch noch ihren ganz eigenen Charme, der insbesondere durch einige aus heutiger Sicht recht naiv gedrehten Passagen zum Vorschein kommt. Stellvertretend dafür kann man 2 Abschnitte aus der dritten Folge nehmen, gibt es dort doch die berühmte Floßfahrt zu sehen, in der das Floß anscheinend auf einer Art beweglichen Bühne steht und im Hintergrund der reißende Fluss eingeblendet wird. Natürlich merkt man sofort, das die Szene sehr künstlich wirkt, jedoch verleiht das dem Ganzen einen unglaublichen Charme, so das man dies kaum als Manko ansehen kann. Hinzu kommt die Stelle, an der einer von Forrel's Begleitern mit einem Braunbären kämpft, wenn man das überhaupt so nennen kann, denn die Passage animiert doch viel eher zum schmunzeln, als das sie in irgendeiner Form bedrohlich erscheinen würde. An diesen Szenen erkennt man natürlich das Alter der Serie, was aber echte Nostalgiker keineswegs stören dürfte und auch den insgesamt hervorragenden Gesamteindruck dieses Klassiker in keinster Weise schmälert.

Letztendlich handelt es sich hier meiner Meinung nach um einen absoluten Meilenstein des deutschen Films, nicht umsonst wurde der Geschichte, die auf einem Roman von Josef Martin Bauer beruht, im Jahre 2001 auch noch eine Film-Fassung spendiert, die aber an die Klasse des Originals nicht heranreichen kann. Denn dies ist doch viel ausführlicher ausgefallen und hat mit einer Gesamtlänge von gut 370 Minuten schon eher einen dokumentarischen Anstrich, da etliche Stationen einer jahrelangen Reise aufgeführt sind, was in einem einzelnen Film nur sehr schwer möglich sein dürfte.


Fazit:


"So weit die Füße tragen" ist ein Stück deutscher Fernsehgeschichte, das man auf jeden Fall gesehen haben sollte. Dabei ist diese Mini-Serie längst nicht nur Nostalgikern ans Herz zu legen, da wirklich ganzzeitig spannende und äusserst interessante Unterhaltung geboten wird. Dank Ascot Elite gibt es diesen Klassiker nun endlich auch auf DVD, zudem handelt es sich dabei auch noch um eine optisch und inhaltlich absolut lohnenswerte Anschaffung, die man sich gönnen sollte, denn dieses Meisterwerk wird man sich bestimmt nicht nur einmal anschauen, dessen bin ich mir sicher.


Die DVD:

Vertrieb: Ascot Elite
Sprache / Ton: Deutsch DD 2.0
Bild: 1,33:1 (4:3)
Laufzeit: 371 Minuten
Extras: Interview mit Heinz Weiss und Fritz Umgelter, Interview mit Historiker Dr. Andreas Hilger, Restaurations-Featurettes, ZDF-History: So weit die Füße tragen, Landkarte, Begleitheft